John
Holt
&
Patrick
Farenga
Bildung
in
Freiheit
Das
John-Holt-Buch
zum
eigenständigen
Lernen
John
Holt
&
Patrick
Farenga
Bildung
in
Freiheit
Das
John-Holt-Buch
zum
eigenständigen
Lernen
Deutsch
von
Dagmar
Mallett
Genius
Verlag
Alle
Rechte
vorbehalten
Titel
der
Originalausgabe:
Teach
Your
Own
Deutsche
Erstausgabe
©
2009
by
Genius
Verlag,
Bremen
www.genius-verlag.de
info@genius-verlag.de
Lektorat:
Luise
Fuchs,
Tilman
Neubronner
Layout:
Tilman
Neubronner
Cover:
Petra
Friebel,
www.friebelarts.de
Druck:
Finidr,
Tschechische
Republik
1.
Auflage
Mai
2009
ISBN
978-3-934719-29-3
Inhaltsverzeichnis
Danksagung
7
Vorwort
9
Einführung
23
1.
Warum
Eltern
ihre
Kinder
aus
der
Schule
nehmen
35
2.
Häufige
Einwände
gegen
Homeschooling
61
3.
Die
Freilerner-Politik
95
4.
Das
Leben
mit
Kindern
117
5.
In
der
Welt
lernen
139
6.
Lebens-
und
Arbeitsräume
157
7.
Ernsthaftes
Spiel
167
8.
Lernen,
ohne
unterrichtet
zu
werden
177
9.
Lernschwierigkeiten
203
10.
Kinder
und
Arbeit
221
11.
Homeschooling
in
den
USA
245
12.
Die
ersten
Schritte
zum
freien
Lernen
263
13.
Reaktion
der
Schule
285
Anmerkungen
317
Anhang
319
Dieses
Buch
ist
all
jenen
gewidmet,
welche
die
Zeitschrift
Growing
Without
Schooling
unterstützt
und
sich
für
die
Arbeit
und
die
Ideen
von
John
Holt
eingesetzt
haben.
Ohne
euren
Mut
und
eure
Entschlossenheit,
eure
Kinder
selbst
zu
unterrichten
und
eure
Erfahrungen
weiterzugeben,
hätte
dieses
Buch
nie
geschrieben
werden
können.
Danksagung
zur
amerikanischen
Originalausgabe
Auch
wenn
meine
Eltern
und
Schwiegereltern
Homeschooling
zunächst
für
eine
verrückte
Idee
hielten,
haben
sie
es
mit
der
Zeit
zu
schätzen
gelernt
und
schließlich
selbst
unterstützt.
Sie
haben
mit-
erlebt,
wie
gut
sich
ihre
Enkelkinder
entwickelten,
und
unterstützten
meine
Familie
auf
vielfältiger
Weise,
so
dass
dieses
Buch
entstehen
konnte.
Dafür
bin
ich
ihnen
sehr
dankbar.
Ich
danke
Phoebe
Wells
und
Dick
Westheimer
für
ihre
Ermuti-
gung,
als
ich
mein
erstes
Buch
schrieb,
The
Beginner's
Guide
to
Homeschooling,
das
in
manche
Teile
dieses
Buches
mit
eingeflos-
sen
ist.
Ich
hätte
Bildung
in
Freiheit
nicht
schreiben
können
ohne
die
Freundschaft
und
die
anregenden
Gespräche
mit
folgenden
Perso-
nen:
Larry
und
Susan
Kaseman,
Gene
Burkart
und
Aaron
Falbel,
die
auch
weiterhin
meine
Gedanken
zu
Ausbildung
und
ihrer
Rolle
in
der
modernen
Gesellschaft
hinterfragen;
sowie
Donna
Richoux,
Susan-
nah
Sheffer
und
Meredith
Collins,
deren
scharfsinnige
Redaktions-
und
Denkarbeit
aus
GWS
eine
so
großartige
Zeitschrift
gemacht
haben.
Besonderen
Dank
schulde
ich
Susannah
Sheffer
für
ihren
Geist
und
Intellekt,
die
mir
helfen,
meine
Gedanken
und
Schriften
zu
fokussieren.
Ein
besonderer
Dank
geht
an
all
meine
Kollegen,
die
bei
Holt
Associates/Growing
Without
Schooling
arbeiteten,
sowie
ihren
Fami-
lien,
die
diese
Arbeit
auch
nach
John
Holts
Tod
im
Jahr
1985
wei-
terführten.
Es
gab
zu
viele
Kollegen,
um
sie
hier
alle
zu
nennen,
aber
es
gab
einige,
die
immer
da
waren,
wenn
ich
sie
am
meisten
brauch-
te:
Peggy
Durkee,
Mary
und
Mark
Van
Doren,
Ginger
Fitzsimmons,
Mary
und
Tom
Maher,
Randi
Kelly,
Dawn
Lease,
Maureen
Carey,
Sophia
Sayigh,
Marion
Webster
und
Ron
Rubbico.
7
Ich
schulde
auch
all
jenen
Autoren
und
Denkern
großen
Dank,
die
mich
in
meiner
Arbeit
ermutigten,
sei
es
persönlich
oder
durch
ihre
Bücher.
Dazu
gehören
vor
allem
George
Dennison,
John
Taylor
Gatto
und
Ivan
Illich.
Ich
möchte
mich
auch
bei
Suzanne
MacDonald
bedanken,
die
mich
im
Laufe
der
letzten
Jahre
durch
alle
möglichen
Höhen
und
Tiefen
hinweg
anfeuerte
und
mir
half,
den
Quellennach-
weis
dieses
Buches
auf
den
neuesten
Stand
zu
bringen.
Mein
beson-
derer
Dank
gilt
Merloyd
Lawrence,
die
mir
viele
Jahre
lang
half,
John
Holts
literarisches
Erbe
mit
Einfühlungsvermögen
verantwortungs-
voll
zu
bewahren
und
zu
erweitern.
Vor
allem
jedoch
danke
ich
meiner
Frau
Day
und
meinen
Kin-
dern
Lauren,
Alison
und
Audrey
für
ihre
Liebe,
ihre
Arbeit
und
ihre
Unterstützung,
die
sie
mir
sowohl
zu
Hause
als
auch
im
Holt-Büro
über
all
die
Jahre
hinweg
geschenkt
haben,
und
vor
allem
dafür,
dass
sie
die
Theorien
des
sogenannten
»Unschooling«
-
also
des
Lernens
ohne
jeglichen
schulischen
Rahmen
-
Tag
für
Tag
und
Jahr
für
Jahr
für
mich
in
die
Praxis
umgesetzt
haben.
PAT
FARENGA
ANMERKUNGEN
Die
Zeitschrift
Growing
Without
Schooling
(GWS)
wird
im
Verlauf
des
Buches
häufig
genannt.
GWS
wurde
1977
von
John
Holt
gegründet
und
war
das
erste
Magazin
über
Homeschooling.
Als
John
1985
starb
wurde
ich
Herausgeber
der
Zeitschrift;
meine
Kolleginnen
Donna
Richoux,
Susannah
Sheffer
und
Meredith
Collins
waren
nach
Johns
Tod
nacheinander
Herausgeberinnen
von
GWS,
bis
GWS
im
Dezem-
ber
2001
eingestellt
wurde.
Einige
Originalausgaben
von
GWS
sind
immer
noch
verfügbar
(für
Bestellungen
siehe
www.holtgws.com).
PAT
FARENGA
Die
von
Patrick
Farenga
verfassten
Ergänzungen
sind
in
dieser
Schriftart
abgefasst
und
werden
am
Beginn
und
am
Ende
jeweils
folgendermaßen
gekennzeichnet:
”
DIE
HERAUSGEBER
8
Vorwort
Bildung
ist
das,
was
in
den
Schulen
geschieht
-
so
dachte
ich
zumindest!
PATRICK
FARENGA
Wie
so
viele
Studenten,
die
Englisch
als
Hauptfach
gewählt
hatten,
beab-
sichtigte
ich
nach
meinem
Hochschulabschluss
(Bachelor)
Englischpro-
fessor
zu
werden.
Weil
ich
einen
Großteil
meiner
Jugend
damit
verbracht
habe,
in
der
Schule
zu
sitzen
und
einem
Lehrer
zuzuhören,
gefiel
mir
der
Gedanke,
dafür
bezahlt
zu
werden,
dass
nun
ich
vor
Schülern
stehen
und
sprechen
würde.
Die
soziale
Routine,
die
Stundenpläne
und
das,
was
ich
von
meinem
Arbeitsplatz
zu
erwarten
hatte,
waren
mir
nur
allzu
vertraut.
Ich
las
und
schrieb
gern,
so
dass
ich
mir
gut
vorstellen
konnte,
als
Erwachsener
die
Aufgaben
eines
Englischprofessors
zu
erfüllen.
Nach
meiner
Englisch-Magisterprüfung
stellte
ich
jedoch
fest,
dass
ich
nicht
aus
dem
Holz
geschnitzt
war,
aus
dem
man
Doktoren
machte.
Ich
wollte
einfach
Lehrer
werden,
doch
in
den
80er
Jahren
wurden
keine
eingestellt.
Als
ich
nach
Massachusetts
zog,
wo
meine
zukünftige
Frau
lebte,
war
die
Lehrerschwemme
dort
so
groß,
dass
es
sogar
zu
Entlassun-
gen
kam.
Für
meinen
Lebensunterhalt
nahm
ich
viele
Jobs
an,
während
ich
nach
Mitteln
und
Wegen
suchte,
um
mit
dem
Lehrberuf
in
Verbindung
zu
bleiben
sowie
Kontakte
und
Fähigkeiten
zu
erweitern.
Als
ich
in
einem
Bostoner
Buchladen
Assistent
der
Geschäftsleitung
war,
arbeitete
ich
ehren-
amtlich
für
die
Holt
Associates,
der
von
John
Holt
gegründeten
Firma
und
Verlagsgesellschaft
zur
Beratung
in
Erziehungsfragen.
Vor
allem
wollte
ich
den
Umgang
mit
Textverarbeitungsprogrammen
lernen
und
die
War-
tezeit
überbrücken,
bis
sich
für
mich
eine
Lehrerstelle
finden
würde.
Je
besser
ich
jedoch
die
Organisation
kennenlernte,
umso
mehr
lernte
ich
über
Ausbildung,
Homeschooling
und
schließlich
über
mich
selbst.
9
John
hatte
seit
1977
die
Zeitschrift
Growing
Without
Schooling
herausgebracht
sowie
Bücher
und
Informationsmaterial
an
all
jene
ver-
kauft,
die
sich
für
Homeschooling
interessierten.
Innerhalb
dieses
klei-
nen,
wachsenden
Unternehmens
boten
sich
mir
verschiedene
Möglich-
keiten,
voranzukommen.
Aus
dem
ehrenamtlichen
Helfer
wurde
ein
bezahlter
Angestellter,
als
der
ich
bis
heute
im
Unternehmen
tätig
bin.
Ublicherweise
leistete
ich
meine
Freiwilligenarbeit
abends,
wenn
John
Holt
in
seinem
Biiro
war,
um
zu
schreiben,
zu
lesen,
oder
auf
ein
Konzert
zu
warten.
Musik
war
Johns
große
Leidenschaft,
und
wenn
er
in
seiner
Freizeit
keine
Konzertaufnahmen
hörte,
dann
ging
er
ins
Konzert
oder
spielte
selbst
Cello.
Eines
Abends
kam
John
aus
seinem
Büro
und
verwickelte
mich
in
ein
Gespräch.
Als
Junggeselle
Ende
fünfzig
trug
er
seine
Brille
locker
auf
der
Nase.
Sein
weißes
Haar
bildete
einen
wusche-
ligen
Ring
rund
um
die
kahle
Stelle
auf
seinem
Kopf,
und
aus
der
Brust-
tasche
seines
Hemdes
ragten
mehrere
Stifte
und
ein
kleiner
Notizblock.
»Woher
kommst
du,
Pat?«,
erkundigte
er
sich
mit
freundlicher,
bedich-
tiger
Stimme.
»Aus
New
York.
Ich
bin
hierher
gezogen,
um
bei
meiner
Freundin
zu
sein.
«
»Ich
komme
auch
aus
New
York
...«
Und
bevor
ich
mich
versah,
plauderten
wir.
Schließlich
erkundigte
er
sich
auch
nach
meiner
Arbeit.
»Ich
arbeite
in
einem
Buchladen.
Aber
ich
versuche,
dort
wegzu-
kommen,
um
andere
Dinge
zu
tun.
Deshalb
bin
ich
auch
hier,
um
Text-
verarbeitung
zu
erlernen.«
»Und
was
willst
du
wirklich
tun?«
»Ich
will
als
Lehrer
arbeiten.«
»Wirklich?
Warum?«,
fragte
John.
»Weil
1ch
es
liebe,
mit
Kindern
zu
arbeiten.«
John
zog
schnell
die
Brille
von
der
Nase
und
sah
mich
unverwandt
an.
»Pat,
du
1rrst
dich.
Wenn
du
Lehrer
wirst,
wirst
du
nicht
mit
Kindern
arbeiten,
sondern
an
Kindern.«
Ich
war
sprachlos.
Wie
konnte
er
nur
so
etwas
über
einen
so
wichti-
gen
Beruf
sagen?
»Wie
meinen
Sie
das?«,
fragte
ich.
»Hast
du
je
eines
meiner
Bücher
gelesen?«
»Nein.«
»Nun,
es
macht
nichts,
wenn
du
keines
gelesen
hast.
Aber
wenn
du
eines
liest,
wirst
du
erkennen,
dass
das
eines
meiner
Hauptthemen
ist.
Ich
habe
im
Verlauf
vieler
Jahre
meine
eigenen
Ideen
entwickelt,
will
mit
10
dir
aber
jetzt
nicht
die
Grundlagen
erörtern.
Aber
wenn
du
eines
meiner
Bücher
gelesen
hast,
bin
ich
gerne
bereit,
mit
dir
darüber
zu
diskutieren,
wenn
du
willst.«
Zum
Glück
wendete
sich
das
Gespräch
anderem
zu.
Als
ich
an
die-
sem
Abend
aus
dem
Büro
auf
die
Boylston
Street
hinaus
trat,
beschloss
ich,
eines
von
Johns
Büchern
zu
lesen.
Es
war
1981,
und
die
erste
Ausgabe
von
Johns
neuestem
Buch
Teach
Your
Own
(Bildung
in
Freiheit)
war
eben
in
unserem
Büro
eingetroffen;
ein
guter
Anfang
für
mich,
wie
mir
schien.
Augenblicklich
ging
ich
in
Opposition.
Holts
Vorstellungen,
wie
ganz
normale
Eltern
ihre
Kinder
unterstützen
können,
zu
Hause
zumindest
ebenso
gut
zu
lernen
wie
in
der
Schule
-
wenn
nicht
sogar
besser,
erschienen
mir
für
die
meisten
Familien
nicht
durchführbar.
Ich
konnte
mich
nicht
von
meiner
grund-
legenden
Meinung
lösen,
dass
die
Schule
der
wichtigste
Ort
in
meinem
Leben
sei:
Die
Schule
ist
der
Ort,
an
dem
wir
alle
lernen;
eine
Ausbildung
ist
eine
teure
Investition,
die
beträchtliche
Dividenden
abwirft,
wie
jede
gute
Investition;
ohne
Hochschule
und
gute
Zensuren
bekommt
man
keinen
guten
Job.
Als
ich
mich
zum
ersten
Mal
mit
Teach
Your
Own
beschäftigte,
gelang
es
mir
nicht,
es
zu
Ende
zu
lesen.
Als
ich
Peg
Dur-
kee,
Holts
Büroleiterin,
mein
Dilemma
schilderte,
fand
sie
-
wie
immer
-
die
richtige
Antwort:
»Mein
Lieblingsbuch
ist
sein
erstes
Buch
Aus
schlauen
Kindern
werden
Schüler
...
Von
dem,
was
in
der
Schule
verlernt
wird.
Lies
das
mal.«
Sofort
konnte
ich
mich
damit
identifizieren,
wie
John
in
diesem
Buch
die
Schule
beschrieb,
und
zwar
nicht
aus
der
Perspektive
des
Leh-
rers,
sondern
-
und
dies
war
besonders
wichtig
-
aus
der
Perspektive
eines
Kindes.
Aus
schlauen
Kindern
werden
Schüler
...
Von
dem,
was
in
der
Schule
verlernt
wird
stimmte
mit
meinen
eigenen
Erfahrungen
und
Gefühlen
als
Schüler
überein
und
spiegelte
auch
meine
derzeitige
Situa-
tion
als
Mochtegern-Lehrer
wider.
Ohne
zahllose
Zitate
und
akademische
Titel
erklärte
John
auf
einleuchtende
Weise,
was
er
beobachtet
hatte
und
wie
er
mit
dieser
Information
umging,
um
Kindern
beim
Lernen
zu
hel-
fen;
seine
Erfahrungen
ergaben
für
mich
einen
Sinn.
John
ging
in
seinen
Theorien
fast
immer
von
einem
bestimmten
Fall
aus
und
verallgemei-
nerte
dann,
während
ich
aus
meiner
schulischen
Erfahrung
und
vor
allem
während
meiner
akademischen
Ausbildung
gelernt
hatte,
allgemeine
Theo-
rien
auf
eine
spezifische
Aufgabe
anzuwenden.
Johns
Schriften
präsen-
tierten
mir
jedoch
die
Einzelheiten
und
Prozesse
in
der
Arbeit
mit
Kin-
dern
auf
lebhafte
Weise
und
vermittelten
mir
auch
ein
Gefühl
für
ihre
11
Wichtigkeit.
Umfassende
Theorien
und
institutionelle
Betrachtungen
wer-
den
zwar
berücksichtigt,
verdecken
aber
nicht
seine
scharfsichtigen,
unmittelbaren
Beobachtungen
über
das
Lernverhalten
von
Kindern.
Seine
Texte
über
Kinder
und
Schule
überraschten
mich
auf
vielfältige
Weise.
Rasch
befreite
er
mich
von
dem
in
meinem
Geist
eingebrannten
Irrtum,
dass
»Schule«
dasselbe
sei
wie
»Bildung«.
Bald
schon
kam
ich
fast
täglich
mit
John
ins
Gespräch.
Rückblickend
erkenne
ich,
wie
geduldig
er
mit
vielen
meiner
fragwürdigen
Einwürfe
und
Kommentare
zu
seiner
Arbeit
umging.
Auch
wenn
ich
nicht
alles
verstand,
was
er
damals
schrieb
oder
sagte,
und
sicher
nicht
allem
zustimmte,
blieb
ich
nach
diesen
Gesprächen
immer
mit
dem
unsicheren
Gefühl
zurück,
dass
die
Zeit
in
der
Schule
vielleicht
doch
nicht
die
beste
Art
und
Weise
gewesen
war,
meine
Kindheit
und
Jugend
zu
verbringen.
Je
mehr
ich
von
John
darüber
erfuhr,
wie
Schulunterricht
tatsächlich
funktionierte,
wobei
er
mir
dazu
auch
andere
Lehrer
und
Autoren
vor-
stellte,
desto
naiver
erschien
mir
mein
Ziel,
selbst
Lehrer
zu
werden,
um
Kindern
auf
interessante
Weise
das
Lernen
schmackhaft
zu
machen.
Johns
Uberzeugung,
dass
sich
die
meisten
Eltern
nicht
fiir
weniger
Druck
auf
die
Kinder
in
den
Schulen
einsetzten,
sondern
im
Gegenteil
sogar
fur
mehr
Druck,
erschien
mir
zunächst
ein
wenig
exzentrisch.
Im
Verlauf
der
Zeit
änderte
sich
jedoch
meine
Meinung,
vor
allem
1m
Hinblick
auf
die
starren
Standards
und
das
Schul-
und
Priifungswesen
dieses
neuen
Jahr-
tausends,
bei
dem
so
viel
auf
dem
Spiel
zu
stehen
scheint.
Allmählich
freute
ich
mich
darauf;
ins
Büro
zu
kommen,
wenn
John
auch
da
war,
aber
da
er
ein
sehr
aktiver
Autor
war
und
viele
Vorträge
hielt,
war
er
jeden
Monat
mindestens
eine
Woche
unterwegs.
Gliicklicher-
weise
konnte
ich
auch
mit
meinen
Kollegen
im
Büro
sprechen,
die
über
Bildung
ähnlich
dachten
wie
John,
sowie
mit
Homeschoolern
und
ande-
ren,
die
Holt
Associates
besuchten.
Allmählich
gelangte
ich
zu
der
Ansicht,
dass
Homeschooling
eine
gute
Bildungsalternative
war.
Doch
auch
nach
zwei
Jahren
bei
Holt
Associates
zweifelten
meine
Frau
und
ich
daran,
ob
wir
uns
bei
unseren
zukünftigen
Kindern
fiir
Homeschoo-
ling
entscheiden
würden.
Schließlich
waren
es
keine
Homeschooling-Versammlung,
kein
Buch
und
auch
keine
Studie,
die
meine
Frau
und
mich
überzeugten,
Home-
schooling
zu
versuchen,
sondern
das
immer
häufigere
Zusammentreffen
mit
Homeschooling-Eltern,
deren
Kinder
sich
ganz
offensichtlich
kör-
perlich,
seelisch
und
geistig
gut
entwickelten.
Einige
Eltern
vertraten
Aus-
bildungsmethoden
-
etwa
strikte
schulähnliche
Stundenpläne
-
die
sich
12
von
unseren
Ansichten
klar
unterschieden.
Andere
Familien
wiederum
verwarfen
jeden
Gedanken
an
Schule
vollständig.
Sie
alle
wiesen
jedoch
eine
Gemeinsamkeit
auf:
Ihre
Kinder
fühlten
sich
in
Gegenwart
ihrer
Eltern
und
anderer
Erwachsener
sichtlich
wohl.
Der
Umgang
mit
vielen
Homeschooling-Kindern
machte
sogar
großen
Spaß.
Sie
waren
gute
Gesprächspartner
und
zeigten
Interesse
für
eine
breite
Palette
an
Themen
und
Fähigkeiten.
Das
vom
konservativen
Schulsystem
gestützte
Klischee,
dass
Home-
schooling-Kinder
Eigenbrötler
und
Außenseiter
seien,
stimmte
keineswegs
mit
unseren
Erfahrungen
überein.
Als
lernende
Homeschooler
erinnerten
wir
uns
auch
an
unsere
eigenen
Erfahrungen
und
erkannten,
dass
Johns
Ansichten
stimmten:
Vieles
von
dem,
was
wir
in
unserem
Erwachsenen-
leben
anwendeten,
hatte
nichts
mit
unserer
eigentlichen
Schulausbildung
zu
tun.
Freunde
-
einschließlich
Lehrer
-
und
außerschulische
Aktiviti-
ten
hatten
bei
uns
einen
wesentlich
dauerhafteren
Eindruck
hinterlassen,
als
in
langen
Nächten
verfasste
Aufsätze
und
in
letzter
Minute
ange-
häuftes
Mathematikwissen.
Durch
die
Arbeit
bei
Holt
Associates
stellte
ich
meine
Ausbildung
und
den
Wert
meines
schulischen
Wissens
in
einer
Art
und
Weise
grundsätzlich
in
Frage,
wie
ich
es
nie
zuvor
für
möglich
gehalten
hätte.
Nur
ein
Beispiel:
Warum
bestehen
Eltern
und
Ausbilder
darauf,
dass
unsere
Kinder
stundenlang
freudlos
Dinge
lernen,
welche
die
meisten
Erwachsenen
nie
anwenden?
Heute
hore
ich
dieselben
pädagogischen
Rechtfertigungen
wie
damals,
als
ich
diese
Frage
als
naseweiser
Privat-
schüler
stellte:
»Damit
aus
dir
ein
vielseitig
gebildeter
Mensch
wird«;
»die
Auseinandersetzung
mit
Mathematik
(Algebra,
Trigonometrie,
Latein,
Chemie
oder
mit
jedem
anderen
beliebigen
Gegenstand)
wird
dir
helfen,
deine
Denkfähigkeit
zu
schulen.«
Warum
sollten
Aktivitäten
wie
Musi-
zieren,
Sport
treiben,
Malen,
Poesie
verfassen,
Tanz,
Bühnenspiel
oder
Lesen
die
Disziplin
und
das
Denkvermögen
weniger
fördern
als
die
erzwungene
Teilnahme
an
Kursen
und
Hausarbeiten,
für
die
Kinder
wenig
Neigung
oder
gar
Freude
aufbringen
und
auch
gar
keine
Verwendung
haben?
Selbstverständlich
bin
ich
dafür,
dass
man
Kindern
hilft,
ihre
Denkvermdgen
zu
schulen
-
und
nicht
nur
Kindern,
sondern
allen
Men-
schen
-
aber
muss
der
Lernprozess
so
freudlos
und
für
unser
Alltagsleben
oft
so
nutzlos
sein?
Fördern
nicht
auch
nützliche
und
freudvolle
Tätig-
keiten
unser
Denkvermogen?
Wenn
ich
Vorträge
darüber
halte,
dass
wir
unsere
traditionellen
Lehrpläne
aufgeben
sollen,
werde
ich
üblicherweise
von
einem
Zwi-
13
schenruf
folgenden
Inhalts
unterbrochen:
»Aber
man
muss
sich
doch
mit
Trigonometrie
auskennen!
Um
sich
in
unserer
heutigen
komplizier-
ten
technologischen
Gesellschaft
behaupten
zu
können,
muss
man
das
wissen.«
Unsere
Gesellschaft
ist
tatsächlich
kompliziert
und
immer
stär-
ker
geprägt
von
technologischen
Einflüssen,
aber
viele
von
uns
werden
sich
eingestehen
müssen,
dass
weder
der
Schulunterricht
in
Trigonome-
trie
noch
Mathematik
insgesamt
eine
Voraussetzung
dafür
waren,
dass
sie
als
Erwachsene
lernten,
mit
einem
Computer
umzugehen.
Die
über-
wiegende
Mehrzahl
jener
Erwachsenen,
die
in
den
80er
Jahren
lernten,
mit
einem
Computer
zu
arbeiten,
hat
dafür
keinen
wie
auch
immer
gear-
teten
Kurs
besucht.
Wenn
wir
etwas
wissen
müssen,
gibt
es
unzählige
Arten,
uns
dieses
Wissen
anzueignen;
ein
Kurs
mit
sorgfältig
aufgebau-
ten
Lektionen
ist
nur
eine
davon.
Heute
arbeite
ich
mit
Tabellenkalku-
lation,
entwerfe
Seitenlayouts,
retouchiere
Fotos,
schreibe
E-Mails,
ver-
wende
das
Internet
usw.
...
Und
alle
diese
Fähigkeiten
habe
ich
im
direk-
ten
Umgang
mit
diesen
Programmen
erlernt,
nicht
etwa
durch
Kurse
in
Algebra,
zeichnerischer
Darstellung
oder
anderen
Fächern
auf
der
High
School
oder
dem
College.
Meine
Frau
Day
und
ich
nahmen
Johns
Kritik
an
der
traditionellen
Ausbildung
ernst
und
stellten
uns
und
unseren
Freunden
Fragen
wie:
»Warum
zwingt
man
Schiiler,
Dinge
zu
erlernen,
die
sie
vermutlich
nie
anwenden
werden?«
»Riskieren
Homeschooling-Eltern
die
Zukunft
ihrer
Kinder,
be-
schneiden
sie
thre
Fähigkeiten
und
Möglichkeiten,
gute
Jobs
zu
finden,
anstindige
Menschen
kennenzulernen,
bei
Cocktailpartys
literarische
Anspielungen
zu
begreifen,
indem
sie
ihre
Kinder
nicht
so
ausbilden
las-
sen,
wie
wir
in
privaten
oder
öffentlichen
Schulen
ausgebildet
wurden?«
»Miissen
wir
wie
Schulen
agieren
und
unsere
Kinder
dazu
zwingen,
auf
dieselbe
Art
zu
lernen,
wie
wir
es
in
der
Schule
getan
haben,
damit
sie
als
Erwachsene
erfolgreich
sind?«
In
unserer
Altersgruppe,
den
Zwanzig-
bis
Dreißigjährigen,
disku-
tierten
Day
und
ich
intensiv
über
derartige
Fragen,
was
mitunter
bei
Fami-
lienfeiern
zu
erregten
Auseinandersetzungen
über
Ausbildungsfragen
führte
(ein
Fehler,
den
wir
nach
Möglichkeit
nicht
wiederholen
werden).
Welche
Bedenken
oder
Einwände
wir
auch
immer
gegen
Pflichtun-
terricht
vorbrachten
-
und
mitunter
stimmten
alle
Beteiligten
darin
sogar
überein
-,
so
lautete
die
Schlussfolgerung
doch
oft,
Kinder
müssten
zum
Lernen
gezwungen
werden.
Das
sei
einfach
ein
notwendiges
Ubel.
»Wir
müssen
die
Aufmerksamkeit
und
das
Handeln
der
Kinder
unter
Kontrolle
14
halten«,
lautete
dieses
Argument,
»ansonsten
verbringen
sie
die
gesamte
Zeit
damit
zu
spielen,
fernzusehen
oder
in
Schwierigkeiten
zu
geraten.
Außerdem
können
sie
als
Erwachsene
auch
nicht
immer
tun,
wonach
ihnen
der
Sinn
steht.
Deshalb
ist
es
für
uns
alle
besser,
dass
sie
so
früh
wie
möglich
lernen,
sich
einer
Autorität
zu
beugen
und
in
unserem
System
klarzukommen.«
Um
ein
bestimmtes
Ziel
zu
erreichen,
müssen
wir
selbstverständlich
hin
und
wieder
Dinge
tun,
die
uns
nicht
gefallen.
Bevor
wir
heirateten,
arbeitete
Day
ein
Jahr
lang
für
einen
selbstherrlichen
Theaterregisseur,
um
Arbeitserfahrung
am
Theater
zu
sammeln,
was
ihr
größter
Wunsch
gewesen
war.
In
der
Schule
hingegen
sind
wir
oft
gezwungen,
uner-
wünschte
Dinge
um
ihrer
selbst
willen
zu
tun:
Ist
das
wirklich
eine
sinn-
volle
Art
und
Weise,
seine
Zeit
zu
verbringen?
Obwohl
Day
und
ich
während
unserer
gesamten
Jugend
auf
angenehme
Erfahrungen
in
priva-
ten
und
öffentlichen
Schulen
zurückblicken
können,
erinnern
wir
uns
immer
noch
an
die
Wartezeiten,
bis
man
uns
erlaubte
weiterzumachen,
nachdem
wir
mit
unserer
Arbeit
fertig
waren,
an
die
Schulstunden,
die
endeten,
bevor
wir
unsere
Aufgaben
abschließen
konnten,
und
an
die
frustrierenden
Stundenpläne,
die
wir
zu
erfüllen
hatten
und
deren
Sinn
wir
kaum
verstanden.
Allmählich
kamen
Day
und
ich
zu
der
Ansicht,
dass
jene
Homeschooling-Eltern,
die
ihren
Kindern
gestatteten,
Astro-
nomie
zu
studieren
oder
stundenlang
mit
Puppen
zu
spielen,
damit
eine
bessere
-
oder
zumindest
interessantere
-
Art
und
Weise
gefunden
hatten,
sich
mit
etwas
auseinanderzusetzen,
als
es
in
der
Schule
möglich
gewesen
wäre.
Während
wir
uns
immer
wieder
mit
Homeschooling-Familien
trafen
und
darüber
nachdachten,
wie
wir
unsere
noch
ungeborenen
Kinder
auf-
wachsen
lassen
wollten,
erkannten
wir,
dass
es
viele
Möglichkeiten
gab,
Kinder
zu
erziehen,
und
dass
neben
dem
traditionellen
Modell
von
»Setz
dich,
sei
still
und
tu,
was
ich
dir
sage«
auch
zahlreiche
andere
Lehr-
und
Lernmethoden
existierten.
Geduldige
gute
Beobachter
können
einem
jungen
Menschen
helfen,
gut
zu
lernen,
auch
ohne
sich
auf
die
nur
allzu
weit
verbreiteten
Lehr-
methoden
von
Angst,
Erniedrigung
und
Zwang
zu
stützen.
John
schickte
seinen
Freunden
oft
Bücher
-
oder
verkaufte
sie
über
seinen
Versandka-
talog
John
Holt’s
Book
and
Music
Store
-
die
sich
mit
Schulen,
Lehrern,
Eltern
und
Kindern
befassten,
die
auf
unkonventionelle
Weise
lernten.
Diese
Bücher
dienen
nicht
nur
als
Beweis
fiir
unsere
Jugend,
dass
es
Alter-
nativen
zur
konventionellen
Schule
gibt,
sondern
zeigen
auch
auf,
dass
jene
Werte,
die
John
am
Konzept
des
Homeschoolings
so
schitzte
und
15
förderte,
auch
bei
anderen
Personen
und
an
anderen
Orten
zu
finden
sind
oder
auf
diese
übertragen
werden
können.
Unsere
natürliche
Fähigkeit,
durch
Erfahrung
und
Vorbilder
zu
ler-
nen,
ist
so
mächtig,
dass
wir
praktisch
darauf
programmiert
sind,
genauso
zu
lehren,
wie
wir
in
der
Schule
unterrichtet
wurden.
Wir
alle
haben
so
viel
Zeit
in
der
Schule
verbracht,
dass
es
uns
schwer
fällt,
uns
vorzustel-
len,
dass
es
in
unserer
heutigen
Gesellschaft
auch
andere
Möglichkeiten
gibt,
zu
leben
und
zu
lernen.
Deshalb
fällt
es
uns
leicht,
das
konventio-
nelle
Schulsystem
zu
Hause
zu
kopieren.
Immerhin
wissen
wir
aus
eige-
ner
Erfahrung
als
Schüler,
und
vielleicht
sogar
als
Lehrer,
wie
es
in
der
Schule
abläuft,
so
dass
wir,
wenn
wir
uns
mit
unseren
Kindern
für
Home-
schooling
entscheiden,
alles
mit
dem
Wort
»Schule«
verbinden.
Als
Ant-
wort
auf
die
übliche
Definition
des
Wortes
»Schule«
erfand
John
das
Wort
»Unschooling«,
um
zu
beschreiben,
wie
wir
Kindern
helfen
können
zu
ler-
nen,
ohne
die
Konzepte
und
Praktiken
zu
kopieren,
nach
denen
wir
in
der
Schule
lernten.
So
kann
man
beispielsweise
die
Trainingseinheiten
von
Vereins-
football
unschoolen.
Eine
Sportart,
die
mir
bis
dahin
als
betont
schmerz-
voll
und
wettbewerbsorientiert
erschien,
wo
es
um
den
Sieg
um
jeden
Preis
geht.
Doch
dann
las
ich
den
folgenden
Artikel
über
John
Gagliiardii,
den
Cheftrainer
des
Football-Teams
der
St.
John’s
University
in
Min-
nesota:
Seine
Ergebnisse
wären
schon
außergewöhnlich,
wenn
er
konventionelles
Football-Wissen
anwendete,
aber
Gagliardi
setzt
sich
praktisch
über
jedes
Lehrbuch
hinweg.
Im
Grunde
besitzt
St.
John’s
keinen
Lehrplan
für
dieses
Spiel,
wie
er
erklärt,
sondern
nur
ein
einziges
Blatt,
auf
dem
die
Aufgaben
auf-
gelistet
sind.
|
»Die
Jungs
lernen
alles
auf
dem
Feld«,
sagt
er.
(...)
»Der
gesamte
Papier-
kram
wirkt
auf
mich,
als
wolle
man
einem
Kind
beschreiben,
wie
es
das
Rad-
fahren
erlernt.
Das
lässt
sich
zwar
niederschreiben,
aber
das
Kind
wird
es
nicht
verstehen.
Es
muss
einfach
auf
das
Fahrrad
steigen,
und
es
wieder
und
wieder
probieren.«
Gagliardi
verzichtet
nicht
nur
auf
Lehrbücher,
sondern
auch
noch
auf
zahl-
reiche
andere
Standardmethoden
im
Football
...
Einige
Zitate
aus
Gagliardis
»Philosophie
des
Sieges
durch
klare
Absage«:
-
Kein
Spieler
wird
ausgeschlossen.
-
Niemand
ist
zu
klein.
|
-
Keine
Beurteilung
von
Spielaufzeichnungen.
-
Keine
Poster
in
den
Umkleideraumen.
16
-
Keine
Strafrunden.
-
Keine
Worte
wie
»niedermachen«,
»auslöschen«
usw.
-
Kein
Training
an
Sonntagen
und
Montagen.
-
Keine
ausgehängte
Statistik.
-
Kein
unfaires
Spiel.
-
Kein
Training
bei
Regen,
Schlamm
oder
heftigem
Wind.
-
Keine
Zeitnahme
beim
Training
über
40
Yards,
eine
Meile
usw.”
Dies
ist
ein
Beispiel
dafür,
wie
man
Thesen
infrage
stellt
und
großartige
Ergebnisse
erzielt,
ohne
den
konventionellen
Methoden
zu
folgen.
Es
zeigt
jedoch
auch,
dass
jene
Elemente,
die
für
den
Erfolg
verantwortlich
sind,
oft
in
starkem
Gegensatz
zur
allgemeinen
Lehre
stehen.
Im
Jahr
2002
war
Gagliardi
der
nach
Siegen
erfolgreichste
aktive
Coach
im
Col-
lege
Football
und
der
zweiterfolgreichste
in
der
ewigen
Siegerliste
der
College-Football-Geschichte.
Und
dies
erreichte
er,
indem
er
das
Gegen-
teil
dessen
tat,
was
alle
übrigen
Football-Trainer
tun.
Indem
er
die
Stan-
dardmethoden
und
anerkannten
Praktiken
nicht
anwendete
und
auf
die
typische
Spielermotivation
nach
dem
Motto
»schlagen
oder
geschlagen
werden«
verzichtete,
zeigte
uns
Trainer
Gagliardi
neue
Wege,
mit
jungen
Sportlern
umzugehen.
Diese
Methoden
sind
wesentlich
interessanter
als
jene
des
immer
häufiger
anzutreffenden
Trainertyps
»Kleiner
Napoleon«,
der
sonst
überall
im
Jugendsport
anzutreffen
ist.
Monty
Roberts
hatte
als
Jugendlicher
so
viel
Gewalt
gegen
Tiere
und
Menschen
erlebt,
dass
er
nach
neuen
Methoden
suchte,
um
Pferde
zu
trainieren
und
mit
Behinderten
und
Kindern
zu
arbeiten.
Er
gründete
seine
Methoden
auf
Beobachtung,
Geduld
und
Kommunikation
statt
auf
herkömmliche,
ergebnisorientierte
Verfahren
mit
Zwangsausübung.
Besonders
seine
Erfolge
mit
schwierigen
Pferden
sind
beeindruckend,
und
seine
Technik
des
Pferdeflüsterns
ist
sicherer,
humaner
und
wirkt
schneller
als
die
konventionellen
Methoden
des
Zureitens.
Roberts
kann
über
seine
formelle
Schulbildung
wenig
sagen
(»meine
Anwesenheitsliste
war
kurz«),
aber
wie
er
erzählt,
hatte
ihn
eine
Nonne
als
Lehrende
am
meisten
beeinflusst:
Ich
werde
mich
immer
an
ihre
Aussage
erinnern,
dass
es
so
etwas
wie
Lehren
gar
nicht
gibt
-
es
gibt
nur
das
Lernen.
Sie
glaubte,
dass
kein
Lehrer
je
einen
Schüler
etwas
lehren
könne.
Ihre
Aufgabe
als
Lehrkraft
bestehe
darin,
ein
Umfeld
zu
schaffen,
in
dem
der
Schüler
lernen
kann.
Wissen
...
darf
nieman-
dem
aufgezwungen
werden.
Der
Geist
muss
aufnahmebereit,
formbar
und
vor
allem
wissensdurstig
sein.
17
Dieselbe
Philosophie
wende
ich
bei
der
Ausbildung
von
Pferden
an.
Das
Wort
»Lehren«
impliziert,
dass
Wissen
injiziert
wird.
Wie
Schwester
Agnes
Patricia
gelangte
auch
ich
zu
der
Ansicht,
dass
es
so
etwas
wie
»Lehren«
gar
nicht
gibt
-
es
gibt
nur
das
Lernen.“
Was
Roberts
mit
den
Pferden
machte,
wendete
Holt
bei
den
Schülern
seiner
fünften
Schulstufe
an:
Er
ermöglichte
ihnen
das
Lernen,
ohne
ihnen
Ausbildung
aufzuzwingen.
Wie
Roberts
wurde
auch
Holts
Arbeit
seitens
der
Behörden
nicht
mit
Begeisterung
aufgenommen.
Einzelne
Leh-
rer
und
Eltern
betrachteten
diese
Methode
jedoch
mit
großem
Interesse.
Holt
betonte
wieder
und
wieder,
dass
er
das
Unterrichten
nicht
in
einer
Ausbildungsstätte
erlernt
hatte,
was
er
als
Vorteil
ansah.
Auf
diese
Weise
war
er
nicht
erfüllt
von
den
allgemeinen
Annahmen
und
Vorschriften
der
Bildungstheorie,
sondern
von
hart
erworbenen
Erkenntnissen
über
das,
was
funktionierte
-
oder
nicht
funktionierte
-,
bei
seinen
Versuchen,
Kin-
der
zu
unterrichten.
Monty
Roberts
verbrachte
mehrere
Wochen
in
der
Wüste,
wo
er
den
Wildpferdherden
folgte,
um
durch
eingehende
Beob-
achtung
ihre
Körpersprache
und
ihre
Verständigungsmechanismen
zu
erlernen
und
auszuprobieren,
wie
sie
auf
seine
Anwesenheit
reagierten,
wenn
er
ihre
Verhalten
kopierte;
auf
dieselbe
Weise
beobachtete
John
die
Kinder.
Über
dieses
schwierige
Vorgehen
schreibt
er
1969
an
die
Harvard
Education
Review:
Alles,
was
ich
über
Kinder
weiß,
lernte
ich
durch
lange,
aufmerksame
Beob-
achtung,
und
vor
allem
durch
ständige
Fehlschläge
bei
dem
Versuch,
sie
mit
mehr
oder
weniger
orthodoxen
Lehrmethoden
in
den
Dingen
zu
unterrichten,
die
man
angeblich
lernen
muss.
Mir
scheint,
man
geht
von
der
Annahme
aus
-
und
ich
entschuldige
mich,
wenn
ich
falsch
liege
-,
dass
beim
Lernen
über
diese
Welt
die
Bücher
anderer
Leute
wichtiger
seien
als
die
eigene
Beobach-
tung.
Dieser
Ansicht
widerspreche
ich
auf
das
Heftigste.
Dies
ist
nur
ein
Teil
dessen,
was
ich
anderen
Lehrern
versuche
zu
verstehen
zu
geben:
dass
das,
was
sie
durch
direkten
Kontakt
mit
den
Kindern
und
ihre
eigenen
Beobachtungen
erlernen
und
empfinden,
wichtiger
und
vor
allem
vertrauenswiirdiger
ist,
als
alles,
was
sie
von
Theoretikern
erfahren.
Ich
weiß,
dass
diese
Ansicht
ketzerisch
ist,
aber
so
sehe
ich
nun
mal
die
Dinge.”
John
gelangte
zu
der
Einsicht,
dass
Eltern
seine
Rolle
im
Klassenzimmer
ebenso
gut
ausfüllen
könnten
wie
er
selbst,
wenn
nicht
sogar
besser.
Denn
wenn
sie
die
Beziehung
zu
ihren
Kindern
sorgfältig
aufbauten,
würden
die
Kinder
den
Eltern
zeigen
(oder
auch
jedem
anderen
geduldigen
Erwach-
18
senen,
der
sich
ernsthaft
mit
ihnen
befasst),
wie
sie
am
besten
lernen.
Seine
Unterstützung
für
all
jene,
die
-
unabhängig
von
sozialer
Zugehörig-
keit
und
eigener
Ausbildung
-
Homeschooling
versuchen,
basiert
auf
seinen
eigenen
Erfahrungen
durch
Versuch
und
Irrtum,
indem
er
beob-
achtete,
was
in
der
Klasse
funktionierte
und
was
nicht.
John
Holt
und
andere
Erzieher
mussten
sich
jedoch
auch
von
Home-
schooling-Eltern
die
Kritik
gefallen
lassen,
dass
sie
-
wenn
sie
keine
eige-
nen
Kinder
hätten
-
nicht
wiissten,
was
es
bedeutet,
jeden
Tag
vierund-
zwanzig
Stunden
mit
den
eigenen
Kindern
zu
verbringen.
»Wenn
er
auch
nur
einen
einzigen
Tag
mit
meinen
Kindern
verbringen
würde,
würde
er
seine
Meinung
ändern!«,
lautete
die
Reaktion
vieler
Eltern
auf
Johns
Mahnung,
auch
bei
heftigen
Gefühlen
und
Aktionen
der
Kinder
freund-
lich,
geduldig
und
verständnisvoll
zu
bleiben.
Doch
nichts
konnte
Johns
Einfühlungsvermögen
für
Kinder
und
sei-
nen
Wunsch
ins
Wanken
bringen,
dass
Eltern
ihren
Kindern
eine
zweite,
dritte,
vierte
und
weitere
Chance
geben
mögen,
akademisch
und
emo-
tional
zu
lernen.
Allerdings
gestattete
John
den
Kindern
auch
nicht,
ihre
Eltern
wie
Fußabtreter
zu
behandeln!
Seine
Ratschläge
über
das
Leben
und
Lernen
von
Kindern
basierten
nicht
nur
auf
seinen
Erfahrungen
in
Klassenzimmern,
denn
er
begab
sich
auch
bewusst
und
gerne
in
Situa-
tionen,
in
denen
er
Kinder
aller
Altersklassen
beobachten
und
mit
thnen
Zeit
verbringen
konnte.
Bei
der
Planung
seiner
Vortragsreisen
bat
er
mich,
statt
im
Hotel
lieber
in
Familien
übernachten
zu
können.
In
seinen
Büchern
erwähnt
er
häufig
die
Kinder
seiner
Schwestern
und
Freunde
sowie
seine
eigenen
Schüler
und
die
anderer
Klassen.
Sowohl
in
der
in
die-
sem
Buch
oft
zitierten
Zeitschrift
GWS
als
auch
im
direkten
Kontakt
mit
Eltern
diskutierte
er
die
unterschiedlichsten
Themen,
die
mit
Home-
schooling
in
Zusammenhang
stehen.
In
den
Anfangsjahren
des
Home-
schoolings
wurde
John
fiir
viele
eine
Art
weiser
alter
Onkel.
Ironischerweise
war
einer
der
häufigsten
Kritikpunkte
am
Home-
schooling,
dass
nämlich
Kinder
auf
diese
Weise
nicht
genügend
soziale
Kontakte
knüpfen
würden,
fiir
John
gerade
einer
der
Hauptgriinde
für
Homeschooling.
Aufgrund
seiner
Beobachtungen
war
er
der
Ansicht,
dass
Kinder
überaus
soziale
Wesen
seien
und
dass
Kontakte
innerhalb
der
engen
und
erweiterten
Familie,
der
Gemeinschaft
usw.
den
Kindern
hil-
fen,
zu
lernen
und
sich
zu
entwickeln.
Ohne
eine
Gemeinschaft
von
Spre-
chenden
um
das
Kind
herum,
ohne
Menschen,
die
zuhoren,
antworten
und
mit
dem
Kind
sprechen,
werde
es
kein
Interesse
am
Spracherwerb
entwickeln.
Die
Tatsache,
dass
Kindern
in
den
Schulen
die
Entwicklung
19
sozialer
Fähigkeiten
oft
verweigert
wurde
und
sie
vielfach
sogar
negative
soziale
Erfahrungen
machten,
blieb
John
nicht
verborgen.
Lehrer
und
Erzieher,
die
Holts
Ideen
als
nicht
durchführbar
abzutun
versuchen,
bezeichnen
ihn
oft
als
»romantischen
Kinderfreund«
und
ord-
nen
ihn
derselben
Kategorie
zu
wie
den
berühmten
liberalen
französi-
schen
Philosophen
Jean-Jacques
Rousseau.
John
wurde
gewiss
nicht
von
Rousseau
beeinflusst,
der
der
Ansicht
war,
dass
Kinder
dann
am
besten
lernen,
wenn
man
sie
dem
korrumpierenden
Einfluss
der
Erwachsenen-
gesellschaft
entzieht,
und
vor
allem
dem
Einfluss
ihrer
Eltern.
Gleichzei-
tig
war
John
gegen
übertriebene
Kinderliebe.
Im
Kapitel
»Leben
mit
Kin-
dern«
spricht
John
in
klaren
Worten
über
die
Beziehung
zwischen
Erwachsenen
und
Kindern:
Kinder
erscheinen
mir
oft
als
talentierte
Barbaren,
die
nur
allzu
gerne
zivili-
siert
werden
wollen.
Viele
liberale
Schulen
und
einige
freundliche,
wohlmei-
nende
Eltern
leiden
unter
der
Vorstellung,
dass
in
ihren
Kindern
etwas
Wildes,
Wertvolles
steckt,
das
sie
so
lange
wie
möglich
gegen
Angriffe
aus
der
realen
Welt
schützen
müssen.
Sobald
wir
uns
von
dieser
Vorstellung
befreien,
wird
unser
Leben
mit
Kindern
bedeutend
einfacher,
und
gleichzeitig
werden
auch
die
Kinder
selbst
glücklicher.
In
letzter
Zeit
habe
ich
viele
Stunden
mit
Kleinkin-
dern
verbracht,
die
mir
den
überwältigenden
Eindruck
vermittelten,
dass
sie
sich
nichts
inniger
wünschen,
als
dazuzugehören,
teilzunehmen
und
das
Rich-
tige
zu
tun
-
das
heißt,
genau
das
zu
tun,
was
wir
tun.
Wenn
ihnen
dies
nicht
immer
gelingt,
dann
nur
aus
Mangel
an
Erfahrung,
oder
weil
sie
von
ihren
Gefühlen
hinweggerissen
werden.
Seltsamerweise
stehen
sich
die
reaktionidre
und
die
romantisch-liberale
Ansicht
über
Kinder
wie
die
zwei
Seiten
einer
Medaille
gegenüber.
Die
Hard-
liner
erklären,
dass
wir
alles
Übel
aus
den
Kindern
herauspriigeln
müssen,
um
ste
auf
die
Welt
vorzubereiten.
Die
romantischen
Kinderfreunde
erklären,
dass
wir
bei
der
Vorbereitung
auf
diese
Welt
das
Gute
im
Kind
größtenteils
zer-
stören.
Während
die
eine
Gruppe
behauptet,
Kinder
seien
fehlerhafte
Minia-
turausgaben
von
Erwachsenen,
behauptet
die
andere
Gruppe,
dass
Erwachsene
tiberdimensionierte
fehlerhafte
Kinder
seien.
Beides
ist
falsch.
Aber
es
gibt
tatsächlich
Mittel
und
Wege,
wie
man
Kindern
helfen
kann,
sich
zu
entwickeln
und
ihre
besten
Fähigkeiten
zu
behalten
und
auszubauen.
Johns
ruhige
Argumentation
half
vielen
Eltern,
Homeschooling
auch
dann
weiterzufithren,
wenn
sie
ihre
Kinder
als
belastend
emptanden.
Durch
sie
lernten
Eltern,
die
unterschiedlichen
Lehrmethoden
und
-stile
zu
begreifen,
welche
die
Kinder
anwendeten,
sobald
sie
außerhalb
der
20
Schule
zu
lernen
begannen.
Darüber
hinaus
forderte
er
Eltern
auf,
sich
zu
entspannen
und
die
Zeit
mit
ihren
Kindern
zu
genießen,
anstatt
die
Rolle
eines
akademischen
Organisators
zu
übernehmen.
Als
Teach
Your
Own
1981
erstmals
veröffentlicht
wurde,
war
John
bereits
eine
bekannte
Persönlichkeit,
deren
politische
und
rechtliche
Ratschläge
gefragt
waren.
Er
wusste,
dass
öffentliche
und
private
Schulen
Macht
und
Geld
auf
ihrer
Seite
hatten;
gleichzeitig
wusste
er,
dass
Familien
und
Kinder
wesentlich
mehr
Rechte
und
Möglichkeiten
im
Bildungswesen
besaßen,
als
ihnen
'
bewusst
waren.
John
riet
Eltern,
Schwierigkeiten
mit
Schulbehörden
mög-
lichst
zu
vermeiden,
und
ging
sogar
so
weit,
den
Umzug
in
einen
freund-
licher
gesonnenen
Schulbezirk
vorzuschlagen.
Wann
immer
eine
Familie
wegen
der
Behörden
in
Sorge
war,
unterstützte
John
sie
mit
Gerichtsur-
teilen,
Geschichten,
Analysen
und
Ratschlägen
und
zitierte
auch
oft
aus
der
Originalausgabe
von
Teach
Your
Own.
Glücklicherweise
hat
sich
das
politische
Klima
1m
Lauf
der
vergan-
genen
zwanzig
Jahre
zugunsten
von
Homeschooling
verindert,
so
dass
Homeschooling
heute
in
allen
fünfzig
Staaten
der
USA
legal
ist,
ebenso
wie
in
Kanada,
England,
Irland,
Australien,
Frankreich,
Spanien,
Japan,
Skandinavien
und
vielen
anderen
Regionen
und
Ländern.
In
der
Ori-
ginalausgabe
von
Johns
Buch
stehen
noch
viele
Hinweise
auf
Schul-
behorden,
Rechtsentscheidungen
und
Schulpolitik,
die
heute
überholt
sind.
Darum
wurden
sie
fiir
diese
Ausgabe
überarbeitet.
Einige
seiner
Kommentare
habe
ich
jedoch
auch
in
dieser
Ausgabe
beibehalten,
sei
es
als
historischer
Nachweis,
oder
weil
es
sich
um
besonders
raffinierte
Rat-
schläge
handelt.
Homeschooling
ist
nicht
bloß
ein
weiteres
Ausbildungssystem;
es
bietet
uns
alternative
Möglichkeiten
zu
lehren,
zu
lernen
und
am
Leben
der
Familie
und
der
Gemeinschaft
teilzunehmen.
Zudem
zeigt
es
Wege
auf,
wie
man
einen
Arbeitsplatz
findet
oder
eine
höhere
Ausbildung
erhält,
ohne
die
standardisierten
Pfade
der
Massenausbildung
zu
beschrei-
ten.
Es
bietet
uns
Mittel
und
Wege,
wie
wir
die
Schule
zu
unserem
Nut-
zen
verwenden
können,
ohne
von
ihr
benutzt
zu
werden.
Homeschooling
bietet
uns
auch
die
Möglichkeit,
über
»Demokratie«
und
»Individualitat«
nachzudenken,
ohne
die
Gefahr
der
Polarisierung,
plötzlich
als
eigen-
brötlerischer
Überlebenskünstler
oder
kollektivistischer
Nichtstuer
zu
gel-
ten;
es
bietet
Kindern
und
Eltern
Gelegenheit,
in
einer
Gemeinschaft
zu
leben
und
zu
lernen,
die
weit
über
gemeinsame
Hausarbeiten
hinausgeht.
Wenn
Sie
dieses
Buch
lesen,
finden
Sie
heraus,
wie
das
geht!
21
Es
grenzt
eigentlich
an
ein
Wunder,
dass
der
moderne
Lehrbetrieb
die
heilige
Neugier
des
Forschens
noch
nicht
ganz
erdrosselt
hat;
denn
dies
delikate
Pflänzchen
bedarf
neben
Anregung
hauptsächlich
der
Freiheit,
ohne
die
es
unweigerlich
verkommt.
Es
ist
ein
großer
Irrtum
zu
glauben,
dass
Freude
am
Schauen
und
Suchen
durch
Zwang
und
Pflichtgefühl
gefördert
werden
könne.
Ich
denke,
dass
man
selbst
einem
gesunden
Raubtier
seine
Fressgier
wegnehmen
könnte,
wenn
es
gelänge,
es
mit
Hilfe
der
Peitsche
fortgesetzt
zum
Fressen
zu
zwingen,
wenn
es
keinen
Hunger
hat,
besonders
wenn
man
die
unter
solchem
Zwang
verabreichten
Speisen
entsprechend
auswählte.
ALBERT
EINSTEIN
22
EINFÜHRUNG
John
Holt
Dieses
Buch
befasst
sich
mit
der
Frage,
wie
wir
unsere
Kinder
selbst
unterrichten,
oder
besser
gesagt,
wie
wir
es
ihnen
ermöglichen
kön-
nen,
außerhalb
des
Schulsystems
zu
lernen
-
zu
Hause
oder
an
jedem
anderen
Ort,
oder
in
jeder
anderen
Umgebung
(je
mehr,
desto
besser),
die
wir
ihnen
zur
Verfügung
stellen
können.
Teils
ist
dieses
Buch
ein
Plädoyer
für
das
Lernen
außerhalb
der
Schule,
teils
ist
es
ein
Bericht
über
Menschen,
die
genau
das
tun,
und
teils
ist
es
ein
Leitfaden
für
all
jene,
die
Homeschooling
betreiben
wollen.
Viele
Ereignisse,
von
denen
einige
öffentlicher,
andere
privater
Natur
waren,
und
wieder
andere,
die
sich
nur
in
meinem
Kopf
abspielten,
führten
dazu,
dass
ich
dieses
Buch
schrieb.
Alles
begann
in
den
späten
50er
Jahren,
als
ich
an
einer
angesehenen
Schule
Zehnjährige
unterrichtete.
Damals
verbrachte
ich
auch
viel
Zeit
mit
den
Babys
und
Kleinkindern
meiner
Schwestern
und
anderer
Freunde.
Besonders
überraschte
mich
der
Unterschied
zwischen
den
Zehnjährigen
(die
ich
sehr
mochte)
und
den
Ein-
und
Zweijährigen.
Ungeachtet
ihrer
wohlhabenden
Familien
und
ihres
hohen
Intelli-
genzquotienten
waren
die
Kinder
im
Klassenzimmer
-
bis
auf
wenige
Ausnahmen
-
ängstlich,
befangen,
ausweichend
und
auf
Selbst-
schutz
bedacht.
Die
Kleinkinder
zu
Hause
hingegen
waren
kühne
Abenteurer.
Bald
schon
wurde
mir
klar,
dass
Kinder
von
Natur
aus
und
von
Geburt
an
überaus
neugierig
sind
auf
die
sie
umgebende
Welt,
die
sie
energisch,
einfallsreich
und
fachkundig
erforschen,
um
alles
über
sie
herauszufinden
und
sie
zu
meistern.
Kurz
gesagt
sind
sie
wesent-
lich
lernbegieriger
als
die
meisten
Erwachsenen
unter
uns
und
lernen
23
auch
tatsächlich
wesentlich
besser.
Babys
sind
keine
untätigen
Win-
delpakete,
sondern
wahre
Wissenschaftler.
Warum
machen
wir
aus
unseren
Schulen
dann
nicht
ein
Umfeld,
in
dem
es
Kindern
gestat-
tet
ist
und
sie
dazu
ermutigt
werden
zu
lernen,
und
in
dem
wir
ihnen
helfen
(wenn
sie
darum
bitten),
ihre
Umwelt
zu
erkunden
und
zu
begreifen
(in
zeitlicher
und
räumlicher
Form),
und
dies
in
einer
Art
und
Weise,
die
sie
tatsächlich
interessiert?
Genau
darüber
schrieb
ich
in
meinen
ersten
beiden
Büchern
Aus
schlauen
Kindern
werden
Schüler
...
Von
dem,
was
in
der
Schule
verlernt
wird
(1964)
und
Wie
kleine
Kinder
schlau
werden.
Selbständiges
Lernen
im
Alltag
(1966).
Diese
wurden
schon
von
einem
breiten
Publikum
gelesen
und
in
viele
Sprachen
übersetzt.
Gemeinsam
mit
Gesinnungsgenossen
hielt
ich
schon
bald
unzäh-
lige
Vorträge,
war
Gast
in
verschiedenen
TV-Talkshows
usw.
Wie
es
schien,
waren
viele
Erzieher,
Eltern
und
große
Teile
des
Publikums
begeistert
von
der
Idee,
Schulen
zu
einem
Ort
zu
machen,
in
dem
Kinder
unabhängig
und
selbstbestimmt
lernen.
Ich
wurde
sogar
auf-
gefordert,
an
der
Harvard
Graduate
School
of
Education
einen
Kurs
über
studentisches
Lernen
zu
halten.
Es
hatte
den
Anschein,
als
würden
derartige
Veränderungen
innerhalb
weniger
Jahre
an
vie-
len
Schulen
stattfinden
und
bald
sogar
an
der
Mehrzahl
der
Schu-
len
umgesetzt.
Wenn
mir
Eltern
erzählten,
sie
seien
mit
den
Schulen
ihrer
Kin-
der
unzufrieden
-
und
das
waren
viele,
forderte
ich
sie
auf,
initiativ
zu
werden
und
Versammlungen
abzuhalten,
öffentliche
Unterstüt-
zung
für
Schulreformen
zu
organisieren,
die
Schulaufsichtsgremien
unter
Druck
zu
setzen
und
gegebenenfalls
neu
zu
wählen.
An
eini-
gen
wenigen
Orten
handelten
die
Eltern
auch
nach
diesen
Rat-
schlägen.
Zunächst
stellte
ich
das
System
der
Pflichtschule
gar
nicht
in
Frage.
Ab
etwa
1968
gelangte
ich
jedoch
zu
der
Ansicht,
dass
jene
Veränderungen,
die
meiner
Meinung
nach
an
den
Schulen
stattfinden
sollten,
vor
allem
die
Beziehung
der
Lehrer
zu
den
Schülern
betra-
fen
und
so
lange
nicht
greifen
konnten,
solange
die
Schulen
als
Pflichtschulen
geführt
wurden.
Zu
diesem
Thema
schrieb
ich
den
Artikel
»Not
So
Golden
Rule
Days«,
der
zunächst
im
Center
Magazine
erschien,
der
Zeitschrift
des
Center
for
the
Study
of
Democratic
Insti-
tutions,
und
später
in
meinem
dritten
Buch
7he
Underachieving
School.
Da
das
Pflichtschulgesetz
die
Lehrer
dazu
anhält,
Polizei-
24
aufgaben
zu
übernehmen,
und
sie
dadurch
daran
hindert,
einer
ech-
ten
Lehrtätigkeit
nachzugehen,
wäre
es
sogar
in
ihrem
eigenen
Inter-
esse
sowie
dem
der
Eltern
und
Kinder,
dieses
Gesetz
abzuschaffen
oder
zumindest
weitgehend
zu
modifizieren.
In
diesem
Artikel
schlug
ich
mehrere
politische
Schritte
und
Etappen
vor,
in
denen
dies
zu
bewerkstelligen
wäre.
Auf
diese
Weise
arbeiteten
viele
von
uns
mit
großem
Engage-
ment,
Begeisterung
und
Vertrauen
fur
eine
Schulreform.
Wie
all
jene,
die
sich
für
Veränderung
einsetzen,
sahen
auch
wir
jedes
noch
so
kleine
Anzeichen
einer
Veränderung
als
weiteren
Beweis
dafür,
dass
der
Wandel
kommen
würde.
Wir
hatten
noch
nicht
begriffen,
dass
in
unserer
heutigen
Welt
der
Massenmedien
Ideen
aufkommen
und
wieder
verschwinden
wie
jeder
andere
Modetrend
in
der
Textilindu-
strie.
Eine
Zeit
lang
war
das
Thema
Schulreform
in
Mode.
Allerdings
hatten
wir
damals
noch
keine
Möglichkeit
zu
erkennen,
dass
es
tatsächlich
nur
eine
Modeerscheinung
war.
Es
klärt
sich
immer
erst
später,
was
nur
ein
Modetrend
war
und
was
bleibende
Wirkung
gezeigt
hat.
Doch
schon
damals
gab
es
gewisse
Anzeichen
dafür.
In
Min-
neapolis,
einer
liberalen
Stadt
in
einem
liberalen
Staat,
war
ich
als
einer
von
mehreren
Rednern
eingeladen
worden,
auf
einer
bedeu-
tenden
Konferenz
vor
etwa
700
Lehrern
aus
Minnesota
zu
spre-
chen.
In
der
Fragerunde
danach,
die
zunächst
sehr
konstruktiv
ver-
lief,
meldete
sich
schließlich
eine
beleibte
Frau
mit
dünnen,
zusam-
mengepressten
Lippen,
herabhängenden
Mundwinkeln
und
bar-
scher,
verärgerter
Stimme
zu
Wort:
»Und
was
machen
Sie
mit
den
Kindern,
die
schlicht
und
einfach
stinkfaul
sind?«
Das
gesamte
Publikum
applaudierte.
Ich
war
überrascht
und
schockiert.
Als
der
Applaus
verebbt
war,
fand
ich
eine
treffende
Antwort
und
die
Ver-
sammlung
kehrte
wieder
zu
ihrer
anfänglichen
Wohlgesonnenheit
zurück.
Später
verdrängte
ich
die
unangenehme
Erinnerung
an
diese
Begebenheit.
Ich
wollte
nicht
wahr
haben,
was
die
schwei-
gende
Mehrheit
einen
Augenblick
lang
deutlich
zum
Ausdruck
gebracht
hatte:
»Kinder
sind
kleine
Nichtsnutze.«
Auf
meinen
Reisen
wurde
ich
oft
in
Schulen
und
Klassen
ein-
geladen,
wo
mir
Menschen
verkündeten:
»Wir
haben
Ihre
großartigen
Bücher
gelesen
und
machen
alles,
was
Sie
darin
beschreiben.«
Meis-
tens
taten
sie
auch
genau
das,
was
sie
sagten,
aber
nicht
so,
wie
sie
es
meinten
-
denn
sie
taten
all
die
falschen,
schädlichen
Dinge,
die
25
ich
in
den
Büchern
beschrieben
und
einst
selbst
getan
hatte.
Die
Menschen
sprachen
mit
mir
auch
begeistert
über
ihre
innovativen
Programme.
Allerdings
wurden
diese
jeweils
aus
Bundesmitteln
finanziert,
und
wenn
im
Lauf
der
Zeit
der
Geldfluss
versiegte,
kamen
auch
diese
Projekte
zum
Erliegen.
So
sehr
diese
Menschen
den
Ver-
lust
dieser
wundervollen
Programme
bedauerten,
waren
sie
nicht
bereit,
eine
andere
Finanzierung
-
vielleicht
gar
mit
eigenem
Geld
-
auf
die
Beine
zu
stellen.
Über
diese
Möglichkeit
wurde
nie
nach-
gedacht.
Wenn
ich
zu
Vorträgen
in
andere
Städte
reiste,
wurde
ich
am
Flughafen
immer
von
zwei
oder
drei
Personen
abgeholt,
zu
denen
meist
sofort
ein
Gefühl
starker
Vertrautheit
entstand.
Sie
hatten
meist
alle
meine
Bücher
gelesen
und
sahen
vieles
genauso
wie
ich.
Wir
verbrachten
eine
angenehme
Zeit
zusammen,
stellten
zahlreiche
Übereinstimmungen
fest
und
erzählten
einander
von
unseren
Erfol-
gen,
Misserfolgen
und
Leidensgeschichten.
Bis
es
Zeit
für
meinen
Vortrag
wurde,
fühlte
ich
mich
bei
ihnen
meist
schon
zuhause,
so
dass
ich
mit
wenigen
Ausnahmen
den
Eindruck
hatte,
alle
Zuhörer
wären
mit
mir
auf
derselben
Linie.
Erst
allmählich
begriff
ich,
dass
jene,
die
mich
zu
einem
Vortrag
eingeladen
hatten,
meist
einer
winzigen
Minderheit
innerhalb
ihrer
Schule
oder
Gemeinschaft
angehörten,
und
dass
es
meine
Aufgabe
war,
in
der
Öffentlichkeit
laut
auszusprechen,
was
die
Anderen
von
ihnen
nicht
mehr
hören
wollten
oder
sie
selbst
nicht
zu
sagen
wagten.
Sie
hofften,
dass
man
mir
-
dem
berühmten
Autor
und
Gast
in
der
Today-Show
etc.
-
mehr
Aufmerksamkeit
schenken
würde
als
ihnen.
Zu
Beginn
der
70er
Jahren
erkannte
ich
anhand
vieler
solcher
Erlebnisse
langsam
und
widerstrebend
-
aber
umso
klarer
-,
dass
die
Bewegung
für
Schulreform
größtenteils
nur
eine
Modeerschei-
nung
und
eine
Illusion
war.
Nur
wenige
Menschen
innerhalb
und
außerhalb
des
Schulwesens
waren
bereit,
sich
für
mehr
Freiheit,
Wahlmöglichkeiten
und
Selbstbestimmung
von
Kindern
einzusetzen
oder
sie
auch
nur
zu
tolerieren.
Von
den
wenigen
aktiven
Befürwor-
tern
handelten
die
meisten
nicht,
weil
sie
wirklich
glaubten,
dass
Kin-
der
tatsächlich
im
Stande
wären,
die
Welt
zu
erkunden,
und
ihren
Fähigkeiten
vertrauten,
sondern
weil
sie
vermuteten,
dass
dies
eine
kluge
Methode
sei,
die
Kinder
durch
ein
wenig
Pseudofreiheit
(in
alten
Klamotten
herumzulaufen,
zu
schreien,
die
Wände
zu
bema-
len
etc.)
dazu
zu
bewegen,
genau
das
zu
tun,
was
die
Schule
von
26
ihnen
wollte:
den
üblichen
Schulstoff
zu
schlucken,
auf
ein
gutes
Col-
lege
zu
kommen
usw.
Die
zugestandene
Freiheit
war
somit
keine
wirkliche,
sondern
nur
eine
Mogelpackung,
ein
»Motivationsinstru-
ment«.
Als
diese
Methode
nicht
rasch
genug
zu
den
erwünschten
Ergebnissen
führte,
gaben
die
Pädagogen
sie
ohne
einen
weiteren
Gedanken
und
ohne
jegliches
Bedauern
wieder
auf.
Gleichzeitig
entdeckte
ich
immer
mehr
Hinweise,
dass
die
meis-
ten
Erwachsenen
den
meisten
Kindern
misstrauten
und
sie
nicht
mochten.
Das
betraf
auch
die
eigenen
Kinder,
häufig
sogar
ganz
besonders
diese.
Über
diesen
Grund
sprach
ich
in
meinen
Büchern
Zum
Teufel
mit
der
Kindheit
und
Instead
of
Education.
Menschen,
die
ein
mühseliges,
langweiliges,
schmerzliches
und
bedeutungslo-
ses
Leben
führen
-
die
also
leiden
-,
neigen
oft
zur
Ablehnung
jener,
die
weniger
leiden
als
sie,
und
werden
diese
darum
leiden
lassen,
wenn
sie
dazu
Gelegenheit
bekommen.
Menschen,
die
das
Gefühl
haben,
angekettet
zu
sein,
ohne
Hoffnung,
diese
Ketten
je
abwerfen
zu
können,
wollen,
dass
auch
alle
anderen
Ketten
tragen.
Ich
erkannte
also,
dass
die
überwiegende
Mehrzahl
der
lang-
weiligen,
stark
reglementierten
Schulen
genau
das
tat,
was
sie
immer
getan
hatte
und
was
die
meisten
Menschen
von
ihr
erwarteten.
Diese
Schulen
bringen
den
Kindern
bei,
wie
die
Wirklichkeit
aussieht,
dass
das
Leben
kein
Zuckerschlecken
ist,
man
still
sein
und
tun
muss,
was
einem
gesagt
wird.
Bitte
verstehen
Sie
mich
nicht
falsch.
Diese
Menschen
denken
nicht
aus
Bosheit
so.
Der
Redakteur
einer
radi-
kalen
Zeitung
schilderte
mitfühlend
das
Leben
in
den
Kleinstädten
lowas.
Um
Schulden
zu
bezahlen,
müssten
dort
viele
Vollerwerbs-
farmer
einen
Zweitjob
in
der
Fleisch
verarbeitenden
Industrie
anneh-
men
-
»WO
sie
Lungen
schaufeln«,
wie
er
es
formulierte.
Er
meinte
weiter:
»Die
Arbeitsmoral
ist
diesen
Leuten
so
tief
eingebrannt,
dass
jeder,
der
keinen
beschwerlichen
Job
ausübt,
für
sie
ein
Penner
ist.«
Und
weil
sie
nicht
wollen,
dass
ihre
Kinder
Penner
werden,
kehren
sie
Zu
ihrem
alt
bewährten
Code
zurück:
Schule
darf
keine
Freude
machen.
Vielen
von
ihnen
ist
das
Lesen
an
sich
egal.
Sie
selbst
lesen
-
wie
die
meisten
Amerikaner
-
wenig
und
sehen
stattdessen
fern.
Sie
wollen,
dass
ihre
Kinder
lernen
zu
arbeiten.
Damit
meinen
sie
aber
keine
qualitativ
hochwertige
und
befriedigende
Arbeit,
die
sie
gerne
tun,
denn
auch
sie
haben
keine
derartige
Arbeit
und
haben
auch
nie
eine
solche
erwartet.
Etwas
Derartiges
würden
sie
gar
nicht
als
27
»Arbeit«
bezeichnen.
Sie
wollen,
dass
ihre
Kinder,
wenn
die
Zeit
gekommen
ist,
willig
und
bereit
sind,
dieselben
beschwerlichen
Ganz-
tagsjobs
auszuüben
wie
ihre
Eltern.
Und
darauf
werden
sie
am
besten
vorbereitet,
indem
die
Schule
so
weit
wie
möglich
dieser
beschwerlichen
Arbeit
gleicht.
Selbstverständlich
würden
sie
es
gerne
sehen,
wenn
ihre
Kin-
der
auf
ein
»gutes«
College
gingen,
Rechtsanwälte,
Ärzte,
Manager
oder
ein
Teil
jener
Welt
des
Reichtums
und
der
Macht
würden,
die
sie
jeden
Tag
im
Fernsehen
sehen.
Aber
das
ist
so
wahrscheinlich
wie
ein
Sechser
im
Lotto.
Sie
hoffen
zwar
darauf
-
ihre
einzige
Hoffnung
-,
können
aber
nicht
darauf
zählen.
Bis
ihre
Kinder
die
zweite
oder
dritte
Schulstufe
beenden,
wissen
die
meisten
Eltern
ohnehin,
dass
sie
nicht
das
große
Los
ziehen
werden.
Also
bleibt
ihnen
nur
der
mühevolle
Ganztagsjob.
Die
Schulen
sind
nun
einmal
dazu
da,
die
Kinder
-
wie
schon
immer
-
auf
dieses
Leben
vorzu-
bereiten.
Erst
neulich
sprang
mir
diese
Wahrheit
wieder
ins
Gesicht:
Ich
fuhr
mit
dem
Taxi
zum
Flughafen
und
kam
mit
dem
Fahrer,
einem
fröhlichen,
freundlichen
Mann,
ins
Gespräch.
Er
fragte
mich,
wohin
ich
reise
und
was
ich
beruflich
tue.
Ich
antwortete,
dass
ich
Bücher
über
Kinder,
Schulen
und
Ausbildung
schreibe
und
auch
eine
kleine
Zeitschrift
herausbringe
über
Menschen,
die
ihre
Kinder
zu
Hause
unterrichten.
Er
meinte,
dass
er
dies
für
keine
gute
Idee
halte
und
fuhr
fort,
über
Schulen
zu
sprechen
und
was
an
ihnen
falsch
sei.
Nachdem
ich
am
Flughafen
angekommen
war,
notierte
ich
alle
seine
Äußerungen
so
genau
wie
möglich.
Die
hier
zitierten
Bruchstücke
ergeben
ein
ziemlich
genaues
Bild
des
Ganzen.
Zu
Beginn
unseres
Gesprächs
sagte
er:
Für
mich
sieht
es
so
aus,
als
würden
heute
die
Schüler
die
Lehrer
herum-
dirigieren,
anstatt
umgekehrt
...
Als
ich
noch
ein
Kind
war,
hätte
ich
eine
Ohrfeige
bekommen,
wenn
ich
dem
Lehrer
widersprochen
hätte
(er
lachte).
Dann
hätte
ich
nur
noch
auf
Gottes
Hilfe
gehofft,
dass
er
meinem
Vater
nichts
davon
erzählt.
In
schriftlicher
Form
lässt
sich
kaum
zum
Ausdruck
bringen,
mit
wie
viel
Zustimmung
und
sogar
Freude
er
dies
sagte.
Ich
treffe
sel-
ten
Menschen,
die
so
viel
Vertrauen
in
Gewalt
als
Problemlöser
setzen.
Und
wenn
ich
einen
dieser
Menschen
treffe,
versetzen
sie
mich
in
Angst
und
Schrecken.
Während
ich
in
dem
Taxi
saß,
dachte
28
ich
nur:
»In
was
bin
ich
da
hineingeraten?«
Während
der
Fahrt
sprach
ich
wenig
und
versuchte
nur
ein
oder
zwei
Mal
vergeblich,
das
Thema
zu
wechseln.
Zum
Schluss
schwieg
ich
einfach,
während
er
das
Gespräch
allein
weiterführte
und
dabei
immer
wütender
wurde.
Aber
als
wir
den
Flughafen
erreichten,
verab-
schiedete
er
sich
äußerst
freundlich
von
mir
und
wünschte
mir
noch
einen
guten
Flug.
Beim
Weggehen
sah
ich
ihn
mir
nochmals
genau
an.
In
der
Stadt
begegnen
mir
oft
Gesichter,
die
wütend,
bru-
tal
oder
grausam
aussehen.
Aber
auf
seinem
Gesicht
war
nichts
davon
zu
erkennen.
Das
oben
zitierte
»Gnade
Gott
meinen
Kindern,
wenn
eines
von
ihnen
je
einem
Lehrer
widersprochen
hätte«
stieß
er
mit
solcher
Grim-
migkeit
hervor,
dass
es
mir
die
Sprache
verschlug.
Heute
frage
ich
mich,
was
er
getan
hätte,
wenn
dieser
Fall
tatsächlich
eingetreten
wäre
und
ob
er
seine
Drohung
tatsächlich
einmal
wahr
gemacht
hätte,
wenn
eines
seiner
Kinder
behauptet
hätte,
von
einem
Lehrer
ungerecht
behandelt
worden
zu
sein.
Vermutlich
hätte
er
ihm
gesagt,
dass
es
auf
Gerechtigkeit
verzichten
müsse,
denn
immerhin
sei
der
Lehrer
der
Boss
und
das
Kind
habe
zu
gehorchen.
Dieser
Gedanke
erinnert
an
eine
Szene
aus
Frederick
Wisemans
Film
High
School,
in
der
ein
Schüler
dem
stellvertretenden
Direktor
widerspricht.
Der
Schüler
ist
geübt
im
Umgang
mit
Worten
und
stammt
offensichtlich
aus
guten
Verhältnissen.
Er
beharrt
unnach-
giebig
darauf,
nicht
getan
zu
haben,
wessen
man
ihn
beschuldigt,
weshalb
er
auch
nicht
bestraft
werden
dürfe.
Der
stellvertretende
Direktor,
ein
hochgewachsener
ehemaliger
Sportler,
der
vermutlich
aus
armen
Verhältnissen
stammte,
erklärt
dem
Schüler
ebenso
unnachgiebig,
dass
es
egal
sei,
ob
er
die
Tat
begangen
habe
oder
nicht;
denn
die
verantwortlichen
Personen
hätten
entschieden,
dass
er
sie
begangen
habe.
Deshalb
solle
er
die
Strafe
annehmen
»wie
ein
Manne,
als
ob
sich
nur
Heulsusen
und
Unruhestifter
über
Unge-
rechtigkeiten
beschwerten.
Theoretische
Betrachtungen
über
Wahr-
heit
oder
Gerechtigkeit
seien
überflüssig.
In
der
wirklichen
Welt
hatte
ihn
die
oberste
Autoritat
fur
schuldig
erklart,
weshalb
er
bestraft
werde
und
die
Strafe
zu
akzeptieren
habe.
Etwas
später
in
unserem
Gespräch
äußerte
sich
mein
Taxi-
fahrer
bewundernd
Uber
die
katholischen
Schulen.
Er
sagte:
Ich
kenne
einen
Mann,
der
hatte
ein
paar
High-School-Kinder,
die
etwas
wild
waren.
Deshalb
hat
er
sie
auf
so
eine
heilige
Schule
geschickt.
Wenn
29
eines
der
Kids
einem
Priester
widersprochen
hat,
bekam
es
augen-
blicklich
eine
Ohrfeige.
Da
hat
keiner
Fragen
gestellt.
(Dabei
lachte
er
zustimmend.)
Keines
der
allgemein
anerkannten
Argumente
über
die
Wirkungslo-
sigkeit
und
Destruktivität
von
Gewalt
hätte
auch
nur
den
geringsten
Eindruck
auf
diesen
Taxifahrer
gemacht.
Denn
im
selben
Gespräch
erzählte
er
mir,
dass
jedes
seiner
sechs
Kinder
das
College
besucht,
sich
das
Geld
dafür
selbst
verdient
und
seinen
Abschluss
gemacht
habe.
Eine
seiner
Töchter
habe
sogar
als
Jahrgangsbeste
von
170
Schülern
eine
Zahntechnikerschule
abgeschlossen.
Einer
seiner
Söhne
versuche,
einen
Studienplatz
für
Medizin
zu
bekommen,
was
ihm
aber
noch
nicht
gelungen
sei,
da
er
weder
farbig,
noch
Puertori-
caner,
noch
Mexikaner
sei.
(Darüber
sprach
er
lange
und
verbittert.)
Auf
jeden
Fall
sei
er
nur
ein
Taxifahrer,
während
seine
sechs
Kinder
als
College-Absolventen
auf
dem
Weg
in
die
höheren
Gesellschafts-
schichten
seien.
Für
ihn
war
dies
Beweis
genug,
dass
seine
Drohun-
gen
und
seine
Härte
funktioniert
hatten.
Nicht
einen
einzigen
Augen-
blick
hatte
er
über
die
Möglichkeit
nachgedacht,
dass
seine
Kinder
nicht
aus
Angst
vor
seiner
Faust,
sondern
aus
Wertschätzung
für
seine
gute
Wahl
genau
das
getan
haben
könnten,
was
er
sich
für
sie
wünschte.
Eines
möchte
ich
noch
klarstellen.
Dieser
Vater
-
wie
so
viele
andere
auch
-
besteht
nicht
deshalb
auf
einer
harten,
grausamen
Schule
für
seine
Kinder,
weil
er
selbst
grausam
ist,
sondern
weil
er
daran
glaubt,
dass
die
wirkliche
Welt
nur
so
funktioniert.
Er
glaubt,
wir
könnten
Kindern
nur
durch
Härte
helfen,
ein
besseres
Leben
zu
führen,
als
wir
es
tun,
und
in
einem
guten
Job
zu
arbeiten,
anstatt
sich
als
Kellner
oder
einfacher
Taxifahrer
durchs
Leben
zu
schlagen.
Diese
harte
Linie
verfolgen
aber
nicht
nur
Menschen
aus
der
Arbei-
terklasse.
Folgende
Geschichte
entstammt
einem
meiner
früheren
Bücher.
Ein
Junge
aus
einer
meiner
ersten
Klassen
der
5.
Schulstufe
war
der
Sohn
eines
leitenden
Angestellten
in
einem
großen
Unter-
nehmen,
der
zwar
nicht
extrem
reich
war,
aber
ein
Einkommen
im
Bereich
der
oberen
Zehntausend
hatte.
In
den
zwei
bis
drei
Jahren,
bevor
der
Junge
in
meine
Klasse
kam,
hatte
er
schlechte
schulische
Leistungen
erbracht
und
war
auch
durch
sein
Benehmen
in
der
Schule
und
zu
Hause
zum
Problem
geworden.
Man
hatte
Experten
zu
Hilfe
gerufen
-
vergeblich.
In
meiner
weniger
streng
geführten
Klasse
fand
der
Junge
viele
Dinge,
die
ihn
interessierten,
wurde
Klassen-
30
bester
in
Schach,
steigerte
seine
schulischen
Leistungen
-
vor
allem
in
Mathematik,
seinem
verhasstesten
Fach
-
und
er
besserte
sein
Verhalten
sowohl
in
der
Schule
als
auch
zu
Hause.
Eines
Tages
suchte
mich
seine
Mutter
nach
der
Schule
auf.
Sie
sagte
mir
mit
freundlicher
Stimme,
wie
sehr
sie
und
ihr
Mann
sich
über
die
bes-
seren
schulischen
Leistungen
freuten,
und
um
wie
viel
angenehmer
das
Leben
nun
mit
ihrem
Sohn
sei.
Sie
berichtete
auch,
dass
ihr
Sohn
meinen
Unterricht
genieße
und
dass
er
oft
über
all
die
interessanten
Dinge
spreche,
mit
denen
er
in
Kontakt
käme.
Dann
schwieg
sie
einen
Augenblick
lang
stirnrunzelnd,
ehe
sie
schließlich
sagte:
»Wir
sind
doch
ein
wenig
beunruhigt,
wie
viel
Spaß
er
jetzt
in
der
Schule
hat.
Immerhin
wird
er
sein
ganzes
Leben
lang
Dinge
tun
müssen,
die
er
nicht
mag,
und
da
wäre
es
besser,
wenn
er
sich
schon
jetzt
daran
gewöhnen
würde.«
Solange
solche
Eltern
in
der
Mehrheit
sind
-
und
dies
sind
sie
in
jeder
Gesellschaftsschicht
-
werden
sich
Schulen
kaum
so
weit
in
die
Richtung
verändern,
die
ich
und
andere
ihnen
seit
Jahren
drin-
gend
anraten,
auch
wenn
sie
es
vielleicht
wirklich
wollen.
Diese
Eltern
wollen
nicht,
dass
ihre
Kinder
auch
nur
in
die
Nähe
von
Klassen
kom-
men,
in
denen
Schüler
lernen,
was
sie
am
meisten
interessiert
und
was
ihnen
Zufriedenheit
und
Freude
beschert.
Sie
wollen,
dass
ihre
Kinder
glauben,
was
mir
zahllose
Lehrer
und
Eltern
gesagt
haben:
»Wenn
ich
nicht
gezwungen
worden
wäre,
etwas
zu
tun,
hätte
ich
gar
nichts
getan.«
Sie
wollen
gar
nicht
daran
glauben,
dass
Menschen
sich
aus
Interesse
für
eine
bestimmte
Sache
anstrengen.
Denn
die
wirkliche
Welt
funktioniert
in
ihren
Augen
nicht
auf
diese
Weise
und
kann
auch
nicht
dazu
bewegt
werden.
Während
ich
mir
die
Frage
»Lässt
sich
das
Schulwesen
refor-
mieren?«
immer
wieder
mit
einem
Nein
beantworten
musste,
stellte
ich
mir
eine
wesentlich
tiefer
greifende
Frage:
»Sind
Schulen,
unab-
hängig
davon,
wie
gut
organisiert
oder
geführt
sie
auch
waren,
über-
haupt
notwendig?
Sind
sie
der
beste
Ort,
um
etwas
zu
lernen?
Sind
sie
denn
wenigstens
ein
guter
Ort,
um
zu
lernen?«
Außer
bei
Men-
schen,
die
besondere
Fähigkeiten
erlernen
wollen,
zweifelte
ich
mehr
und
mehr
daran.
Das
meiste
von
dem,
was
ich
wusste,
hatte
ich
weder
in
der
Schule
noch
in
einer
schulähnlichen
»Lernumgebung«
oder
»Lernsituation«
gelernt,
wie
etwa
bei
Fachtreffen,
Workshops
oder
Seminaren.
Und
ich
vermutete,
dass
dies
auch
auf
die
meisten
anderen
Menschen
zutraf.
31
Im
Laufe
der
Zeit
mehrten
sich
sogar
meine
Zweifel,
was
das
Wort
»Lernen«
selbst
betraf.
Als
ich
eines
Morgens
quer
durch
den
Stadtpark
von
Boston
spazierte,
stellte
ich
mir
eine
große
Konferenz
in
einem
Hotel
vor,
mit
Hinweisschildern,
Postern
und
Namensschil-
dern
für
die
Teilnehmer.
Aber
auf
dieser
Konferenz
schienen
alle
über
das
Atmen
zu
sprechen.
»Wie
atmen
Sie
heute?«
—
»Bereits
viel
bes-
ser
als
bisher,
aber
ich
muss
mich
noch
weiter
steigern.«
-
»Haben
sie
Joe
Smith
schon
gesehen
-
er
atmet
wirklich
ausgezeichnet.«
In
all
den
Versammlungen,
Büchern
und
Diskussionen
ging
es
um
besse-
res
Atmen.
Und
ich
fragte
mich,
ob
ich
inmitten
all
dieser
Hinweise
auf
das
Atmen
nicht
annehmen
würde,
dass
alle
Teilnehmer
einer
derartigen
Konferenz
krank
seien
oder
zumindest
krank
waren.
Warum
sollte
man
so
viel
über
etwas
sprechen
und
sich
darum
sor-
gen,
was
jeder
gesunde
Mensch
von
Natur
aus
tut?
Könnten
wir
nicht
dasselbe
über
unsere
ewige
Sorge
um
das
»Lernen«
sagen?
Gab
es
je
eine
Gesellschaft,
die
sich
so
intensiv
damit
befasste,
wie
man
mehr,
besser,
früher,
länger
oder
einfacher
lerne?
Waren
nicht
alle
Gespräche
und
Sorgen
ein
weiteres
Zeichen
dafür,
dass
etwas
mit
uns
nicht
stimmte?
Wendeten
kraftvolle,
gesunde,
aktive,
kreative
und
erfindungsreiche
Gesellschaften
-
wie
etwa
im
Griechenland
von
Perikles,
in
England
zur
Zeit
von
Elisabeth,
in
den
USA
nach
der
Revolution
-
so
viel
Zeit
dafür
auf,
um
über
das
Lernen
zu
sprechen?
Nein.
Die
Menschen
waren
viel
zu
beschäftigt
damit,
etwas
zu
tun
und
dadurch
zu
lernen.
Diese
Gedanken
führten
zu
meinem
Buch
/nstead
of
Education,
in
dem
ich
deutlich
auf
den
Unterschied
zwischen
dem
Tun,
»einem
selbstgesteuerten,
gezielten,
bedeutungsvollen
Leben
und
Arbeiten«
und
der
Ausbildung
hinwies,
diesem
»Lernen,
das
vom
Leben
und
Tun
abgeschnitten
ist
und
unter
dem
Druck
von
Bestechung,
Dro-
hung,
Habgier
und
Angst
erfolgt.«
Noch
während
ich
schrieb,
plante
ich
bereits
die
Fortsetzung,
die
den
Titel
Growing
Up
Smart
-
With-
out
School
(Klug
groß
werden
-
ohne
Schule)
tragen
sollte.
Es
sollte
von
kompetenten,
wertvollen
Erwachsenen
handeln,
die
in
ihrer
eige-
nen
Kindheit
mehrere
Jahre
nicht
zur
Schule
gegangen
waren,
oder
von
Familien,
die
ihre
Kinder
jetzt
ohne
Schule
aufwachsen
ließen.
Anfang
der
70er
Jahre
kannte
ich
mehrere
Gruppen
von
Men-
schen,
die
ihre
eigene
kleine,
alternative
Privatschule
gegründet
hat-
ten.
Die
meisten
versuchten
erst
jahrelang,
die
lokalen
öffentlichen
Schulen
zu
bewegen,
ihnen
eine
Alternative
zu
bieten,
ehe
sie
ihre
32
eigene
Schule
gründeten.
Wenn
sie
diese
Entscheidung
getroffen
hatten,
mussten
sie
erst
andere
Eltern
überreden,
sich
ihnen
anzu-
schließen,
eine
Vereinbarung
über
die
Schulform
treffen,
ein
baupo-
lizeilich
geeignetes
und
bezahlbares
Gebäude
finden,
die
Bewilli-
gungen
der
örtlichen
Feuerwehr,
des
Gesundheitsamtes
und
der
Sicherheitsbehörden
usw.
einholen,
und
die
nötigen
staatlichen
Zulassungen
erwirken,
damit
ihre
Schüler
nicht
als
Bummler
galten,
und
zu
guter
Letzt
einen
oder
mehrere
Lehrer
einstellen.
Vor
allem
jedoch
mussten
sie
Geld
auftreiben.
Eines
Tages
sprach
ich
mit
einer
jungen
Mutter,
die
am
Anfang
dieses
langen
Weges
stand,
ob
ich
vielleicht
kommen
und
bei
einer
öffentlichen
Versammlung
sprechen
könnte.
Gemeinsam
mit
einer
Freundin
hatten
sie
festgestellt,
dass
sie
es
nicht
länger
ertragen
konnten,
was
die
örtlichen
Schulen
ihren
Kindern
antaten,
und
dass
sie
ihre
eigene
Schule
gründen
mussten.
Monatelang
hatten
sie
nach
anderen
Eltern,
geeigneten
Räumen
und
einer
geeigneten
Finanzie-
rung
Ausschau
gehalten,
ohne
sichtlichen
Fortschritt.
Während
des
Gesprächs
fragte
ich
mich
plötzlich,
ob
all
dies
überhaupt
notwendig
sei.
»Wollen
Sie
tatsächlich
eine
Schule
führen
oder
nur
ein
angenehmes
Umfeld
für
Ihre
eigenen
Kinder
schaffen?«,
fragte
ich
sie
schließlich.
Sie
antwortete
ohne
zu
zögern:
»Ich
will
ein
angenehmes
Umfeld
für
meine
eigenen
Kinder.«
»Wenn
dem
so
ist«,
sagte
ich,
»warum
machen
Sie
sich
dann
die
ganze
Mühe
und
neh-
men
Ihre
Kinder
nicht
einfach
aus
der
Schule,
um
sie
zu
Hause
zu
unterrichten?
Das
kann
kaum
schwieriger
sein,
als
das,
was
Sie
vor-
haben,
und
vielleicht
ist
es
sogar
viel
einfacher.«
Und
genau
so
wurde
es
-
viel
einfacher
und
machte
außerdem
viel
mehr
Spaß.
Aus
den
Gesprächen
mit
jungen
Familien
wie
dieser
erkannte
ich,
dass
derartige
Familien
vor
allem
Unterstützung
und
Ideen
von
anderen
Familien
brauchten,
die
ähnlich
dachten
und
fühlten.
Aus
diesem
Grund
entschloss
ich
mich
zur
Herausgabe
der
Zeitschrift
Growing
Without
Schooling,
in
der
Eltern
davon
berichteten,
wie
sie
ihre
Kinder
zu
Hause
unterrichteten.
Ein
Teil
des
Materials
für
die-
ses
Buch
erschien
erstmals
in
dieser
Zeitschrift.
Ich
zitierte
aus
Büchern,
Zeitschriften,
Zeitungsartikeln,
Gerichtsentscheidungen
usw.
und
verfasste
einige
Texte
selbst.
Vieles
entnahm
ich
Briefen
von
Eltern.
Die
hier
zitierten
Briefe
sind
nur
ein
Bruchteil
all
jener
Briefe,
die
in
der
Zeitschrift
abgedruckt
wurden,
und
diese
wiederum
sind
nur
ein
Bruchteil
aller
Briefe,
die
uns
die
Leser
geschickt
haben.
33
Selbstverständlich
zählen
die
zitierten
Briefe
zu
den
besten,
aber
auch
viele
andere
waren
so
gut,
dass
sie
ebenfalls
hätten
gedruckt
werden
können.
Viele
der
Briefe
musste
ich
aufteilen,
um
sie
unter
verschiedenen
Themen
in
den
Kapiteln
unterzubringen.
Moglicher-
weise
haben
sie
dadurch
ein
wenig
von
der
Kraft
und
Energie
der
Originale
eingebüßt.
Die
von
uns
zitierten
Textstellen
vermitteln
jedoch
einen
Eindruck
davon,
wie
liebevoll,
scharfsinnig
und
wort-
gewandt
die
meisten
dieser
Briefe
waren.
Diese
Briefe
zu
lesen
zählte
zu
den
größten
Belohnungen
meiner
Arbeit.
Ich
hoffe,
dass
Sie
diese
Briefe
ebenso
genießen.
34
1
Warum
Eltern
ihre
Kinder
aus
der
Schule
nehmen
Warum
nehmen
Eltern
ihre
Kinder
aus
der
Schule
oder
lassen
sie
erst
gar
nicht
dorthin
gehen?
Viele
Eltern
sind
der
Ansicht,
dass
sie
selbst
für
die
Ausbildung
ihrer
Kinder
zuständig
sind,
und
nicht
die
Regierung;
sie
genießen
das
Zusammensein
mit
ihren
Kindern,
hel-
fen
ihnen
gerne
beim
Lernen
und
wollen
dies
nicht
anderen
über-
lassen;
sie
wollen
verhindern,
dass
ihre
Kinder
geistig,
körperlich
oder
emotional
verletzt
werden.
Bevor
Ihnen
einige
Unschooling-Eltern
mit
eigenen
Worten
sagen,
warum
sie
ihre
Kinder
aus
der
Schule
genommen
haben,
zwei
Fragen:
(1)
Wie
viele
solcher
Familien
gibt
es?
(2)
Was
sind
das
für
Menschen?
Gute,
knappe
Antworten
auf
diese
Fragen
wären
(1)
»das
weiß
niemand«
und
(2)
»jede
Art
von
Menschen«.
Es
gibt
einen
einleuchtenden
Grund,
warum
wir
nicht
wissen,
wie
viele
Familien
ihre
Kinder
selbst
unterrichten.
Denn
viele
dieser
Eltern
fürchten
zu
Recht,
in
Schwierigkeiten
zu
geraten,
wenn
die
örtlichen
Schulen
davon
erfahren,
und
unterrichten
daher
heimlich.
Einige
ver-
heimlichen
den
örtlichen
Schulbehörden
sogar
die
Existenz
ihrer
Kinder
oder
geben
an,
diese
seien
an
einer
Privatschule
angemeldet.
Das
kann
mitunter
auch
das
eigene
Zuhause
sein,
was
in
vielen
Bundesstaaten
problemlos
möglich
ist.
Mitunter
melden
sie
sich
gemeinsam
mit
ande-
ren
Familien
als
konfessionelle
Schule
an.
Daher
ist
es
schlichtweg
unmöglich
zu
sagen,
wie
viele
derartige
Familien
es
gibt
und
wie
viele
der
in
einem
Staat
als
Privatschule
gemeldeten
Schulen
tatsächlich
die-
ser
Bezeichnung
genügen
-
d.h.
aus
eigens
gemieteten
Räumlichkeiten
mit
eigens
angestellten
Lehrern
bestehen
-
und
wie
viele
davon
ge-
tarnte
Familienhaushalte
sind,
in
denen
die
Eltern
selbst
unterrichten.
35
Welche
Familien
betreiben
Homeschooling?
Auch
diese
Frage
ist
schwer
zu
beantworten.
Nur
ein
geringer
Teil
dieser
Familien
liest
Growing
Without
Schooling,
und
nicht
alle,
die
diese
Zeitschrift
lesen,
schreiben
uns
auch.
Und
von
denen,
die
uns
schreiben,
erfah-
ren
wir
vor
allem
etwas
über
ihre
Kinder,
aber
kaum
etwas
über
ihren
familiären
Hintergrund,
ihren
Arbeitsplatz
oder
ihr
Einkommen.
Der
Großteil
unserer
Abonnenten
sowie
deren
Leserpost
stammt
aus
ländlichen
Gebieten,
Kleinstädten
und
Vororten,
in
denen
Men-
schen
mit
geringem
bis
mittlerem
Einkommen
leben.
Ich
bin
genug
umhergereist,
um
die
Namen
der
reicheren
Vororte
vieler
amerika-
nischer
Großstädte
zu
kennen.
Dadurch
weiß
ich,
dass
wir
nahezu
keine
Post
und
keine
Abonnenten
aus
reicheren
Vororten
bekom-
men,
ebenso
wenig
wie
aus
den
Großstädten
selbst.
Wie
steht
es
mit
Einkommen,
Ausbildung
und
ethnischer
Her-
kunft?
Aus
den
wenigen
uns
zur
Verfügung
stehenden
Anhalts-
punkten
geht
hervor,
dass
das
durchschnittliche
Einkommen
von
Homeschooling-Familien
etwa
dem
landesweiten
Durchschnitt
gleich-
kommt.
Wir
führen
nahezu
keine
Korrespondenz
mit
Personen,
die
anhand
ihrer
Adresse,
ihres
Briefpapiers,
ihres
Geschäftsumfeldes
etc.
als
offensichtlich
reich
einzustufen
wären.
Im
Gegenteil,
viele
Familien,
die
uns
schreiben,
haben
ein
Einkommen,
das
deutlich
unter
dem
Landesdurchschnitt
liegt;
sie
haben
sich
entschlossen,
mit
ihrem
geringen
Einkommen
auf
dem
Land
oder
in
Kleinstädten
zu
leben,
wo
sie
eine
kleine
Landwirtschaft,
einen
Handwerksbetrieb
oder
ein
anderes
kleines
Unternehmen
führen.
Einige
Homeschoo-
ling-Mütter
leben
auch
von
Sozialleistungen.
Was
den
Ausbildungs-
stand
betrifft
vermute
ich,
dass
die
meisten
Eltern,
die
GWS
lesen,
selbst
das
College
besucht
haben.
In
einigen
unserer
erfolgreichsten
Homeschooling-Familien
besuchten
die
Eltern
jedoch
lediglich
die
High
School.
Meiner
Ansicht
nach
hat
ein
etwas
höherer
Anteil
jener
Personen,
die
ihre
Kinder
über
kirchennahe
Fernschulen
ausbilden
lassen,
selbst
nicht
das
College
besucht.
Im
Hinblick
auf
die
ethni-
sche
Verteilung
kann
ich
nicht
einmal
eine
Schätzung
abgeben.
Außer
dass
einige
wenige
unserer
Leser
spanische
Familiennamen
haben
kann
ich
nur
sagen,
dass
wir
bisher
kaum
Kontakt
zu
Familien
aus
Großstädten
hatten.
Wir
sprechen
also
über
eine
Gruppe
von
Amerikanern,
die
ver-
mutlich
überwiegend
weiß
ist,
eher
im
ländlichen
Raum
als
in
Groß-
städten
lebt
und
ansonsten
in
allem
durchschnittlich
ist,
bis
auf
ihre
36
Beharrlichkeit,
ihren
Mut,
ihr
Unabhängigkeitsstreben
und
ihr
Ver-
trauen
in
sich
und
ihre
Kinder.
3
Zwanzig
Jahre
nachdem
Holt
diese
Zusammenfassung
schrieb,
gab
das
National
Center
for
Education
Statistics
des
amerikanischen
Bil-
dungsministeriums
eine
Studie
heraus,
»um
anhand
einer
strengen
Stich-
probenerhebung
unter
den
Haushalten
die
Zahl
der
Homeschooler
in
den
USA
zu
schätzen«.‘
Das
Bildungsministerium
gelangte
fast
genau
zu
denselben
Schlussfolgerungen
wie
Holt:
Aus
der
Untersuchung
von
1999
ging
hervor,
dass
Homeschooling-Familien
über
ein
durchschnittliches
Einkommen
verfügen,
vorwiegend
weiß
sind
(auch
wenn
die
Forscher
anmerkten,
dass
»durch
einen
Anstieg
des
Homeschooling
auch
ein
brei-
teres
Spektrum
amerikanischer
Familien
und
Werte
angesprochen
werden
könnte«),
eher
in
ländlichen
Regionen
als
in
Städten
leben
und
im
All-
gemeinen
mehr
Kinder
pro
Familie
aufweisen
als
Familien,
die
kein
Homeschooling
betreiben.
Holt
schätzte,
dass
1981
weniger
als
30
000
Kinder
als
Homeschooler
lernten,
dass
sich
ihre
Zahl
jedoch
rapide
erhöhen
würde.
1999
waren
es
den
statistischen
Aufzeichnungen
des
ame-
rikanischen
Bildungsministeriums
zufolge
bereits
850
000
Kinder.
Heute,
im
Jahr
2002,
werden
vermutlich
mehr
als
eine
Million
Kinder
zu
Hause
unterrichtet,
was
etwa
2
Prozent
aller
Kinder
im
schulpflichtigen
Alter
entspricht.
Zu
den
drei
Hauptgriinden,
die
Holt
für
eine
Ausbildung
von
Kin-
dern
außerhalb
der
Schule
anführt,
will
ich
nun
zwei
weitere
hinzufügen:
(1)
den
Wunsch
einiger
Familien,
mehr
Zeit
gemeinsam
zu
verbringen,
und
zwar
nicht
nur
»Qualititszeit«
(wenig
Zeit,
dafür
aber
höchst
effizi-
ent
eingesetzt),
und
(2)
die
wachsende
Akzeptanz
von
Internet-Fernschu-
len
und
anderen
Formen
von
Fernunterricht
anstelle
eines
konventionel-
len
Schulbesuchs.
Familien,
die
mehr
Zeit
gemeinsam
verbringen,
lösen
dadurch
nicht
automatisch
sämtliche
Probleme,
die
es
zwischen
Eltern
und
Kindern
geben
kann.
Aber
wenn
beide
Parteien
bereit
sind,
an
ihrer
Beziehung
zu
arbeiten
und
die
gemeinsame
Zeit
dazu
verwenden,
ihre
Kommunikation
zu
verbessern,
ist
diese
Zeit
gut
genutzt.
Durch
das
höhere
Maß
an
gemeinsamer
Zeit
steigt
nicht
nur
die
Chance
auf
gute
zwischenmensch-
liche
Beziehungen.
Auch
akademische
Fächer
können
gefördert
werden.
Eine
weitverbreitete
Studie
der
Universität
Harvard
besagt,
dass
die
Lese-
fähigkeit
und
der
schulische
Erfolg
von
Kindern
in
engem
Zusammen-
hang
zu
angenehmen
Gesprächen
beim
Abendessen
über
Alltagsereignisse
37
stehen.”
Zusätzlich
führte
Blake
Bowden,
ein
Forscher
am
Children’s
Hospital
Medical
Center
of
Cincinnati
»eine
Studie
durch,
um
zu
sehen,
was
Teenager
vor
einem
unangemessenen
Verhalten
schützt.
Die
Antwort:
Wenn
sie
mindestens
fünf
Mal
pro
Woche
gemeinsam
mit
den
Eltern
essen.«
Selbstverständlich
ist
es
nicht
notwendig,
Kinder
aus
der
Schule
zu
nehmen,
um
mit
ihnen
gemeinsam
zu
essen,
aber
es
macht
die
Sache
leichter,
wenn
ein
langes
Frühstück,
ein
mittägliches
Picknick
oder
ein
gemeinsamer
Pausensnack
all
jenen
Homeschooling-Eltern
Gelegenheit
zu
langen,
tiefgründigen
Gesprächen
außerhalb
der
Hauptmahlzeit
bieten,
die
zur
Zeit
des
Abendessens
zu
beschäftigt
sind.
Natürlich
kann
man
es
auch
übertreiben,
weshalb
auch
Home-
schooling-Eltern
die
Dynamik
der
Gemeinsamkeit
mit
ihren
Kindern
beachten
sollten,
vor
allem,
wenn
diese
allmählich
heranwachsen.
Meine
Kollegin
Susannah
Sheffer
studierte
heranwachsende
Homeschooling-
Mädchen
und
die
enger
werdende
Beziehung
zu
ihren
Müttern.
Sheffer
schreibt:
Mehrere
Mädchen
bestätigten,
dass
sie
eine
ungewöhnlich
gute
Beziehung
zu
ihrer
Mutter
hätten
und
sprachen
die
Hoffnung
aus,
dass
die
zwischen
ihnen
bestehende
Offenheit
bestehen
bliebe.
Andere
wünschten
sich
mehr
Gelegen-
heit
zu
sprechen
und
gehört
zu
werden,
was
ihnen
derzeit
nicht
möglich
erschien.
Aber
keines
der
Mädchen
sagte:
»Ich
hätte
lieber
keine
so
enge
Bezie-
hung
zu
meiner
Mutter.«
Diese
Mädchen
erinnern
mich
an
eine
Beobachtung
der
Forscherin
Teri
Apter,
die
von
der
traditionellen
Ansicht
der
Jugendzeit
als
Zeit
der
Trennung
von
den
Eltern
spricht.
Aus
Gesprächen
mit
Mutter-Toch-
ter-Paaren
schloss
Apter,
dass
heranwachsende
Mädchen
von
ihren
Müttern
als
eigenständige
Individuen
anerkannt,
gesehen
und
begriffen
werden
wollen,
dass
sie
aber
gleichzeitig
die
Beziehung
zu
ihren
Müttern
aufrechterhalten
wollen.
Sie
nützen
Konflikte
mit
ihren
Müttern,
um
sich
weiterzuentwickeln,
sich
selbst
zu
verstehen
und
um
ihre
Mütter
herauszufordern,
sie
zu
verstehen,
Konflikte
und
Konfliktlösungen
mit
der
eigenen
Mutter
erscheinen
auf
den
ersten
Blick
nicht
so
wichtig
wie
die
Schule,
aber
sie
sind
es
den-
noch.
Oft
genug
werden
wir
zu
dem
Glauben
verleitet,
dass
sich
schuli-
scher
Erfolg
in
ein
erfolgreiches
Leben
ummünzen
lässt,
und
es
daher
besser
sei,
die
Zeit
mit
schulischen
Aktivitäten
zu
verbringen,
statt
mit
den
Kindern
zu
essen,
spazieren
zu
gehen
oder
zu
spielen.
Wenn
wir
jedoch
Bildung
nicht
nur
als
Ansammlung
von
Zeugnissen
und
Diplo-
men
betrachten,
helfen
wir
unseren
Kindern
nicht
nur,
sich
emotional
zu
entwickeln,
sondern
auch
intellektuell.
38
Die
wachsende
Akzeptanz
des
Fernlernens
überraschte
ein
wenig,
weil
Fernlehrprogramme
-
und
hier
vor
allem
schriftliche
Fernstudien-
programme
-
schon
seit
ich
mich
zurückerinnern
kann
zum
Home-
schooling
gehörten.
Allerdings
wurden
damals
diese
Fernlehrprogramme,
die
man
als
arme
Verwandte
des
konventionellen
Schulwesens
betrach-
tete,
nur
auf
Streichholzschachteln
beworben,
und
nicht
in
auflagenstar-
ken
amerikanischen
Zeitschriften
wie
Atlantic
Monthly,
wie
es
heute
der
Fall
ist.
Im
Verlauf
der
letzten
zwanzig
Jahre
erfuhr
Fernunterricht
durch
Videos,
Computer
und
das
Internet
eine
immer
höhere
Akzeptanz
in
der
Öffentlichkeit
und
gilt
heute
sogar
als
erstrebenswert.
Zudem
bewerben
große
Universitäten
und
Unternehmen
ihre
Online-Lernprogramme,
mit
denen
eine
neue
Ära
des
Fernunterrichts
eingeläutet
wird.
Allerdings
ist
es
ein
bescheidener
Beginn.
Denn
viele
der
angebote-
nen
Online-Kurse
sind
nicht
besser
-
und
häufig
sogar
schlechter
-
als
Kurse,
die
per
Korrespondenz,
in
Form
eines
Buches
oder
unter
der
Auf-
sicht
eines
Lehrers
angeboten
werden.
Wenn
Sie
Ihren
Computer
gerne
verwenden,
genießen
Sie
das
Online-Lernen
vielleicht
sogar.
Ich
hinge-
gen
bin
nicht
begeistert
davon,
den
Computer
als
Ausbilder
zu
verwen-
den.
Ich
schätze
und
nütze
den
Computer,
um
zu
forschen,
mich
zu
unterhalten
und
mit
anderen
zu
kommunizieren.
Mit
der
Erweiterung
der
technologischen
Möglichkeiten,
vor
allem
was
Aktualität,
Video-
kommunikation,
technische
Qualität
betrifft,
werden
sich
vermutlich
auch
die
Fernlehrprogramme
verbessern.
Derzeit
ist
es
jedoch
noch
zu
früh,
um
eine
breitflächige
Publikumswirksamkeit
von
Homeschooling
vorherzusagen,
auch
wenn
Homeschooling
mittlerweile
Legalität
und
durch
das
Internet
auch
ein
Ansehen
erworben
hat,
das
es
in
den
80er-
Jahren
nicht
besaß.
Zwanzig
Jahre
lang
1st
Homeschooling
durch
die
Anstrengung
echter
Menschen
in
einer
echten
Welt
gewachsen,
nicht
durch
Chatroom-Besucher,
die
in
einer
virtuellen
Wirklichkeit
agieren.
Allerdings
ist
nicht
zu
übersehen,
dass
Homeschooler
zu
den
ersten
gehörten,
die
den
Computer
und
das
Internet
für
sich
eroberten,
indem
sie
die
erste
Generation
von
Heimcomputern
dazu
verwendeten,
auf
der
Suche
nach
Unterstützung
und
Ratschlägen
Internet-Foren
und
Chat-
rooms
zu
durchforschen,
und
dieses
Medium
auch
für
andere
politische
Aktionen
einsetzten.
Ihr
Vermächtnis
ist
so
groß,
dass
heute
jede
Internet-
Suchmaschine
Millionen
Einträge
für
den
Suchbegriff
»Homeschooling«
|
oder
»Fernunterricht«
liefert.
Die
Versprechungen
des
Fernunterrichts
haben
sich
bisher
jedoch
nicht
erfüllt,
weshalb
ich
dazu
rate,
den
Com-
puter
wie
ein
Fachbuch,
Papier
und
Bleistift
oder
einen
Taschenrechner
39
zu
betrachten:
als
Hilfsmittel,
um
zu
Hause
zu
lernen,
und
nicht
als
etwas,
das
man
unbedingt
zum
Homeschooling
braucht.
Die
zuvor
genannten
Bildungsforscher
der
Regierung
untersuchten
auch
die
Gründe,
aus
denen
sich
Eltern
für
Homeschooling
entscheiden:
Die
Qualität
der
Ausbildung,
die
Religion
und
die
armselige
Lernumge-
bung
der
jeweiligen
Schulen
sind
die
drei
wichtigsten
genannten
Gründe.
Eine
interessante
Statistik
des
amerikanischen
Bildungsministeriums
aus
dem
Jahr
1999
zeigte,
dass
22
Prozent
der
Homeschooling-Eltern
einen
Hochschulabschluss
haben,
im
Vergleich
zu
16
Prozent
aller
anderen
Eltern.
Warum
entscheiden
sich
immer
mehr
Menschen,
die
selbst
den
überwiegenden
Teil
ihrer
Jugend
an
einer
höheren
Lehranstalt
verbracht
haben,
dazu,
ihre
Kinder
selbst
zu
unterrichten?
Vielleicht
aus
demselben
Grund,
aus
dem
auch
meine
Frau
und
ich
uns
dafür
entschieden
haben:
Wir
wollten
nicht,
dass
unsere
Kinder
ihre
Zeit
mit
denselben
sinnentleerten
Ausbildungsritualen
verbringen,
wie
wir
es
mussten:
Indem
sie
Prüfungen
ablegen,
nur
um
das
Gelernte
nach
der
Zensurenvergabe
augenblicklich
wieder
zu
vergessen;
indem
sie
jah-
relang
Fremdsprachen
erlernen,
ohne
außerhalb
des
Klassenzimmers
auch
nur
ansatzweise
ein
Gespräch
in
dieser
Sprache
führen
zu
können;
indem
sie
sich
abmiihen,
mathematische
Fähigkeiten
zu
erwerben,
die
außerhalb
des
Klassenzimmers
kaum
je
Anwendung
finden;
indem
sie
Laborexperi-
mente
durchführen,
die
eher
Gedichtnisiibungen
gleichen
als
wissen-
schaftlichen
Untersuchungen.
Zeit
und
Jugend
kann
man
nicht
zurück-
holen;
deshalb
1st
die
wahre
Bildungskrise
vermutlich
die
Desillusionie-
rung
der
Hochschulabsolventen
und
nicht
die
mangelnde
Leistung
der
derzeitigen
Studenten.??
|
DIE
UNFAHIGKEIT
DER
SCHULEN
Als
ich
meine
Lehrtatigkeit
an
der
Colorado
Rocky
Mountain
School
begann,
zählte
es
zu
meinen
ersten
Aufgaben,
einem
ansonsten
Klu-
gen
und
fahigen
Siebzehnjahrigen,
dessen
schulische
Leistungen
auf
dem
Niveau
eines
Acht-
bis
Neunjahrigen
lagen,
als
Tutor
zur
Seite
zu
stehen.
Hoch
dotierte
Fachleute
aus
seiner
Heimatstadt
hatten
ihn
als
»hirngeschadigt«
eingestuft.
Ungeachtet
dieser
Kategorisierung
wollte
er
ebenso
wie
alle
anderen
lesen,
schreiben
und
die
Welt
begreifen.
Er
bat
mich
um
Hilfe
und
traute
mir
zu,
dass
ich
ihm
diese
geben
konnte.
40
|
Da
ich
keine
Fachausbildung
als
Lehrer
besaß,
hatte
ich
auch
noch
nie
von
einem
»Hirnschaden«
gehört.
Was
auch
immer
dieses
Wort
bedeutete,
eines
war
mir
klar:
Es
war
meine
Verantwortung
und
Pflicht
herauszufinden,
was
den
Jungen
vom
Lernen
und
Begreifen
abhielt,
um
etwas
dagegen
unternehmen
zu
können.
Bald
schon
erkannte
ich,
dass
er
einen
überaus
präzisen,
logischen
Geist
besaß
und
erst
eine
Sache
vollständig
begreifen
musste,
ehe
er
zur
nächs-
ten
weitergehen
konnte.
Schon
unmittelbar
nach
seinem
Schuleintritt
war
sein
Lernprozess
ins
Stocken
geraten,
weil
er
-
wenn
die
Lehrer
über
das
Lesen,
die
Arithmetik,
die
Rechtschreibung
etc.
sprachen
-
nicht
imstande
gewesen
war,
diese
Dinge
vollständig
zu
begreifen,
oder
weil
er
nicht
die
richtigen
Fragen
stellen
konnte
zu
einem
Zeit-
punkt,
zu
dem
er
sie
hätte
stellen
müssen,
oder
weil
er
auf
seine
Fra-
gen
keine
Antwort
erhielt.
Während
ich
einige
seiner
Fragen
sofort
beantworten
konnte,
beschäftigten
mich
andere
noch
Jahre
danach.
Auch
wenn
ich
nicht
für
all
seine
Fragen
eine
Antwort
fand,
war
ihm
offenbar
meine
Überzeugung,
dass
sie
beantwortet
werden
können,
Hilfe
genug.
Einige
Jahre
später
schrieb
er
mir
von
einer
Armeebasis
und
erzählte
mir,
welche
Bücher
er
gerade
las
-
und
dabei
handelte
es
sich
um
ernsthafte
Erwachsenenbücher.
Offenbar
hatte
er
sein
Problem
selbst
gelöst.
Damals
versuchte
ich
das
zu
sein,
was
ich
heute
als
ernsthaften
Lehrer
bezeichne.
Ich
war
nicht
bereit,
gut
klingende
Ausreden
als
Ersatz
für
das
zu
akzeptieren,
was
ich
tun
musste,
nämlich
den
Kin-
dern
beim
Lernen
zu
helfen.
Wenn
sie
dann
tatsächlich
nicht
das
lernten,
was
ich
unterrichtete,
gab
ich
nicht
ihnen
die
Schuld
dafür,
sondern
suchte
nach
einer
neuen
Lehrmethode,
bis
ich
eine
funk-
tionierende
fand.
Wie
das
Buch
Aus
schlauen
Kindern
werden
Schüler
...
Von
dem,
was
in
der
Schule
verlernt
wird
verdeutlicht,
dauerte
dies
oft
eine
beträchtliche
Weile,
und
ich
hatte
mehr
Misserfolge
als
Erfolge
zu
verzeichnen.
Ein
weiteres
Buch
über
ernsthaften
Unterricht
ist
das
erste
Werk
von
James
Herndon
The
Way
It
Spozed
to
Be.
Darin
erzahlt
er
die
Uberaus
unterhaltsame,
wahre
und
im
Endeffekt
trau-
rige
Geschichte
Uber
sein
erstes
Jahr
als
Lehrer
und
seinen
schmerz-
lichen,
aber
erfolgreichen
Kampf
-
fur
den
er
gefeuert
wurde
-,
jenen
Schülern
zu
helfen,
die
von
seiner
Grofdstadtschule
längst
aufgegeben
worden
waren.
Einer
der
Hauptgrunde,
warum
nur
so
wenige
Schulen
ihre
Auf-
gabe
gut
erfüllen,
ist
der,
dass
sie
nicht
ernsthaft
arbeiten.
»Gute«
41
wie
»schlechte«
Schulen,
Privatschulen
wie
öffentliche
wurden
mit
wenigen
Ausnahmen
nach
der
Devise
geführt,
dass
die
Schule
für
jeglichen
Lernerfolg
die
Lorbeeren
einheimst,
während
Misserfolge
den
Schülern
in
die
Schuhe
geschoben
werden.
Während
man
von
Seiten
der
Schulen
vor
etlichen
Jahren
noch
behauptet
hätte,
dass
einige
der
Kinder
bösartig,
dumm,
faul
oder
gestört
seien,
erklärt
man
heute,
sie
würden
an
mysteriösen
Krankheiten
leiden,
wie
»mini-
maler
zerebraler
Dysfunktion«
oder
»Lernbehinderung«.
Doch
egal,
unter
welcher
Bezeichnung
dies
läuft,
es
bleibt,
was
es
immer
war:
eine
Entschuldigung
für
Schulen
und
Lehrer,
die
ihre
Aufgabe
nicht
erfüllen.
Als
weiterer
Beweis
für
die
Unfähigkeit
von
Schulen
dient
ein
Zitat
aus
der
Chicago
Tribune
(1977):
Nach
zehnjähriger
Entwicklungsphase
sind
die
Schulbehörden
von
Chi-
cago
nun
überzeugt,
ein
vollständiges
und
mitreißendes
Programm
erar-
beitet
zu
haben,
um
Kindern
das
Lesen
beizubringen
-
ein
Programm,
das
zum
Schrittmacher
einer
ganzen
Nation
werden
könnte
...
Im
Verlauf
meh-
rerer
Jahre
stellte
Bernard
Gallegos,
ein
Leseexperte
des
Bildungsaus-
schusses,
ein
Paket
jener
Lesefähigkeiten
zusammen,
die
Kinder
in
der
Grundschule
erlernen
müssen.
Anfänglich
umfasste
Gallegos
Liste
500
Elemente.
Mittlerweile
wurde
sie
auf
273
reduziert,
die
sich
auf
die
Schul-
stufen
1
bis
8
verteilen.
Man
könnte
an
einen
Scherz
glauben,
wenn
es
nicht
so
grauenvoll
wäre.
Fünfhundert
Fertigkeiten!
Welche
um
Himmels
Willen
sollen
das
sein?
Als
ich
mir
selbst
das
Lesen
beibrachte,
erlernte
ich
gewiss
keine
500
Fertigkeiten,
nicht
einmal
273.
Ich
betrachtete
gedruckte
Worte
auf
Anzeigetafeln,
in
Büchern
und
wo
immer
ich
sie
sah,
und
enträtselte
sie,
weil
ich
wissen
wollte,
was
sie
besagen.
Mit
jedem
Wort,
das
ich
lernte,
wurde
es
leichter,
das
nächste
zu
verstehen.
Auf
diese
Weise
konnte
ich
lesen,
bevor
ich
zur
Schule
ging.
Soweit
man
in
der
Schule
lesen
lernte,
geschah
dies
anhand
der
Buchstabier-
und
Sprechmethode,
wie
ich
diese
Technik
bezeichne:
»H,
u,
n,
d
-
Hund.«
Die
meisten
Menschen,
die
lesen,
und
vor
allem
jene,
die
gut
lesen,
wurden
nicht
in
273
unterschiedlichen
Fertigkeiten
unterrichtet.
Und
weshalb
wurde
die
Liste
von
500
Elementen
auf
273
reduziert?
Anzumerken
ist,
dass
die
erste
dieser
Fertigkeiten
das
Wieder-
holen
von
zwei-
und
dreisilbigen
Wörtern
betrifft.
In
der
Praxis
bedeu-
tet
dies
vermutlich,
dass
alle
Kinder,
einschließlich
der
farbigen,
42
hispanischen,
asiatischen
und
anderen
nicht
aus
angelsächsischen
Ländern
stammenden,
diese
Worte
»korrekt«
aussprechen
müssen,
d.h.
auf
dieselbe
Weise
wie
ihr
Lehrer.
Kinder,
die
nicht
so
sprechen
können
oder
wollen
wie
weiße
Nordamerikaner
der
Mittelklasse,
wer-
den
mit
großer
Wahrscheinlichkeit
als
»noch
nicht
bereit«
für
den
nächsten
der
273
Schritte
eingestuft.
Und
dies
ungeachtet
der
Tat-
sache,
dass
die
Welt
voll
von
Menschen
ist,
die
fließend
Englisch
lesen,
auch
wenn
sie
es
in
einem
Dialekt
oder
mit
einem
Akzent
spre-
chen,
den
nur
wenige
Lehrer
in
Chicago
(und
insgesamt
nur
wenige
Amerikaner)
verstehen.
Ich
schreibe
nun
drei
Jahre
später,
nachdem
diese
Geschichte
veröffentlicht
wurde.
Ob
dieses
Schema
an
den
Schulen
Chicagos
je
in
die
Praxis
umgesetzt
wurde
und
noch
immer
angewendet
wird,
weiß
ich
nicht.
Eines
steht
jedoch
fest:
Sofern
diese
Kinder
tatsäch-
lich
besser
lesen
gelernt
haben
als
Kinder
aus
anderen
Regionen,
ist
dies
ein
wohlgehütetes
Geheimnis
geblieben.
Vor
einigen
Jahren
hörte
ich
von
einer
Lehrerin
einer
anderen
Großstadt,
die
tatsächlich
im
Lauf
der
Jahre
eine
Methode
entdeckt
hatte,
um
Kindern,
die
nie
zuvor
gelesen
hatten,
zum
Lesen
zu
ver-
helfen.
Sie
wurde
entlassen,
weil
sie
sich
als
verantwortungsvolle
Lehrerin
vernünftigerweise
geweigert
hatte,
ihr
funktionierendes
Leseprogramm
einzustellen,
als
die
Schulaufsicht
ein
neues
Lese-
programm
für
alle
Lehrer
der
Stadt
verordnet
hatte.
Zweifellos
passierte
dasselbe
auch
in
Chicago;
die
besten
Lesetrainer
wurden
vermutlich
aufgefordert,
ihre
Methoden
zu
ändern
oder
den
Hut
zu
nehmen.
Die
Kinder
müssen
so
intensiv
damit
beschäftigt
sein,
die
273
Lesetests
zu
bestehen,
dass
sie
vermutlich
gar
keine
Zeit
mehr
zum
Lesen
haben.
Dass
sie
auf
diese
Weise
schon
bald
die
Lust
am
Lesen
ganz
verlieren,
ist
das
Schlimmste
daran.
Wie
in
vielen
ande-
ren
Schulen
werden
die
wenigen
Kinder,
die
tatsächlich
lesen
kön-
nen,
vermutlich
ausgebremst,
wenn
sie
einige
der
273
Tests
nicht
bestehen.
In
etwa
zehn
Jahren
werden
wir
in
den
Zeitungen
dann
von
einem
neuen
großartigen
Plan
lesen.
Ein
Lehrer,
der
an
einer
privaten
Grundschule
als
Aushilfslehrer
tätig
war,
schrieb
an
GWS:
Vier
Tage
lang
...war
ich
nun
in
der
3.
Schulstufe.
Die
beiden
Lehrer
unter-
richteten
gemeinsam,
so
dass
auch
ich
im
Team
unterrichten
musste.
Beide
waren
etwas
altmodisch
und
drängten
auf
Mathematik
und
Lese-
übungen
aus
den
Übungsbüchern.
Ich
bin
fast
verrückt
geworden.
Selbst
43
ich
konnte
die
Fragen
und
Antworten
nicht
begreifen
(weil
ich
mich
wei-
gerte,
das
Antwortbuch
für
Lehrer
zu
benutzen),
und
die
Kinder
saßen
nur
frustriert
und
in
angespannter
Regungslosigkeit
im
Unterricht.
Am
zwei-
ten
Tag
erkannte
ich,
dass
diese
Kinder
nie
Zeit
hatten
zu
denken,
geschweige
denn,
aus
Freude
zu
lesen
-
hier
ging
es
nur
um
Worterfas-
sungs-
und
Gedankenleseübungen.
Im
Klassenzimmer
gab
es
Taschen-
bücher,
Das
Schweinchen
Wilbur
und
seine
Freunde
und
viele
andere
auf-
regende
Dinge,
die
unberührt
blieben,
weil
die
Kinder
offenbar
»noch
nicht
gut
genug
lesen«
konnten.
Ich
ging
...
zur
Direktorin
und
erklärte,
dass
ich
den
Unterricht
nicht
fortsetzen
könne,
wenn
während
meiner
Anwesenheit
die
Lesezeit
nicht
zum
stillen
Lesen
genützt
würde.
Sie
stimmte
zu,
obwohl
sie
über
meine
Initiative
keineswegs
erfreut
war,
was
ich
deutlich
spürte.
Daraufhin
erklärte
ich
den
Kindern
neue
Regeln:
»Wenn
ihr
ein
Wort
nicht
kennt
und
es
euch
wirklich
stört,
dann
gebt
mir
ein
Zeichen
und
ich
komme
und
flüs-
tere
es
euch
ins
Ohr.
Kein
Nachsprechen,
keine
Selbstlaute,
keine
Silben,
keine
Fragen,
nur
das
Wort.«
Auch
wenn
nur
wenige
nach
den
ersten
Minu-
ten
tatsächlich
eine
Frage
stellten,
baten
die
Kinder
doch
darum,
zwei
Mal
pro
Tag
still
lesen
zu
dürfen.
James
Herndon
berichtet
Ähnliches
in
seinem
Buch
Die
Schule
über-
leben.
Als
er
gemeinsam
mit
ein
bis
zwei
anderen
Lehrern
aufhörte,
Kinder
über
das
zu
befragen,
was
sie
lasen,
sie
nicht
mehr
benotete
und
ihre
Fortschritte
nicht
mehr
zwischendurch
prüfte,
sondern
sie
einfach
lesen
ließ,
steigerten
sich
schon
bald
die
Lesefähigkeiten
der
Kinder,
und
zwar
auch
jener,
die
zuvor
schlecht
gelesen
hatten.
Aber
sowohl
seine
Schule
als
auch
seine
Lehrerkollegen
weigerten
sich,
aus
dieser
Erfahrung
zu
lernen.
Ebenso
häufig
wird
darüber
geklagt,
dass
Schüler
nicht
schreiben
können.
Ein
Artikel
mit
dem
Titel
»Pumping
Polysyllabism«
(»Mehr
Viel-
silbigkeit«),
der
im
August
1977
in
der
Zeitschrift
Mother
Jones
erschien,
geht
davon
aus,
dass
nicht
immer
die
Schüler
dafür
ver-
antwortlich
sind:
Zwei
Englischprofessoren
aus
Chicago
haben
herausgefunden,
dass
eine
Seminararbeit
besser
benotet
wird,
wenn
man
eine
»wortgewaltige,
bom-
bastische«
Sprache
verwendet.
Professor
Joseph
Williams
und
Professor
Rosemary
Hake
erklärten,
dass
sie
eine
gut
geschriebene
Seminararbeit
sprachlich
nur
geringfügig
veränderten,
wobei
die
Grundgedanken
und
das
Konzept
erhalten
blie-
44
ben.
Sie
verfassten
jedoch
zwei
verschiedene
Versionen
-
eine
in
einer
schlichten,
geradlinigen
Sprache
und
eine
weitere
in
einer
wortgewaltigen,
mit
pedantischen
Begriffen
überladenen
Sprache.
Danach
legten
sie
diese
beiden
Arbeiten
neun
High-School-Lehrern
vor;
zu
ihrer
Überraschung
gaben
alle
neun
der
wortgewaltigen
Arbeit
nahezu
durchweg
die
Bestnote,
während
die
schlicht
formulierten
Arbeiten
als
zu
einfach
und
seicht
bezeichnet
und
schlechter
bewertet
wurden.
Daraufhin
legten
die
beiden
Professoren
dieselben
beiden
Arbeiten
neunzig
weiteren
Lehrern
vor,
was
ähnliche
Ergebnisse
erbrachte.
Drei
von
vier
High-School-Lehrern
und
zwei
von
drei
College-Professoren
gaben
der
wortgewaltigen
Arbeit
eine
bessere
Note.
DIE
BÜRGERRECHTE
VON
KINDERN
Ich
will
und
werde
nicht
zulassen,
dass
dies
hier
nur
eine
Ansamm-
lung
von
Horrorgeschichten
über
Schulen
wird.
Die
Argumente
gegen
Pflichtschulen
sind
wesentlich
tiefgreifender.
Einige
von
ihnen
brachte
ich
in
einem
Brief
an
die
Bürgerrechtsorganisation
American
Civil
Liberties
Union
zum
Ausdruck:
Obwohl
es
noch
kein
entsprechendes
Gerichtsurteil
gibt,
erscheinen
mir
die
Gesetze
über
die
Schulpflicht
ein
ernsthafter
Verstoß
gegen
die
Bür-
gerrechte
von
Kindern
und
ihren
Eltern
zu
sein,
und
dies
unabhängig
von
der
Art
der
Schulen,
ihrer
Organisationsform
und
ihrer
Behandlung
von
Kindern
-
mit
anderen
Worten:
auch
wenn
sie
wesentlich
humaner
und
effektiver
wären,
als
sie
tatsächlich
sind.
Um
noch
einmal
zur
Anwesenheitspflicht
in
Pflichtschulen
zurückzukeh-
ren,
würden
Sie
mir
gewiss
zustimmen,
dass
es
einen
krassen
Verstoß
gegen
Ihre
Bürgerrechte
darstellte,
wenn
Ihnen
die
Regierung
vorschriebe,
sich
an
einhundertachtzig
Tagen
im
Jahr
für
sechs
oder
mehr
Stunden
pro
Tag
an
einem
bestimmten
Ort
aufzuhalten
und
das
zu
tun,
was
andere
Ihnen
auftragen.
Der
Staat
jedoch
rechtfertigt
diese
Vorgehensweise
bei
Kindern
als
Mittel
der
öffentlichen
Ordnung,
indem
er
behauptet,
dass
Kin-
der
nur
so
zu
verantwortungsbewussten
Bürgern
heranreifen
könnten.
Selbst
wenn
es
so
wäre,
dass
Kinder
in
der
Schule
wichtige
Dinge
lernen,
die
sie
nirgendwo
sonst
lernen
können
-
einer
Annahme,
der
ich
keines-
falls
zustimme
-
würde
ich
Bürgerrechtler
dennoch
daran
erinnern,
dass
die
öffentliche
Ordnung
in
anderen
und
oft
schwerwiegenderen
Fallen
-
45
etwa
Nazi-Kundgebungen
-
nicht
als
Vorwand
für
einen
Verstoß
gegen
die
Grundrechte
des
Bürgers
verwendet
werden
darf,
und
deshalb
auch
nicht
in
diesem
Fall
dafür
verwendet
werden
sollte.
Im
Lauf
der
Jahre
hat
die
American
Civil
Liberties
Union
(ACLU)
das
Recht
der
Kinder,
eine
Schule
zu
besuchen,
als
Bürgerrecht
aner-
kannt,
während
sie
den
Nichtbesuch
nicht
als
Bürgerrecht
anerkennt.
Wie
ich
erfuhr,
diskutiert
nun
ein
Komitee
innerhalb
der
ACLU
über
die
Frage,
unter
welchen
Bedingungen
die
Schulpflicht
als
Ein-
schränkung
der
Bürgerrechte
betrachtet
werden
könne.
In
einigen
Fällen
haben
lokale
Stellen
der
ACLU
bzw.
Rechtsanwälte
der
ACLU
Unschooling-Familien
sogar
unterstützt.
Es
wäre
jedoch
hilfreich,
wenn
die
Landesorganisation
eines
Tages
auch
zu
einigen
von
mir
angesprochenen
Themen
eine
klare
Position
einnähme.
2
Bis
zum
heutigen
Tag
hat
die
Landesorganisation
der
ACLU
zu
den
von
Holt
erwähnten
Themenbereichen
noch
nicht
Stellung
bezogen.
Im
Gegenteil,
seit
Holt
dieses
Buch
geschrieben
hat,
haben
verschie-
dene
Gerichtsurteile
die
Bürgerrechte
der
Kinder
innerhalb
und
außer-
halb
der
Schulen
sogar
weiter
aufgeweicht.
Die
ACLU,
ebenso
wie
die
meisten
anderen
progressiven
Institutionen,
stellen
das
Recht
der
Kin-
der
auf
Schulunterricht
immer
noch
über
das
Recht,
nicht
zur
Schule
zu
gehen.
Dagegen
verändert
sich
allmählich
die
Situation
im
Hinblick
auf
die
körperliche
Bestrafung
an
Schulen;
1998
wurde
körperliche
Ziichtigung
an
allen
Schulen
Großbritanniens
verboten.
Es
steht
jedoch
nicht
fest,
ob
diese
Veränderung
fiir
die
USA
ebenso
umfassend
sein
wird.
Im
Jahr
2000
sprach
die
American
Academy
of
Pediatrics
die
Empfehlung
aus,
»kor-
perliche
Bestrafung
an
Schulen
in
allen
Bundesstaaten
per
Gesetz
abzu-
schaffen
und
alternative
Formen
zur
Regelung
des
Schiilerverhaltens
ein-
zusetzen.«
Diese
Empfehlung
wird
in
den
USA
jedoch
nur
schleppend
umgesetzt.
So
wurden
zum
Beispiel
im
Februar
2002
in
den
zwei
Schul-
bezirken
Moorhead
in
Minnesota
und
Nashville
in
Tennessee
die
ent-
sprechenden
Richtlinien
herausgegeben,
die
es
Lehrern
untersagen,
Schülern
gegenüber
Schläge
oder
andere
Formen
von
physischer
Gewalt
anzuwenden,
da
sie
zu
emotionalen
oder
körperlichen
Schäden
führen
können.
Gleichzeitig
sprach
sich
ebenfalls
im
Februar
2002
die
gesetzge-
bende
Körperschaft
von
Wyoming
dafür
aus,
das
Schlagen
von
Kindern
in
der
Schule
auch
weiterhin
zuzulassen.
Allerdings
werden
Kinder
heute
46
in
der
Schule
nicht
mehr
so
häufig
zur
Bestrafung
geschlagen
oder
in
einen
Schrank
eingeschlossen
wie
in
den
50er
und
60er
Jahren.
Körperli-
che
Bestrafung
wird
jedoch
nach
wie
vor
von
einigen
Staaten
und
Schul-
bezirken
in
den
USA
offen
unterstiitzt.¢¢
EIN
NEUES
VERANTWORTUNGSBEWUSSTSEIN
Auch
wenn
heute
viele
Erwachsene
-
und
vielleicht
sogar
der
Groß-
teil
der
Erwachsenen
-
Kinder
ablehnen
und
ihnen
misstrauen,
wächst
gleichzeitig
die
Minderheit
jener,
die
Kinder
mögen,
verste-
hen,
ihnen
vertrauen,
sie
respektieren
und
schätzen,
und
zwar
auf
eine
bisher
seltene
Art
und
Weise.
Viele
dieser
Menschen
entschei-
den
sich
heute
bewusst
für
Kinder,
was
früher
nur
selten
geschah.
Sie
bekommen
nicht
bloß
Kinder,
weil
sie
verheiratet
sind
und
man
das
von
ihnen
erwartet,
oder
weil
sie
sich
mit
Verhütung
nicht
aus-
kennen.
Im
Gegenteil.
Obwohl
sie
genau
wissen,
wie
viel
Zeit,
Ener-
gie,
Geld,
Gedanken
und
Sorge
sie
vermutlich
werden
aufbringen
müssen,
nehmen
sie
die
schwere
Verantwortung
auf
sich,
Kinder
zu
bekommen
und
großzuziehen,
weil
sie
den
innigen
Wunsch
ver-
spüren,
einen
Teil
ihres
Lebens
mit
ihnen
zu
verbringen.
Nachdem
sie
sich
bewusst
für
Kinder
entschieden
haben,
empfinden
sie
es
als
ihre
Verantwortung,
diese
Kinder
darin
zu
unterstützen,
zu
guten,
klugen,
fähigen,
liebevollen,
vertrauenswürdigen
und
verantwor-
tungsvollen
Menschen
heranzuwachsen.
Es
erscheint
ihnen
nicht
richtig,
diese
Verantwortung
staatlichen
oder
privaten
Institutionen
zu
übertragen,
und
sie
würden
es
auch
nicht
tun,
selbst
wenn
sie
diese
Institutionen
für
gut
befinden
und
ihnen
vertrauen
würden,
was
jedoch
oft
nicht
der
Fall
ist.
Diese
Ansicht
mag
uns
sehr
altmodisch
oder
überaus
modern
erscheinen.
Vermutlich
ist
sie
beides.
?
Heute
betreiben
bedeutend
mehr
Familien
Homeschooling
als
zu
jener
Zeit,
da
Holt
dieses
Buch
schrieb.
Darum
haben
die
heutigen
Schul-
behörden
im
Umgang
mit
Anfragen
fiir
Homeschooling
mehr
Erfahrung
als
in
den
70er
und
80er
Jahren
des
vergangenen
Jahrhunderts.
Nur
wenige
all
jener,
die
heute
Homeschooling
betreiben
wollen,
miissen
dafür
einen
Kampf
mit
ihrer
Schulbehérde
führen,
einen
Anwalt
ein-
schalten
oder
in
einen
aufgeschlossenen
Schulbezirk
tibersiedeln.
Unter
47
der
Rubrik
»Unabhängiges
Studienprogramm«
werben
heute
sogar
viele
Schulen
um
Homeschooling-Familien,
und
einige
Vertragsschulen
und
gewinnorientierte
Schulen
locken
mit
Versprechungen
von
kostenlosen
Computern
für
das
Lernen
zu
Hause,
fachlicher
Unterstützung
usw.
Viel
wichtiger
ist
jedoch
die
Tatsache,
dass
heute
wesentlich
mehr
Home-
schooler
von
wachsender
lokaler,
staatlicher
und
bundesstaatlicher
Unter-
stützung
durch
Homeschooling-Gruppen
und
-Unternehmen
profitieren.
Informationen
und
Lehrmaterialien
sind
über
diese
Homeschooling-
Zentren
wesentlich
leichter
zu
beziehen
als
über
konventionelle
Schul-
institutionen.
Im
21.
Jahrhundert
vervielfachen
sich
die
Möglichkeiten
für
Homeschooling.
In
den
vergangenen
zwanzig
Jahren
hat
sich
allgemein
die
Einstel-
lung
gegenüber
Homeschooling
beträchtlich
verändert.
Meine
drei
Töch-
ter
betrieben
nicht
nur
Homeschooling,
sondern
wechselten
auch
immer
wieder
zwischen
privaten
und
öffentlichen
Schulen,
je
nach
den
Anfor-
derungen
in
ihrem
Leben
zu
unterschiedlichen
Zeiten,
ohne
dass
man
ihnen
von
Seiten
der
Schulen
deshalb
Steine
in
den
Weg
gelegt
hätte.
Unsere
jüngste
Tochter
Audrey
zum
Beispiel,
beharrte
darauf;
in
die
erste
Schulstufe
zu
gehen,
weil
sie
meinte,
dass
wir
»sie
nicht
genug
unterrich-
ten«.
Innerhalb
weniger
Tage
war
Audrey
Feuer
und
Flamme
fiir
ihre
Klas-
senlehrerin,
eine
talentierte
ältere
Lehrkraft,
während
sie
an
der
Schule
selbst
verzweifelte.
»Was
1st
los?«,
erkundigte
ich
mich.
»Ich
bin
eine
ganze
Woche
zur
Schule
gegangen,
und
sie
lernen
immer
noch
das
Alphabet!
Aber
ich
kenne
das
Alphabet
schon!«
(Audrey
spricht
oft
mit
Ausrufezeichen
in
der
Stimme.)
»Aber
es
gibt
doch
gewiss
auch
andere
Dinge,
die
du
dort
lernst.
Wie
wäre
es,
wenn
du
einfach
wartest,
bis
die
Klasse
mit
dem
Alphabet
fertig
ist
und
zu
dir
aufschliefdt?«
»Dad!
Es
ist
so
langweilig!
Und
in
Mathematik
lernen
sie
erst,
wie
man
in
Zwelerschritten
bis
zwanzig
zählt!
Ich
kann
schon
in
Einer,
Zweler-
und
Funferschritten
bis
hundert
zihlen!«
Einige
Tage
später
gingen
meine
Frau
Day
und
ich
in
die
Schule,
um
mit
Audreys
Klassenlehrerin,
Miss
Reppucci,
zu
sprechen.
Sie
verstand
vollkommen,
was
Audrey
meinte,
und
sprach
Day
ein
großes
Kompli-
ment
fiir
thre
Homeschooling-Arbeit
mit
Audrey
aus.
(Da
Audrey
zu
die-
sem
Zeitpunkt
noch
sehr
jung
war,
betrachteten
wir
das,
was
wir
mit
ihr
machten,
nicht
als
»Homeschooling-Vorschule«.
Immerhin
taten
wir
nichts
anderes,
als
das,
was
wir
mit
allen
unseren
Madchen
taten:
Wir
48
sprachen
mit
ihnen,
hörten
ihnen
zu
und
erforschten
gemeinsam
die
Welt.)
Dann
sagte
Miss
Reppucci
zu
Day:
»Ich
habe
in
meiner
ersten
Schulstufe
so
viele
Kinder,
die
nicht
annähernd
dort
sind,
wo
Audrey
jetzt
schon
ist,
auch
wenn
sie
es
sein
sollten.
Und
ich
benötige
für
jeden
einzelnen
dieser
Schüler
zusätzliche
Zeit,
die
ich
dadurch
nicht
für
Audrey
verwenden
kann.
Warum
überlegen
Sie
es
sich
nicht
noch
einmal
und
machen
mit
Audrey
weiter
Homeschooling?«
Als
Audrey
hörte,
dass
ihre
geliebte
Klassenlehrerin
meinte,
dass
Homeschooling
für
sie
das
Beste
sei,
wirkte
sie
erleichtert
und
willigte
nach
elftägigem
Besuch
einer
öffentlichen
Schule
ein,
mit
dem
Segen
ihrer
Klassenlehrerin
wieder
zu
Hause
zu
lernen.
Selbstverständlich
sind
nicht
alle
Lehrer
so
sympathisch
und
auch
nicht
alle
Homeschooler
wenden
sich
um
Unterstützung
an
eine
Öffent-
liche
Schule.
Homeschooler
sind
unabhängige
Freigeister,
von
denen
einige
glauben,
dass
auch
der
geringste
Kontakt
zu
lokalen
Behörden
und
staatlichen
Regierungsinstitutionen
im
Widerspruch
stehe
zu
ihrer
per-
sönlichen
Einstellung
und
deshalb
als
illegale
Bürde
zu
bekämpfen
sei.
Diese
Personen
definieren
ihre
persönliche
Verantwortung
auf
eine
Weise,
die
sie
mit
nahezu
allen
konventionellen
Schul-
und
Gesetzespraktiken
in
Konflikt
bringen,
aber
das
ist
ihr
gutes
Recht.
Die
meisten
Homeschoo-
ler
hingegen
nehmen
einen
flexibleren
Standpunkt
ein
und
versuchen,
mit
Schulen
zusammenzuarbeiten
oder
sie
ganz
oder
teilweise
zu
umge-
hen,
ohne
dabei
unnötig
mit
dem
Gesetz
in
Konflikt
zu
kommen.
€¢
Judy
McCahill,
die
Frau
eines
Berufsoffiziers
der
US-Marine,
erklärt
ihre
persönliche
Verantwortung
folgendermaßen:
Wir
alle,
die
wir
als
Eltern
oder
andere
Privatpersonen
eine
revolutionäre
Veränderung
in
Gang
setzen,
die
das
Leben
anderer
ernstlich
beeinflussen
wird,
müssen
uns
immer
vor
Augen
halten,
dass
wir
dies
aus
selbstsüch-
tigen
Gründen
tun.
Mein
Mann
und
ich
bekamen
zwei
oder
drei
Tage
vor
Schulbeginn
dieses
Jahres
kalte
Füße
(»das
klingt
wie
eine
Epidemie«,
sagte
unsere
Tochter).
Nur
der
Gedanke,
dass
ich
sehr
unglücklich
sein
würde,
wenn
wir
es
nicht
einmal
versuchten,
gab
mir
die
Kraft,
unseren
Plan
weiterzuverfolgen.
In
diesem
Augenblick
ging
es
nicht
darum,
dass
wir
uns
fragten,
was
für
die
Kinder
das
Beste
sei;
wir
glaubten
(und
glauben
immer
noch),
dass
es
für
sie
besser
sei,
zu
Hause
aufzuwachsen
als
in
einem
Klassenzimmer.
Aber
im
Grunde
war
es
vorrangig
meine
Entschei-
dung,
mein
Experiment
und
mein
Glaube,
der
sie
zu
Hause
hielt.
Ich
hoffe,
dass
sie
lernen,
den
wahren
Sinn
einer
Handlung
zu
erkennen;
dass
man
49
ein
erkanntes
Unrecht
richtigstellen
muss,
dass
man
einen
Weg,
den
man
für
besser
hält,
auch
tatsächlich
einschlagen
muss.
Die
Mutter
einer
auf
dem
Land
lebenden
muslimischen
Familie
führt
ähnliche
Gründe
dafür
an,
dass
sie
ihre
jüngeren
Kinder
zu
Hause
aufwachsen
ließ:
...
wie
viele
andere
Familien,
die
ihre
Kinder
zu
Hause
unterrichten,
war
auch
in
unserem
Fall
die
Religion
ein
Hauptgrund,
wenn
auch
nicht
die
christliche
Religion,
sondern
der
Islam.
Wir
sind
als
Familie
dem
Islam
sehr
verbunden,
deshalb
ist
es
für
uns
von
größter
Wichtigkeit,
dass
unsere
Kinder
in
einer
Atmosphäre
aufwachsen,
die
sich
der
religiösen
Orientie-
rung
und
den
damit
verbundenen
Werten
nicht
in
den
Weg
stellt.
Aus
die-
sem
Grund
sind
wir
nicht
einverstanden
mit
vielen
sozialen
und
morali-
schen
Werten
(oder
besser
gesagt
»Unwerten«),
die
in
den
Schulen
pro-
pagiert
werden,
ebenso
wie
mit
dem
begrenzten
Bildungsangebot.
Darü-
ber
hinaus
werden
in
unserem
Glauben
Religion
und
andere
Lerninhalte
nicht
als
zwei
getrennte
Bereiche
gesehen,
weil
der
Islam
keine
Trennung
zwischen
den
»religiösen«
und
»säkularen«
Aspekten
des
Lebens
kennt.
Unsere
drei
älteren
Kinder
wuchsen
in
öffentlichen
Schulen
auf,
was
ernste
Folgen
für
ihr
Selbstwertgefühl
und
ihre
Werteentwicklung
hatte,
vor
allem
aber
auf
die
Eigenständigkeit
ihrer
Persönlichkeit.
Sie
gingen
durch
die
Hände
einer
Reihe
von
Junior-High-School-
und
High-School-Lehrern
und
erlebten
zahlreiche
Situationen,
in
denen
Religion
und
jeder,
der
mora-
lische
und
ethische
Werte
hochhält,
ablehnend
betrachtet
oder
zumindest
als
überaus
seltsam
und
unnormal
stigmatisiert
wurden.
Kurz
nachdem
wir
nach
mehreren
Jahren
im
Ausland
zurückgekehrt
waren,
kam
mein
Sohn
in
die
erste
Klasse
der
Junior-High-School,
wo
er
sich
ganz
und
gar
nicht
wohl
fühlte.
So
ging
ich
zum
Direktor
und
berichtete
ihm
von
meinen
Sorgen.
Ich
erklärte
ihm,
dass
mein
Sohn
ein
sehr
religiöser
Jugendlicher
mit
hohen
Werten
sei
und
fragte,
ob
es
möglich
sei,
einen
Club
oder
eine
Vereinigung
von
Jugendlichen
mit
ähnlichen
Neigungen
zu
gründen.
Die
Antwort
des
Direktors
überraschte
mich.
Er
erklärte
mir,
dass
er
sich
den
Schulbericht
meines
Sohnes
und
die
Aufzeichnungen
über
sein
Verhalten
ansehen
und
mit
seinem
Berater
sprechen
würde,
ob
er
überhaupt
normal
sei
und
dazu
passe.
Vermutlich
können
Sie
sich
vorstellen,
wie
ich
mich
nach
dieser
Besprechung
fühlte,
und
die
Idee
eines
solchen
Clubs
starb
selbstverständlich
von
selbst,
obwohl
ich
mich
auch
weiterhin
bemühte,
andere
in
der
Gemeinde
dafür
zu
interessieren,
aber
ohne
Erfolg.
Trotz-
dem
bin
ich
immer
noch
der
Meinung,
dass
eine
derartige
Organisation
für
50
all
jene
Jugendliche
wichtig
und
bedeutungsvoll
wäre,
die
großen
Wert
auf
Religion
und
Werte
legen,
aber
nur
wenig
Unterstützung
erfahren
und
dadurch
sogar
oft
Angst
haben,
angesichts
des
vorherrschenden
Klimas
ihre
Meinung
zu
äußern.
Als
unser
viertes
Kind
Ina
alt
genug
war
für
den
Kindergarten,
schrie-
ben
wir
es
in
einer
katholischen
Schule
ein,
in
der
Hoffnung,
dass
diese
bedeutend
besser
wäre
als
eine
öffentliche
Schule.
Aber
auch
diese
Schule
war
eine
totale
Enttäuschung
und
unterschied
sich
weder
in
ihrem
Klima
noch
in
ihren
Methoden
von
den
anderen.
Nach
Beendigung
von
Inas
Kin-
dergartenjahr
blieb
uns
somit
keine
andere
Lösung,
als
die
Kinder
zu
Hause
zu
unterrichten.
Ich
besprach
die
Angelegenheit
mit
dem
Leiter
der
lokalen
Schulbehörde.
Obwohl
er
klar
zum
Ausdruck
brachte,
dass
er
kein
Befürworter
von
Homeschooling
sei,
war
er
hilfsbereit
und
kooperativ.
Wir
müssten
ihm
zu
Beginn
des
Sommers
einen
Brief
schreiben,
den
er
der
örtlichen
Schul-
kommission
vorlegen
würde,
die
ihn
ihrerseits
der
staatlichen
Bildungs-
kommission
vorlegen
würde.
Gemeinsam
mit
meinem
Mann
verfasste
ich
eine
kurze
Erklärung,
dass
»unsere
Familie
islamisch
ist,
und
dass
diese
Religion
das
gesamte
Leben
umfasst.
Die
religiöse
Ausbildung
geht
dadurch
Hand
in
Hand
mit
der
säkularen
Ausbildung.
Diesen
Bedürfnissen
unserer
Kinder
wird
eine
normale
Schule
nicht
gerecht.«
Ferner
verwiesen
wir
darauf,
dass
wir
möglicherweise
erneut
längere
Zeit
außer
Landes
ver-
bringen
würden
und
dadurch
eine
Ausbildungsmethode
benötigten,
die
wir
an
jedem
Wohnort
weiterführen
könnten.
Uns
wurde
die
Erlaubnis
zum
Homeschooling
unter
der
Auflage
erteilt,
dass
wir
nach
dem
Calvert-Pro-
gamm
vorgingen,
dass
ich
an
176
Tagen
pro
Jahr
Unterricht
erteilte,
und
dass
ich
unter
der
Aufsicht
der
örtlichen
Schuldirektorin
stünde
(welche
die
Calvert-Tests
abnehmen
und
mit
mir
einmal
pro
Vierteljahr
eine
Bespre-
chung
abhalten
würde.
Außerdem
würde
das
Kind
die
standardisierten
Zulassungs-
und
Jahrestests
ablegen
müssen.)
Die
Erfahrung,
meine
Kinder
selbst
zu
unterrichten,
hat
mir
unendlich
viele
neue
Einsichten
gebracht
in
Bezug
auf
die
Rolle
der
Eltern
(vor
allem
der
Mütter)
-
was
sie
für
uns
bedeutet,
bedeuten
könnte
und
bedeuten
sollte
-
und
in
Bezug
auf
das
Wesen
und
die
Bedeutung
der
Ausbildung.
Ich
kann
gar
nicht
sagen,
wie
zufrieden
es
mich
macht
zu
sehen,
wie
meine
Kinder
zu
gefestigten,
eigenständigen,
glücklichen
Persönlichkeiten
he-
ranwachsen,
und
dies
vor
allem
nach
all
den
Kämpfen,
in
denen
wir
mit
ansehen
mussten,
welch
schädlichen
Einfluss
die
Schule
auf
die
drei
älte-
ren
Kinder
hatte
...
51
KINDER
VOR
SCHADEN
BEWAHREN
Die
meisten
Eltern
nehmen
ihre
Kinder
nicht
aus
philosophischen
oder
politischen
Gründen
aus
der
Schule,
sondern
vielmehr
aus
per-
sönlichen
Gründen,
wie
diese
islamische
Mutter
zum
Ausdruck
brachte:
um
zu
verhindern,
dass
die
Schule
ihren
Kindern
Leid
zufügt
oder
sie
in
der
Schule
noch
mehr
Schaden
erleiden,
als
dies
ohnehin
schon
der
Fall
ist.
Viele
Eltern
schreiben
Geschichten
wie
diese:
Ihr
Kind
habe
sich
selbst
-
wie
auch
immer
-
schon
vor
Schuleintritt
das
Lesen
beigebracht;
es
befinde
sich
gerade
in
der
Vorschule
oder
einer
der
ersten
Grundschulklassen;
im
Lesen
sei
es
ein
bis
drei
Jahre
dem
Lehrstoff
seiner
Klasse
voraus.
Selbstverständlich
habe
es
keine
Lust,
an
Leseübungen
oder
anderen
Aufgaben
teilzuneh-
men,
welche
die
anderen
Kinder
erfüllen
müssen,
um
das
zu
lernen,
was
es
bereits
kann.
Das
Kind
wolle
Bücher
lesen,
die
es
bereits
lesen
kann.
Aber
wenn
es
dies
versuche,
weise
es
die
Lehrerin
an,
dieselben
Aufgaben
zu
erfüllen
wie
die
anderen
Kinder,
und
wenn
es
verständlicherweise
sage,
dass
es
das
nicht
wolle
oder
es
einfach
nicht
tue,
werde
es
von
der
Lehrerin
bestraft.
Entweder
werde
es
vor
den
anderen
Kindern
gescholten,
ihm
werden
die
Bücher
weg-
genommen,
es
müsse
in
der
Ecke
stehen,
werde
im
Schrank
einge-
schlossen,
geschlagen,
bekomme
einen
Vermerk
wegen
schlechten
Betragens
oder
werde
als
»hyperaktiv«
abgestempelt.
Oft
genug
bekommen
die
Eltern
derartiger
Kinder
von
den
Lehrern
zu
hören,
dass
ihr
Kind
durchfallen
und
die
Klasse
wiederholen
müsse,
wenn
es
nicht
wie
die
anderen
Kinder
seine
Aufgaben
erfülle,
und
dies,
obwohl
es
den
anderen
Kindern
im
Lesen
weit
voraus
ist.
Selbstverständlich
weisen
die
erstaunten
Eltern
darauf
hin,
dass
das
Kind
der
Klasse
im
Lesen
weit
voraus
sei
und
es
daher
unsinnig
sei,
dass
es
die
gleichen
Aufgaben
wie
die
anderen
Kinder
erfüllen
müsste
und
geradezu
absurd
-
wenn
es
dies
nicht
tate
-,
es
durch-
fallen
zu
lassen.
Meist
sind
derartige
Einwände
zwecklos.
Die
Lehr-
kraft
beharrt
darauf,
das
Kind
habe
dieselben
Aufgaben
zu
erfüllen
wie
die
anderen.
Wenn
die
Eltern
daraufhin
zum
Direktor
gehen,
ver-
teidigt
dieser
üblicherweise
die
Position
des
Lehrers.
Durch
diese
Erfahrung
kommen
auch
viele
Eltern
zu
Unschooling,
die
ansonsten
damit
zufrieden
gewesen
wären,
ihre
Kinder
zur
Schule
zu
schicken.
Andere
Eltern
erzählen
genau
entgegengesetzte
Geschichten.
In
diesen
Fällen
sind
die
Kinder
der
Klasse
nicht
voraus,
sondern
52
hinken
hinterher.
Wie
dem
Jungen,
den
ich
in
Colorado
als
Tutor
unterstützte,
bereitet
ihnen
das
Lesen
oder
die
Arithmetik
Schwie-
rigkeiten,
oder
sie
verstehen
die
Lehrbücher
nicht
und
Ähnliches
mehr.
Sie
sind
nicht
imstande,
die
Hausaufgaben
zu
erledigen
und
werden
dafür
oftmals
bestraft.
Ihren
Eltern
erzählen
sie,
dass
sie
manches
nicht
verstehen,
und
dass
ihnen
die
Lehrerin
nicht
hilft,
auch
wenn
sie
diese
um
Hilfe
bitten.
Die
Eltern,
von
denen
viele
nach
eigenen
Angaben
arm
sind
-
oder
deren
Briefe
darauf
schließen
las-
sen,
gehen
daraufhin
zur
entsprechenden
Lehrkraft
und
bitten
sie
um
ein
wenig
zusätzliche
Unterstützung
für
ihr
Kind.
Üblicherweise
sagt
die
Lehrerin
daraufhin:
»Ich
kann
Ihrem
Kind
keine
zusätzliche
Hilfe
bieten,
weil
ich
mich
auch
um
alle
anderen
Kinder
kümmern
muss.«
Dadurch
fällt
das
Kind
immer
weiter
zurück.
Selbstverständlich
sind
die
Eltern
in
den
meisten
Fällen
imstande,
ihre
Kinder
in
der
nötigen
Weise
zu
unterstützen.
Aber
sei-
tens
der
Schule
haben
sie
so
oft
zu
hören
bekommen,
dass
sie
nicht
in
den
Lernprozess
des
Kindes
eingreifen
sollen
und
nicht
versuchen
sollen,
dem
Kind
selbst
etwas
beizubringen,
dass
sie
sich
mittler-
weile
selbst
so
hilflos
fühlen,
als
hätten
sie
es
mit
einer
seltenen
Krankheit
zu
tun.
Der
Lehrer
ist
nicht
bereit
zu
helfen,
die
Eltern
hal-
ten
sich
nicht
für
befähigt,
und
die
Kinder,
die
zusätzlich
zu
ihren
anderen
Problemen
vermutlich
von
ihren
Klassenkameraden
aus-
gelacht
und
verspottet
werden,
weil
sie
zurückgefallen
sind,
verlie-
ren
allmählich
jeglichen
Mut.
Viele
brechen
die
Schule
ab,
ebenso
wie
viele
Eltern,
die
mir
erzählen,
dass
ihnen
in
ihrer
Kindheit
das-
selbe
passiert
ist.
Eine
Mutter
schreibt:
Jan
ist
jetzt
frei!
Er
ist
zwar
an
der
Santa
Fe
Community
School
angemel-
det,
lernt
in
Wirklichkeit
jedoch
zu
Hause.
Sobald
die
Entscheidung
gefal-
len
war,
schien
eine
schwere
Last
von
ihm
abzufallen.
Augenblicklich
über-
nahm
er
selbst
die
Verantwortung
für
sein
Leben
und
seine
Ausbildung
und
begann
nun
auch
Fachgebiete
mit
einer
Begeisterung
und
einem
Eifer
zu
studieren,
die
er
früher
nur
für
seine
Lieblingsfächer
Biologie
und
Sport
sowie
für
Konstruktionsprojekte
aufbrachte.
Früher
hasste
er
zum
Beispiel
Mathematik,
und
die
Tatsache,
dass
er
Mathematikhausaufgaben
machen
musste,
führte
zu
unsäglich
unglücklichen,
elenden
Stunden
zu
Hause.
Heute
setzt
er
sich
selbst
das
Ziel,
Mathematik
zu
lernen,
und
verfolgt
es
ohne
all
die
negativen
Emotionen,
die
ihn
früher
plagten.
53
Für
eine
arme
Arbeiterfamilie
ist
es
nicht
leicht,
so
etwas
auszuprobieren
—-
im
Grunde
ist
es
sogar
eine
etwas
erschreckende
Aufgabe.
Allerdings
habe
ich
das
Gefühl,
dass
Kinder
aus
der
Arbeiterklasse
in
den
öffentli-
chen
Schulen
die
schlimmsten
Schäden
erleiden
und
es
für
sie
deshalb
am
wichtigsten
ist,
sich
zu
befreien.
In
einem
Artikel
der
News
and
Sun-Sentinel
von
Fort
Lauderdale,
vom
1.
Juli
1979,
wird
von
einer
ähnlichen
Veränderung
bei
einem
Kind
berichtet:
...
So
etwas
Einfaches
wie
die
Tatsache,
dass
das
Lächeln
verschwunden
war,
bewog
die
Grundschullehrerin
Mrs
O0’
Shea
dazu,
die
öffentliche
Aus-
bildung
in
Frage
zu
stellen.
»Als
Kim
noch
klein
war,
war
sie
ein
so
glückliches
Mädchen,
das
immer
ein
Lächeln
auf
dem
Gesicht
hatte.
Mit
dem
Schuleintritt
änderte
sich
das
total.
Sie
hörte
auf
zu
lächeln.
Während
der
sechs
Monate,
die
sie
zur
Schule
ging,
war
sie
zutiefst
unglücklich.
Es
war
seltsam.
Als
ich
in
die
Schule
ging,
entschuldigte
sich
die
Lehrerin
wegen
des
Lärms,
und
ich
dachte:
»Aber
hier
gibt
es
doch
gar
keinen
Lärm.
Diese
Kinder
wirken,
als
wären
sie
kleine
Roboter.«
Diese
Atmosphäre
war
alles
andere
als
gesund.
Und
als
der
Tag
vorüber
war,
fragte
ich
Kim:
»Was
ist
los?«,
und
als
ich
sie
ansah,
wusste
ich,
was
sie
fühlte.
Ich
sagte:
»Dann
wollen
wir
es
selbst
versuchen.«
»Wenn
wir
erzählen,
was
wir
tun,
sagen
viele:
»Sie
sind
ja
Lehrerin,
dann
ist
es
ja
in
Ordnung««,
erklärt
Mrs
O0’
Shea.
»Aber
sie
begreifen
nicht,
dass
jeder
unterrichten
kann.
Wir
glauben
zu
wenig
an
uns.
Wir
glauben,
dass
die
Schule
etwas
für
uns
tun
kann,
das
wir
selbst
nicht
zustande
bringen.«
Sie
gesteht
auch
ein,
dass
ihr
die
Lehrerausbildung
nicht
viel
gehol-
fen
hat,
denn
die
Mädchen
wollen
oft
etwas
lernen,
von
dem
sie
selbst
nichts
versteht.
»Aber
ich
glaube,
immer
wenn
du
etwas
lernen
willst,
fin-
dest
du
auch
Mittel
und
Wege,
um
es
zu
erlernen.
Wenn
du
etwas
wirklich
willst,
wirst
du
immer
eine
Lösung
finden.«
Mitunter
finden
sich
auch
unorthodoxe
Lösungen:
Um
Aquarellmalerei
und
Biologie
zu
erlernen,
besuchten
die
Mädchen
Erwachsenenkurse
;
als
sie
vor
kurzem
Maschinenschreiben
lernten
und
ihre
Fähigkeiten
üben
wollten,
halfen
sie
einige
Tage
im
Schlüsselgeschäft
eines
Freundes
aus;
außerdem
haben
sie
Kurse
in
Tauchen,
Judo
und
Musik
belegt;
von
ihrer
Mutter
erhalten
sie
zu
Hause
Unterricht
in
Kunst
und
Werken,
und
für
Mathematik,
Lesen
und
Buchstabieren
greifen
sie
zu
Fachbüchern,
Zeit-
schriften
und
Büchern
aus
der
Bibliothek.
54
In
der
Schule
würden
die
Kinder
zu
viel
Zeit
mit
stillen
Wiederholungen
verbringen.
»Wenn
Layne
zwei
oder
drei
Divisionsaufgaben
gelöst
hat,
beherrscht
sie
Divisionen.
Ich
werde
sie
daher
nicht
auffordern,
siebzig
Aufgaben
zu
lösen.
Meiner
Meinung
nach
sollte
es
den
Menschen
gestat-
tet
sein,
das
Leben
zu
erforschen.
Und
das
ist
nicht
möglich,
wenn
ihnen
immer
irgendjemand
sagt,
was
sie
zu
tun
haben.
Wer
bestimmt,
was
sie
lernen
sollen?
Das
wüsste
ich
gern.
Wenn
man
Kinder
in
ein
vorgegebenes
Sechsstundenprogramm
in
der
Schule
steckt,
zerquetscht
man
sie.
All
die
Begeisterung
und
der
Mumm,
den
sie
als
kleine
Kinder
haben,
werden
ihnen
ausgetrieben.«
>)
Wenn
Holt
von
Schäden
schrieb,
handelte
es
sich
häufig
um
intel-
lektuelle
und
emotionale
Schäden.
Heute
hingegen
sind
Kinder
mit
wesentlich
stärkeren,
körperlichen
Gefahren
konfrontiert,
als
es
Holt
sich
je
hätte
vorstellen
können.
Gewalt
in
der
Schule
ist
keine
neue
Erschei-
nung;
man
denke
nur
an
den
bekannten
Film
Die
Saat
der
Gewalt
aus
den
50er
Jahren
oder
an
den
High-School-Direktor
Joe
Clark,
der
in
den
80er
Jahren
in
der
Schule
oft
den
Baseballschläger
zur
Disziplinierung
einsetzte
und
dafür
sogar
vielfach
öffentlich
-
z.B.
von
Präsident
Ronald
Reagan
-
gelobt
wurde.
Clarks
Geschichte
wurde
sogar
zu
dem
Film
Joe
Clark
gibt
nicht
auf
verarbeitet.
Man
denke
nur
an
das
Schulmassaker
an
der
Colum-
bine
High
School
und
dessen
schreckliche
Auswirkungen
auf
die
heutige
Zeit.
Zweifellos
werden
auch
über
derartige
Schreckensgeschichten
Filme
entstehen
(über
dieses
Schulmassaker
wurde
bereits
von
Michael
Moore
der
Film
Bowling
for
Columbine
gedreht).
An
der
Gesamtsituation
ist
lediglich
neu,
dass
Eltern
heute
vermehrt
ihre
Kinder
aufgrund
von
Gewalt
aus
der
Schule
nehmen.
In
der
Vergangenheit
hitten
die
Eltern
ihre
Kinder
in
so
einem
Fall
lediglich
auf
eine
Privatschule
geschickt,
sofern
sie
es
sich
leisten
konnten,
oder
ihrem
Kind
einfach
gesagt:
»Reiß
dich
zusammen.
Die
Welt
ist
grausam,
und
die
Schule
bereitet
dich
auf
die
wirkliche
Welt
vor.«
Nun,
da
unsere
Kinder
bei
einer
Auseinanderset-
zung
in
der
Schule
wesentlich
mehr
verlieren
können
als
ihr
Selbstver-
trauen,
erscheint
mir
diese
Haltung
sogar
noch
grausamer
als
je
zuvor.
Wenn
wir
unseren
Kindern
einfach
sagen,
dass
sie
»sich
zusammenreißen«
sollen
und
wir
Belastigungen,
Metalldetektoren,
Leibesvisitation
und
Kon-
trolle
des
Eigentums,
ein
hohes
Maß
an
Überwachung,
willkiirliche
Dro-
gentests
und
andere
»Alltiglichkeiten«
des
Schullebens
akzeptieren,
erscheint
mir
dies
als
selbsterfiillende
Prophezeiung
jener
Welt,
die
wir
unseren
Kindern
weitergeben
wollen.
Homeschooling
ist
nicht
fur
alle
55
Kinder,
die
in
der
Schule
mit
Gewalt
konfrontiert
werden,
die
richtige
Lösung,
aber
es
ist
eine
Option,
die
alle
in
Erwägung
ziehen
können.
Der
Druck,
dem
unsere
Kinder
heute
ausgesetzt
sind,
ist
wesentlich
höher
als
das,
was
wir
in
unserer
Kindheit
in
der
Schule
erlebt
haben,
denn
wir
haben
die
Schule
zu
einem
bedeutend
wichtigeren
Teil
des
All-
tags
unserer
Kinder
gemacht,
während
die
Schule
gleichzeitig
ein
schwie-
rigeres
Umfeld
für
die
Kinder
wurde,
in
dem
sie
aufwachsen
und
lernen
sollen.
Einigen
Wissenschaftlern
fiel
auf,
dass
das
spontane
Spiel
unserer
Kinder
in
der
Nachbarschaft
und
in
der
Familie
verloren
gegangen
ist.
Außerdem
stieg
das
Ausmaß
an
Hausarbeiten,
Zusatzkursen,
von
erwach-
senen
Trainern
organisiertem
Sport
und
an
sonstigen
außerschulischen
Aktivitäten.
Eltern
entscheiden
sich
dafür,
weil
sie
glauben,
dass
Kinder
diese
Aktivitäten
benötigen,
um
als
Erwachsene
einen
guten
Job,
ein
Sti-
pendium
oder
auch
nur
Zugang
zum
College
zu
bekommen.
Dieser
Druck
besteht
nicht
nur
in
der
amerikanischen
Gesellschaft,
sondern
welt-
weit
im
gesamten
konventionellen
Schulwesen.
In
der
Londoner
Times
wurde
vor
kurzem
ein
Artikel
über
die
Forschungsarbeit
von
Dr.
Jacqui
Cousins
veröffentlicht.
Dieser
für
die
Vereinten
Nationen
tätige
Berater
für
frühkindliche
Entwicklung
zeigte
auf,
dass
bereits
VierjJährige
im
Kin-
dergarten
verängstigt
und
gestresst
sind
angesichts
der
Erwartungen,
die
an
ihre
schulischen
Leistungen
gestellt
werden.”
Einige
Vierjährige
spra-
chen
ernsthaft
darüber,
dass
sie
keinen
Job
bekommen
werden,
wenn
sie
nicht
hart
genug
arbeiteten.
Ein
Mädchen
erklärte,
dass
es
hart
arbeiten
müsse
und
nicht
spielen
könne,
um
»mich
auf
meine
Key
Stage
One
Tests
vorzubereiten«
(diesen
Tests
werden
in
Großbritannien
Kinder
im
Alter
von
fünf
und
sechs
Jahren
unterzogen).
In
Japan
hat
der
Zwang,
in
der
Schule
gute
Leistungen
zu
erbringen,
sogar
zu
mehreren
in
den
Massenmedien
veröffentlichten
Selbstmorden
von
Kindern
geführt,
mit
der
Folge,
dass
sich
einige
Kinder
mittlerweile
weigern,
zur
Schule
zu
gehen.
Zurzeit
verweigern
in
Japan
mehr
als
65
000
Kinder
den
Schulbesuch,
was
zu
einer
Stigmatisierung
ihrer
Familien
führt.
Weil
unabhängiges
Homeschooling
in
japanischen
Familien
noch
immer
eine
Seltenheit
1st
und
es
nur
wenige
Möglichkeiten
gibt,
die
Schule
selbständig
zu
wählen,
ist
es
nicht
unüblich,
dass
»Schulverwei-
gerer«,
bei
denen
es
sich
meist
um
Kinder
im
mittleren
Schulalter
handelt,
wegen
ihrer
»Krankheit«
in
psychiatrische
Kliniken
eingewiesen
werden.
In
der
Webausgabe
der
Kyodo
News
war
zu
lesen,
dass
im
Jahr
2001
ein
Rekord
an
Langzeitabwesenheitsfällen
vom
Schulunterricht
in
allen
Schul-
stufen
erreicht
wurde:
56
Der
Sozialarbeiter
Eizaburo
Yamashita
meint,
dass
die
Schulen
für
die
Kinder
nicht
attraktiv
seien:
»Mitte
der
90er
Jahre
setzten
Eltern
große
Hoffnungen
in
die
Ausbildung.
Sie
erwarteten,
dass
gute
schulische
Leistungen
später
ein
sta-
biles
Leben
garantieren.
Das
setzte
die
Kinder
unter
Druck,
führt
zu
Stress
und
dann
zu
Schulverweigerung.«
Seiner
Beobachtung
nach
verschwammen
die
Lebensziele,
als
Japans
über-
hitzte
Ökonomieblase
zusammenbrach.
Auch
heute
noch
weigerten
sich
Kin-
der
aufgrund
fehlender
Attraktivität,
die
Schule
zu
besuchen.
Yamashita
spricht
sich
dafür
aus,
auch
in
Japan
Schülern
die
Möglichkeit
einzuräumen,
alternative
Ausbildungsformen
zu
wählen,
wie
etwa
Home-
schooling.”
Obwohl
in
den
USA
eine
größere
Auswahl
an
Ausbildungsmodellen
zur
Verfügung
steht
als
in
Japan,
fordert
der
Druck,
besser
zu
sein
als
die
anderen,
in
der
Schule
auch
von
unserer
Jugend
seinen
Tribut.
Doriane
Lambelet
Coleman,
die
als
Professorin
an
der
Duke
Law
School
arbeitet,
beobachtete:
Zwischen
1950
und
1990
ist
die
Selbstmordrate
bei
Kindern
landesweit
um
400
Prozent
gestiegen.
Und
auch
diese
außergewöhnlich
hohe
Zahl
hat
sich
nach
Jüngsten
Berichten
seit
1990
noch
verdoppelt
...
Der
Weltbank
zufolge,
welche
die
Gesamtzahl
von
Selbstmorden
von
Kin-
dern
in
den
25
am
stärksten
industrialisierten
Ländern
aufzeichnet,
entfallen
etwa
50
Prozent
all
dieser
Selbstmorde
auf
US-amerikanische
Kinder."
Seit
Jahren
weisen
liberale
Kritiker
wie
Theodore
Sizer
(The
Children
Are
Watching)
und
konservative
Kritiker
wie
Charles
Silberman
(Die
Krise
der
Erziehung)
auf
das
zutiefst
unzivilisierte
Verhalten
hin,
mit
dem
Schu-
len
ihren
Schülern
begegnen,
ohne
dass
viel
dafür
getan
worden
wire,
um
die
Schulgesellschaft
zivilisierter
zu
machen.
Indem
Kinder
im
Wett-
kampf
um
Zensuren
und
die
interne
Klassenrangordnung
gegeneinander
ausgespielt
werden
und
diese
Leistungen
beständig
höher
gewertet
werden
als
»weniger
wichtige«
Ausbildungsbereiche
wie
Sport,
Kunst,
Theater-
spiel,
außerschulische
Aktivitäten,
Freiwilligenarbeit,
Arbeit
für
die
Gemeinschaft
oder
in
Vereinen,
vermitteln
wir
unseren
Kindern
die
klare
Botschaft,
was
uns
Erwachsenen
tatsächlich
wichtig
ist
und
was
wir
als
»sozial
wertvoll«
erachten.
In
den
Medien
hingegen
heißt
es,
dass
High-
School-Schüler
typischerweise
unter
Druck
gesetzt
würden,
wenn
es
darum
ginge,
Sex
zu
haben
oder
Drogen
zu
konsumieren.
Eine
im
Jahr
1999
an
mehr
als
1000
High-School-Schülern
durchführte
Shell-Studie
-
57
wobei
ein
gemeinsam
mit
dem
amerikanischen
Bildungsministerium
erar-
beiteter
Fragebogen
verwendet
wurde
-
ergab,
dass
sich
die
Schüler
»vor
allem
unter
Druck
fühlen,
gute
Zensuren
zu
bekommen
(44%)
und
einen
College-Platz
zu
erhalten
(33%),
gefolgt
von
dem
Druck,
gesellschaftlich
dazuzugehören
(29%)
...
wobei
der
Druck,
gute
Zensuren
zu
bekommen
bei
guten
Schülern
mit
48%
annähernd
gleich
hoch
war
wie
bei
schlech-
teren
Schülern
mit
46%<."
Der
gesellschaftliche
Zwang,
Drogen
oder
Alkohol
zu
konsumieren
wurde
von
19%
der
Schüler
empfunden,
und
den
sozialen
Druck,
sexuell
aktiv
zu
sein,
empfanden
13%.
Das
Schul-
erlebnis
selbst
ist
für
unsere
heutigen
Kinder
wesentlich
intensiver
als
für
uns
damals,
und
nahezu
alle
aktuellen
Schulreformen
verstärken
den
Druck,
gute
Zensuren
zu
bekommen
und
einen
College-Platz
zu
erringen,
als
hätte
dies
ausschließlich
positive
Auswirkungen
auf
unsere
Kinder.
Im
Zuge
der
Shell-Studie
zeigte
sich,
dass
viele
von
den
Teenagern,
die
mit
diesen
Zwängen
zu
kämpfen
haben,
trotzdem
glücklich
und
belast-
bar
wirken,
aber
nicht
allen
Kindern
gelingt
es,
mit
diesen
Belastungen
richtig
umzugehen,
worauf
die
oben
erwähnte
steigende
Selbstmordrate
hinweist.
Dieses
Problem
betrifft
nicht
nur
das
Schulsystem
in
Großstädten
wie
New
York,
London
oder
Tokio.
Tom
Maher,
einer
meiner
Freunde,
war
über
zwanzig
Jahre
als
Lehrer
an
einer
öffentlichen
Schule
in
Massa-
chusetts
tätig.
Er
schickte
mir
diesen
Bericht
aus
der
Lokalzeitung
über
eine
High-School-Untersuchung,
die
im
Jahr
2000
in
seiner
Heimatstadt
Wakefield,
Massachusetts,
durchgeführt
wurde:
Aus
der
Wakefield
Youth
Risk
Behavior
Survey
(Untersuchung
von
Risikover-
halten
unter
Jugendlichen
in
Wakefield)
...
ging
hervor,
dass
jeder
10.
Schiiler,
der
in
Wakefield
die
9.-12.
Schulstufe
besucht,
bereits
konkret
den
Versuch
unternommen
hat,
Selbstmord
zu
begehen.“
Umgekehrt
stehen
aber
auch
die
Lehrer
dieser
Kinder
unter
starkem
Druck.
Als
größte
landesweite
Lehrergewerkschaft
hat
die
National
Edu-
cation
Association
Lehrern
bereits
eine
Selbstmordversicherung
angebo-
ten.
Wie
die
Associated
Press
berichtete,
1st
die
Gewerkschaft
bereit,
»den
Familien
von
Gewerkschaftsmitgliedern,
die
durch
ihren
Job
an
der
Schule
umgekommen
sind,
eine
Unterstützung
in
Höhe
von
150000
Dollar
zu
zahlen.«
Heute
wird
im
Erziehungswesen
so
viel
über
Testergebnisse
als
objek-
tives
Kriterium
für
die
Finanzierung
von
Schulen
gesprochen
und
in
die-
sem
Sinn
auch
gehandelt,
dass
wir
vergessen
haben,
in
welchem
Maß
wir
58
für
das
körperliche
und
emotionale
Wohl
unserer
Kinder
verantwortlich
sind.
Einen
Ausgleich
zwischen
dem
akademischen
und
emotionalen
Leben
unserer
Kinder
zu
erzielen
ist
schwieriger,
als
unseren
Kindern
bei
den
Hausaufgaben
zu
helfen.
Gerade
in
diesem
Bereich
können
Schulen
von
Homeschoolern
lernen,
wie
es
ist,
sich
wohl
zu
fühlen,
mit
sich
zufrieden
zu
sein
und
was
wir
dafür
tun
können;
Respekt
vor
Menschen
zu
empfinden,
die
anders
sind
als
wir;
mit
Menschen
aus
anderen
Gesell-
schaftsschichten
und
einem
anderen
Bildungsstand
zusammenzuarbeiten
oder
ein
guter
Bürger
zu
werden.
Wie
will
das
Schulwesen
all
dies
erreichen,
wenn
ein
Schiiler
gegen
den
anderen,
eine
Schule
gegen
die
andere
und
ein
Bezirk
gegen
den
ande-
ren
1m
Wettkampf
um
die
besten
Zensuren
ausgespielt
wird?
Es
ist
bemer-
kenswert,
dass
wir
heutzutage
und
in
unserem
heutigen
Zeitalter
durch
die
Schule,
die
wir
besucht
haben,
nicht
Gleichstellung
erzielen,
sondern
im
Gegenteil
eine
immer
stärkere
Separierung
fördern.
Eine
Integration
unterschiedlicher
Personen
in
eine
gesellschaftliche
Einheit
lässt
sich
am
leichtesten
erreichen
durch
Gruppenaktivititen,
Teamwork,
gemeinschaftliche
Bemühungen
und
Projekte,
Spiele,
Gespra-
che,
ein
gemeinsames
Ziel,
aber
gewiss
nicht,
indem
man
die
wirtschaft-
lichen
Sieger
und
Verlierer
einer
Gesellschaft
auf
der
Grundlage
jener
Tests
voneinander
trennt,
die
sie
in
ihrer
Jugend
abgelegt
haben,
oder
wegen
des
Wohnortes
ihrer
Eltern.
Homeschooling
zeigt,
dass
viele
Eltern
Grup-
penaktivititen
unterstützen
und
ins
Leben
rufen,
wie
etwa
Theatergrup-
pen,
Gebets-
und
Meditationskreise,
Frisbee-Vereine,
Film-
und
Litera-
turclubs
(nur
um
einige
zu
nennen,
die
es
in
meiner
unmittelbaren
Um-
gebung
gibt),
und
dies
nicht
als
auflerschulische
Aktivität,
sondern
als
integralen
Bestandteil
des
Alltags
ihrer
Kinder.
Viele
Lehrer
und
Home-
schooling-Eltern
haben
mir
geschrieben,
dass
die
Bedürfnisse
der
Kinder
wenig
mit
den
Vorgaben
des
schulischen
Lehrplans
zu
tun
haben.
¢¢
59
’
1
2
Häufige
Einwände
gegen
Homeschooling
Insbesondere
von
Pädagogen,
die
meine
Vorträge
über
Home-
schooling
hören,
werden
manche
Einwände
so
häufig
vorgebracht,
dass
ich
hier
darauf
eingehen
möchte.
Gerade
weil
unser
Land
so
groß
ist
und
von
so
wenigen
Men-
schen
bevölkert
wird,
die
zudem
unterschiedlichster
Herkunft
sind
(diese
Aussage
habe
ich
erst
kürzlich
in
Kanada
gehört),
benötigen
wir
dann
nicht
eine
Art
gesellschaftliches
Bindemit-
tel,
was
uns
zusammenhält
und
uns
ungeachtet
unserer
Unter-
schiede
das
Gefühl
der
Einheit
verleiht?
Sind
in
diesem
Fall
Öffentliche
Pflichtschulen
nicht
der
einfachste
und
als
Binde-
mittel
am
besten
geeignete
Ort?
Hinsichtlich
der
Notwendigkeit
eines
Bindemittels
ist
dieser
Einwand
vollkommen
berechtigt,
da
wir
es
vor
allem
in
großen,
fassetten-
reichen
Ländern
wie
den
USA
und
Kanada,
aber
auch
in
wesentlich
kleineren,
homogeneren
Ländern
benötigen,
denn
auch
viele
dieser
Länder
brechen
unter
dem
Stress
des
modernen
Lebens
auseinan-
der.
Derzeit
scheint
der
Hass
auf
»Feindesländer«
in
den
USA
das
vor-
rangige
soziale
Bindemittel
zu
sein.
Wenn
wir
nicht
durch
einen
der-
artigen
Hass
kurzfristig
zusammengeschweißt
werden,
betrachten
viele
von
uns
unsere
Mitbürger
-
und
sogar
jene
derselben
Haut-
farbe,
Religion
usw.
-
nur
als
unsere
natürlichen
Feinde
und
recht-
mäßige
Beute,
die
es
niederzumachen
gilt,
wo
immer
wir
können.
|
61
Wir
halten
diese
Betrachtungsweise
unserer
Mitmenschen
sogar
für
eine
Tugend,
die
wir
»Wettbewerb«
nennen.
Dieser
Ansatz
mag
halb-
wegs
gut
funktioniert
haben,
als
unser
Land
noch
jung,
nahezu
unbe-
siedelt
und
reich
an
natürlichen
Rohstoffen
war,
aber
nicht
mehr
heute.
Für
unser
Überleben,
geschweige
denn
unsere
Gesundheit
und
unser
Glück,
benötigen
wir
ein
bedeutend
besseres
soziales
Bin-
demittel.
Es
gibt
Orte,
an
denen
die
Gemeinschaft
zusammenkommt,
und
es
gibt
gemeinsame
Aktivitäten,
die
uns
helfen
können,
dieses
soziale
Bindemittel
zu
bilden.
Aber
das
können
nicht
Schulen
und
Aktivitäten
sein,
die
junge
Menschen
in
Sieger
und
Verlierer
aufteilen
und
die
Verlierer
darauf
vorbereiten,
ein
ganzes
Leben
lang
zu
ver-
lieren.
Diese
beiden
Aufgaben
lassen
sich
nicht
gleichzeitig
an
ein
und
demselben
Ort
erfüllen.
Durch
gemeinsame
Erfahrungen,
bei
denen
sie
sich
gut
fühlen,
sind
Menschen
am
besten
-
oder
überhaupt
nur
dann
-
imstande,
Barrieren
zwischen
Rassen,
Gesellschaftsschichten,
Gebräuchen
und
Glauben
zu
überwinden.
Nur
auf
diese
Weise
steigt
ihr
Selbstbewus-
stsein,
so
dass
sie
auch
das
Bewusstsein
für
die
Einzigartigkeit,
Würde
und
den
Wert
anderer
entwickeln.
Solange
die
Schulen
jedoch
ihre
heutigen
gesellschaftlichen
Aufgaben
erfüllen,
werden
sie
nicht
in
der
Lage
sein,
der
Mehrheit
der
Kinder
derartige
Erfahrungen
zu
bieten.
Die
meisten
schulischen
Erfahrungen
bewirken
bei
Kindern
das
Gegenteil.
Sie
empfinden
sich
als
dumm,
unfähig
und
schämen
sich.
Sobald
sie
ihr
Selbstvertrauen
verloren
haben
und
sich
selbst
verabscheuen,
suchen
sie
jemanden,
auf
den
sie
herabsehen
können
—-
ärmere
Kinder,
Kinder
anderer
Rassen,
Kinder,
die
schlechtere
Zen-
suren
bekommen
-,
um
sich
ein
wenig
besser
zu
fühlen.
Wenn
Kinder
schon
in
der
Schule
lernen,
Kinder
anderer
gesell-
schaftlicher
Gruppierungen
zu
verachten,
zu
fürchten
oder
zu
has-
sen,
könnte
dieser
Hass
nicht
noch
geschürt
werden,
wenn
sie
in
der
Schule
nicht
auf
diese
träfen?
In
der
Schule
sähen
sie
diese
anderen
Gruppen
zumindest
als
reale
Menschen.
Ohne
Schule
wären
sie
nur
Abstraktionen,
Phantome.
Dies
könnte
durchaus
zutreffen,
aber
nur
auf
jene
wenigen
Kinder,
deren
Welt
außerhalb
der
Schule
leer,
müh-
sam,
entwürdigend
und
bedrohlich
ist.
Die
meisten
frei
lernenden
Kinder
wachsen
mit
einem
wesentlich
stärkeren
Gefühl
für
die
eigene
Würde
und
den
eigenen
Wert
auf,
so
dass
sie
seltener
dazu
kom-
men,
andere
zu
verachten
oder
zu
hassen.
62
Die
wichtige
Frage,
wie
man
ein
besseres
Zusammengehorigkeits-
gefühl
mit
andersartigen
Menschen
entwickeln
kann,
lässt
sich
mei-
ner
Meinung
nach
am
besten
mit
einer
Geschichte
über
John
L.
Sulli-
van
beantworten,
den
ehemaligen
Boxweltmeister
im
Schwergewicht.
Als
dieser
einmal
mit
einem
Freund
in
einer
New
Yorker
Straßen-
bahn
fuhr,
stieg
ein
junger,
stämmiger
Betrunkener
ein.
Er
torkelte
durch
den
Waggon
und
stieß
dabei
andere
Passagiere
aus
dem
Weg.
Als
er
an
John
vorüberkam,
versetzte
er
auch
ihm
einen
kräftigen
Stoß
mit
der
Schulter.
John
griff
rasch
nach
einem
Haltegriff,
um
nicht
umzufallen,
sagte
aber
nichts.
Während
der
Betrunkene
weitertor-
kelte,
fragte
Johns
Freund:
»Willst
du
ihn
damit
einfach
davonkom-
men
lassen?«
John
zuckte
die
Achseln
und
meinte:
»Warum
nicht?«
»Aber
du
bist
Schwergewichtsweltmeister«,
brauste
sein
Freund
auf,
»du
musst
nicht
so
verdammt
höflich
sein.«
Daraufhin
antwortete
John:
»Als
Schwergewichtsweltmeister
kann
ich
es
mir
leisten.«
Um
das
Zusammengehörigkeitsgefühl
innerhalb
unserer
Länder
zu
steigern,
benötigen
wir
mehr
Menschen,
die
zu
dieser
Toleranz
willig
und
bereit
sind
und
andersartigen
Menschen
nicht
nur
gleich-
gültig
gegenüberstehen,
sondern
sich
die
Mühe
machen,
sie
zu
verstehen
und
die
Welt
mit
ihren
Augen
zu
sehen.
Gesellschaftliche
Tugenden
wie
diese
kann
man
niemandem
einreden,
einpredigen,
eindiskutieren
oder
durch
Bestechung
und
Drohung
einprägen.
Sie
sind
ein
Mehrwert,
ein
Überfluss
in
den
Menschen,
die
für
sich
selbst
genug
Liebe
und
Respekt
haben,
so
dass
auch
noch
genug
für
andere
da
ist.
In
öffentlichen
Schulen
bietet
sich
Kindern
die
Gelegenheit,
viele
andersartige
Kinder
zu
treffen
und
kennenzulernen.
Wie
soll
dies
geschehen,
wenn
sie
keine
öffentliche
Schule
besuchen?
Der
erste
Teil
der
Antwort
auf
diese
Frage
muss
lauten,
dass
dies
in
öffentlichen
Schulen
nur
selten
tatsächlich
geschieht.
Abgesehen
von
den
wenigen
Zwergschulen
haben
außer
ein
paar
Topsportlern
nur
wenige
Schüler
Kontakt
mit
Kindern,
die
anders
sind
als
sie
selbst,
und
dieser
Kontakt
wird
von
Schulstufe
zu
Schulstufe
immer
geringer.
In
den
meisten
großen
Schulen
werden
die
Kinder
in
Zweige
separiert.
[In
Deutschland
sind
diese
je
nach
Bundesland
in
Sonder-,
Haupt-,
Realschule
oder
Gymnasium
unterteilt,
manchmal
räumlich-institu-
tionell,
manchmal
nur
innerhalb
einer
Gesamtschule.
]
Schüler
der
63
jeweiligen
Zweige
besuchen
Kurse,
die
Schüler
aus
anderen
Zweigen
nicht
absolvieren.
Auf
diese
Weise
treffen
sich
Schüler
unterschiedli-
cher
Zweige
nur
selten
in
ein
und
demselben
Klassenzimmer
bzw.
Kurs.
Zahlreiche
Studien
haben
jedoch
aufgezeigt,
dass
sich
diese
Zweige
auffällig
mit
dem
Familieneinkommen
und
dem
sozialen
Sta-
tus
decken:
Die
reichsten
und
sozial
hochrangigsten
Kinder
besuchen
den
höchstrangigen
Zweig,
die
Kinder
der
nächsten
Einkommens-
klasse
den
nächsten
bis
zu
den
ärmsten
Kindern
im
niedrigsten
Zweig.
Theoretisch
werden
die
Kinder
je
nach
ihren
schulischen
Fähig-
keiten
den
einzelnen
Zweigen
zugewiesen.
In
der
Praxis
werden
die
Kinder
fast
schon
bei
Schuleintritt,
jedenfalls
noch
lange
bevor
sie
zeigen
konnten,
welche
Fähigkeiten
sie
möglicherweise
besitzen,
den
einzelnen
Zweigen
zugeordnet.
Sobald
ein
Kind
einem
Zweig
zuge-
wiesen
ist,
gibt
es
kaum
noch
ein
Entrinnen.
Eine
Lehrerin
einer
zwei-
ten
Schulstufe
aus
Chicago
erzählte
mir
einmal,
dass
sie
in
ihrer
letzt-
rangigen
Klasse,
die
aus
armen
Kindern
nicht
weißer
Hautfarbe
bestand,
zwei
bis
drei
Schüler
habe,
die
außergewöhnliche
schuli-
sche
Leistungen
erbrächten.
Da
sie
alles,
was
sie
lernen
sollten,
schnell
und
gut
lernten,
gab
sie
Ihnen
die
Bestnote.
Kurz
nachdem
sie
ihre
Zensuren
eingereicht
hatte,
wurde
sie
zum
Direktor
gerufen
und
gefragt,
warum
sie
einigen
ihrer
Schüler
Einsen
gegeben
habe.
Sie
erklärte,
dass
die
Kinder
klug
seien
und
ihre
Aufgaben
gut
und
voll-
ständig
erfüllt
hätten.
Der
Direktor
befahl
ihr,
die
Zensuren
der
Schüler
herabzusetzen.
Denn
wenn
die
Kinder
zu
Bestnoten
imstande
wären,
hätte
man
sie
nicht
dem
niedrigsten
Zweig
zugewiesen.
Wie
,
diese
Lehrerin
herausfand,
waren
die
Kinder
allerdings
direkt
nach
ihrem
Schuleintritt
dem
niedrigsten
Zweig
zugeteilt
worden.
Über
Klassen-
und
ethnische
Konflikte
in
den
Schulen,
und
vor
allem
in
den
höheren
Klassen,
wurde
schon
genug
geschrieben,
so
dass
ich
dem
nichts
hinzufügen
möchte.
Selbst
wenn
mehrere
Ethnien
innerhalb
einer
Schule
schon
über
einen
längeren
Zeitraum
vereint
werden,
bricht
diese
Einheit
üblicherweise
in
der
dritten
Schulstufe
oder
früher
auseinander.
Ab
der
fünften
Schulstufe
sind
Kinder
in
ihrem
Sozialleben
nahezu
vollständig
nach
ethnischen
Gruppen
aufgeteilt,
die
einander
mit
zunehmendem
Alter
der
Kinder
immer
feindlicher
gegenüberstehen.
Selbst
in
Schulen,
in
denen
nur
eine
Ethnie
vertre-
ten
ist
-
seien
es
Weiße
oder
Farbige
-,
gibt
es
immer
noch
die
Tren-
nung
nach
sozialen
Klassen,
die
einander
verachten
und
untereinan-
der
Konflikte
ausfechten.
Nur
wenige
Freundschaften
gehen
über
diese
64
Trennungslinien
hinweg,
und
die
steigende
Gewalt
in
unseren
Schulen
entsteht
ebenfalls
fast
nur
aus
Konflikten
zwischen
diesen
Gruppen.
Die
Vorstellung,
dass
in
den
Schulen
glückliche
Gruppen
von
Kin-
dern
mit
deutlich
unterschiedlicher
Herkunft
zusammengemischt
werden,
stimmt
somit
kaum.
Zurück
bleibt
die
Frage,
wie
sich
Kinder
unterschiedlicher
Herkunft
kennenlernen,
wenn
sie
nicht
zur
Schule
gehen?
Ich
weiß
es
nicht.
Solange
die
Anzahl
von
Kindern,
die
nicht
zur
Schule
gehen,
gering
bleibt,
wird
dies
schwierig
zu
bewerkstelli-
gen
sein.
[Anm.
d.
dt.
Hrsg.:
In
Deutschland
gab
es
bis
vor
kurzem
ein
blühendes
Leben
von
Sportvereinen,
Chören,
Musikschulen,
Pfad-
findern,
Naturschutz-Organisationen,
Landjugend,
Freien
Kunst-
schulen
und
anderen
Vereinen
aller
Art.
Seit
der
schrittweisen
Ein-
führung
von
Ganztagsschulen
ist
diese
Möglichkeit,
dass
Kinder
und
Jugendliche
sich
aufgrund
gemeinsamer
Interessen
in
freiwilligen
nachmittäglichen
Aktivitäten
kennen
lernen,
zunehmend
bedroht.
Die
Kinder
haben
schlicht
keine
Zeit
mehr.
]
Mit
steigender
Zahl
von
Kindern,
die
frei
lernen,
wird
es
auch
mehr
Orte
geben,
die
sie
besu-
chen,
und
mehr
Aktivitäten,
denen
sie
nachgehen,
die
in
keinerlei
Zusammenhang
mit
der
Schule
stehen.
Wir
können
jedoch
darauf
hoffen
-
und
in
gewissem
Grad
auch
lenkend
eingreifen,
dass
sich
an
diesen
Orten
Kinder
unterschiedlicher
Herkunft
treffen.
Außer-
dem
sehen
sich
Personen,
die
ihre
Kinder
zu
Hause
unterrichten,
im
Allgemeinen
als
Teil
einer
erweiterten
Familie.
Sie
betreiben
Net-
working,
schreiben
einander
Briefe,
besuchen
einander,
wenn
dies
möglich
ist,
organisieren
Treffen
usw.
Ich
hoffe,
dass
sich
diese
Ent-
wicklung
auch
fortsetzt,
wenn
sich
mehr
farbige
Familien
und
Fami-
lien
aus
der
Arbeiterklasse
entschließen,
ihre
Kinder
aus
der
Schule
zu
nehmen,
was
gut
möglich
ist.
Eltern,
die
diese
Art
von
Zuneigung
und
Vertrauen
zu
ihren
Kindern
empfinden,
fühlen
sich
meist
auch
anderen
stark
verbunden,
die
ebenso
empfinden.
Wie
können
Eltern
mit
stark
eingeschränkten,
bigotten
Ansichten
daran
gehindert
werden,
diese
an
ihre
Kinder
weiterzugeben?
In
diesem
Fall
müssen
wir
zunächst
die
Frage
beantworten,
ob
wir
ein
Recht
dazu
haben,
dies
zu
verhindern,
und
selbst
wenn,
ob
wir
es
überhaupt
können?
Bisher
war
ich
der
Auffassung,
in
einem
freien
Land
bestünde
Glaubensfreiheit,
solange
man
die
Gesetze
befolgt.
Der
eigene
65
Glaube
gehe
die
Regierung
nichts
an,
geschweige
denn,
dass
die
Schulen
bestimmen
dürften,
welche
Ideen
gut
und
welche
schlecht
seien.
Haben
wir
dieses
hohe
Gut
aufgegeben?
Und
wenn
ja,
wollen
wir
das
wirklich?
Angenommen,
wir
übertragen
der
Regierung
durch
die
Schulpflicht
die
Macht,
die
guten
Ansichten
zu
fördern
und
die
schlechten
auszumerzen.
Wem
übertragen
wir
dann
die
Macht
zu
entscheiden,
welche
Ansichten
gut
sind
und
welche
schlecht?
Der
Legislative
oder
der
staatlichen
Schulaufsichtsbehörde?
Jeder,
der
über
diese
Frage
ernsthaft
nachdenkt,
wird
zu
der
Überzeugung
gelangen,
dass
niemand
in
der
Regierung
diese
Macht
besitzen
darf.
Daraus
folgt,
dass
die
Menschen
nicht
nur
vollstän-
dige
Glaubensfreiheit
haben
müssen,
sondern
auch
das
Recht,
ihre
Ansichten
an
ihre
Kinder
weiterzugeben.
Wir
können
nicht
einigen
dieses
Recht
zusprechen
und
anderen
nicht.
Aber
was
ist
mit
vorur-
teilsbehafteten,
bigotten
und
abergläubischen
Menschen?
Wir
kön-
nen
doch
diesen
Menschen
nicht
erlauben,
ihren
Kindern
die
Ansicht
zu
vermitteln,
dass
die
eine
oder
andere
Rasse
besser
oder
die
Erde
eine
Scheibe
sei!
Doch
was
sollte
die
Alternative
sein?
Wenn
wir
das
sagen,
was
viele
von
uns
sich
wünschen,
dass
es
Eltern
erlaubt
sein
soll,
ihren
Kindern
alles
zu
sagen,
was
sie
wollen,
solange
es
nur
der
Wahrheit
entspricht,
kommen
wir
zu
unserer
Eingangsfrage
zurück:
Was
ist
Wahrheit?
Wenn
wir
darin
übereinstimmen,
dass
es
weder
in
der
Regierung
noch
sonst
wo
jemanden
gibt,
dem
wir
die
Entschei-
dung
darüber
anvertrauen
wollen
-
zumindest
glaube
und
hoffe
ich,
dass
wir
darin
übereinstimmen
-,
dann
folgt
daraus,
dass
wir
den
Schulen
nicht
das
Recht
übertragen
dürfen,
allen
Kindern
zu
erzählen,
dass
einige
Ansichten
der
Wahrheit
entsprechen
und
andere
nicht.
Da
jede
Schule
durch
Worte
und
Taten
einige
Ansich-
ten
vermitteln
muss,
werden
jene
Eltern,
die
diese
in
den
staatlichen
Schulen
vermittelten
Ansichten
teilen,
ihre
Kinder
gerne
in
diese
Schulen
schicken,
während
jene,
die
diese
Ansichten
nicht
teilen,
zumindest
eine
Wahlmöglichkeit
haben
sollten.
Das
ist
im
Grunde
auch
die
Aussage
des
amerikanischen
Obersten
Gerichtshofes
im
Fall
Pierce
gegen
Society
of
Sisters
(siehe
S.
253).
Gerade
der
Umstand,
dass
diese
Schulen
handeln,
als
besäßen
sie
das
ausdrückliche
Recht,
bestimmte
Ansichten
zu
fördern
und
andere
zurückzudrängen,
ruft
bei
immer
mehr
Menschen
leiden-
schaftlichen
Widerstand
gegen
die
öffentlichen
Schulen
hervor.
Eine
relativ
kleine
Gruppe
von
Personen,
die
sich
aus
Ausbildungsbüro-
66
kraten
auf
nationaler
und
bundesstaatlicher
Ebene
zusammensetzt
und
größtenteils
kontrolliert,
was
die
Schulen
sagen
und
tun,
nutzen
die
Schule
in
zunehmendem
Maß
dafür,
jene
Ansichten
zu
verbreiten,
die
ihrer
Meinung
nach
gut
für
die
Kinder
oder
das
Land
sind.
Wir
haben
jedoch
nie
eine
formelle
Entscheidung
darüber
getroffen
oder
einen
wie
immer
gearteten
politischen
Prozess
durchlaufen,
der
den
Schulen
diese
Macht
zugesteht,
geschweige
denn
festgelegt,
welche
Ansichten
die
Schulen
unserer
Meinung
nach
verbreiten
sollen.
Im
Gegenteil
gibt
es
guten
Grund
anzunehmen,
dass
die
Mehrheit
der
Menschen
viele
oder
die
meisten
Ansichten
heftig
ablehnt,
die
heute
von
den
Schulen
verbreitet
werden.
Selbst
wenn
wir
alle
zustimmen,
dass
die
Schulen
versuchen
sol-
len,
engstirnige
und
bigotte
Ansichten
auszumerzen,
müssten
wir
uns
immer
noch
fragen,
ob
dies
auch
funktioniert?
Offensichtlich
funk-
tioniert
es
nicht.
Mit
Ausnahme
einiger
reicher
Kinder
besuchen
nahezu
alle
Kinder
in
den
USA
seit
Generationen
öffentliche
Schulen.
Wenn
die
Schulen
tatsächlich
so
erfolgreich
bei
der
Bekämpfung
von
Vorurteilen
sind,
wie
sie
behaupten,
dürfte
es
mittlerweile
keine
mehr
geben.
Die
Realität
sieht
anders
aus.
Wenn
wir
unsere
Kinder
nicht
zur
Schule
schicken,
wie
sollen
sie
dann
lernen,
sich
in
eine
Massengesellschaft
einzufügen?
Wenn
wir
unsere
Kinder
nicht
zur
Schule
schicken,
wie
kom-
men
sie
dann
mit
Werten
in
Kontakt,
die
sich
von
den
kommer-
ziellen
Werten
der
Massengesellschaft
unterscheiden?
Oft
stellen
mir
Pädagogen
in
ein
und
derselben
Versammlung
inner-
halb
weniger
Minuten
diese
beiden
Fragen,
die
sich
offensichtlich
gegenseitig
ausschließen.
Möglicherweise
sind
Schulen
tatsächlich
imstande,
Kinder
auf
die
Massengesellschaft
vorzubereiten.
Dies
bedeutet
unter
anderem,
dass
sie
das
glauben,
was
die
meisten
Men-
schen
glauben,
und
das
mögen,
was
die
meisten
mögen.
Vielleicht
sind
Schulen
auch
imstande,
Kinder
darin
zu
unterstützen,
ihre
eige-
nen
Werte
zu
finden,
mit
denen
sie
zumindest
viele
Werte
der
Mas-
sengesellschaft
zurückdrängen
oder
ihnen
widerstehen
können.
Aber
sie
können
gewiss
nicht
beides.
Es
gehört
offenbar
zu
den
Glaubensartikeln
von
Pädagogen,
dass
sie
-
und
nur
sie
allein
-
den
Jugendlichen
eine
Vision
der
höheren
Werte
vermitteln
können.
Bei
Zusammenkünften
sprechen
sie
oft,
als
67
würden
sie
ihre
gesamte
Zeit
und
Energie
dafür
aufwenden,
Kinder
vor
den
korrumpierenden
Werten
der
Massenmedien
und
der
Fernseh-
gesellschaft
zu
bewahren.
Von
wem,
wenn
nicht
von
uns,
erfahren
Kinder
etwas
über
gute
Bücher,
über
Shakespeare
und
über
Kultur?
Wir
sind
die
Einzigen,
die
sich
Gedanken
darüber
machen,
was
für
sie
gut
ist.
Alle
anderen
versuchen
nur,
sie
auszubeuten.
Tatsächlich
legen
die
meisten
Schulen
wesentlich
mehr
Wert
darauf,
dass
die
Kinder
die
Werte
der
Massengesellschaft
akzeptieren,
als
dass
sie
ihnen
hel-
fen,
diesen
zu
widerstehen.
Wenn
Schulleute
von
Familien
hören,
die
ihre
Kinder
zu
Hause
ausbilden,
sagen
sie
meist:
»Fürchten
Sie
nicht,
dass
Ihre
Kinder
als
andersartige
Außenseiter
und
Eigenbrötler
auf-
wachsen,
die
nicht
imstande
sind,
sich
in
die
Gesellschaft
zu
inte-
grieren?«
Sie
setzen
es
als
Selbstverständlichkeit
voraus,
dass
wir
nur
dann
in
dieser
Welt
ein
glückliches,
sinnerfülltes
und
erfolgreiches
Leben
führen
können,
wenn
wir
im
Mainstream
schwimmen.
Die
schulischen
Anstrengungen,
Kindern
eine
höhere
Kultur
schmackhaft
zu
machen,
funktionieren
jedoch
nur
sehr
selten,
weil
die
Schulen
selbst
diese
Werte
offenbar
gering
schätzen.
In
meinem
Vorwort
zu
Roland
Betts’
Buch
Acting
Out
-
einem
erschreckenden
Bericht
über
die
öffentlichen
Schulen
in
New
York
-
schrieb
ich:
...
Die
Schulen
in
unseren
Großstädten
werden
größtenteils
von
Kindern
besucht,
die
der
armen
Schicht
der
nichtweißen
Bevölkerung
angehören.
Ihr
Anteil
wird
in
Zukunft
sogar
noch
weiter
steigen.
Sie
sind
die
jüngsten
Mitglieder
und
Opfer
der
kranken
Subkultur
einer
kranken
Gesellschaft,
die
von
Gewalt
besessen
ist
und
welche
die
von
den
Medien
verbreiteten
Werte
wie
Dominanz,
Luxus
und
Macht
verehrt.
Diese
Kultur,
oder
um
prä-
zise
Zu
sein,
diese
Antikultur,
hat
ihren
Mitgliedern
und
Opfern
mehr
Scha-
den
zugefügt
und
sie
stärker
zersplittert,
degradiert
und
korrumpiert,
als
Jahrhunderte
der
Sklaverei
und
der
brutalsten
Repression
es
zustande
gebracht
haben.
Tag
für
Tag
dringt
diese
Antikultur
in
Form
der
Kinder
in
.
die
Schulen
ein.
Besäßen
die
Schulen
eine
echte,
eigene
menschliche
Kul-
tur,
die
sie
selbst
tatsächlich
verstünden,
an
die
sie
glaubten,
die
sie
wert-
schätzten
und
lebten,
wie
es
vor
einigen
Jahren
in
der
First
Street
School
der
Fall
war,
könnten
sie
dieser
Antikultur
kräftig
Widerstand
leisten
und
vielleicht
sogar
einige
Kinder
für
sich
gewinnen.
Aber
da
die
Schulkultur
nur
eine
farblose
und
mitunter
etwas
ängstliche
und
affektierte
Version
der
Straßenkultur
ist
...
verändert
sich
gar
nichts.
Die
Schulen
sind
nicht
nur
weit
davon
entfernt,
Kinder
dem
Sog
von
Gier,
Neid
und
Gewalt
zu
ent-
reißen,
sondern
können
die
Kinder
nicht
einmal
voreinander
schützen.
68
Einer
meiner
Freunde
ist
Anfang
dreißig,
arbeitet
als
Journalist
und
ist
Kindern
gegenüber
liberal
und
verständnisvoll
eingestellt.
Vor
nicht
allzu
langer
Zeit
besuchte
er
mehrere
High
Schools
in
den
wohl-
habenden
Vororten
von
Los
Angeles,
wo
auch
er
selbst
aufwuchs,
um
mit
Schülern
zu
sprechen
und
herauszufinden,
was
sie
am
meis-
ten
interessierte.
Neugierig
fragte
ich
ihn
nach
dem
Resultat.
Nach
kurzem
Schweigen
meinte
er:
»Wie
es
scheint,
interessieren
sie
sich
vor
allem
für
Geld,
Sex
und
Drogen.«
Er
war
sichtlich
ebenso
unglück-
lich,
dies
zu
sagen,
wie
ich,
dies
zu
hören.
Wir
hätten
lieber
heraus-
gefunden,
dass
diese
begünstigten
jungen
Menschen
einen
Beitrag
für
eine
bessere
Welt
leisten
wollten,
wonach
so
viele
vor
fünfzehn
Jahren
noch
gestrebt
hatten.
Allerdings
sollte
es
uns
nicht
über-
raschen,
dass
die
Jugendlichen
sich
vor
allem
für
das
interessieren,
was
auch
die
meisten
Erwachsenen
am
meisten
interessiert.
Zudem
ist
es
nicht
gerecht,
den
Schulen
für
das
Interesse
der
Jugend
an
diesen
Dingen
die
Schuld
zuzuweisen,
wie
viele
es
tun.
Von
allen
Seiten
unter
Beschuss
geraten,
sagen
die
Schulen
rund-
heraus:
»Wir
haben
diese
Werte
nicht
erfunden.«
Das
stimmt.
Aller-
dings
können
und
müssen
wir
darauf
hinweisen,
dass
die
Schule
in
ihren
unterschiedlich
intensiven
Bemühungen,
diese
Werte
zu
bekämpfen,
nahezu
vollständig
gescheitert
ist.
Doch
nun
wieder
zurück
zu
meiner
Eingangsbemerkung:
Die
Schulen
können
von
sich
kaum
behaupten,
die
Kinder
einerseits
zu
lehren,
diese
in
unserer
kommerziellen
Kultur
vorherrschenden
Werte
zu
akzeptieren
und
ihnen
andererseits
zu
widerstehen.
Wenn
Kinder
zu
Hause
unterrichtet
werden,
entgeht
ihnen
dann
nicht
das
wertvolle
Sozialleben
der
Schule?
Wenn
es
keine
anderen
Gründe
gäbe,
um
Kinder
von
Schulen
fern-
zuhalten,
wäre
das
Sozialleben
Grund
genug.
Mit
Ausnahme
einiger
weniger
Schulen
herrschte
in
allen
Schulen,
in
denen
ich
unterrich-
tete,
die
ich
besuchte
oder
von
denen
ich
erfahren
habe,
ein
von
Kleinlichkeit,
Dünkelhaftigkeit,
Konkurrenz-
und
Statusstreben
geprägtes
Sozialleben,
bei
dem
es
vor
allem
um
hochnäsige
Gespräche
darüber
ging,
wer
welche
Geburtstagsparty
besucht,
wel-
che
Weihnachtsgeschenke
bekommen
und
wie
viele
Valentinskar-
ten
erhalten
hatte
oder
wer
mit
wem
sprechen
würde
und
mit
wem
auf
gar
keinen
Fall.
Schon
in
der
ersten
Schulstufe
unterteilt
sich
die
69
Klasse
in
Anführer
(energievolle
und
-
oft
verdientermaßen
-
beliebte
Kinder),
ihre
Anhänger
und
die
Außenseiter,
die
demon-
strativ
von
diesen
Gruppen
ausgeschlossen
werden.
Ich
erinnere
mich,
dass
mir
meine
Schwester
erzählte,
dass
eines
ihrer
Kinder
-
das
Mädchen
war
damals
fünf
Jahre
alt
-
noch
nie
etwas
wirklich
Gemeines
oder
Unsinniges
getan
hätte,
bis
es
in
die
Schule
kam.
Wobei
es
sich
um
eine
liebenswerte
Schule
in
einer
beschaulichen
Kleinstadt
handelte.
Der
Schriftsteller,
Dichter
und
ehemalige
Professor
in
Antioch,
Jud
Jerome,
erzählte,
wie
sein
Sohn
Topher
in
einer
von
einer
Kom-
mune
geführten
freien
Schule
mit
dem
sogenannten
»Sozialleben«
in
Kontakt
kam:
...
Obwohl
wir
uns
freuten,
dass
er
(in
der
Schule)
glücklich
war
und
sich
wohl
fühlte,
beobachteten
wir
betrübt,
wie
er
in
der
Schule
von
einer
eigenstän-
digen
Persönlichkeit
zu
einem
Kind
verfiel,
das
unter
dem
Einfluss
seiner
Klassenkameraden
stand.
Es
erinnerte
an
das,
was
wir
mit
ihm
im
Kinder-
garten
erlebt
hatten.
Es
gibt
verschiedene
Arten
von
kindischem
Benehmen,
das
die
meisten
Menschen
als
natürlich
akzeptieren,
als
müsse
man
es
durchmachen
und
dürfe
es
den
Kindern
nicht
vorenthalten:
Dummheit,
Maßlosigkeit,
willkürliche
Aufmüpfigkeit,
Geheimniskrämerei,
Grausamkeit
gegenüber
anderen
Kindern,
das
Ausschließen
anderer,
die
Sucht
nach
bestimmtem
Spielzeug,
Besitztümern
oder
sonstigem
Krempel,
Geldver-
schwendung,
gekaufte
Unterhaltung,
die
Manipulation
von
Erwachsenen,
damit
sie
verschiedene
Dinge
für
die
Kinder
tun
-
all
dies
erscheint
mir
nicht
notwendig
und
keineswegs
»normal«
(Anmerkung:
abgesehen
davon,
dass
es
überall
vorkommt),
und
ich
verabscheue
ein
derartiges
Verhalten
ebenso
sehr
bei
Kindern
wie
bei
Erwachsenen.
Und
weil
sich
dieses
Verhalten
als
Folge
der
Beeinflussung
durch
Gleichaltrige
ergibt,
glaube
ich,
dass
es
ausschließlich
darauf
zurückzuführen
ist,
dass
Kinder
in
den
Schulen
zusam-
mengepfercht
werden
und
dort
diese
Verhaltensweisen
entwickeln.
Es
erin-
nerte
an
Gefangene,
die
unter
dem
Druck
der
Situation
bestimmte
Verhal-
tensweisen
entwickeln,
um
der
Langeweile
zu
entgehen
oder
die
Aufseher
zu
ärgern.
Diese
Verhaltensweisen
scheinen
umso
schlimmer
zu
sein,
je
rei-
cher
die
Familien
sind,
aus
denen
die
Kinder
stammen.
Nach
zwei
Jahren
Schulbesuch
hätte
sich
Topher
emotional
wahrscheinlich
um
zwei
Jahre
zurückentwickelt.
Selbstverständlich
kann
ich
dies
nicht
mit
Sicherheit
sagen,
und
die
Angst
davor
war
auch
nicht
der
Grund,
warum
wir
ihn
aus
der
Schule
genommen
haben.
Aber
nachdem
wir
gesehen
haben,
wie
er
sich
durch
den
Schulbesuch
verändert
hatte,
bedauern
wir
diesen
Schritt
nicht.
70
Einer
unserer
Leser
schickte
uns
eine
lebhafte
Beschreibung
eines
offenbar
typischen
Schulerlebnisses:
Meine
Mutter
erzählte
mir,
dass
ich
ihr
nach
meinem
ersten
Tag
im
Kin-
dergarten
versicherte,
dass
ich
nicht
mehr
in
die
Schule
gehen
müsse,
weil
ich
bereits
alles
wüsste.
Das
klingt
nach
Arroganz?
Keineswegs.
Immerhin
wusste
ich,
wie
man
sich
still
verhält,
wie
man
den
Erzählungen
der
ande-
ren
Kinder
zuhört
und
wie
man
singt.
Während
ich
die
Welt
der
Erwachse-
nen
kennenlernen
wollte,
beschränkte
man
mich
auf
eine
Welt,
die
nach
Meinung
der
Erwachsenen
genau
das
ist,
was
sich
Kinder
wünschen.
Meine
großartige
Begeisterung
für
die
Vorschule
ereilte
ein
früher
Tod
...
Als
eine
meiner
ersten
Lektionen
lernte
ich,
wie
man
sich
schämt.
Als
man
mir
in
der
ersten
Schulstufe
auftrug,
ein
Bild
auszumalen,
das
eine
Mutter
mit
Tochter
bei
der
Küchenarbeit
zeigte,
kam
mir
die
Idee,
das
gesamte
Bild
gelb
anzumalen,
so
dass
es
sich
von
allen
anderen
Bildern
unterscheiden
möge.
Als
ich
es
der
Lehrerin
gab,
erwartete
ich,
dass
sie
zufrieden
sei,
wenn
nicht
gar
ehrlich
begeistert.
Stattdessen
starrte
sie
mich
eine
Ewigkeit
lang
an
-
zumindest
fühlte
es
sich
so
an,
so
dass
ich
mich
zutiefst
schämte
und
verachtete
...
Damals
war
ich
sechs
Jahre
alt.
Da
Spontaneität
gefährlich
war
-
es
widersprach
dem,
was
Lehrer
von
Kindern
erwarteten
-,
wurde
die
Lüge
zu
einer
wertvollen
Überlebenstak-
tik.
In
der
ersten
Schulstufe
wurde
die
Klasse
in
den
Raum
des
Kindergar-
tens
geschickt,
um
ohne
Aufsicht
eine
Aufgabe
zu
erledigen.
Ich
nützte
die
Gelegenheit,
um
eine
Plastikpuppe
kopfüber
in
die
Plastiktoilette
eines
möblierten
Puppenhauses
zu
stecken.
Niemand
wusste,
wer
es
getan
hatte,
aber
alle
fanden
es
spaßig
-
bis
auf
die
Lehrerin.
Sie
lief
vor
Wut
rot
an
(sie
war
Nonne,
und
Anfang
der
60er
Jahre
zählten
die
katholischen
Schulen
für
die
Arbeiterklasse
nicht
zu
den
humansten
Einrichtungen),
so
dass
ich
eine
kräftige
Tracht
Prügel
fürchtete.
Schließlich
fiel
der
Verdacht
auf
mich,
doch
ich
log
so
erfolgreich
-
zumindest
aus
meiner
Sicht
-,
dass
ein
anderer
Junge
für
die
Tat
zur
Verantwortung
gezogen
wurde.
Ich
wünschte,
ich
hätte
gesagt:
»Ja,
ich
habe
es
getan,
na
und?«
Aber
ich
hatte
Angst.
Diese
Leh-
rerin,
die
gleichzeitig
Schulleiterin
war,
war
eine
Autoritätsperson,
wie
sie
im
Buche
stand.
Auf
jede
Übertretung
ihrer
größtenteils
ungeschriebenen
Gesetze
reagierte
sie
mit
demselben
verärgerten
Ausspruch:
»Fordert
mich
nicht
heraus!«
Sie
fühlte
sich
stets
herausgefordert,
auch
wenn
wir
es
nie
gewagt
hätten,
sie
tatsächlich
herauszufordern.
Ich
will
nun
zwei
ihrer
schwerwiegendsten
»Herausforderungen«
beschreiben:
Die
erste
Untat
bestand
in
einem
Fehlverhalten,
das
die
anwesende
Lehrerin
nicht
bemerkte,
die
zufällig
in
das
Klassenzimmer
blickende
71
Schulleiterin
jedoch
schon.
Während
die
Kinder
der
fünften
bis
achten
Schulstufe
(es
war
eine
kleine
Schule)
im
selben
Raum
ein
Lied
einstu-
dierten,
stürmte
sie
wütend
herein,
sprach
entrüstet
über
Herausforde-
rungen
und
maßregelte
einen
bestimmten
Schüler
heftig.
Auch
die
zweite
Untat
betraf
diesen
Jungen.
Diesmal
machte
er
in
die
Hose.
Vielleicht
war
er
krank
oder
hatte
ein
seelisches
Problem.
[Anmer-
kung
des
Autors:
Vielleicht
hatte
man
ihm
auch
nur
die
Erlaubnis
verwei-
gert,
auf
die
Toilette
zu
gehen,
was
in
der
Schule
häufig
geschah.]
Er
tat
es
jedenfalls
nicht
regelmäßig.
Damals
war
er
etwa
zwölf
Jahre
alt.
Selbst-
verständlich
rief
dieses
Verhalten
nach
Bestrafung.
Er
wurde
gezwungen,
sich
vor
jeder
Klasse
der
Schule
aufzustellen,
während
die
Lehrerin
der
Klasse
sein
Vergehen
erklärte.
Als
er
in
unser
Klassenzimmer
kam,
bezeichnete
ihn
die
Schulleiterin
als
Stinker
der
Schule
und
erklärte
uns
dann
den
Grund
dafür.
Ich
erinnere
mich
noch
besonders
an
das
schmerz-
liche
Lächeln
auf
seinem
Gesicht.
Angst
und
Erniedrigung
kamen
häufig
vor.
Auch
wenn
es
nicht
oft
zu
einer
schweren
Prügelstrafe
kam,
lebten
wir
in
einem
Umfeld,
in
dem
dies
jederzeit
möglich
gewesen
wäre.
Das
wussten
wir.
Ich
konnte
zwar
nicht
sagen,
was
an
der
Schule
falsch
war,
hatte
jedoch
das
vage
Gefühl,
dass
die
Dinge
nicht
so
liefen,
wie
sie
sollten.
Ich
war
kein
edles
Kind,
das
sich
den
tyrannischen
Lehrern
widersetzte.
Im
Gegenteil:
Ich
liebte
das
Spiel
mit
Angst
und
Erniedrigung
und
war
darin
ein
wahrer
Meister.
»Wir
können
es
kaum
erwarten,
dass
jemand
für
unsere
Erniedrigung
bezahlt
und
uns
so
ausgeliefert
ist,
wie
wir
damals
ausgeliefert
waren«
(aus
John
Holt:
Freiheit
ist
mehr:
Von
den
Grenzen
schulischer
Erziehung).
Ich
weiß
nicht,
wann
es
begann,
aber
in
der
achten
Schulstufe
terrorisierten
einige
von
uns
ein
paar
ängstliche
Jungen
aus
unserer
Schule.
Wir
stießen
unser
jeweiliges
Opfer
hin
und
her,
verspotteten
den
Jungen,
zogen
ihm
das
Hemd
aus,
schubsten
ihn
herum,
wrangen
den
Tafelschwamm
über
ihm
aus,
rissen
ihn
an
den
Haaren
und
jagten
ihn
quer
über
den
Schulhof.
Wenn
ich
allein
war,
hatte
ich
kein
Problem
damit,
mit
diesen
Jungs
befreundet
zu
sein.
Aber
wenn
wir
als
Gruppe
auftraten,
begann
die
Quäle-
rei.
Weil
wir
immer
als
Gruppe
handelten
[hervorgehoben
durch
den
Autor],
fanden
die
Quälereien
nie
ein
Ende.
Vor
allem
zwei
Jungen
waren
davon
betroffen.
Für
sie
war
es
das
Beste,
sich
auf
dem
Schulhof
erst
gar
nicht
blicken
zu
lassen.
Einer
der
beiden
ging
zum
Mittagessen
nach
Hause
und
kehrte
erst
in
der
letzten
Minute
der
Pause
zurück.
Wir
dachten
nicht
wei-
ter
darüber
nach,
denn
für
uns
waren
es
nur
Dummejungenstreiche.
In
Wirklichkeit
war
es
Sadismus,
dem
ich
fast
nicht
widerstehen
konnte.
72
Schließlich
wendeten
wir
uns
auch
gegen
die
Mitglieder
unserer
eigenen
Gruppe
und
übten
unsere
Fertigkeiten
an
einem
auserwählten
Opfer
aus.
Ich
erinnere
mich,
dass
ich
einmal
über
die
Erniedrigung
eines
anderen
Jungen
so
heftig
lachte,
dass
ich
mit
einem
Muskelkater
im
Bauch
nach
Hause
kam.
Allerdings
fühlte
ich
mich
dabei
leer
und
unglücklich.
Trotzdem
tat
ich
es
am
nächsten
Tag
wieder.
Für
mich
endete
es
erst,
als
ich
selbst
zum
Opfer
wurde.
Das
war
die
reinste
Hölle.
Alle
aus
der
Gruppe
wandten
ihre
gesamte
Zeit
dafür
auf,
mich
zu
demütigen.
Die
einzelnen
Handlungen
waren
unbedeutend:
So
war
es
sehr
beliebt,
einem
unaufmerksamen
Schüler
auf
den
Kopf
zu
schlagen.
Aber
es
geschah
den
ganzen
Tag
über
auf
unterschiedliche
Weise.
Nach
den
Weihnachtsferien
wechselte
einer
meiner
größten
Folterknechte
auf
eine
andere
Schule.
Für
mich
beruhigte
sich
die
Lage
dadurch
ein
wenig,
aber
nicht
für
die
ängstlichen
Jungen
und
die
jüngeren
Kinder
der
Schule.
Mit
den
männlichen
Schülern,
die
einige
Jahre
jünger
waren
als
wir,
kam
es
mehrmals
beinahe
zu
schwer-
wiegenden
Gewaltakten.
Ich
weiß
nicht
mehr,
wann
diese
sadistischen
Taten
begannen
oder
endeten.
Ich
weiß
nur,
dass
ich
weder
vor
den
letzten
beiden
Jahren
der
Grundschule
noch
danach
je
wieder
so
handelte.
Die
Erfahrungen
dieses
Lesers
sind
gewiss
nicht
ungewöhnlich.
Im
Alter
von
neun
Jahren
besuchte
ich
eine
öffentliche
Grundschule,
in
der
die
meisten
Jungen
größer
und
älter
waren
als
ich
und
vorwie-
gend
aus
italienischen
und
polnischen
Arbeiterfamilien
stammten.
Von
den
Mutigsten
bis
zu
den
am
wenigsten
Mutigen
schlug
mich
einer
nach
dem
anderen
in
der
Pause,
bis
ich
zu
Boden
stürzte,
und/oder
zu
weinen
begann.
Kaum
ein
Junge,
der
mich
schon
einmal
geschlagen
hatte,
wiederholte
die
Handlung.
Sie
schienen
auch
wenig
Böses
darin
zu
sehen;
es
war,
als
täten
sie
es,
um
mir
den
mir
zustehenden
Platz
in
der
Klasse
zuzuweisen.
Schließlich
hatten
mich
alle
verprügelt
bis
auf
einen
Jungen
namens
Henry.
Eines
Tages
bil-
deten
die
größeren
Jungen
einen
Kreis
um
uns
und
befahlen
uns,
miteinander
zu
kämpfen,
um
herauszufinden,
wer
der
größere
Schwächling
der
sechsten
Schulstufe
sei.
Sowohl
Henry
als
auch
ich
erklärten,
dass
wir
nicht
kämpfen
wollten.
Daraufhin
meinten
sie,
wenn
wir
es
nicht
täten,
würden
sie
alle
uns
verprügeln.
Eine
ganze
Weile
umkreisten
Henry
und
ich
einander
und
holten
zu
wilden
Hie-
ben
aus.
Nachdem
eine
Zeitlang
nichts
passiert
war,
traf
ich
mit
einem
meiner
wilden
Schwinger
Henrys
Nase,
die
zu
bluten
begann.
73
Sofort
begann
Henry
zu
weinen
und
ich
mit
ihm.
Damit
gaben
sich
die
großen
Jungs
zufrieden;
sie
erklärten
Henry
offiziell
zum
größten
Schwächling
der
Klasse.
Ein
Lehrer
schreibt:
Am
Freitag
las
ich
GWS
und
war
wie
üblich
fasziniert.
Mich
interessierte
vor
allem
der
Aspekt
»Sozialleben«
in
den
Schulen
und
die
Schäden,
die
dadurch
entstehen.
Heute
Morgen
fragte
ich
die
Schüler
meiner
dritten
Schulstufe:
»Findet
ihr,
dass
die
Kinder
in
unserer
Schule
nett
und
freund-
lich
miteinander
umgehen?«
Von
22
Kindern
erklärten
nur
zwei,
dass
sie
etwas
wie
Freundlichkeit
gesehen
hätten,
während
die
übrigen
meinten,
dass
die
meisten
Kinder
gemein
seien,
einander
mit
Schimpfworten
überhäuften,
kränkten
usw.
Ehrlich
gesagt
war
ich
erstaunt.
Ich
hatte
bislang
das
Gefühl
gehabt,
dass
unsere
Schule
ein
ausgesprochen
freundlicher
Ort
sei
...
Wenn
ich
Gesprächspartnern
erkläre,
dass
das
Sozialleben
in
den
meisten
Schulen
und
Klassenzimmern
von
Kleinlichkeit,
Dünkelhaf-
tigkeit,
Wettbewerbs-
und
Statusstreben
geprägt
ist,
erstaunt
mich
jedes
Mal
wieder
ihre
Antwort:
Von
mehreren
hundert
Menschen,
mit
denen
ich
bereits
darüber
diskutiert
habe,
hat
mir
bisher
kein
einzi-
ger
gesagt,
das
Sozialleben
innerhalb
der
Schule
sei
angenehm,
großzügig,
hilfsbereit,
demokratisch,
freundlich,
liebevoll
oder
gut
für
die
Kinder.
Kein
Einziger,
ohne
Ausnahme.
Wenn
ich
das
Sozialleben
in
den
Schulen
verdamme,
sagen
alle
übereinstimmend:
»Aber
genau
damit
werden
die
Kinder
auch
im
richtigen
Leben
konfrontiert.«
Die
»Peergroups«,
in
die
wir
unsere
Kinder
hineinzwängen,
wir-
ken
sich
auf
vielfältige
und
machtvolle
Weise
schädlich
aus.
Hin
und
wieder
sehe
ich
in
der
U-Bahn
oder
an
anderen
öffentlichen
Plätzen
Jugendliche
im
Alter
von
zwölf
oder
dreizehn
Jahren,
manchmal
auch
gerade
einmal
zehn
Jahre
alt,
die
Zigaretten
rauchen.
Es
ist
jedoch
nicht
nur
ein
komischer
und
Mitleid
erregender
Anblick,
sondern
auch
eine
echte
Qual.
Der
Rauch
schmeckt
grauenvoll.
Kinder
haben
emp-
findliche
Geschmacksknospen,
so
dass
ihnen
der
Rauch
noch
abscheulicher
vorkommen
muss
als
erwachsenen
Nichtrauchern,
was
schon
einiges
aussagt.
Außerdem
kämpfen
sie
dagegen
an,
sich
nicht
zu
verschlucken
und
nicht
zu
husten.
Mitunter
müssen
sie
sogar
ver-
suchen,
die
aufsteigende
Übelkeit
zu
überwinden.
Warum
tun
sie
es
dann?
Weil
»alle
anderen«
es
tun
oder
bald
tun
werden
und
sie
ihnen
74
voraus
sein
wollen,
oder
zumindest
nicht
zurückstehen.
Der
Wunsch
zu
rauchen
oder
das
Gefühl,
rauchen
zu
müssen
-
ob
man
will
oder
nicht
-,
ist
einer
der
vielen
Nebenwirkungen
jenes
großartigen
»Sozi-
allebens«
in
den
Schulen,
von
dem
immer
die
Rede
ist.
Mir
tun
all
die
Kinder
leid,
die
glauben,
rauchen
zu
müssen,
und
noch
mehr
tun
mir
jene
nichtrauchenden
Eltern
leid,
die
verzweifelt
versuchen,
ihre
Kinder
davon
abzuhalten.
Wenn
die
Kinder
lange
genug
in
der
Peergroup
waren,
sich
dieser
unterworfen
haben
und
süchtig
danach
sind
-
wir
könnten
diese
Kinder
auch
als
»Peergroup-
Junkies«
bezeichnen
-
dann
werden
sie
rauchen
und
auch
alles
andere
tun,
was
die
Peergroup
tut.
Falls
sie
deswegen
Schwierigkeiten
mit
ihren
Eltern
bekommen,
lügen
sie
einfach
und
tun
es
hinter
ihrem
Rücken.
Der
Beweis
ist
eindeutig.
Während
in
anderen
Altersklassen
die
Zahl
der
Raucher
zurückgeht,
rauchen
von
Jahr
zu
Jahr
mehr
Kin-
der,
vor
allem
Mädchen,
und
sie
fangen
immer
früher
damit
an.
Dasselbe
gilt
für
Alkohol.
Wir
hören
immer
häufiger
von
Alkohol-
exzessen
unter
Jugendlichen.
In
den
letzten
Jahren
versuchten
einige
Bundesstaaten,
diesem
Problem
entgegenzuwirken,
indem
sie
das
Mindestalter
für
Alkoholkonsum
heraufsetzten.
Anscheinend
ohne
Erfolg,
denn
das
Problem
verschärft
sich
zusehends.
Ein
Nachrich-
tenbericht
ist
mir
im
Gedächtnis
geblieben.
Letzten
Sommer
starben
in
der
Nähe
von
Boston
vier
High-School-Mädchen
im
Alter
von
sech-
zehn
bis
siebzehn
Jahren
bei
einem
nächtlichen
Autounfall,
während
ein
weiteres
Mädchen
schwer
verletzt
wurde.
Am
Abend
hatten
sie
ihr
kleines
Auto
mit
Bier
und
verschiedenen
anderen
alkoholischen
Getränken
vollgepackt,
um
den
Abend
herumfahrend
und
trinkend
zu
verbringen.
Zum
Zeitpunkt
des
Unfalls
waren
alle
betrunken.
Ein
Aus-
spruch
der
einzigen
Überlebenden
von
ihrem
Krankenhausbett
aus
wurde
später
in
einer
Zeitung
zitiert:
»Ich
hatte
nicht
das
Gefühl,
dass
wir
etwas
Falsches
tun;
alle
Kids
tun
das
hier.«
Selbstverständlich
glauben
Kinder,
die
nahezu
ihre
gesamte
Zeit
in
Gruppen
von
Gleichaltrigen
verbringen,
von
der
ernsthaften
Arbeit
und
den
Sorgen
der
Gesellschaft
ausgeschlossen
sind
und
außer
zu
Aufsichtspersonen
beinahe
keinen
Kontakt
zu
Erwachsenen
haben,
dass
das,
was
»all
die
anderen
Kids«
tun,
richtig,
das
Beste
und
das
Einzige
ist,
was
man
überhaupt
tun
kann.
Wie
können
wir
verhindern,
dass
Kinder
von
»unqualifizierten«
Lehrern
unterrichtet
werden?
75
Zunächst
müssen
wir
einmal
den
Begriff
»qualifiziert«
definieren.
Wir
würden
uns
bei
der
Frage,
wer
ein
guter
Maler
ist,
kaum
einigen
kön-
nen,
wenn
wir
nicht
darin
übereinstimmten,
was
gute
Malerei
ist.
Die
oben
gestellte
Frage
geht
davon
aus,
dass
Eltern,
die
eine
ganz
klare
Vorstellung
von
gutem
Unterricht
haben,
auch
imstande
sind,
ein
fun-
diertes
Urteil
darüber
abzugeben,
was
einen
guten
Lehrer
ausmacht
und
wer
ein
solcher
ist.
Tatsächlich
gibt
es
unter
Eltern
aber
keine
Einigung
darüber,
was
unter
gutem
Unterrichten
zu
verstehen
ist.
Von
den
meisten
Eltern
werden
Lehrer
als
»qualifiziert«,
bezeichnet,
wenn
sie
erfolgreich
ein
Lehramtstudium
absolviert
haben.
Diese
Eltern
gehen
davon
aus,
dass
man
eine
Vielzahl
mysteriöser
Fähigkeiten
benötigt,
um
Kinder
zu
unterrichten,
und
dass
diese
Fähigkeiten
nur
in
einer
Lehrerbildungsanstalt
zu
erwerben
sind.
Doch
diese
Annahme
trifft
nicht
zu.
Menschen
geben
bereits
seit
Millionen
von
Jahren
ihr
Wissen
an
ihre
Kinder
weiter.
Dabei
haben
sie
einige
überaus
komplizierte,
gebil-
dete
Gesellschaften
hervorgebracht.
Im
Lauf
dieser
Zeit
gab
es
nur
wenige
Lehrer
im
heutigen
Sinne,
also
Menschen,
die
sich
aus-
schließlich
der
Wissensweitergabe
widmeten.
Und
bis
in
die
jüngste
Vergangenheit
gab
es
niemanden,
der
speziell
dazu
ausgebildet
gewesen
wäre.
Vernünftigerweise
war
es
den
Menschen
immer
schon
klar,
dass
sie
erst
selbst
etwas
wissen
müssten,
ehe
sie
es
weitergeben
konnten.
Doch
erst
seit
kurzem
sind
die
Menschen
der
außergewöhnlichen
Ansicht,
dass
die
Weitergabe
von
Wissen
vorher
erlernt
werden
müsse.
Dass
zum
Unterrichten
tatsächlich
echte
Fähigkeiten
erforderlich
sind,
ist
längst
bekannt.
Dies
sind
jedoch
keine
mysteriösen
Fähig-
keiten,
sondern
ein
gesunder
Menschenverstand,
um
mit
anderen
Menschen
umzugehen.
Und
wenn
wir
nicht
falsch
unterrichtet
wer-
den,
lernen
wir
einfach
durch
unser
Leben.
In
allen
Gesellschaften
wussten
die
Menschen
immer
schon,
dass
einige
Mitmenschen
im
Erforschen
und
Erkunden
besser
sind
als
andere,
weil
sie
bessere
Fragen
stellen.
Über
lange
Zeit
begriffen
jene
Personen,
die
besonders
gut
ihr
Wissen
weiterzugeben
vermochten,
bestimmte
Dinge:
(1)
dass
man
erst
wissen
muss,
was
der
andere
bereits
weiß,
ehe
man
ihm
etwas
beibringen
kann;
(2)
dass
es
besser
ist,
einem
anderen
etwas
Zu
zeigen,
als
es
ihm
bloß
zu
sagen,
und
dass
es
überhaupt
das
Beste
ist,
Ihn
eine
Sache
selbst
ausführen
zu
lassen;
(3)
dass
man
nicht
auf
einmal
zuviel
sagen
oder
zeigen
soll,
weil
der
Mensch
neue
Ideen
76
nur
langsam
erfasst
und
er
sich
mit
dem
neuen
Wissen
oder
den
neuen
Fähigkeiten
sicher
fühlen
muss,
ehe
er
für
den
nächsten
Schritt
bereit
ist;
(4)
dass
man
dem
anderen
so
viel
Zeit
zugestehen
muss,
wie
er
benötigt,
um
das
Neue
aufzunehmen;
(5)
dass
man
nicht
durch
Fragen
testen
soll,
wie
viel
der
andere
verstanden
hat,
sondern
dass
man
ihm
durch
seine
eigenen
Fragen
Gelegenheit
gibt
Zu
zeigen,
wie
viel
er
verstanden
hat;
(6)
dass
man
weder
ungeduldig
noch
wütend
werden
darf,
wenn
der
andere
etwas
nicht
verstanden
hat;
(7)
dass
Angst
den
Lernprozess
hemmt
usw.
Dies
ist
gewiss
nichts,
worüber
man
drei
Jahre
lang
dozieren
müsste.
Tatsächlich
spricht
man
in
Lehrerbildungsanstalten
auch
nicht
über
diese
Dinge.
Dem
Unterrichten
selbst
widmet
man
dort
im
oben
genannten
Sinne
wenig
Aufmerksamkeit.
Stattdessen
wird
die
meiste
Zeit
dafür
verwandt,
die
Studenten
darauf
vorzubereiten,
dass
sie
in
einer
außergewöhnlichen
Schulwelt
-
einer
Art
Parallelgesellschaft
zur
Gesellschaft
der
Erwachsenen
-
arbeiten
werden.
Sie
sollen
ler-
nen,
die
Sprache
der
Schule
zu
sprechen
(winzige
Ideen
werden
mit
großen
Worten
aufgeblasen),
wie
man
all
die
Dinge
tut,
die
Schulen
von
ihren
Lehrern
erwarten,
endlose
Formulare
und
Dokumente
aus-
zufüllen
und
endlose
Beurteilungen
über
die
Schüler
zu
verfassen.
Vor
allem
jedoch
vermittelt
man
den
zukünftigen
Lehrern
den
Ein-
druck,
dass
ihr
Wissen
überaus
wichtig
sei
und
sie
als
Einzige
darü-
ber
verfügen.
Für
die
Annahme,
dass
diplomierte
Lehrer
besser
unterrichten
als
undiplomierte
-
bzw.
dass
Menschen
ohne
Lehramtsdiplom
über-
haupt
nicht
unterrichten
können
-
gibt
es
nicht
den
geringsten
Beweis;
fur
das
Gegenteil
finden
sich
jedoch
jede
Menge
Beweise.
So
beschaf-
tigen
die
elitarsten,
anspruchsvollsten
und
erfolgreichsten
Privat-
schulen
in
den
USA
wenige
bis
uberhaupt
keine
klassisch
ausgebil-
deten
Lehrer.
Wie
kommt
es,
dass
die
reichsten
und
machtigsten
Personen
im
Land,
die
fur
ihre
Kinder
jede
ihnen
beliebige
Schule
wählen
können,
sich
regelmäßig
dazu
entschließen,
sie
von
Menschen
unterrichten
zu
lassen,
die
weder
Ausbildung
noch
Diplom
besitzen?
Es
ist
wohl
eines
der
größten
Privilegien
der
Oberschicht,
die
eigenen
Kinder
nicht
von
ausgebildeten
Lehrern
unterrichten
zu
lassen.
Als
das
Bezirksgericht
von
Kentucky
den
Bildungsausschuss
des
Bundesstaates
aufforderte,
Beweise
dafur
vorzulegen,
dass
ausgebil-
dete
Lehrer
besser
seien
als
unausgebildete,
war
der
Ausschuss
nicht
imstande
(mit
den
Worten
des
Gerichts)
»auch
nur
den
geringsten
77
Beweis«
dafür
zu
erbringen.
Dasselbe
ist
kürzlich
an
einem
Gericht
in
Michigan
passiert.
Es
ist
ziemlich
unwahrscheinlich,
dass
den
Bil-
dungsausschüssen
anderer
Bundesstaaten
dieser
Beweis
gelingt.
Im
Staat
Alaska
leben
hunderte
und
vielleicht
sogar
tausende
von
Familien
in
Landwirtschaften,
die
viele
Kilometer
von
der
nächs-
ten
Stadt,
oder
gar
der
nächsten
Straße
entfernt
liegen.
Nur
mit
dem
Flugzeug
gelangt
man
zu
ihren
Häusern.
Da
der
Staat
diesen
Fami-
lien
keine
eigenen
Schulen
zur
Verfügung
stellen
kann
und
es
unmog-
lich
ist,
die
Kinder
zu
den
existierenden
Schulen
zu
befördern,
hat
er
vernünftigerweise
eine
eigene
Fernschule
errichtet,
die
diesen
Fami-
lien
das
Schulmaterial
zusendet,
mit
dem
die
Kinder
dann
zu
Hause
lernen.
Niemand
scheint
sich
darüber
Sorgen
zu
machen,
ob
diese
Familien
»qualifiziert«
sind,
und
niemand
hat
je
einen
Beweis
dafür
vorgelegt,
dass
jene
Kinder,
die
in
Alaska
zu
Hause
unterrichtet
wer-
den,
geringere
schulische
Leistungen
erbringen
als
Kinder,
die
in
die-
sem
oder
einem
anderen
Staat
die
Schule
besuchen.
Vermutlich
ist
das
Calvert
Institute
aus
Baltimore
(Maryland)
die
führende
Fernschule
für
Kinder
und
Jugendliche.
Obwohl
sie
schon
seit
langem
existiert,
waren
die
meisten
Schulbezirke
bereit
(ich
weiß
von
keinen
Ausnahmen),
ein
Schuljahr
im
Calvert-Programm
einem
Schuljahr
an
einer
beliebigen
anderen
Schule
gleichzusetzen.
Das
Calvert
Institute
wirbt
sogar
bei
seinen
Kunden
mit
der
Zusicherung,
dass
die
nach
der
Calvert-Methode
unterrichteten
Kinder
nicht
hin-
ter
den
landesüblichen
Durchschnitt
zurückfallen.
Zum
Großteil
han-
delt
es
sich
dabei
um
amerikanische
Familien,
die
in
Übersee
leben
-
z.B.
Missionare,
Militärangehörige
und
Diplomaten,
sowie
Perso-
nen,
die
in
den
Auslandsbüros
amerikanischer
Firmen
arbeiten.
Ver-
mutlich
waren
nur
sehr
wenige
dieser
Eltern
geprüfte
Lehrer.
[Anm.
des
dt.
Hrsg.:
Dasselbe
gilt
für
die
Deutsche
Fernschule,
die
schon
seit
vielen
Jahren
vom
Auswärtigen
Amt
für
deutsche
Kinder
im
Aus-
land
empfohlen
wird.
Allerdings
wird
ihr,
im
Gegensatz
zu
Fernschu-
len
in
den
USA,
die
Zulassung
für
Kinder
in
Deutschland
verweigert.]
Vor
Jahren
las
ich,
dass
mehrere
Schulen
in
den
Armenvierteln
von
Großstädten
den
Versuch
gestartet
hatten,
dass
die
Schüler
der
fünften
Schulstufe
denen
der
ersten
Schulstufe
das
Lesen
bei-
brachten.
Sie
fanden
zum
einen
heraus,
dass
diese
Erstklassler
schneller
lesen
lernten,
als
jene,
die
von
geprüften
Lehrern
unter-
richtet
wurden,
und
zum
anderen,
dass
die
Schüler
der
fünften
Schul-
stufe,
von
denen
viele
einst
selbst
schlechte
Leser
waren
und
nun
die
78
Erstklässler
unterrichteten,
ihre
eigenen
Lesefähigkeiten
dadurch
deutlich
verbesserten.
Diese
Schulen
führten
das
Experiment
offen-
bar
aus
Verzweiflung
durch,
und
es
ist
leicht
zu
verstehen,
warum
es
nicht
flächendeckend
wiederholt
wurde.
Selbst
an
jenen
Schulen,
die
paraprofessionelle
Erwachsene
im
Klassenzimmer
zulassen,
wie
etwa
Lehrer
ohne
Diplom,
bestehen
die
Stammlehrer
darauf,
dass
diese
»Hilfslehrer«
nicht
unterrichten
dürfen.
In
armen
Ländern
hat
man
hingegen
im
Zuge
von
Massenalphabetisierungsprogrammen
festgestellt,
dass
nahezu
jeder,
der
selbst
lesen
kann,
einen
anderen
diesbezüglich
unterrichten
kann.
In
meinen
eigenen
Klassen
und
in
anderen
Klassen,
die
ich
seit-
dem
beobachtet
habe,
konnte
ich
erkennen,
dass
viele
Kinder
eine
besondere
Begabung
entwickeln,
einander
zu
unterrichten,
wenn
es
ihnen
gestattet
ist,
miteinander
zu
sprechen
und
einander
bei
den
Schulaufgaben
zu
helfen.
Dafür
gibt
es
viele
Gründe.
Obwohl
ich
mich
intensiv
bemühte,
ihnen
zu
versichern,
dass
es
keine
Schande
sei,
etwas
nicht
zu
wissen,
gestanden
sie
einander
ihre
Unwissenheit
leichter
ein,
in
der
irrigen
Annahme,
sie
wüssten
sehr
wenig
und
ich
nahezu
alles.
Außerdem
mussten
sie
nicht
fürchten,
von
ihren
Klas-
senkameraden
schlechte
Zensuren
zu
bekommen.
Ich
hatte
ihnen
zwar
gesagt,
dass
ich
von
Zensurengebung
nichts
halte,
was
sie
mir
auch
abnahmen.
Gleichzeitig
verstanden
sie
ebenso
gut
wie
ich,
dass
dies
wenig
mit
der
Wirklichkeit
zu
tun
hatte.
Sowohl
die
Schule
als
auch
ihre
Eltern
verlangten
Zensuren,
und
ich
musste
sie
Ihnen
geben.
Einige
von
ihnen,
die
mich
wirklich
mochten,
fürchteten
viel-
leicht
auch,
dass
sie
mich
enttäuschen
könnten,
wenn
sie
nicht
das
lernten,
was
ich
ihnen
mit
so
viel
Mühe
beizubringen
versuchte.
Das
traf
zu.
Denn
auch
wenn
ich
versuchte,
nicht
enttäuscht
zu
sein,
oder
es
mir
zumindest
nicht
anmerken
zu
lassen,
gelang
es
mir
eigent-
lich
nie
wirklich.
Sie
wollten
mir
eine
Freude
machen
und
wussten,
wann
Ihnen
dies
nicht
gelungen
war.
Wenn
sie
voneinander
lernten,
mussten
sie
sich
über
all
dies
keine
Sorgen
machen.
Ein
Kind,
das
einem
anderen
etwas
beibringt,
ist
nicht
enttäuscht,
wenn
dieses
das
eine
oder
andere
nicht
versteht
oder
lernt,
denn
immerhin
ist
Unterrichten
nicht
seine
Hauptaufgabe
und
es
fragt
sich
auch
nicht,
ob
es
als
Lehrer
gut
oder
schlecht
ist.
Vielleicht
sagt
es
einmal
verärgert:
»Ach
komm
schon,
Dummkopf,
pass
doch
auf,
was
ist
los
mit
dir?«
Weil
Kinder
jedoch
sowieso
dazu
neigen,
direkt
und
unverblümt
miteinander
umzugehen,
stört
das
79
den
Lernenden
vermutlich
gar
nicht.
Und
wenn
es
ihn
stört,
kann
er
es
sagen.
Dann
wird
das
andere
Kind
entweder
taktvoller
sein,
weil
es
zu
Recht
die
Freundschaft
höher
schätzt
als
seinen
Erfolg
als
Leh-
rer,
oder
das
lernende
Kind
wird
einen
anderen
Helfer
wählen.
Das
ist
ein
weiterer
wichtiger
Grund,
warum
Kinder
gut
darin
sind,
ein-
ander
zu
unterrichten.
Sowohl
das
lernende
als
auch
das
lehrende
Kind
weiß,
dass
diese
Lehrer-Schüler-Beziehung
nur
vorübergehend
ist
und
zudem
wesentlich
weniger
wichtig
als
ihre
Freundschaft,
in
der
sie
einander
gleichberechtigt
begegnen.
Diese
vorübergehende
Beziehung
wird
nur
so
lange
anhalten,
solange
beide
damit
zufrie-
den
sind.
Das
lehrende
Kind
muss
das
andere
nicht
unterrichten,
und
das
lernende
Kind
muss
nicht
vom
anderen
lernen.
Weil
beide
freiwillig
eine
selbst
gewählte
Beziehung
eingegangen
sind,
sind
sie
wahrlich
gleichgestellte
Partner.
Ich
darf
nochmals
betonen,
dass
diese
vorübergehende
Lehrer-
Schüler-Beziehung
nur
funktioniert,
weil
die
andauernde
Freund-
schaft
wesentlich
wichtiger
ist.
In
der
Medizin
gibt
es
die
alte
Regel
(die
nicht
immer
eingehalten
wird):
»Achte
zunächst
darauf,
keinen
Schaden
anzurichten.«
Anders
ausgedrückt:
Man
soll
bei
der
Behand-
lung
von
Patienten
sicherstellen,
ihnen
kein
Leid
zuzufügen.
Diese
Regel
hat
auch
für
das
Unterrichten
Gültigkeit.
In
unserem
Unter-
richtseifer
müssen
wir
zunächst
darauf
achten,
dass
wir
diejenigen,
die
wir
unterrichten,
nicht
verängstigen,
kränken,
beleidigen
oder
erniedrigen.
Tiertrainer
verstehen
dies
nur
allzu
gut.
Immerhin
ist
es
die
erste
Regel
in
ihrem
Lehrbuch.
Nur
von
den
Lehrern
menschli-
cher
Schüler
begreifen
viele
nicht,
wie
wichtig
dies
ist,
und
weisen
diese
Regel
sogar
heftig
zurück.
Auch
dafür
gibt
es
einen
Grund.
Denn
auch
wenn
sie
die
Regel
nicht
dem
Wortlaut
nach
begreifen,
verstehen
sie
doch
in
ihren
Her-
zen,
dass
jene
Eltern,
die
ihre
Kinder
selbst
unterrichten,
dies
ver-
mutlich
um
vieles
besser
machen
als
jeder
andere
Lehrer.
Solche
Eltern
fügen
den
Kindern
nicht
absichtlich
Schaden
zu.
Wenn
sie
mer-
ken,
dass
sie
ihrem
Kind
schaden,
hören
sie
damit
auf,
egal
wie
gut
ihre
Gründe
dafür
waren.
Sie
nehmen
jedes
Signal
von
Schmerz
oder
Verzweiflung
wahr,
das
ihnen
das
Kind
sendet.
Diese
unterscheiden
sich
natürlich
von
Schmerzsignalen.
Statt
»Au!«
sagen
sie
»Das
ver-
stehe
ich
nicht«.
Ich
habe
viele
Jahre
als
Lehrer
im
Klassenzimmer
gebraucht,
diese
Signale
zu
deuten,
und
noch
wesentlich
länger,
um
herauszufinden,
wodurch
ich
die
Kinder
in
Verzweiflung
brachte.
80
Eltern
werden
nicht
davon
abgelenkt,
eine
Klasse
führen
zu
müssen,
sie
kennen
ihre
Kinder
besser
-
sowohl
ihre
gesprochene
Sprache
als
auch
ihre
stumme
Sprache,
und
die
Kinder
bedeuten
ihnen
mehr.
Wie
ich
schon
an
anderer
Stelle
sagte,
können
sie
zudem
verschie-
dene
Methoden
ausprobieren,
um
zu
sehen,
was
funktioniert,
und
alles,
was
nicht
funktioniert,
einfach
wieder
sein
lassen.
Da
sie
das
Lernerlebnis
steuern,
können
sie
auch
selbst
mehr
daraus
lernen.
Das
heißt
nicht,
dass
alle
Familien,
die
den
Versuch
unterneh-
men,
ihre
Kinder
selbst
zu
unterrichten,
dies
auch
gut
machen.
Eini-
gen
gelingt
es
vielleicht
nicht.
Doch
diese
Familien
erleben
Home-
schooling
vermutlich
als
so
unangenehm,
dass
sie
es
nur
allzu
gerne
aufgeben
-
allen
voran
die
Kinder.
Eine
Mutter,
die
einfach
aus
Angst
vor
den
Schulen
ihren
Kindern
jede
Menge
üblicher
Schulaufgaben
auftrug,
teilte
mir
die
Reaktion
ihrer
Kinder
mit:
»Ach,
Mama,
wenn
wir
schon
den
ganzen
Tag
lang
diesen
Schulkram
machen
müssen,
gehen
wir
lieber
gleich
zur
Schule.«
Ganz
richtig.
Wenn
Kinder
ohnehin
den
ganzen
Tag
damit
verbringen
müssen,
die
Ängste
der
Erwachse-
nen
zu
befrieden,
sollten
sie
dies
lieber
in
der
Schule
tun,
denn
dort
müssen
sie
nur
ein
Dreißigstel
der
Ängste
der
Lehrer
kompensieren,
während
sie
es
zu
Hause
allein
mit
ihren
Eltern
zu
tun
haben.
Es
ist
ziemlich
leicht
aufzuzählen,
welche
Eltern
ihre
Kinder
selbst
unterrichten
sollten.
Zunächst
sollten
diese
Eltern
ihre
Kinder
mögen,
ihre
Gesellschaft,
ihre
körperliche
Anwesenheit,
ihre
Ener-
gie,
ihre
Dummheiten
und
ihre
Leidenschaften
genießen.
Sie
sollten
ihre
Gespräche
und
Fragen
genießen
und
ebenso
Freude
daran
haben,
diese
Fragen
zu
beantworten.
Sie
sollten
ihre
Kinder
als
Freunde
betrachten,
als
wirklich
enge
Freunde,
und
sie
sollten
glück-
lich
sein,
sie
nahe
um
sich
zu
haben,
und
sie
vermissen,
wenn
sie
nicht
da
sind.
Sie
müssen
ihnen
als
Person
vertrauen,
ihre
zer-
brechliche
Würde
respektieren,
sie
mit
Höflichkeit
behandeln
und
sie
ernst
nehmen.
Sie
sollten
im
eigenen
Herzen
ein
wenig
von
der
Ver-
wunderung,
Neugier
und
Begeisterung
der
Kinder
über
die
Welt
fühlen.
Und
sie
sollten
genug
Selbstvertrauen
besitzen,
Experten
gegenüber
skeptisch
sein,
bereit
sein,
anders
zu
sein
als
die
Mehr-
heit
der
Menschen
und
die
Verantwortung
für
die
Ausbildung
ihrer
Kinder
übernehmen
wollen.
Das
ist
in
etwa
alles,
was
Eltern
brau-
chen.
Vielleicht
verfügt
nur
eine
Minderheit
der
Eltern
über
diese
Eigenschaften.
Auf
jeden
Fall
wird
es
Unterschiede
geben:
Die
einen
haben
mehr
davon,
die
anderen
weniger.
Viele
werden
jedoch
ihre
81
Fähigkeiten
ausbauen,
je
besser
sie
ihre
Kinder
kennenlernen;
die
meisten
Eltern,
die
ihre
Kinder
zu
Hause
unterrichtet
haben,
erzählen,
dass
sie
ihre
Kinder
seitdem
mehr
mögen,
nicht
weniger.
Auf
jeden
Fall
handelt
es
sich
hierbei
um
Fähigkeiten,
die
man
in
der
Schule
[Anm.
d.
dt.
Hrsg.:
und
auch
nicht
im
Studium]
weder
unterrichten
noch
lernen
kann,
geschweige
denn
mit
einem
Test
messen
oder
mit
einem
Dokument
beweisen.
Gibt
es
keine
schulischen
Anforderungen?
Sollten
Eltern
nicht
über
ein
Mindestwissen
verfügen?
Können
auch
Personen
ihre
Kinder
unterrichten,
die
selbst
keine
Schule
besucht
haben?
Auch
solche,
die
selbst
weder
lesen
noch
schreiben
können?
Ich
glaube,
auch
dann
ist
es
möglich.
Vor
nicht
allzu
langer
Zeit
erzählte
mir
eine
Frau
nach
einer
Versammlung,
dass
sie
ein
Diplom
vom
Radcliffe
Institute
besäße
und
an
der
Universität
von
Harvard
promoviert
habe,
dass
aber
von
allen
Lehrern,
die
sie
je
gehabt
habe,
ihre
Mutter
ihre
hilfreichste,
einfluss-
reichste
und
wichtigste
Lehrerin
gewesen
sei.
Diese
Mutter
war
als
Immigrantin
in
die
USA
gekommen
und
hatte
auch
in
ihrem
Heimat-
land
nie
lesen
und
schreiben
gelernt.
In
meiner
Zeit
als
Berater
für
ein
Erwachsenen-Alphabetisierungsprogramm
hörte
ich
von
einer
Frau
mittleren
Alters,
der
es
über
Jahre
gelang,
vor
ihrem
Ehemann
und
ihren
Kindern
geheim
zu
halten,
dass
sie
weder
lesen
noch
schreiben
konnte,
und
dies,
obwohl
ihr
Mann
selbst
einen
College-Abschluss
besaß
und
sie
ihren
Kindern
regelmäßig
bei
den
Hausaufgaben
half.
Jahrelang
erzählte
ich
ihre
Geschichte,
um
aufzuzeigen,
wie
gewieft
Menschen
bestimmte
Fertigkeiten
vortäuschen
können.
Und
erst
vor
kurzem
erkannte
ich,
dass
die
Kinder
ihre
Mutter
nicht
jahrelang
um
Hilfe
bei
den
Hausaufgaben
gebeten
hätten,
wenn
ihre
Hilfe
nicht
wir-
kungsvoll
gewesen
wäre.
Kurz
gesagt
war
sie
nicht
nur
eine
gute
Schwindlerin,
sondern
auch
eine
ausgezeichnete
Lehrerin.
Ich
erwarte
nicht,
dass
mich
viele
Eltern,
die
selbst
Analphabeten
sind,
fragen
werden,
ob
sie
ihre
Kinder
aus
der
Schule
nehmen
sollen,
um
sie
zu
Hause
zu
unterrichten.
Aber
für
den
Fall,
dass
dies
doch
einmal
geschieht,
werde
ich
sagen:
»Die
Tatsache,
dass
Sie
selbst
noch
nicht
Lesen
und
Schreiben
gelernt
haben,
bedeutet
nicht,
dass
Sie
Ihre
Kindern
nicht
besser
unterstützen
können,
die
Welt
um
sie
herum
kennenzulernen,
als
dies
in
den
Schulen
geschieht.
Um
ihnen
jedoch
helfen
zu
können,
müssen
Sie
zunächst
selbst
lesen
und
schreiben
lernen.
Es
ist
leichter,
wenn
Sie
es
wirklich
wollen,
und
wenn
Sie
nicht
mehr
daran
denken
müssen,
dass
Sie
es
nicht
können.
82
Wenn
eines
Ihrer
Kinder
bereits
lesen
und
schreiben
kann,
soll
es
Ihnen
dabei
helfen.
Wenn
nicht,
sollten
Sie
es
gemeinsam
lernen.
Aber
es
ist
wichtig,
dass
Sie
es
lernen.
Denn
wenn
Sie
es
nicht
tun
und
die
Schule
das
herausfindet,
werden
Sie
um
nichts
in
der
Welt
von
der
Schulbehörde
oder
einem
Gericht
die
Erlaubnis
bekommen,
Ihre
Kin-
der
zu
Hause
zu
unterrichten.
Das
ist
der
erste
Punkt.
Und
der
zweite
Punkt
betrifft
Ihre
Kinder.
Wenn
Sie
weder
lesen
noch
schreiben
kön-
nen,
glauben
Ihre
Kinder
möglicherweise,
dass
Lesen
und
Schreiben
unnütz
und
uninteressant
sind,
oder
dass
es
sehr
schwierig
ist,
diese
Fähigkeiten
zu
erlernen.
Beides
stimmt
nicht.
Deshalb
wird
es
eine
Ihrer
ersten
Aufgaben
sein,
selbst
Lesen
und
Schreiben
zu
lernen.«
Wie
soll
ich
mein
Kind
täglich
sechs
Stunden
lang
unterrichten?
Wer
unterrichtet
Ihr
Kind
jetzt
täglich
sechs
Stunden
lang?
Als
Kind
ging
ich
auf
die
»besten«
Schulen,
von
denen
einige
öffentlich,
die
meisten
aber
privat
waren.
Ich
war
ein
guter
Schüler
von
jener
Art,
mit
der
Lehrer
gerne
sprechen.
Und
dennoch
war
es
eine
Seltenheit
in
meiner
Schullaufbahn,
wenn
ich
einmal
fünfzehn
Minuten
Unterricht
bekam.
Damit
meine
ich
ein
interessiertes,
inten-
sives
Gespräch
mit
einem
Erwachsenen
über
ein
Thema,
das
ich
inter-
essant,
rätselhaft
oder
wichtig
fand.
Der
Durchschnitt
-
auf
meine
gesamte
Schulzeit
bezogen
-
dürfte
vermutlich
eher
bei
fünfzehn
Minuten
pro
Woche
gelegen
haben.
Bei
den
meisten
Kindern
liegt
er
noch
deutlich
darunter.
Viele
arme
Kinder,
solche
der
nicht
weißen
Bevölkerung
oder
sonst
wie
ungewöhnliche,
erhalten
in
ihrem
gesam-
ten
Schulleben
keinen
solchen
Unterricht.
Wenn
Lehrer
mit
ihnen
spre-
chen,
dann
nur,
um
ihnen
einen
Befehl
zu
erteilen,
sie
zu
korrigieren,
zu
warnen,
zu
bedrohen
oder
ihnen
für
etwas
die
Schuld
zuzuweisen.
Außerdem
brauchen,
wollen
und
ertragen
Kinder
auch
keinen
sechsstündigen
Unterricht
pro
Tag,
selbst
wenn
die
Eltern
dazu
bereit
wären.
Um
ihnen
zu
helfen,
die
Welt
kennenzulernen,
benötigt
man
nicht
so
viel
Erwachsenen-Input.
Das
meiste
von
dem,
was
Kinder
brauchen,
haben
sie
von
den
Eltern
bereits
seit
der
Geburt
bekom-
men.
Wie
ich
schon
einmal
betont
habe,
benötigen
die
Kinder
Gele-
genheiten,
um
hin
und
wieder
ein
ehrliches
und
ernsthaftes
Gespräch
zu
führen,
ohne
Eile;
oder
um
manchmal
zu
scherzen,
zu
spielen,
Unsinn
zu
treiben
oder
Zärtlichkeit,
Mitgefühl
und
Trost
zu
bekommen.
Den
Großteil
der
Zeit
benötigen
sie,
um
mit
Ihnen
Ihr
83
Leben
zu
teilen
oder
sich
zumindest
nicht
davon
ausgeschlossen
zu
fühlen.
Kurz
gesagt,
um
einige
jener
Orte
zu
besuchen
und
um
Dinge
zu
sehen,
die
Sie
interessieren,
um
einige
Ihrer
Freunde
kennenzu-
lernen,
um
herauszufinden,
was
Sie
als
Kind
gerne
getan
haben
und
wie
es
war,
als
sie
noch
nicht
geboren
waren.
Sie
lieben
es,
wenn
Sie
ihre
Fragen
beantworten
oder
ihnen
zumindest
zuhören
und
Auf-
merksamkeit
schenken
-
und
wenn
Sie
die
Antwort
nicht
wissen,
dann
einfach
sagen:
»Ich
weiß
es
nicht.«
Ihre
Kinder
müssen
immer
mehr
Menschen
kennenlernen,
deren
Hauptaufgabe
nicht
darin
_
besteht,
sich
um
Kinder
zu
kümmern.
Sie
brauchen
auch
ein
paar
Freunde
in
ihrem
Alter,
aber
nicht
Dutzende;
zwei
oder
drei,
oder
höchstens
ein
halbes
Dutzend,
denn
mehr
echte
Freunde
kann
ein
Kind
gar
nicht
gleichzeitig
haben.
Vor
allem
aber
benötigen
sie
viel
Pri-
vatsphäre,
Alleinsein,
Ruhe
und
Zeit,
in
der
nichts
zu
tun
ist.
Schulen
bieten
den
Kindern
nichts
davon,
und
selbst
wenn
sie
sich
radikal
änderten,
könnten
sie
ihnen
die
meisten
dieser
Dinge
nicht
bieten.
Durchschnittliche
Eltern,
die
Verwandtschaft,
der
Freun-
deskreis,
die
Nachbarschaft
oder
die
Gemeinde
hingegen
können
all
diese
Dinge
bieten,
vielleicht
nicht
mehr
so
gut
wie
früher,
aber
immer
noch
gut
genug.
Erwachsene
brauchen
keinen
Universitätsabschluss
oder
sonstiges
Diplom,
um
ihren
Kindern
zu
helfen,
sich
in
dieser
Welt
zurechtzufinden.
Wie
lernen
Kinder
all
das,
was
sie
wissen
müssen?
Zu
diesem
Thema
schrieb
ein
Vater:
...
Als
er
noch
klein
war,
brachten
ihm
meine
Frau,
ein
paar
Freunde
und
ich
alles
bei,
was
er
wissen
wollte,
und
wenn
wir
einmal
etwas
nicht
wuss-
ten,
was
häufig
der
Fall
war,
umso
besser,
denn
dann
lernten
wir
gemein-
sam.
Ein
Beispiel:
Als
er
sieben
war,
sah
er
das
Periodensystem
der
Ele-
mente
und
wollte
alles
über
Atome,
Chemie
und
Physik
lernen.
Weil
ich
vergessen
hatte,
wie
man
eine
Gleichung
berechnet,
kaufte
ich
ein
Colle-
gebuch
über
das
Thema,
eine
Geschichte
über
die
Entdeckung
der
Ele-
mente
und
einige
Atommodelle.
Einen
Monat
lang
hoben
wir
zu
einem
Lern-Höhenflug
ab,
bei
dem
wir
beide
Naturwissenschaften
auf
College-
Niveau
erlernten.
Auch
wenn
er
nie
wieder
auf
das
Thema
zurückgekom-
men
ist,
erinnert
er
sich
bis
heute
an
jede
Kleinigkeit,
weil
er
es
in
einem
Augenblick
seiner
Entwicklung
und
Fantasie
erfahren
hatte,
der
für
ihn
wichtig
war.
84
Selbstverständlich
weiß
ein
Kind
nicht,
was
es
in
zehn
Jahren
wissen
muss
(wer
tut
das
schon?),
aber
es
weiß
besser
als
jeder
andere,
was
es
jetzt
und
hier
wissen
will,
wofür
sein
Geist
bereit
ist
und
wonach
es
sich
sehnt.
Wenn
wir
ihm
helfen,
das
zu
lernen,
oder
es
ihm
auch
nur
gestatten,
wird
es
sich
an
dieses
Wissen
erinnern,
es
verwenden
und
darauf
aufbauen.
Wenn
wir
ein
Kind
dazu
drängen,
das
zu
lernen,
was
wir
für
wichtiger
halten,
wird
es
das
Meiste
von
dem,
was
es
gelernt
hat,
schon
bald
wieder
vergessen.
Dass
es
dadurch
für
lange
Zeit
seinen
Hunger
auf
das
Lernen
verliert,
ist
wohl
das
Schlimmste
daran.
Andere
Eltern
haben
mir
ähnliche
Fragen
gestellt,
und
einem
Elternpaar
schrieb
ich:
...
auf
Ihre
Frage,
wie
Eltern
ein
Kind
in
Chemie
unterrichten
sollen,
scheint
es
mehrere
Antworten
zu
geben,
die
von
anderen
Eltern
hier
und
dort
schon
umgesetzt
wurden:
(1)
Die
Eltern
wählen
ein
Fachbuch,
Informati-
onsmaterial
usw.
und
lernen
den
Stoff
gemeinsam
mit
dem
Kind.
(2)
Die
Eltern
besorgen
für
das
Kind
das
Lernmaterial,
wie
oben
beschrieben,
und
das
Kind
lernt
allein.
(3)
Die
Eltern
oder
das
Kind
finden
jemanden,
der
sich
mit
diesem
Thema
auskennt,
vielleicht
einen
Freund,
einen
Nachbarn
oder
auch
einen
Lehrer
an
einer
Schule
oder
einem
College,
und
das
Kind
lernt
von
dieser
Person.
Was
die
Ausstattung
betrifft,
sagten
Sie,
dass
Ihre
High
School
ein
besonders
aufwändiges
Chemielabor
besäße.
Ich
wette
jedoch,
dass
nur
wenige
Schüler
jemals
mehr
als
einen
kleinen
Teil
des
Lehrmaterials
im
Labor
verwendet
haben.
Ich
kenne
Kinder,
die
sich
für
Chemie
interessie-
ren
und
dafür
im
Keller
die
meisten
Übungen
mit
einer
Ausrüstung
durch-
führen,
die
nach
heutigen
Preisen
weniger
als
200
Dollar
und
vielleicht
sogar
nur
100
Dollar
kostet
...
Dasselbe
gilt
für
Physik.
Was
Biologie
betrifft,
so
ist
es
mit
Ausnahme
der
Stadtzentren
keineswegs
schwierig,
Pflanzen
und
Tiere
zu
finden,
um
sie
zu
beobachten
und
zu
klassifizieren,
sofern
Kinder
dies
wollen.
Ich
behaupte
nicht,
dass
das
alles
kein
Problem
sei,
aber
wo
ein
Wille
ist,
da
ist
bekanntlich
auch
ein
Weg.
Sie
fragen:
»Erwarten
Sie,
dass
Eltern
Reagenzgläser,
Chemikalien,
Instrumente
usw.
kaufen,
die
nur
ein
oder
zwei
Jahre
verwendet
werden,
wenn
das
Kind
später
einmal
Künstler
oder
Musiker
wird?«
Nun,
warum
nicht?
Eltern
kaufen
auch
Fahrräder,
Sportausrüstungen
und
Musikin-
strumente,
ohne
zu
wissen,
ob
ihre
Kinder
später
Profisportler,
Musiker
usw.
werden.
Diese
Ausrüstung
verliert
nicht
an
Wert
(außer
sie
geht
85
kaputt)
und
sie
kann
somit
für
einen
beträchtlichen
Anteil
ihres
Kaufprei-
ses
weiterverkauft
werden.
Und
im
Lauf
der
Zeit,
wenn
immer
mehr
Eltern
ihre
Kinder
zu
Hause
unterrichten,
wird
es
leichter
werden,
diese
Mate-
rialien
von
anderen
Eltern
zu
bekommen,
die
sie
nicht
mehr
brauchen,
oder
einen
Tausch
oder
Ähnliches
zu
organisieren.
Ich
sehe
in
keinem
Alter
die
Notwendigkeit
für
»institutionelle«
Ausbil-
dung.
In
Michigan
lebt
ein
Mann
namens
Ovshinsky,
der
die
Festkörper-
physik
auf
den
Kopf
stellte,
indem
er
eine
Theorie
entwickelte,
der
zufolge
nichtkristalline
Stoffe
für
Zwecke
verwendet
werden
könnten,
für
die
nach
herkömmlicher
Theorie
nur
kristalline
Stoffe
in
Frage
kommen.
Jahrelang
taten
orthodoxe
Physiker
Ovshinskys
Ideen
als
Unsinn
ab.
Doch
als
es
ihm
gelang,
sie
in
Laborexperimenten
eindeutig
nachzuweisen,
mussten
sie
schließlich
eingestehen,
dass
er
Recht
hatte.
Ovshinsky
hat
nie
die
High
School
abgeschlossen.
Vermutlich
gibt
es
mehrere
solcher
Fälle,
und
ohne
die
Schulpflicht
gäbe
es
vermutlich
noch
bedeutend
mehr.
Es
ist
natürlich
ein
Dilemma,
dass
wir
zuerst
alle
Kinder
verpflichten,
so
viel
Zeit
in
der
Schule
zu
verbringen,
und
dann
behaupten,
dass
man
alles
nur
in
der
Schule
erlernen
kann.
Woher
wissen
wir
das?
Wo
haben
Menschen
die
Chance,
all
diese
Dinge
anderswo
zu
lernen?
Eine
der
wichtigsten
Funktionen
der
sogenannten
höheren
Bildungs-
anstalten
besteht
nicht
darin,
Menschen
Wissen
zu
vermitteln,
sondern
den
Zugang
zu
bestimmtem
Wissen
und
bestimmter
Arbeit
zu
begrenzen.
Rechtsuniversitäten
sind
vorrangig
nicht
dazu
da,
Rechtsanwälte
auszu-
bilden,
sondern
das
Angebot
an
Rechtsanwälten
gering
zu
halten.
So
gut
wie
alles,
was
heute
von
Universitätsabsolventen
getan
wird,
wurde
vor
nicht
allzu
langer
Zeit
noch
von
Personen
ohne
Universitätsabschluss
und
vielfach
sogar
ohne
Collegeabschluss
getan.
Ich
hoffe,
dass
Sie
nicht
an
Ihren
Fähigkeiten
zweifeln,
dass
Sie
Ihre
Kinder
bei
allem
unterstützen
können,
was
diese
lernen
wollen,
und
dass
Sie
auch
nicht
daran
zweifeln,
dass
Ihre
Kinder
vieles
auch
ohne
Ihre
Hilfe
erlernen
können.
Eine
Mutter
stellte
mir
brieflich
einige
besonders
herausfordernde
Fragen,
die
ich
folgendermaßen
beantwortete:
Ich
will
nicht,
dass
meine
Kinder
eine
Lebensauffassung
bekommen,
die
durch
meinen
»mütterlichen
Blickwinkel«
ver-
zerrt
ist.
Dies
ist
meine
größte
Sorge
...
86
Antwort:
Wenn
Sie
damit
meinen,
dass
Sie
fürchten,
die
Lebensauf-
fassung
Ihrer
Kinder
zu
bestimmen,
so
könnten
Sie
dies
gar
nicht,
auch
wenn
Sie
es
wollten.
Selbstverständlich
beeinflussen
Sie
Ihre
Kinder
und
zählen
auch
zu
den
wichtigsten
Einflussfaktoren,
aber
Sie
sind
beileibe
nicht
der
einzige
und
auch
nicht
der
einzig
wichtige.
Wie
Ihre
Kinder
später
einmal
die
Welt
sehen
werden,
hängt
von
vie-
len
Dingen
ab,
von
denen
Ihnen
vermutlich
viele
nicht
gefallen
wer-
den,
und
von
denen
die
meisten
außerhalb
Ihres
Einflussbereiches
liegen.
Andererseits
lässt
es
sich
nicht
vermeiden,
dass
Sie
die
Lebensauffassung
Ihrer
Kinder
doch
in
bestimmtem
Maß
beeinflus-
sen,
selbst
wenn
Sie
es
verhindern
wollten.
Ich
frage
mich
auch,
ob
ich
die
Gründlichkeit,
Durchhalte-
kraft,
Geduld
und
Begeisterung
für
all
die
unterschiedlichen
Interessen
aufbringen
kann,
die
meine
Kinder
zweifellos
haben
werden.
Antwort:
Nun,
wer
bringt
in
der
Schule
all
dies
auf?
Ich
war
ein
guter
Schüler
und
besuchte
die
»besten«
Schulen,
und
dennoch
habe
ich
wenige
Erwachsene
getroffen,
die
sich
auch
nur
im
Geringsten
um
meine
Interessen
kümmerten.
Davon
abgesehen
erwarten
Sie
womöglich
zu
viel
von
sich.
Was
Ihre
Kinder
lernen,
lernen
Sie
nicht
nur
von
Ihnen,
sondern
von
sich
aus
und
durch
ihre
Auseinander-
setzung
mit
der
Welt,
die
sie
umgibt,
und
die
selbstverständlich
Sie
mit
einschließt.
Sie
müssen
nicht
alles
wissen,
was
Ihre
Kinder
wis-
sen
wollen,
und
sich
nicht
für
dieselben
Dinge
interessieren,
für
die
sich
Ihre
Kinder
interessieren.
Und
was
die
Geduld
anbelangt,
so
könnte
es
anfangs
daran
mangeln;
wie
so
viele
Eltern,
die
ihre
Kin-
der
zu
Hause
unterrichten,
wollen
vielleicht
auch
Sie
zunächst
zu
viel
erreichen,
erlernen
und
kontrollieren.
Aber
wie
die
anderen
werden
auch
Sie
aus
Ihren
Erfahrungen
lernen
-
und
vor
allem
werden
Sie
lernen,
Ihren
Kindern
zu
vertrauen.
Die
meisten
Unschooler
leben
anscheinend
auf
Farmen,
wo
sie
ihr
eigenes
Gemüse
ziehen
(was
ich
auch
gerne
tun
würde),
oder
führen
im
städtischen
Bereich
ein
außergewöhnliches
Leben,
wobei
der
Vater
stark
in
die
Ausbildung
der
Kinder
ein-
gebunden
ist.
Wie
steht
es
mit
Kindern,
die
in
Vororten
in
modern
ausgestatteten
Häusern
aufwachsen,
und
deren
Väter
87
10
bis
12
Stunden
täglich
außer
Haus
verbringen?
Welcher
Unterschied
ergibt
sich
daraus?
Funktioniert
Unschooling
unter
diesen
Bedingungen
ebenso
gut?
Antwort:
Gut
genug.
Sie
und
Ihre
Kinder
werden
gemeinsam
heraus-
finden,
welche
Unterschiede
sich
daraus
ergeben,
und
dann
so
gut
wie
möglich
damit
umgehen.
Einst
hieß
es,
die
Vororte
wären
der
beste
Ort,
um
Kinder
großzuziehen;
nach
heutiger
Auffassung
heißt
es,
sie
seien
der
schlechteste
Ort.
In
der
Stadt,
auf
dem
Land
und
in
einem
Vorort
gibt
es
mehr
als
genug,
was
junge
Menschen
interes-
siert
und
genug
Nahrung
bietet
für
gedankliche
Auseinandersetzung
und
Taten.
Sie
müssen
Ihren
Kindern
nicht
alle
Möglichkeiten
bieten
können.
Und
selbst
wenn
Sie
es
könnten,
hätten
die
Kinder
nicht
genug
Zeit,
um
alle
zu
nutzen.
Was
die
Beteiligung
des
Vaters
betrifft,
so
ist
sie
gewiss
hilfreich,
aber
nicht
entscheidend.
Einige
der
erfolg-
reichsten
Unschooler,
von
denen
wir
wissen,
wuchsen
bei
allein
erzie-
henden
Müttern
auf.
Was,
wenn
die
Kinder
zur
Schule
gehen
wollen?
Antwort:
Das
ist
eine
schwierige
Frage,
auf
die
es
mehrere
gute
Ant-
worten
gibt,
von
denen
sich
aber
einige
widersprechen.
Eltern
könn-
ten
argumentieren,
dass
sie
jedes
Recht
haben,
ihre
Kinder
von
der
Schule
fernzuhalten,
selbst
wenn
diese
zur
Schule
gehen
wollen,
sobald
sie
befürchten,
dass
die
Schule
ihren
Kindern
schwere
blei-
bende
Schäden
zufügt.
Ebenso
wie
Sie
das
Recht
haben,
ihnen
zu
verbieten,
auf
einer
Atommülldeponie
zu
spielen.
Einige
bringen
auch
tatsächlich
dieses
Argument
vor,
das
vermutlich
bei
kleineren
Kin-
dern
schwerer
wiegt,
weil
man
von
ihnen
noch
nicht
erwarten
kann,
dass
sie
verstehen,
in
welcher
Weise
ihnen
die
Schule
schaden
könnte.
Wenn
ältere
Kinder
mehrmals
entschlossen
und
aus
guten
Gründen
erklären,
dass
sie
wirklich
gerne
zur
Schule
gingen,
neige
ich
dazu,
sie
gehen
zu
lassen.
Ab
welchem
Alter
und
welchen
Grün-
den?
Ich
habe
keine
Ahnung.
Aber
ein
schlechter
Grund
Ihrer
Kinder
ware:
»Ich
habe
gehört,
dass
man
zum
Mittagessen
in
der
Schule
Kakao
bekommt.«
Kommt
es
häufiger
zu
Anzeigen,
die
zu
gerichtlichen
Sorge-
rechtseinschränkungen
führen?
88
Antwort:
In
mehreren
Fällen
haben
Gerichte
auf
Veranlassung
von
Schulen
-
auf
schändliche
Weise
-
versucht,
Unschooling-Eltern
ihre
Kinder
wegzunehmen.
Ich
glaube,
dass
es
juristische
Argumente
und
andere
Strategien
gibt,
die
es
einem
Gericht
fast
unmöglich
machen,
etwas
Derartiges
zu
tun.
Und
wenn
es
tatsächlich
zum
Schlimmsten
kommen
sollte
und
das
Gericht
sagt:
»Stecken
Sie
die
Kinder
wieder
in
die
Schule,
sonst
nehmen
wir
sie
Ihnen
weg«,
dann
können
Sie
sie
immer
noch
in
die
Schule
schicken,
während
Sie
Ihre
nächsten
Schritte
planen.
Das
kann
eine
Übersiedlung
in
einen
anderen
Bun-
desstaat
sein
oder
in
einen
anderen
Schul-
oder
Gerichtsbezirk.
Ich
will
nicht
das
Gefühl
haben,
meine
Kinder
übermäßig
zu
beschützen
oder
Schwierigkeiten
aus
dem
Weg
zu
gehen.
Antwort:
Warum
nicht?
Es
ist
Ihr
gutes
Recht
und
Ihre
Aufgabe
als
Elternteil,
Ihre
Kinder
zu
schützen
und
Sie
vor
Schwierigkeiten
zu
bewahren,
zumindest
soweit
Sie
dies
können.
Obwohl
weltweit
viele
Kinder
hungern
oder
fehlernährt
werden,
werden
Sie
doch
nicht
Ihre
eigenen
Kinder
hungern
lassen,
nur
damit
sie
erfahren,
wie
das
ist.
Sie
würden
auch
nicht
zulassen,
dass
Ihre
Kinder
auf
einer
stark
befahrenen
Straße
spielen.
Ihre
Aufgabe
ist
es,
Ihren
Kindern
so
weit
wie
möglich
dabei
zu
helfen,
ihr
menschliches
Potenzial
zu
ent-
decken.
Zu
diesem
Zweck
füllen
Sie
ihr
Leben
so
weit
wie
möglich
mit
guten
Dingen
an
und
versuchen,
Schlechtes
fernzuhalten.
Wenn
Sie
Schulen
für
etwas
Schlechtes
halten
-
wie
Sie
es
offensichtlich
tun
—-
dann
ist
klar,
was
Sie
tun
sollten.
Ich
schätze
es,
wie
sie
lernen,
mit
Herausforderungen
und
Pro-
blemen
umzugehen
...
Antwort:
Davon
wird
es
jede
Menge
geben.
Vermutlich
war
es
nie
ein-
fach,
aufzuwachsen,
aber
in
einer
so
angsterfüllten,
verwirrenden
Welt
wie
der
unseren
ist
es
besonders
schwierig.
Es
ist
schon
eine
gewaltige
Herausforderung,
sich
selbst
kennenzulernen,
sich
ein
lebenswertes
Leben
zu
schaffen
und
eine
erfüllende
Arbeit
zu
finden,
auch
ohne
den
Zeitverlust
durch
die
falschen,
wertlosen
Herausfor-
derungen
der
Schule,
wie
etwa
dem
Lehrer
zu
gefallen,
Problemen
aus
dem
Weg
zu
gehen,
in
die
Clique
zu
passen,
beliebt
zu
sein
und
all
das
zu
tun,
was
die
anderen
tun.
89
Werden
die
Kinder
Gelegenheit
haben,
Dinge
zu
tun,
von
denen
sie
glauben,
dass
sie
sie
nicht
tun
wollen,
und
lernen,
ihre
Abneigung
davor
zu
überwinden?
Antwort:
Ich
weiß
nicht
genau,
wie
diese
Frage
gemeint
ist.
Aber
wenn
sie
darauf
abzielt,
ob
Kinder,
die
nicht
zur
Schule
gehen,
je
erfahren
werden,
wie
es
ist,
widrige
und
anspruchsvolle
Dinge
zu
tun,
um
ein
selbstgesetztes
Ziel
zu
erreichen,
dann
lautet
meine
Antwort:
Ja.
Das
Leben
ist
voll
von
derartigen
Anforderungen.
Allerdings
ist
es
etwas
anderes,
wenn
man
etwas
tun
muss
-
und
in
den
Schulen
handelt
es
sich
dabei
meist
um
etwas
Unsinniges,
Langweiliges
-,
nur
weil
es
einem
aufgetragen
wird
und
man
bestraft
wird,
wenn
man
es
nicht
tut.
Dabei
ist
es
einerlei,
ob
sich
ein
Kind
dem
widersetzt
oder
sich
dem
Druck
beugt,
denn
beides
schadet
ihm.
Wenn
es
sich
jedoch
mit
den
natürlichen
Schwierigkeiten
einer
selbst
gewählten
oder
unver-
meidlichen
Aufgabe
abmüht,
bildet
dies
den
Charakter.
Sich
lediglich
einem
übergeordneten
Zwang
zu
beugen,
zerstört
den
Charakter.
73
Diesen
wichtigen
Fragen
könnte
man
im
Hinblick
auf
unsere
heutige
Arbeitswelt
ein
bedeutendes
Thema
hinzufügen:
Können
auch
Familien
Homeschooling
betreiben,
in
denen
beide
Elternteile
berufstätig
sind?
Meine
Frau
und
ich
sind
beide
berufstätig,
und
dennoch
haben
wir
im
Lauf
der
Jahre
herausgefunden,
dass
sich
unsere
Arbeitszeiten
an
das
Homeschooling
anpassen
lassen.
Bis
vor
kurzem
arbeitete
ich
üblicher-
weise
von
9
Uhr
bis
17
Uhr
entweder
im
Büro
oder
zu
Hause,
und
Day
arbeitete
an
den
Nachmittagen
und
Abenden;
diese
Regelung
passte
sowohl
für
Days
Arbeit
als
Beleuchterin
am
Theater
als
auch
für
meine
tägliche
Arbeitszeit.
Jetzt
unterrichtet
Day
tagsüber
in
einer
öffentlichen
Schule,
während
ich
zu
Hause
arbeite
und
einen
größeren
Anteil
an
den
Fahrdiensten
und
Hilfestellungen
für
die
Mädchen
übernehme.
Als
unsere
Kinder
noch
sehr
klein
waren
und
Day
und
ich
gemein-
sam
bei
Holt
Associates
arbeiteten,
verbrachten
die
Kinder
viel
Zeit
bei
uns
im
Büro,
vor
allem,
wenn
auch
andere
Kinder
dort
waren,
mit
denen
sie
spielen
konnten.
Als
Kleinkind
liebte
unsere
heute
sechzehnjährige
älteste
Tochter
Lauren
das
Büro.
Nach
»Mom«
und
»Dad«
war
»Mail«
ihr
nächstes
Wort,
was
nicht
überrascht,
weil
wir
bei
der
Arbeit
oft
genug
90
über
»Mails«
sprachen!
Heute
sind
unsere
Töchter
mit
ganz
anderen,
eige-
nen
Aktivititen
beschäftigt,
und
neben
diesen
Aktivitäten
und
der
Zeit,
die
sie
mit
Freunden,
Nachbarn
und
Verwandten
verbringen,
haben
sie
nicht
mehr
so
viel
Zeit,
uns
bei
der
Arbeit
zu
begleiten.
Als
unsere
Kinder
älter
wurden,
bemerkten
wir
als
eine
der
ersten
Veränderungen,
dass
sie
in
steigendem
Maß
mit
eigenen
Aktivitäten
beschäftigt
waren.
Die
Notwendigkeit,
dass
jemand
ständig
auf
sie
»aufpasste«,
ging
zurück,
während
es
wichtiger
wurde,
Terminpläne
abzu-
gleichen.
Wenn
Lauren
zum
Beispiel
ihre
Gymnastikstunde
besucht
oder
mit
der
Homeschooling-Theatergruppe
probt,
bedeutet
das
nicht,
dass
meine
Frau
oder
ich
auch
anwesend
sein
müssen.
Wir
sind
nicht
mehr
die
einzigen,
die
sich
mit
dem
Homeschooling
unserer
Kinder
befassen,
und
das
bringt
nicht
nur
für
uns
als
Eltern
Vorteile,
sondern
auch
für
unsere
Kinder.
Sie
besuchen
nicht
die
Gymnastikstunde
oder
die
Theaterprobe,
um
während
unserer
Arbeitszeit
betreut
zu
sein,
sondern
weil
diese
Art
von
abwechslungsreichem
Leben
für
uns
der
Inbegriff
von
Homeschoo-
ling
ist.
Eltern
können
die
Entwicklung
eines
Kindes
sanft
fördern,
von
der
Abhängigkeit
der
eigenen
Betreuung
hin
zur
Unabhängigkeit
als
junge
Erwachsene;
ältere
Kinder
können
leichter
allein
ihrer
Wege
gehen,
indem
sie
entweder
allein
zu
Hause
sind,
in
die
Bibliothek
gehen
oder
mit
anderen
Erwachsenen
zusammenarbeiten.
Betrachten
Sie
Home-
schooling
nicht
als
etwas,
wofür
Ihre
Kinder
den
ganzen
Tag
zu
Hause
sein
müssen
oder
ständige
elterliche
Betreuung
benötigen.
Denn
Home-
schooling
umfasst
auf
natürliche
Weise
eine
Vielzahl
bereits
beschriebe-
ner
Aktivitäten.
Einige
Doppelverdiener-Familien
arbeiten
bewusst
zu
unterschiedli-
chen
Zeiten,
oder
sie
teilen
thre
Arbeit
so
ein,
dass
ein
Partner
zu
Hause
arbeitet.
Das
Buch
The
Four-Thirds
Solution:
Solving
the
Childcare
Cri-
sis
in
America
Today
von
Stanley
Greenspan
zeigt
auf,
wie
zwei
berufs-
tätige
Eltern
jeweils
zu
zwei
Dritteln
ihrer
Arbeit
nachgehen,
um
mehr
Zeit
mit
ihren
Kindern
zu
verbringen.
Es
ist
erstaunlich,
welche
Kreati-
vität
und
Findigkeit
Eltern
an
den
Tag
legen,
die
Homeschooling
betrei-
ben
wollen,
und
dies
betrifft
die
gesamte
Bandbreite
von
Müttern,
von
der
Sozialhilfeempfängerin
bis
zur
erfolgreichen
Führungskraft:
Wo
ein
Wille
ist,
da
ist
auch
ein
Weg.
Um
einen
ersten
Überblick
über
die
vielfältigen
Möglichkeiten
des
Homeschooling
zu
gewinnen,
rate
ich
Ihnen,
einige
der
Bücher
zu
lesen,
die
im
Anhang
empfohlen
werden.
Aber
um
ein
echtes
Gefühl
dafür
zu
bekommen,
was
Homeschooling
für
Ihre
Familie
bedeuten
könnte,
rate
|
91
ich
Ihnen
dringend,
eine
Homeschooling-Konferenz
zu
besuchen
oder
an
einem
Gruppentreffen
teilzunehmen.
Möglicherweise
müssen
Sie
meh-
rere
Versuche
starten,
ehe
Sie
genau
das
finden,
was
Sie
für
Ihr
Home-
schooling
brauchen.
Aber
das
Ergebnis
ist
die
Mühe
wert.
Auf
diese
Weise
erhalten
Sie
nicht
nur
die
neuesten
Informationen
zu
Homeschooling-
Themen
und
-Veranstaltungen
in
Ihrer
Region,
sondern
treffen
auch
Gleichgesinnte
und
mögliche
zukünftige
Freunde
Ihrer
Kinder.
Eine
weitere
Frage,
die
mir
häufig
gestellt
wird:
Können
auch
Familien
Homeschooling
betreiben,
deren
Kinder
besonderer
Förderung
bedürfen?
Familien,
deren
Kinder
besonderer
Förderung
bedürfen,
können
nicht
nur
Homeschooling
machen,
sondern
sie
werden
vermutlich
auch
fest-
stellen,
dass
ihre
Kinder
dadurch
aufblühen.
Homeschooling
beinhaltet
viel
Einzelbeachtung;
es
bietet
viel
Zeit,
um
Aufgaben
zu
erfüllen,
die
andere
Kinder
schneller
erledigen
können,
und
es
ermöglicht,
verschie-
dene
Therapien
und
Medikationen
auszuprobieren,
falls
die
derzeitige
Behandlung
des
Kindes
nicht
anschlägt.
Einige
Schulen
fordern
für
diese
Eltern
möglicherweise
eine
Spezialausbildung
für
die
Betreuung
eines
Kin-
des
mit
besonderem
Förderbedarf
-
ein
Einwand,
der
meist
unangebracht
ist.
Eine
Mutter,
der
ich
half,
ihr
förderbedürftiges
Kind
aus
einem
aner-
kannten
Schulprogramm
herauszulésen,
war
selbst
eine
für
Forderunter-
richt
ausgebildete
Lehrerin,
und
dennoch
sagte
man
ihr,
dass
sie
ihrer
Tochter
nicht
die
Betreuung
geben
könne,
die
sie
brauche!
Diese
Mutter
hat
ihre
Tochter
dennoch
selbst
unterrichtet,
und
beide
empfinden
ihr
Leben
als
sehr
bereichert,
seit
sie
so
eng
zusammenarbeiten.
Hier
einer
der
häufigsten
Gründe,
warum
sich
Familien
mit
Kindern
mit
besonderem
Förderbedarf
für
freies
Lernen
entscheiden:
Sie
sind
erschöpft
von
den
wiederholten
Versuchen,
jene
Hilfeleistungen
und
Auf-
merksamkeit
fur
thr
Kind
zu
bekommen,
die
es
braucht,
und
entsch-
ließen
sich,
während
der
Wartezeit
auf
die
typischen
unbefriedigenden
Antworten,
selbst
mit
ihrem
Kind
zu
arbeiten.
Wendy
Renish
betreibt
Homeschooling
mit
ihrer
Tochter,
die
an
Autismus
und
einer
tief
grei-
fenden
Entwicklungsstörung
leidet.
Sie
schrieb
an
Growing
Without
Schooling:
Durch
all
die
Probleme,
die
wir
hatten,
um
in
der
Schule
die
richtigen
Hilfen
fiir
sie
zu
bekommen,
und
die
Zeit,
die
wir
aufwenden
mussten,
um
sie
für
die
92
Schule
vorzubereiten,
ihr
bei
den
Hausaufgaben
und
sozialen
Dingen
zu
hel-
fen,
fehlte
uns
die
Zeit
für
die
Einzelarbeit
mit
ihr,
die
sie
in
Wirklichkeit
viel
mehr
brauchte.
Derrick
Simpson,
ein
alleinerziehender
Vater
aus
Illinois,
der
einen
behin-
derten
Jungen
aus
Äthiopien
adoptierte,
schreibt:
Jahrelang
habe
ich
dafür
gekämpft,
dass
er
eine
Sprachtherapie
bekommt.
Die
Behörden
verweigerten
thm
die
Therapie,
weil
sie
glaubten,
dass
er
kein
Sprech-
problem
habe
...
Mein
Sohn
hatte
das
Gefühl,
die
Schule
wolle
thn
nicht
unterrichten.
Dabei
wollte
er
so
gerne
zur
Schule
gehen,
weil
es
in
Athiopien
ein
Privileg
war,
zur
Schule
zu
gehen,
und
er
es
so
sah
...
Er
hasste
diese
Situation.
Und
obwohl
ich
es
vielleicht
geschafft
hätte,
die
richtige
Therapie
für
thn
durchzusetzen,
wenn
ich
nur
weitermachte,
wollte
ich
nach
dreieinhalb
Jahren
Kampf
einfach
nicht
mehr
länger
warten
...
Als
ich
eines
Abends
mit
Fasika
an
seinen
Hausaufgaben
arbeitete,
erkannte
ich,
dass
er
den
gesamten
Tag
in
der
Schule
damit
verbracht
hatte,
sich
in
einer
Reihe
anzustellen,
zu
warten,
dann
im
Klassenzimmer
zu
warten,
dort
darauf
zu
warten,
dass
die
anderen
fertig
wurden,
nur
um
sich
wieder
in
einer
Reihe
anzustellen.
Gleichzeitig
verbrachten
wir
Abend
für
Abend
mehrere
Stunden
damit,
seine
Hausaufgaben
zu
erledigen.
In
diesem
Augenblick
sagte
ich
mir:
»Ich
werde
ihn
einfach
selbst
unterrichten«.
Sobald
Eltern
mit
dem
Schulsystem
an
diesen
Wendepunkt
angelangt
sind,
kann
Homeschooling
befreiend,
aber
auch
beängstigend
wirken.
Mitunter
entschließen
sich
Eltern
nicht
für
Homeschooling,
weil
sie
es
für
eine
gut
durchdachte
Lösung
halten,
sondern
aus
Verzweiflung
und
unter
enormem
Druck,
um
die
Lage
ihres
Kindes
zu
verbessern.
Zum
Glück
verbessert
sich
die
Unterstützung
für
diese
Familien
und
auch
das
Ver-
ständnis
einiger
Mediziner,
dass
Eltern
sehr
wohl
imstande
sind,
ihre
behinderten
Kinder
in
breiterem
Rahmen
selbst
zu
betreuen,
als
bisher
all-
gemein
angenommen
wurde.
Wendy
Renish
schreibt:
Wir
trafen
Dr.
Stanely
Greenspan,
einen
Psychiater
aus
Bethesda
(Maryland)
und
Autor
des
Buches
The
Challenging
Child.
Er
1st
weltweit
einer
der
führen-
den
Spezialisten
auf
dem
Gebiet
der
Kindesentwicklung
und
glaubt,
dass
sich
das
autistische
Verhalten
eines
Kindes
durch
Arbeit
verändern
lässt.
Er
hat
ein
Programm
entwickelt
unter
dem
Titel
»floor
time«,
das
unserer
bisherigen
Vor-
gehensweise
sehr
dhnelte.
Seiner
Ansicht
nach
spielen
Eltern
eine
Hauptrolle
in
der
Förderung
von
Kindern
mit
besonderen
Bedürfnissen.
Ja,
für
manche
Dinge
93
braucht
man
Mediziner
-
Rosie
braucht
Hilfe
bei
ihren
Allergien,
ihrer
Hörschwäche
und
für
eine
spezielle
Beschäftigungstherapie.
Wenn
es
jedoch
um
das
Verhalten
geht,
erfordern
diese
intensiven
Einzelprogramme
so
viel
Zeit,
dass
die
Eltern
den
Großteil
der
Arbeit
übernehmen
müssen.
...
In
vielfacher
Weise
war
es
eine
Befreiung,
sie
nicht
mehr
zur
Schule
zu
schicken.
Wir
müssen
uns
morgens
nicht
mehr
darum
kümmern,
ihr
das
Haar
zu
kämmen
oder
die
Schuhe
anzuziehen,
und
wir
haben
jetzt
eine
geschützte
Umgebung,
in
der
wir
mit
ihr
arbeiten
und
uns
auf
die
Bereiche
konzentrieren
können,
in
denen
sie
tatsächlich
Hilfe
braucht.
Sie
1st
ein
Kind,
das
sich
bis
zum
Alter
von
zehn
Jahren
nicht
erkannte,
wenn
sie
sich
im
Spiegel
sah.
Sie
erkannte
zwar
Teile
des
Körpers
wieder,
aber
sie
begriff
sich
selbst
nicht
als
Per-
son.
Während
ihrer
Kindheit
versäumte
sie
so
vieles,
so
viele
Erlebnisse,
an
denen
sie
zwar
körperlich,
aber
nicht
emotional
teilnahm.
Jetzt
können
wir
uns
auf
ihre
Ebene
begeben
und
die
Lücken
auffüllen.
...
Auch
im
Hinblick
auf
ihre
akademische
Ausbildung
macht
Rosie
zu
Hause
Fortschritte.
Ihr
Sprachvermögen
hat
sich
verbessert,
weil
sie
nun
langsa-
mer
sprechen
und
denken
darf
...
Wir
wenden
Techniken
an,
die
ihr
bei
ihren
auditiven
und
visuellen
Verarbeitungs-
und
Wahrnehmungsstörungen
helfen,
und
sie
lernt,
alles,
was
in
einem
Kapitel
passiert,
zu
visualisieren
[wenn
sie
ein
Buch
liest].
Wir
spielen
Sätze
nach
oder
nehmen
sie
in
unseren
Kunstkurs
mit.
Dadurch
verbessert
sie
sich
ungemein.
Selbstverständlich
ist
Homeschooling
für
uns
schwieriger
als
für
viele
andere
Familien
...
Es
wäre
mir
eine
große
Hilfe,
Kontakt
zu
anderen
Erwach-
senen
aus
der
Umgebung
zu
haben,
oder
Zugang
zu
Bibliotheken,
Tanzstun-
den
und
anderen
Aktivitäten,
von
denen
Rosie
profitieren
könnte
und
die
mir
eine
Atempause
gönnten.
Aus
diesem
Grund
wollen
wir
auch
in
die
Nähe
einer
Stadt
ziehen.
Für
Rosie
eignet
sich
am
besten
eine
Ausbildung
mit
Ein-
zelunterricht
am
Vormittag,
wo
sie
jene
intensive
Einzelbetreuung
bekommt,
die
sie
benötigt.
Für
den
Nachmittag
sehen
wir
uns
nach
Gruppenaktivitäten
um,
die
thre
Kommunikation
mit
Gleichaltrigen
fördern,
was
sie
ebenfalls
braucht.
6
94
3
Die
Freilerner-Politik
In
einem
Brief
an
Ivan
Illich
[siehe
Anhang
A]
schrieb
John
Holt
im
Jahr
1972:
In
unserer
Arbeit
fiir
die
Veränderungen,
die
wir
uns
wünschen,
für
eine
wahr-
lich
gesellige
Gesellschaft
und
eine
Technologie,
die
nicht
zum
Selbstmord
führt,
kommen
Ihnen
und
mir
möglicherweise
unterschiedliche
Funktionen
zu.
Während
Sie
eher
ein
Prophet
sind,
bin
ich
eher
ein
Taktiker
...
Die
restlichen
Jahre
seines
Lebens
verbrachte
Holt
damit,
Mittel
und
Wege
zu
finden,
um
diese
Veränderungen
herbeizuführen.
In
seinem
Buch
Ent-
schulung
der
Gesellschaft
schrieb
Ivan
Illich,
dass
wir
eine
Finanzierung
der
Schulen
seitens
der
Regierung
verhindern
miissen,
um
die
Schulen
zu
destabilisieren.
Ebenso
wie
wir
die
Kirche
vom
Staat
getrennt
haben,
sol-
len
wir
nun
die
Verfassung
ändern,
um
das
Bildungsestablishment
zu
stiir-
zen.
Illich
erklärt:
Im
modernen
Amerika
werden
wir
nicht
mehr
gleich
geboren,
sondern
miissen
durch
die
Alma
Mater
gleich
gemacht
werden.
Holt
stimmte
inhaltlich
mit
Illich
überein,
bezweifelte
jedoch,
dass
die
Mehrheit
der
Bevölkerung
einer
Abschaffung
der
staatlichen
Finanzie-
rung
fiir
Schulen
zustimmen
wiirde.
Deshalb
suchte
er
nach
anderen
Wegen,
um
sein
Ziel
zu
erreichen,
die
Menschen
zu
befähigen,
ihre
Kin-
der
ohne
Schule
aufwachsen
zu
lassen.
Mit
der
Gründung
seiner
Zeit-
schrift
Growing
Without
Schooling
im
Jahr
1977
legte
Holt
auch
den
Grundstein
fur
seine
Position
als
hervorragender
Taktiker,
der
Familien
zeigt,
wie
sie
von
schulischer
Ausbildung
zum
»Unschooling«
gelangen,
einem
von
ihm
erfundenen
Begriff,
der
das
Wort
»Deschooling«
ersetzte,
da
dieses
seiner
Meinung
nach
»mehr
Verwirrung
als
Verständnis
schafft.
Auch
»Unschooling«
erwies
sich
nicht
als
eindeutiger
Begriff,
1st
jedoch
95
ein
guter
Versuch
-
wie
schon
zuvor
angemerkt
-,
um
die
von
Holt
geför-
derten
Ausbildungsmodelle
zu
beschreiben:
Es
umfasst
das
Lernen
und
Unterrichten
in
einer
Form,
die
nicht
der
Schulausbildung
gleicht
und
die
nicht
zwangsläufig
zu
Hause
erfolgen
muss.
Anfang
der
80er
Jahre
hatte
sich
der
Begriff
»Homeschooling«
etabliert,
den
auch
Holt
schließlich
abwechselnd
mit
»Unschooling«
(diesen
Begriff
verwendet
er
in
all
seinen
Büchern)
gebrauchte.
Die
meisten
Homeschooler,
ebenso
wie
die
allge-
meine
Offentlichkeit,
gehen
jedoch
davon
aus,
dass
Kinder
nichts
lernen,
solange
man
sie
nicht
speziell
unterrichtet.
Die
Offentlichkeit
zweifelt
in
keiner
Weise
an
der
Notwendigkeit
einer
Ausbildung;
ihre
Sorge
betrifft
lediglich
die
Ausbildungsmethoden
und
die
Bildungsinhalte,
sowie
die
öffentliche
und
private
Finanzierung.
Hier
zeigen
sich
die
deutlichsten
Unterschiede
zwischen
»Unschooling«
und
»Homeschooling«.
In
Deutschland
hat
sich
neben
dem
englischen
Lehnwort
»>Homeschooling«
fur
die
Familien,
in
denen
das
Lernen
mehr
informell
und
ohne
Unter-
richt
1m
engeren
Sinn
erfolgt,
der
Begriff
»Freilerner«
eingebürgert.
Ich
verwende
nun
das
Wort
»Bildung«
[engl.:
education],
wie
es
Holt
in
seinem
Buch
Instead
of
Education
verwendet:
...
etwas,
das
Menschen
fiir
andere
zu
ihrem
eigenen
Besten
tun,
indem
sie
sie
formen
und
versuchen,
ihnen
all
das
beizubringen,
was
sie
ihrer
Meinung
nach
wissen
sollen.
Indem
ich
beschreibe,
wie
Familien
ohne
jene
von
Pflichtschulen
ange-
botene
Bildung
leben
und
lernen,
versuche
ich
nicht,
den
Nachweis
zu
erbringen,
dass
Schulen
gänzlich
abgeschafft
werden
sollten.
Ebenso
wenig
wie
Illich,
als
er
sein
Buch
Entschulung
der
Gesellschaft
schrieb.
Homeschooler
konnen
sehr
wohl
Klassenzimmer,
traditionelle
Lehrme-
thoden
und
sogar
Lehrbücher
und
überholte
Lehrpläne
verwenden
-
in
einigen
US-Bundesstaaten
nehmen
Homeschooler
sogar
am
öffentlichen
Schulunterricht
teil
-
aber
sie
tun
dies
aus
eigenem
Antrieb
und
unter
selbstgewählten
Bedingungen.
Freilerner
bestimmen
selbst,
was,
wann,
warum,
wie
und
von
wem
sie
lernen
wollen.
Dadurch
haben
sie
eine
voll-
kommen
andere
Beziehung
zu
ihrer
Schulausbildung
als
Schüler,
die
bloß
aufgrund
ihres
Alters
in
einer
bestimmten
Klasse
sitzen.
Vieles
kann
schulartige
Arrangements
für
die
eigene
Ausbildung
wünschenswert
machen,
und
interessante
Lehrer
werden
willige
Schüler
immer
anziehen,
egal
wo
oder
wie
sie
lehren.
Ich
stelle
mich
lediglich
gegen
das
Konzept,
dass
Bildung
dem
Lernwilligen
in
vorgegebenen
Dosen
verabreicht
wer-
den
soll.
Diese
Kampfansage
ist
heute
besonders
wichtig,
weil
wir
jetzt
96
Gesetze
und
eine
Bildungspolitik
erschaffen,
die
den
Zeitraum
des
Pflicht-
unterrichts
sogar
noch
ausweitet,
eine
zukünftige
Anstellung
direkt
mit
schulischen
Tests
und
Zeugnissen
verknüpft
und
unsere
Kultur
durch
eine
Liste
von
Lerninhalten
standardisiert.
Unschooling
oder
Freilernen
und
Homeschooling
sind
in
der
Praxis
eng
miteinander
verwoben,
wobei
Holt
in
diesem
gesamten
Kapitel
das
Konzept
des
Freilernens
als
politi-
sche,
hoch
spezifizierte
Methode
verwendet.
¢¢
In
diesem
Kapitel
möchte
ich
mich
mit
einigen
sogenannten
politi-
schen
Einwände
gegen
Freilernen
befassen:
(1)
Freilernen
können
nur
reiche/oder
auf
andere
Weise
privilegierte
Personen
betreiben;
(2)
Personen,
die
selbst
Freilernen
betreiben,
machen
es
den
armen
Kindern,
die
in
der
Schule
bleiben,
nur
schwerer;
(3)
Schulen
sind
bereits
definitionsgemäfß
und
von
ihrer
Philosophie
her
auf
Gleich-
berechtigung
ausgerichtet
und
sind
-
werden
in
Zukunft,
oder
werden
in
Zukunft
dazu
gemacht
-
eine
hilfreiche
Einrichtung
für
arme
Kin-
der;
(4)
Eltern,
die
mit
ihren
Kindern
Freilernen
betreiben,
ignorieren
die
Notwendigkeit
für
eine
soziale
und
ausbildungsbezogene
Verän-
derung
im
großen
Stil,
sie
kümmern
sich
nicht
darum
oder
sind
ein-
fach
zu
selbstsüchtig,
um
sich
daran
zu
beteiligen.
FREILERNEN
UND
SOZIALE
VERÄNDERUNG
Als
wir
begannen,
Eltern
zu
raten,
ihre
Kinder
aus
der
Schule
zu
neh-
men,
und
die
Zeitschrift
Growing
Without
Schooling
ins
Leben
riefen,
setzten
wir
nur
die
einfache
Theorie
über
sozialen
Wandel
um,
die
besagt,
dass
wichtige
und
dauerhafte
gesellschaftliche
Veränderun-
gen
immer
langsam
erfolgen.
Denn
diese
Veränderungen
greifen
nur
dann,
wenn
die
Menschen
nicht
nur
ihre
politischen
Ansichten,
poli-
tischen
Interessensvertretungen
oder
Regierungsformen
ändern,
sondern
tatsächlich
ihr
eigenes
Leben.
Echter
sozialer
Wandel
ist
ein
Prozess,
der
über
eine
meist
sehr
lange
Zeitspanne
erfolgt.
Zu
einem
bestimmten
Zeitpunkt
in
der
Geschichte
denken
und
handeln
99
Prozent
der
Gesellschaft
in
bestimmter
Weise,
während
nur
ein
Pro-
zent
deutlich
anders
denkt
und
handelt.
Im
Laufe
der
Zeit
werden
aus
diesem
einen
Prozent
erst
zwei,
dann
fünf,
dann
10,
20,
30
Pro-
zent,
bis
sie
schließlich
die
herrschende
Mehrheit
darstellen.
Damit
hat
sozialer
Wandel
stattgefunden.
Wann
ereignete
sich
dieser
97
soziale
Wandel?
Wann
hat
er
begonnen?
Darauf
gibt
es
keine
klare
Antwort.
Man
kann
nur
sagen,
dass
jeder
gesellschaftliche
Wandel
damit
beginnt,
dass
zunächst
eine
einzige
Person
über
gesell-
schaftlichen
Wandel
nachdenkt.
Wir,
die
daran
glauben,
dass
Kinder
die
Welt
von
sich
aus
erkun-
den
wollen,
es
sehr
gut
können
und
wir
darauf
vertrauen
können,
dass
dazu
kaum
Zwang,
Anleitung
oder
Beeinflussung
durch
Erwach-
sene
nötig
sind,
stellen
heute
möglicherweise
nicht
mehr
als
ein
Pro-
zent
der
Bevölkerung
dar,
wenn
überhaupt.”
Zu
meinen
Lebzeiten
werden
wir
auch
kaum
die
Mehrheit
erzielen.
Das
stört
mich
auch
nicht
weiter,
solange
diese
Minderheit
beständig
wächst.
Und
meine
Arbeit
besteht
darin,
dieses
Wachstum
zu
fördern.
Wenn
wir
die
Mehrheit
unserer
Gesellschaft
(oder
der
Welt)
im
Hinblick
auf
Kin-
der
und
Ausbildung
als
Bewegung
in
die
Richtung
X
betrachten,
und
unsere
kleine
Minderheit
als
Bewegung
in
die
Richtung
Y,
so
will
ich
all
jenen
helfen,
die
sich
in
Richtung
Y
bewegen
wollen,
damit
sie
sich
auch
tatsächlich
in
Richtung
Y
bewegen.
Es
hat
keinen
Sinn,
unablässig
zu
der
großen
Mehrheit
auf
dem
Weg
in
Richtung
X
hin-
überzurufen:
»Hey,
ihr,
hört
auf,
dreht
um,
ihr
geht
in
die
falsche
Rich-
tung!«
Die
Menschen
ändern
nicht
ihre
Ansichten
und
noch
weniger
ihr
Leben,
nur
weil
jemand
mit
einem
klugen
Argument
vorbeikommt
und
ihnen
zeigt,
dass
sie
auf
dem
falschen
Weg
sind.
Wenn
wir
echte,
tiefgreifende
Veränderungen
in
der
Gesellschaft
herbeiführen
wollen,
sind
diese
Belehrungen
und
Dispute
größtenteils
Zeitverschwendung.
Im
Bereich
Bildung
traf
dies
sicher
zu.
Wie
schon
gesagt
habe
ich
gemeinsam
mit
vielen
anderen
jahrelang
mit
den
Vertretern
des
Mainstreams
über
Bildung
diskutiert,
und
dies
sowohl
mit
Pädago-
gen,
als
auch
der
breiten
Öffentlichkeit.
Im
Grunde
waren
alle
diese
Diskussionen
erfolglos.
Nur
sehr
wenige
Schulen
leiteten
die
von
uns
vorgeschlagenen
Veränderungen
ein.
Und
von
diesen
wenigen
wan-
delten
sich
nur
einige
wenige
langfristig,
während
es
in
den
meisten
heute
schlimmer
aussieht
denn
je.
Unsere
Gespräche
haben
jedoch
offenbar
einer
kleinen
Gruppe
von
Menschen
geholfen,
ihre
Arbeit
und
ihr
Leben
radikal
umzustellen,
sich
von
der
im
Mainstream
mar-
schierenden
Armee
zu
trennen
und
ihre
eigene
Richtung
einzu-
schlagen.
Aber
sind
Veränderungen
in
so
kleinem
persönlichen
Rahmen
bereits
politisch,
bringen
sie
bereits
eine
Veränderung
der
Gesell-
schaft
in
ihrer
Gesamtheit
mit
sich,
bzw.
sind
sie
dazu
imstande,
den
98
Impuls
dafür
zu
setzen?
Das
hängt
von
vielen
Faktoren
ab.
Können
auch
andere
Menschen,
die
weder
reich,
mächtig
noch
sonst
wie
besonders
sind,
tun,
was
diese
Menschen
tun,
wenn
sie
es
wollen,
ohne
dadurch
unangemessene
Risiken
einzugehen
oder
Opfer
zu
bringen?
Sprechen
jene,
die
bereits
ihr
Leben
verändern,
auch
mit
anderen
darüber,
was
sie
tun
und
wie?
Mögen
private
Handlungen
noch
so
radikal
und
befriedigend
sein,
sie
werden
erst
dann
zu
einer
politischen
Bewegung,
wenn
sie
auch
bekannt
werden.
Von
Einzelpersonen
oder
Kleingruppen
durchgeführte
Aktionen
sind
also
erst
dann
politisch,
wenn
sie
die
Kraft
besitzen,
sich
zu
ver-
vielfältigen.
Als
ich
Eltern
aufforderte,
eigene
Schulen
zu
gründen,
wenn
ihnen
die
lokalen
Schulen
nicht
gefielen,
wirkte
dies
wie
eine
politische
Tat,
weil
es
aussah,
als
könnte
jeder,
der
dies
wollte,
das-
selbe
tun.
Aber
wenn
wir
unter
»Schule«
einen
bestimmten
Lernraum
verstehen,
der
für
nichts
anderes
verwendet
wird
und
mit
hauptamt-
lich
bezahlten
Lehrern
ausgestattet
wird,
dann
kostet
selbst
die
klein-
ste
Schule
mehr
Geld,
als
die
meisten
Menschen
besitzen
oder
auf-
bringen
können.
Während
ich
dies
schreibe,
musste
eine
der
besten
kleinen
Alternativschulen
dieser
Region
nach
zehn
Jahren
guter
Arbeit
die
Tore
schließen,
weil
sie
das
für
den
Betrieb
nötige
Geld
nicht
mehr
aufbringen
konnte.
Derartige
Schulen
haben
nicht
die
Macht,
sich
zu
vervielfältigen
-
Homeschooling
hingegen
hat
sie.
Zweifellos
benötigt
man
auch
eine
besondere
innere
Einstellung
und
entsprechendes
Engagement,
um
die
eigenen
Kinder
zu
unterrichten.
Diese
Fähigkei-
ten
besitzen
viele
Menschen
oder
können
sie
mit
etwas
Hilfe
erwerben.
Auch
diese
Fähigkeiten
können
sich
vervielfältigen.
Selbst
wenn
sich
viele
Freilerner
nicht
so
sehen,
sind
sie
im
wahrsten
Sinne
des
Wortes
Anführer.
Dies
muss
nicht
unbedingt
jemand
sein,
dem
eine
große
Menschenmenge
folgt.
Anführer
sind
Menschen,
die
ihren
eige-
nen
Weg
gehen,
ohne
sich
darum
zu
kümmern
oder
sich
auch
nur
umzusehen,
ob
ihnen
jemand
folgt.
»Führungsqualität«
ist
nicht
die
Fähigkeit,
Gefolgsleute
anzuziehen,
sondern
die
Fähigkeit,
andere
so
weit
zu
bestärken,
dass
sie
allein
zurechtkommen.
Dazu
gehören
Mut,
Ausdauer,
Geduld,
Humor,
Flexibilität,
Einfallsreichtum,
Ent-
schlossenheit,
ein
guter
Realitätssinn
und
die
Fähigkeit,
auch
in
schwierigen
Situationen
einen
kühlen
Kopf
zu
bewahren.
Das
ist
das
Gegenteil
von
»Charisma«,
von
dem
wir
so
oft
hören.
Charismatische
Anführer
regen
uns
an
zu
sagen:
»Ach,
wenn
ich
das
doch
auch
könnte,
wenn
ich
doch
auch
so
sein
könnte.«
Echte
Anfüh-
99
rer
regen
uns
an
zu
sagen:
»Wenn
die
so
etwas
tun
können,
dann
kann
ich
das
verdammt
noch
mal
auch!«
Sie
machen
die
Menschen
nicht
zu
Gefolgsleuten,
sondern
zu
neuen
Anführern.
Die
Home-
schooling-Bewegung
ist
voll
von
solchen
»normalen«
Menschen,
die
Dinge
tun,
die
sie
sich
nie
zugetraut
hätten,
sich
beispielsweise
mit
Gesetzestexten
auseinandersetzen,
Expertenmeinungen
in
Frage
stellen,
sich
gegen
arrogante
Behörden
behaupten,
sich
und
ihre
Überzeugungen
auch
in
der
Presse,
im
Fernsehen
und
sogar
vor
Gericht
verteidigen.
Andere
normale
Menschen,
die
sie
dabei
sehen,
gelangen
wiederum
zu
der
Ansicht,
dass
sie
dasselbe
schaffen,
und
tun
es
dann
auch.
Deshalb
ist
der
Begriff
Homeschooling-»Bewegung«
möglicher-
weise
irreführend.
Die
meisten
Menschen
verstehen
unter
Bewegung
eine
Armee
aus
einigen
wenigen
Generälen
und
vielen
einfachen
Sol-
daten.
In
der
Homeschooling-Bewegung
ist
jeder
selbst
ein
General.
EIN
WENIG
IRONISCH
...
Neulich
schickte
uns
jemand
einen
Zeitungsbericht
über
einen
Vater,
der
durch
eigene
Nachforschung
in
Erfahrung
gebracht
hatte,
dass
an
einem
durchschnittlichen
Schultag
mehr
als
die
Hälfte
der
Schüler,
welche
die
Örtliche
Junior
High
School
seines
Sohnes
besuchten,
den
Unterricht
schwänzten.
Dies
war
ein
bedeutend
höhe-
rer
Anteil,
als
aus
den
offiziellen
Zahlen
hervorging.
Weil
dieser
Vater
der
Ansicht
war,
dass
dieser
Umstand
in
vielfacher
Hinsicht
die
Qua-
lität
der
Schulbildung
seines
Sohnes
beinträchtige,
forderte
er
die
Schulbehörde
auf,
etwas
gegen
dieses
massive
Fernbleiben
vom
Unterricht
zu
unternehmen.
Die
Schulbehörde
führte
ihn
daraufhin
auf
einen
Irrweg
durch
sämtliche
Etagen
der
Schulbürokratie.
Mehr
als
ein
Jahr
lang
versuchte
er,
jemanden
innerhalb
des
Schulsystems
zu
finden,
der
etwas
gegen
das
Schuleschwänzen
unternahm.
Es
wäre
schon
ein
erster
Schritt
gewesen,
wenn
jemand
seine
Schät-
zung
über
das
Fernbleiben
vom
Unterricht
bestätigt
hätte.
Aber
er
erreichte
gar
nichts.
In
seiner
Verzweiflung
ging
er
schließlich
mit
sei-
ner
Geschichte
an
die
Presse.
Ob
er
je
eine
zufriedenstellende
Lösung
gefunden
hat,
weiß
ich
nicht.
Für
mich
ist
es
jedoch
entscheidend,
dass
dieser
Vater
trotz
eines
einjährigen
persönlichen
Einsatzes
nicht
imstande
war,
die
100
Schulbehörde
zu
bewegen,
etwas
gegen
das
massive
Schule-
schwänzen
an
der
Schule
seines
Sohnes
zu
unternehmen.
Nehmen
wir
an,
er
hätte
schließlich
empört
gesagt:
»Ich
habe
es
satt,
euch
zu
bitten,
eure
Schulen
in
Form
zu
bringen;
ich
nehme
meinen
Jungen
aus
der
Schule
und
unterrichte
ihn
zu
Hause
selbst.«
Innerhalb
weni-
ger
Tage
hätte
ihm
die
Schule
die
Polizei
nach
Hause
geschickt.
»
Allgemein
ist
in
den
letzten
Jahren
in
einigen
Städten
die
Zahl
der
Schulschwänzer
gesunken,
während
sie
in
anderen
Städten
noch
gestiegen
ist.
Die
Ironie
bleibt
uns
also
weiter
erhalten.
Zum
Beispiel
wurde
eine
Homeschooling-Familie
beim
Sozialamt
wegen
Vernachlässigung
der
Ernährungs-
und
Ausbildungspflicht
angezeigt,
weil
der
Informant
bemerkt
hatte,
dass
sich
die
Familie
vegetarisch
ernährte
und
Home-
schooling
betrieb;
die
Untersuchung
des
Sozialamtes
sprach
die
Familie
von
diesen
Vorwürfen
frei.
Zum
Glück
sind
derartige
Fälle
nicht
an
der
Tagesordnung,
wenn
sie
auch
immer
wieder
auftreten.
Das
wirft
die
Frage
auf,
warum
man
bei
Homeschooling-Familien
so
schnell
nachhakt:
»Warum
waren
diese
Kin-
der
nicht
in
der
Schule?«
und
»Welche
Nahrung
nehmen
sie
zu
sich?«,
während
in
öffentlichen
Schulen
wesentlich
mehr
Kinder
von
Hunger
und
Schulschwinzen
betroffen
sind.
Die
sichtbarsten
Bemühungen
der
Regierung
zur
Eindimmung
des
Schuleschwinzens
bestehen
in
einem
weiteren
Eingriff
in
das
Familienleben,
indem
Strafen
angedroht
werden:
In
einigen
Bundesstaaten
werden
die
Eltern
für
das
Schuleschwänzen
ihrer
Kinder
verantwortlich
gemacht
und
zu
Geldstrafen
verurteilt.
Im
September
2001
schrieb
das
amerikanische
Justizministerium,
dass
Schulen
die
Jugendgerichte
mit
einer
wesentlich
höheren
Zahl
an
Fällen
von
unerlaubtem
Fernbleiben
vom
Unterricht
bemühen
als
je
zuvor:
»1998
betrug
der
Anteil
an
unerlaubtem
Fernbleiben
26
Prozent
aller
formell
behandelten
Straffälle.
Dies
entspricht
einem
Anstieg
dieser
Fälle
an
den
Jugendgerichten
um
85
Prozent
seit
1989
(von
22
200
Fällen
im
Jahr
1989
auf
41000
Fälle
im
Jahr
1998).
Um
diese
Steigerung
abzu-
fangen,
führte
Arizona
laut
Aussage
des
Justizministeriums
eine
Ergän-
zung
zur
Verfassung
des
Bundesstaates
ein,
die
»die
Durchsetzung
der
geltenden
Anwesenheitsstatuten
der
Pflichtschulen
stärkt,
indem
Bußgel-
der
für
Eltern
eingeführt
wurden«.
Die
verstärkte
Verfolgung
von
unerlaubtem
Fernbleiben
vom
Unter-
richt
kann
auch
Homeschooling-Familien
betreffen.
So
hat
es
im
letzten
Jahrzehnt
einige
Fälle
gegeben,
bei
denen
die
Behörden
nach
Schul-
101
schwänzern
suchten
und
Homeschooler
entdeckten,
die
sich
ohne
Beglei-
tung
außerhalb
ihres
Zuhauses
aufhielten.
Deshalb
benötigen
Home-
schooler
heute
in
einigen
wenigen
Schulbezirken
der
USA
eigene
Aus-
weise,
die
es
ihnen
gestatten,
sich
während
der
Schulstunden
in
der
Öffentlichkeit
aufzuhalten.
Ohne
Ausweis
müssen
sie
von
einem
Eltern-
teil
begleitet
werden.
Dieser
Eingriff
in
die
persönliche
Freiheit
wird
von
Schulbehörden
und
Politikern
als
unabwendbare
Begleiterscheinung
im
Kampf
gegen
unerlaubtes
Fernbleiben
vom
Unterricht
gerechtfertigt.
Falls
man
auch
in
Ihrer
Heimatstadt
eine
Ausgangssperre
verhängt,
um
gegen
das
Problem
des
Schuleschwänzens
anzukämpfen,
sollten
Sie
sich
nicht
mit
dieser
einfachen
Rechtfertigung
zufriedengeben.
Einige
Homeschoo-
ler
haben
sich
erfolgreich
gegen
derartige
Regelungen
gewehrt,
sobald
sie
eingebracht
wurden.
Die
Verfolgung
von
Schulschwänzern
und
eine
Ausgangssperre
schei-
nen
seitens
der
Schulbehörden
vernünftige
Maßnahmen
gegen
das
Schul-
schwänzen
zu
sein,
die
durch
große
Zustimmung
in
der
Öffentlichkeit
vermutlich
auch
weite
Verbreitung
finden.
Eine
derartige
Vorschlag-
hammerpolitik
trifft
jedoch
häufig
auch
unschuldige
Personen
-
meist
unbeabsichtigt,
aber
deshalb
nicht
weniger
schmerzlich
-
wie
der
Fall
der
Homeschooler
zeigt.
Während
wir
mit
der
Peitsche
in
der
Hand
in
der
Ausbildung
durchzugreifen
versuchen,
scheinen
wir
vergessen
zu
haben,
wie
das
Zuckerbrot
aussieht.
Zum
Beispiel
spricht
die
Jugendabteilung
des
Justizministertums
ausdrücklich
von
der
Schule
als
»Zuckerbrot«,
wenn
sie
sich
auf
ihr
Konzept
von
»Zuckerbrot
und
Peitsche«
im
Kampf
gegen
das
Schulschwänzen
bezieht.
Diese
Argumentation
erschwert
es,
überhaupt
über
Alternativen
zur
Schule
nachzudenken,
geschweige
denn
über
Entscheidungen
zum
Schulschwänzen
und
das
öffentliche
Bil-
dungswesen.
Soziale
und
persönliche
Gründe
dafür,
dass
viele
Kinder
und
ihre
Familien
die
Schule
möglicherweise
nicht
als
Zuckerbrot
betrach-
ten,
werden
von
jenen
Juristen,
welche
die
Schule
schlichtweg
als
Zucker-
brot
bezeichnen,
erst
gar
nicht
behandelt.
Wie
dieser
Vater
aus
Philadelphia
musste
auch
ich
feststellen,
dass
es
schwerer
ist
als
man
denkt,
belegbare
Zahlen
über
das
unerlaubte
Fern-
bleiben
vom
Unterricht
zu
finden.
So
gibt
es
zum
Beispiel
keine
bun-
desweiten
Aufzeichnungen
darüber,
und
auch
die
Schulen
selbst
geben
die
genauen
Zahlen
nur
schleppend
bekannt.
Zeitungsberichte
aus
loka-
len
und
bundesstaatlichen
Quellen
bieten
uns
dennoch
einen
Überblick
über
das
Ausmaß
des
Problems
des
Schulschwänzens.
Die
Detroit
Free
Press
berichtete
am
02.
April
2000:
102
Die
Zahl
der
Schulschwänzer
zu
senken,
zählt
zu
den
»Eckpfeilern«
der
Schul-
reformbemühungen
von
Detroit
...
Die
Beamten
der
Stadt
wenden
etablierte
Gesetze
gegen
unerlaubtes
Fernbleiben
vom
Unterricht
an,
die
nie
zuvor
getes-
tet
wurden.
Die
Schüler
mit
den
meisten
Eintragungen
wegen
Fernbleibens
vom
Unterricht
werden
gemeinsam
mit
ihren
Familien
vor
Gericht
gebracht,
um
die
hohe
Rate
an
Schulschwänzern
zu
senken,
unter
der
die
Stadt
leidet:
Fast
40
Prozent
der
167400
Schüler
des
Bezirks
sind
betroffen.
Auf
der
Website
parentingteens.com
werden
die
nachstehenden
Zahlen
veröffentlicht,
die
von
seriösen
nationalen
Ausbildungsinstituten
gemäß
dem
Gesetz
zur
Bekämpfung
von
Verbrechen
und
Aufruhr
gesammelt
wurden:
In
Pittsburgh
bleiben
täglich
etwa
3500
Schüler
-
das
sind
12
Prozent
aller
Schüler
-
dem
Unterricht
fern.
Etwa
70
Prozent
dieses
Fernbleibens
erfolgt
unentschuldigt
...
In
Philadelphia
bleiben
täglich
etwa
2500
Schüler
unentschuldigt
dem
Unterricht
fern
...
In
Milwaukee
bleiben
pro
Schultag
etwa
4000
Schüler
unentschuldigt
dem
Unterricht
fern
...
Bei
Jugendlichen
bis
zum
Alter
von
16
Jahren
verwischen
konventio-
nelle
Schulreformprogramme
wie
die
Ganzjahresschule
und
die
steigende
Zahl
von
Doppeleinschreibungen,
wobei
High-School-Schüler
auch
Col-
lege-Kurse
besuchen
dürfen,
die
Grenzen
zwischen
Schulschwänzern
und
Nichtschwänzern,
wenn
sie
während
der
Unterrichtszeit
außerhalb
der
Schule
angetroffen
werden.
Anstatt
die
Schulschwänzer
zurückzu-
gewinnen,
versuchen
die
Schulen,
diese
Jugendlichen
zurückzuzwingen,
wobei
sie
gleichzeitig
thre
Familien
der
öffentlichen
Schande
preisge-
ben.
Wenn
wir
uns
verstärkt
darauf
konzentrierten,
mehr
Geld
und
Auf-
merksamkeit
für
Alternativen
zum
gängigen
Schulwesen
aufzuwenden,
anstatt
Menschen
dafür
zu
strafen,
dass
sie
nicht
zur
Schule
gehen,
könnten
wir
vielleicht
erfahren,
welche
Möglichkeiten
und
Bedürfnisse
diese
Kinder
und
ihre
Familien
tatsächlich
haben
und
welche
wir
anspre-
chen
sollten.
Homeschooling
liefert
uns
einige
Hinweise
dafür,
wie
diese
Alterna-
tiven
schon
heute
aussehen
können.
Eine
Geschichte,
die
1994
in
GWS
veröffentlicht
wurde,
ist
mir
in
Erinnerung
geblieben.
Hier
schreibt
Kathryn
Miller
Ridiman
aus
Kentucky:
Zu
Hause
wurde
ich
geschlagen
und
gedemütigt
-
oder
bestenfalls
ignoriert
...
103
In
der
Schule
war
ich
durch
meinen
starken
Appalachen-Akzent
und
meine
ländliche
Herkunft
eine
Außenseiterin
...
Mein
wahres
Leben,
in
dem
ich
kom-
petent
und
gebildet
war
und
akzeptiert
wurde,
spielte
sich
weit
abseits
von
Schule
und
Familie
ab.
Kathryn
Ridiman
beschreibt
schließlich,
wie
sie
im
Alter
von
fünfzehn
Jahren
Leiterin
eines
Reitstalls
in
einem
Vorort
wurde.
In
ihrer
Antwort
schrieb
GWS5-Herausgeberin
Susannah
Sheffer:
Natürlich
brauchen
Kinder
mit
einem
schwierigen
Familienhintergrund
eine
Art
Zuflucht,
einen
Ort,
an
dem
sie
sich
»kompetent,
gebildet
und
akzeptiert«
fühlen.
Auch
wenn
viele
nie
einen
derartigen
Zufluchtsort
finden,
wünsche
ich
ihnen
einen
solchen.
Ich
glaube
gerne,
dass
fiir
einige
Kinder
die
Schule
zum
Zufluchtsort
wird,
oder
zumindest
zu
einem
Ort,
den
sie
threm
Zuhause
vor-
ziehen.
Ich
glaube
jedoch
nicht,
dass
sich
die
Schulen
selbst
vorrangig
als
Zufluchtsort
sehen.
Wenn
sie
als
Zufluchtsort
fir
Kinder
mit
Problemen
gedacht
wären,
wo
diese
sich
kompetenter
und
akzeptierter
fühlen
können
als
zu
Hause,
wären
Schulen
nicht
so
konzipiert,
wie
sie
es
heute
sind,
d.
h.
mit
Tests,
Zensuren
und
wenig
Gelegenheit
fiir
echte
Arbeit
usw.
Wenn
wir
begrei-
fen,
wie
viel
Positives
Kathryn
durch
ihre
Arbeit
im
Reitstall
erfahren
hat,
kon-
nen
wir
erkennen,
wie
wenige
dieser
Elemente,
die
sich
im
Reitstall
fanden,
auch
in
der
Schule
vorhanden
waren.
Aber
selbst
wenn
Schulen
für
einige
Kinder
tatsächlich
Zufluchtsorte
sind,
sind
sie
fur
viele
andere
Kinder
nur
ein
weiterer
Ort,
an
dem
sie
sich
gedemiitigt,
unbeachtet,
dumm,
inkompetent
und
von
allen
echten
Anliegen
abgeschnitten
fühlen.
Die
fiir
mich
zentrale
Frage
hierbei
lautet:
Wie
können
wir
Kindern
abseits
von
Schule
und
Zuhause
andere
Zugänge
erschließen,
die
eine
Alternative
für
thre
unbefriedigende
Situation
zu
Hause
und
in
der
Schule
sind?”
Das
Kind
zu
zwingen,
in
dieselbe
Situation
zurückzukehren,
aus
der
es
geflohen
ist,
1st
für
Schule
und
Kind
gleichermaßen
eine
Niederlage;
kön-
nen
wir
ihnen
nicht
stattdessen
helfen,
etwas
zu
finden,
was
sie
in
der
Schule
nicht
bekommen?
Selbstverständlich
ist
das
eine
schwierige
und
aufwändige
Aufgabe,
aber
dasselbe
gilt
auch
für
verstärkte
Überwachung
jedes
anderen
Kindes
im
schulpflichtigen
Alter.€¢
104
WEM
HELFEN
SCHULEN?
Lehrer
und
Erzieher
glauben
aufrichtig
und
halten
leidenschaftlich
daran
fest,
dass
Schulen
dazu
ins
Leben
gerufen
wurden,
um
be-
nachteiligten
Kindern
eine
bessere
Chance
auf
gesellschaftlichen
Aufstieg
zu
bieten.
Wir
sollten
begreifen,
warum
das
heute
und
ver-
mutlich
auch
in
Zukunft
so
selten
der
Fall
ist.
In
einem
Land
mit
so
wenigen
Reichen
und
Mächtigen
und
so
vielen
Armen
und
Schwachen
wollen
die
Reichen
natürlich
so
gut
wie
möglich
sicherstellen,
dass
ihre
Kinder
nicht
zu
den
Armen
zählen
werden.
Diese
Möglichkeit
ist
einer
der
wichtigsten
Vorteile
von
Reich-
tum.
Um
dies
zu
erreichen,
kann
man
Wissen
-
und
damit
Zugang
zu
Macht,
Privilegien
und
Besitz
-
so
stark
wie
möglich
einschränken,
indem
man
es
teuer
und
somit
unerreichbar
macht.
Das
ist
eine
der
Aufgaben,
die
Schulen
übernehmen,
und
zwar
in
jedem
Land
der
Welt
und
ungeachtet
ihrer
jeweiligen
Ideologie
und
Ökonomie.
Viele
Menschen,
die
heute
in
den
USA
in
der
rasch
wachsenden
Solarenergiebranche
arbeiten,
besitzen
keinen
entsprechenden
College-Abschluss.
Der
Großteil
der
Arbeit
und
der
wichtigsten
Aufgaben
wird
von
Kleinunternehmen,
»Garagenerfindern«,
Hobby-
ingenieuren
und
Amateuren
geleistet.
Jeder
kann
an
das
bekannte
Wissen
gelangen
und
sich
der
Arbeit
anschließen.
An
den
Colleges
und
Universitäten
beginnt
man
im
Fachbereich
Solarenergie
damit,
Zensuren
zu
vergeben,
so
dass
von
heute
an
erst
in
zehn
Jahren
viele,
die
in
diesem
Fachbereich
arbeiten,
über
diese
Diplome
ver-
fügen
werden
(wenn
auch
immer
noch
nicht
alle).
Sobald
genug
Absolventen
vorhanden
sind,
werden
sich
die
Colleges
und
Uni-
|
versitaten,
welche
die
Diplome
vergeben,
darum
bemuhen,
dass
ent-
sprechende
Gesetze
verabschiedet
und
Vereinbarungen
getroffen
werden,
die
besagen,
dass
wichtige
Aufgaben
im
Bereich
der
Solar-
energie
nur
noch
von
derart
diplomierten
Fachleuten
ausgeführt
wer-
den
durfen.
Sie
werden
also
versuchen,
ein
weiteres
Betatigungsfeld
fur
menschliche
Erfindungen
und
Aktionen
in
einen
»Beruf«
umzu-
wandeln,
in
ein
legalisiertes
Monopol,
das
nur
jene
ausuben
durfen,
die
eine
teure
Ausbildung
durchlaufen
haben.
Dies
ist
neben
anderen
Tatigkeitsbereichen
auch
in
der
Justiz
passiert.
Abraham
Lincoln
hat
-
wie
so
viele
andere
-
die
Gesetze
nicht
an
einer
juristischen
Fakultat
gelernt,
sondern
durch
das
Selbst-
studium
von
Gesetzestexten.
Bis
vor
kurzem
sprach
man
nicht
davon,
105
Jura
»zu
studieren«,
sondern
davon,
das
Gesetz
»zu
lesen«.
(In
Eng-
land
bezeichnet
man
das
Studium
der
Rechtswissenschaften
immer
noch
als
»Lesen
des
Gesetzes«.)
Armen
Jungen
(und
seltener
Mädchen)
stand
es
frei,
Rechtsanwalt
zu
werden,
indem
sie
das
Gesetz
lasen
und
danach
in
einer
Rechtsanwaltskanzlei
arbeiteten,
WO
sie
zunächst
einfache
Aufgaben
erfüllten.
Je
mehr
sie
gelernt
hat-
ten,
desto
mehr
Verantwortung
übertrug
man
ihnen,
bis
sie
vielleicht
sogar
eines
Tages
eine
eigene
Kanzlei
eröffneten.
Zweifellos
waren
die
Söhne
reicher
Familien
immer
noch
deutlich
im
Vorteil.
Aber
die
Armen
hatten
zumindest
einen
Zugang,
wenn
auch
nicht
mehr.
In
vielen
Bundesstaaten,
wenn
nicht
in
den
meisten,
kann
man
heute
nicht
als
Anwalt
arbeiten
oder
auch
nur
die
Anwaltsprüfungen
able-
gen,
wenn
man
nicht
an
einer
juristischen
Fakultät
studiert
hat
-
und
es
gibt
mehr
Menschen,
die
Rechtswissenschaften
studieren
wollen,
als
Studienplätze
verfügbar
sind.
Abgesehen
davon
bekommen
nahezu
ausnahmslos
Absolventen
»guter«
juristischer
Fakultäten
die
sogenannten
»guten«
Fälle,
wobei
die
meisten
dieser
Absolventen
zunächst
auf
sogenannte
»gute«
-
sprich
teure
-
Colleges
gingen.
Mitunter
gelingt
es
auch
einigen
jun-
gen
Leuten
aus
»einfachen
Verhältnissen«,
diesen
Hindernislauf
zu
bewältigen,
so
dass
wir
uns
in
dem
Glauben
wiegen,
es
herrsche
Chancengleichheit.
Doch
das
entspricht
nicht
der
Realität.
Berufli-
cher
Erfolg
ist
heute
mehr
denn
je
von
der
gesellschaftlichen
Stel-
lung
der
Herkunftsfamilie
abhängig.
[Anm.
d.
dt.
Hrsg.:
Insbesondere
in
Deutschland.]
Bis
vor
nicht
allzu
langer
Zeit
waren
jedoch
in
den
USA
zahlreiche
Berufe,
für
die
heute
ein
Diplom
oder
Ähnliches
erfor-
derlich
ist,
auch
ohne
eine
derartige
formale
Qualifikation
zugäng-
lich.
Wie
und
wo
erwarb
man
damals
sein
Wissen?
Man
lernte,
wie
Lincoln,
indem
man
Bücher
las,
seine
Augen
und
Ohren
öffnete,
Fra-
gen
stellte
und
mit
oder
für
Personen
arbeitete,
die
mehr
wussten.
Schulen
behaupten
gerne
von
sich,
dass
sie
Wissen
schaffen
|
und
verbreiten.
Sie
kamen
der
Wahrheit
naher,
wenn
sie
zugaben,
dass
sie
Wissen
sammeln
und
horten
und
wenn
möglich
den
Markt
beherrschen,
um
ihr
Wissen
zu
Hochstpreisen
zu
verkaufen.
Nur
aus
diesem
Grund
wollen
sie
alle
in
dem
Glauben
lassen,
dass
man
nur
in
der
Schule
Wertvolles
lernen
könne.
Aber
dieses
Denken
festigt
nur
die
Klassenstruktur
der
Gesellschaft
und
schließt
die
Armen
weiterhin
von
beruflichem
und
damit
gesellschaftlichem
Erfolg
aus.
106
Zu
den
vielen
Nebeneffekten
von
Reichtum
und
Macht
in
jeder
Gesellschaft
zählt
die
Fähigkeit
zu
bestimmen,
welche
Art
von
Wis-
sen
-
und
dabei
handelt
es
sich
selbstverständlich
um
das
eigene
Wissen
-
bedeutend
wichtiger
ist
als
jedes
andere.
Daraus
leitet
sich
ab,
dass
jene,
die
dieses
Wissen
besitzen
-
also
Reiche,
Mächtige
und
ihre
Freunde
-
selbst
wesentlich
wichtiger
und
verdienstvoller
erscheinen
als
Menschen,
die
etwas
anderes
wissen.
Damit
ist
es
nur
allzu
verständlich,
warum
in
jeder
Gesellschaft
die
durch
Reich-
tum
oder
hohe
Regierungspositionen
mächtigsten
Persönlichkeiten
gerne
behaupten,
dass
jegliches
Wissen,
das
die
meisten
Menschen
in
Ihrem
Alltagsleben
und
ihrer
Arbeit
aufschnappen,
weniger
wert
ist,
als
jenes
Wissen,
das
man
an
besonderen
Orten
erwerben
kann,
und
vor
allem
an
solchen,
deren
Zugang
sie
kontrollieren.
EIN
MANN,
DEN
DAS
LEBEN
LEHRTE
In
seinem
Buch
Travels
Around
America
berichtet
Harrison
Salisbury
von
seinen
Bemühungen,
dem
Weg
nach
Westen
zu
folgen,
den
einige
seiner
Vorfahren
genommen
hatten.
Er
beschreibt
einen
von
ihnen
folgendermaßen:
Er
[Hiram
Salisbury]
war
ein
Mann
seiner
Zeit
[1815]
...
Ich
suche
in
dem
Tagebuch
nach
Hinweisen
und
rekonstruiere
den
postrevolutionären
Ame-
rikaner.
Dazu
stelle
ich
eine
Liste
seiner
Fähigkeiten
auf,
indem
ich
ein
Blatt
nach
dem
anderen
fülle.
Er
beherrschte
jede
Arbeit
in
der
Landwirt-
schaft.
Er
melkte
Kühe
und
half
bei
der
Geburt
von
Kälbern.
Er
verarztete
sein
Pferd.
Er
pflügte,
pflanzte,
bestellte
das
Feld,
machte
Heu,
pflückte
Äpfel,
veredelte
Obstbäume,
schnitt
Weizen
mit
der
Sense,
band
Hafer-
garben
und
drosch
Getreide
mit
dem
Dreschflegel
auf
dem
Lehmboden.
Er
häckselte
Mais
und
lagerte
sein
Gemüse
für
den
Winter
ein.
Er
stellte
Apfelwein
her
und
baute
Obstpressen.
Er
machte
Käse
und
fabrizierte
Käsezangen.
Er
schlachtete
Schweine
und
schor
Schafe.
Er
machte
But-
ter
und
salzte
sie
ein.
Er
stellte
Seife
und
Kerzen
her,
deckte
Scheunen
mit
Stroh
und
baute
Räucherkammern.
Er
schlachtete
Ochsen
und
kon-
struierte
Ochsenschlitten.
Er
bekämpfte
Waldbrände
und
steckte
Land
ab.
Er
reparierte
den
Kranhaken
von
Smith’s
Mühle
und
schmiedete
eine
Hal-
terung
für
seinen
eigenen
Kamin,
um
daran
den
Kessel
aufzuhängen.
Er
sammelte
Eisen
auf
dem
Land
und
schmolz
es
ein.
Er
reparierte
die
Schuhe
seiner
Kinder
und
seine
eigenen.
Er
baute
Rollbetten,
Ochsen-
107
karren,
Schlitten,
Wagen,
Wagenräder
und
Radspeichen.
Er
schnitt
Baum-
stämme
zu
Brettern
und
schlug
Robinien,
um
daraus
Zaunpfähle
herzu-
stellen.
Er
errichtete
den
Rahmen
für
Häuser
und
fabrizierte
Balken,
die
sowohl
verzapft
als
auch
genagelt
werden
konnten.
Mit
Hilfe
von
sechs
Männern
stellte
er
Gerüste
auf
und
baute
Häuser.
Er
baute
einen
hüb-
schen
Kirschkasten
mit
einer
Lade
für
seinen
Cousin,
reparierte
Uhren
und
ging
angeln.
Er
stellte
selbst
Metermaße
her
und
verkaufte
sie
für
einen
Dollar
pro
Stück.
Er
reparierte
Fensterstöcke,
Schlösser
und
Kom-
passe.
Er
schlug
Holz,
inspizierte
den
Wald,
machte
Aufzeichnungen
und
schnitzte
Schindeln.
Er
beaufsichtigte
die
Aufzeichnungen
der
Stadt
und
prüfte
die
Bücher
der
Friendship
Lodge,
der
ältesten
provinziellen
Frei-
maurerloge
des
Landes
(die
immer
noch
existiert).
Er
stellte
Pflüge
her,
schnitzte
Gewehrkolben
und
baute
Webstühle.
Er
setzte
Grabsteine
und
fabrizierte
Wagennaben.
Er
führte
einen
Buchladen
und
konnte
innerhalb
eines
halben
Tages
einen
ausgezeichneten
Sarg
zimmern.
Er
war
Mitglied
der
Generalversammlung
des
Staates,
Armenaufseher,
Immobilienschät-
zer
und
Mitglied
des
Stadtrates.
Er
stellte
tausende
von
Fassreifen
her,
sowie
Zinnarmaturen.
Über
einen
Zeitraum
von
mehreren
Jahren
war
er
Steuereinnehmer
der
Stadt
...
Ich
habe
nicht
alle
Fähigkeiten
von
Hiram
angeführt,
aber
es
soll
genü-
gen.
Meiner
Ansicht
nach
war
er
kein
ungewöhnlicher
Mann.
Würde
man
mich
in
Hirams
Welt
versetzen,
würde
ich
nicht
lange
überleben.
Würde
man
hingegen
Hiram
in
unsere
Welt
versetzen,
hätte
er
wohl
ein
paar
klei-
nere
Schwierigkeiten
mit
dem
Computer,
aber
er
würde
sich
schneller
damit
auskennen,
als
ich
eine
Hafergarbe
binden
könnte.
Ich
bin
geneigt,
Harrison
Salisbury
zuzustimmen,
dass
Hiram
zu
sei-
ner
Zeit
vermutlich
kein
ungewöhnlicher
Mann
war,
in
unserer
Zeit
jedoch
höchst
ungewöhnlich:
Mit
einem
breiteren
Wissensschatz
und
mehr
Fähigkeiten
war
er
intelligenter,
erfindungsreicher,
anpas-
sungsfähiger,
kreativer
und
kompetenter
als
die
meisten
Zeitgenos-
sen,
unabhängig
von
Ort
und
Ausbildung.
Die
eigentliche
Frage,
die
ich
hier
stellen
und
beantworten
will,
lautet:
Wie
hat
Hiram
all
diese
Fähigkeiten
erlernt?
Eines
steht
fest.
Er
hat
sie
sich
weder
in
der
Schule
noch
bei
Workshops
angeeignet.
Höchstwahrscheinlich
lernte
er
all
dies,
von
dem
vieles
außeror-
dentliche
Fertigkeiten
erforderte,
indem
er
dabei
war,
wenn
andere
Menschen
es
taten.
Aber
diese
Menschen
machten
die
Arbeiten
nicht,
um
Hiram
etwas
beizubringen.
Niemand
baute
eine
Scheune,
108
nur
damit
Hiram
sehen
konnte,
wie
man
eine
Scheune
baut.
Sie
bau-
ten
die
Scheune,
weil
sie
sie
brauchten.
Und
niemand
sagte
zu
ihm:
»Hiram,
während
wir
die
Scheune
bauen,
bist
du
herzlich
eingeladen
vorbeizukommen,
um
zu
lernen,
wie
man
so
etwas
tut.«
Sie
sagten:
»Hiram,
ich
baue
eine
Scheune
und
brauche
deine
Hilfe.«
Er
war
dort,
um
zu
helfen,
nicht
um
zu
lernen
-
und
während
er
half,
lernte
er.
Nahezu
ein
Jahrhundert
später
sprach
John
Dewey
über
»Lear-
ning
by
Doing«.
Ihm
zufolge
sollen
Jugendliche,
die
zum
Beispiel
ler-
nen
wollen
zu
töpfern,
nicht
darüber
lesen,
sondern
selbst
Tontöpfe
herstellen.
Darüber
braucht
man
nicht
zu
diskutieren.
Aber
in
der
Schule
zu
töpfern,
nur
um
dieses
Handwerk
zu
erlernen,
ist
nicht
annähernd
so
sinnvoll,
wie
Tontöpfe
herzustellen
(und
dabei
zu
lernen),
weil
jemand
sie
braucht.
Es
gibt
keinen
besseren
Anreiz,
um
zu
lernen,
wie
man
eine
Aufgabe
gut
erfüllt,
und
sie
auch
tatsächlich
zu
erfüllen,
als
das
Wissen,
dass
die
Arbeit
getan
werden
muss
und
dass
sie
jemandem
wirklich
nützen
wird.
In
seinem
Essay
»Intellekt«
spricht
Emerson
wortgewandt
über
den
Wert
des
Wissens
gewöhnlicher
Menschen:
Jeder
Geist
hat
seine
eigene
Methode.
Ein
wahrhaftiger
Mensch
lernt
nie-
mals
nach
Schulregeln.
Was
du
auf
natürliche
Weise
angesammelt
hast,
überrascht
und
erfreut,
wenn
es
hervorgeholt
wird.
Denn
wir
können
das
Geheimnis
des
anderen
nicht
überwachen.
Und
darum
sind
die
Unter-
schiede
der
Menschen,
was
ihre
natürliche
Begabung
betrifft,
im
Vergleich
zu
ihrem
allgemeinen
Wohlstand
auch
unbedeutend.
Glaubst
du
etwa,
der
Dienstmann
und
der
Koch
haben
keine
Geschichte,
keine
Erfahrungen,
keine
Wunder,
die
sie
dir
mitteilen
könnten?
Jeder
weiß
so
viel
wie
der
Gelehrte.
Die
Mauern
des
rohen
Gemüts
sind
über
und
über
mit
Tat-
sachen,
mit
Gedanken
bekritzelt.
Eines
Tages
kommen
sie
mit
einer
Laterne,
und
dann
lesen
sie
die
Inschriften.«
FREILERNEN
UND
DIE
ARBEITERKLASSE
Auf
die
Frage,
wer
Freilernen
betreiben
kann,
schrieb
mir
eine
Mut-
ter
und
Lehrerin
einen
sehr
interessanten
Brief.
Hier
einige
ihrer
Aus-
sagen
(kursiv)
und
meine
Kommentare:
Nur
Vertreter
der
weißen
Ober-
und
Mittelschicht
dürfen
darauf
hoffen,
ihre
Kinder
problemlos
aus
der
Schule
nehmen
zu
können.
109
Das
ist
nicht
unbedingt
richtig
und
in
Wirklichkeit
auch
nicht
der
Fall.
Einige
Familien,
deren
Kinder
heute
nicht
die
Schule
besuchen,
gehören
keineswegs
der
Mittelklasse
an.
Mehrere
Mütter
leben
von
Sozialleistungen.
Erst
vor
etwa
einer
Woche
sprach
ich
mit
einer
Frau,
die
Jahrelang
in
San
Francisco
bezahlten
Unterricht
für
Eltern
von
Kindern
anbot,
die
nicht
zur
Schule
gehen.
Sie
sagte,
dass
70
Prozentihrer
Klienten
der
Arbeiterklasse
angehörten.
Ich
weiß
nicht,
ob
diese
Eltern
ihre
Kinder
mit
Einwilligung
der
Behörden
aus
der
Schule
genommen
hatten,
oder
ob
sie
ihre
Kinder
einfach
vor
der
Schule
versteckten.
Sie
erzählte,
dass
allem
Anschein
nach
jeder
Busfahrer
in
der
Stadt
seine
Kinder
aus
der
Schule
genommen
habe.
Auf
meine
Frage,
warum
sie
ihre
Kinder
herausgenommen
hätten,
meinte
sie,
dass
die
Schulen
die
Kinder
nicht
beim
Lernen
unter-
stützten
und
sogar
behaupteten,
die
Kinder
wären
nicht
fähig
zu
ler-
nen.
Einige
Familien
weigerten
sich,
dies
zu
akzeptieren,
und
began-
nen,
ihre
Kinder
zu
Hause
selbst
zu
unterrichten
oder
unterrichten
Zu
lassen.
Der
Arbeiterklasse
angehörende
und
besonders
farbige
Eltern,
die
ihre
Kinder
aus
der
Schule
nehmen,
müssen
damit
rechnen,
von
den
Behörden
mit
allen
Mitteln
verfolgt
zu
werden.
Zunächst
wurden
bislang
auch
einige
wenige
weiße
Familien
der
Mittelklasse
von
den
Behörden
mit
allen
Mitteln
verfolgt.
Wenn
Schulen
jemanden
verfolgen
wollen,
verfolgen
sie
jeden.
Außerdem
bereitet
es
ihnen
vermutlich
mehr
Sorge,
wenn
sie
Kinder
der
Mit-
telklasse
verlieren
als
arme
Kinder.
Wenn
ich
mit
Schulbehörden
über
Unschooling
spreche,
höre
ich
oft
Klagen
darüber,
dass
bald
nur
noch
arme
Kinder
die
Schulen
besuchen
werden.
Fest
steht,
dass
die
Behörden
niemandem
Schwierigkeiten
berei-
ten,
solange
sie
nicht
wissen,
dass
die
Kinder
nicht
zur
Schule
gehen.
In
Großstädten
ist
diese
Methode
vermutlich
leichter
umzusetzen
als
anderswo.
Wie
wir
wissen,
bleibt
in
allen
Großstädten
Tag
für
Tag
ein
hoher
Prozentsatz
der
Schüler
unentschuldigt
dem
Unterricht
fern.
Wenn
es
für
Kinder
so
einfach
ist,
auf
den
Straßen
herumzuhängen,
sollte
es
noch
einfacher
sein,
zu
Hause
(oder
anderswo)
etwas
Inter-
essantes
und
Wertvolles
zu
tun.
Ich
leugne
nicht,
dass
im
Fall
einer
offenen
Auseinandersetzung
mit
den
Behörden
arme
Familien
-
und
vor
allem
nicht-weiße
Familien
—
es
schwerer
haben
als
weiße
Mittelklassefamilien.
Das
steht
fest.
110
Zumeist
ist
es
jedoch
möglich,
eine
derartige
offene
Auseinander-
setzung
zu
vermeiden.
Arme
Kinder
benötigen
ein
High-School-Diplom
dringender
als
Mit-
telklasse-Kinder
-
ohne
einen
derartigen
Schulabschluss
fällt
es
ihnen
bedeutend
schwerer,
einen
Job
zu
bekommen.
Ich
weiß
nicht,
wie
sehr
ein
High-School-Diplom
armen
Kindern
tatsächlich
hilft.
Sie
werden
in
jedem
Fall
schwierige
Zeiten
durch-
zustehen
haben.
Aber
nehmen
wir
einmal
an,
dass
arme
Kinder
tatsächlich
dringend
ein
High-School-Diplom
benötigen.
Wichtig
hier-
bei
ist,
dass
man
auch
ein
High-School-Diplom
erwerben
kann,
wenn
man
nicht
die
High
School
besucht,
indem
man
einen
High-School-
Fernkurs
belegt
oder
eine
gleichwertige
Prüfung
ablegt.
Außerdem
können
Kinder,
die
mehrere
Jahre
keine
Schule
besuchten,
wieder
an
die
Schule
zurückkehren,
wenn
sie
einen
Abschluss
machen
möch-
ten.
Wie
die
Erfahrung
zeigt,
sind
diese
Schuleinsteiger
den
Schülern,
welche
die
Schule
durchgehend
besucht
haben,
meist
weit
voraus.
[Anm.
d.
dt.
Hrsg.:
Auch
in
Deutschland
können
Schulabschlüsse
ohne
Schulbesuch
erworben
werden.
Dafür
gibt
es
die
sogenannte
Schulfremdenprüfungen,
zu
denen
man
sich
-
je
nach
Bundesland
—
unter
bestimmten
Bedingungen
anmelden
kann.
Auch
bieten
Volks-
hochschulen
und
einige
Fernschulen
die
Vorbereitung
auf
diese
Schulfremdenprüfungen
an.]
Eltern
aus
der
Arbeiterklasse
besitzen
weniger
Vertrauen
in
ihre
Fähigkeiten,
ihre
Kinder
zu
unterrichten
(denn
wenn
sie
so
klug
wären,
warum
sind
sie
dann
nicht
reich?),
so
dass
sie
tatsächlich
weni-
ger
befähigt
sind,
ihre
Kinder
zu
unterrichten.
Das
mag
stimmen,
aber
in
dieser
Hinsicht
sind
die
Unterschiede
zwischen
Mittelklassefamilien
und
Arbeiterfamilien
nicht
sehr
groß.
Auch
Eltern
mit
Universitätsabschlüssen
haben
mir
gegenüber
schon
oft
erklärt,
dass
sie
nicht
genug
wüssten,
um
ihre
Kinder
zu
unter-
richten.
In
jeder
Gesellschaftsschicht
halten
sich
nur
wenige
Perso-
nen
für
fähig,
ihre
Kinder
zu
unterrichten
und
dabei
diese
Aufgabe
besser
zu
erfüllen,
als
es
die
Schulen
tun.
Unabhängig
von
ihrer
Klassenzugehörigkeit
werden
wir
mit
diesen
beginnen
müssen
und
hoffen,
dass
andere
ihrem
Beispiel
folgen.
111
9?
Seit
John
diese
Kommentare
geschrieben
hat,
haben
wir
einige
über-
raschende
Geschichten
über
arme
Familien
und
solche
mit
geringem
Ein-
kommen
gehört,
die
erfolgreich
Homeschooling
betreiben.
Aus
einer
Stu-
die
über
Homeschooler,
die
1992
im
Staat
Washington
durchgeführt
wurde,
ergaben
sich
interessante
Antworten
auf
die
Frage,
welche
Wir-
kung
Homeschooling
auf
die
Eltern
hat.
Eine
Frau
antwortete
mit
dieser
Geschichte,
wie
sie
und
ihre
Kinder
gemeinsam
lernten:
Vorab
will
ich
erwähnen,
dass
mir
meine
mathematischen
Fähigkeiten
(oder
besser
gesagt,
mein
Mangel
an
mathematischen
Fähigkeiten)
immer
schon
pein-
lich
waren.
Beim
Einkaufen
flehte
ich
innerlich,
dass
mich
die
Kassiererin
nicht
betrügen
möge,
weil
ich
es
nicht
bemerkt
hätte.
Wenn
wir
Karten
spielten,
war
es
für
mich
eine
Herausforderung,
möglichst
gleichgültig
zu
wirken,
wenn
ich
einem
anderen
Mitspieler
die
Aufgabe
übertrug,
meinen
Spielstand
zu
notieren.
Ich
machte
mir
Sorgen,
ob
ich
imstande
sein
würde,
meine
Kinder
zu
unter-
richten,
und
wo
ich
Hilfe
bekommen
könnte
für
den
Fall,
dass
ich
nicht
mit-
halten
könnte.
Heute
sind
meine
Mädchen
in
der
vierten
und
fünften
Schul-
stufe,
und
ich
habe
es
soweit
gut
geschafft.
Meine
eigenen
Fähigkeiten
haben
sich
ebenfalls
sprunghaft
verbessert.
Weil
ich
von
vorne
begann,
weiß
ich
heute,
wie
und
warum
ich
als
Kind
[in
Mathematik]
schlecht
war.
Heute
liebe
ich
Mathematik!
Ich
berechne
mein
Wechselgeld
schneller,
als
es
die
Kassiererin
mit
ihrer
Kasse
kann.
Und
gelegentlich
kann
ich
sie
sogar
auf
einen
Fehler
hinwei-
sen.
Auf
diese
Weise
wurde
Homeschooling
auch
für
mich
zum
Segen.
Beth
V.
ist
eine
jener
Mütter,
die
an
GWS
schrieb.
Sie
unterrichtete
damals
schon
seit
fünf
Jahren
ihre
drei
Kinder.
Ihr
früheres
Leben
ist
wohl
kaum
die
Norm
für
eine
Homeschooling-Mutter.
Beth
wuchs
ohne
Mutter
auf,
wurde
im
Alter
zwischen
fünf
und
vierzehn
Jahren
sexuell
missbraucht
und
wurde
bereits
mit
dreizehn
Jahren
drogensüchtig.
Ihr
Ehemann
stammte
aus
einer
verarmten
Alkoholikerfamilie,
in
der
es
eben-
falls
Missbrauch
gab.
Er
verließ
die
Schule
im
Alter
von
sechzehn
Jahren
und
wurde
wenige
Jahre
später
zum
Junkie.
Irgendwie
gelang
es
Beth,
ihren
High-School-Abschluss
zu
machen.
Ihren
zukünftigen
Mann
lernte
sie
dann
in
einer
Anlaufstelle
fiir
Drogenabhängige
kennen.
Der
Kampf
gegen
die
Drogen
fiel
beiden
schwer,
vor
allem
jedoch
ihrem
Ehemann,
aber
schließlich
gelang
es
ihnen,
sich
von
den
Drogen
zu
befreien
und
eine
eigene
Familie
zu
gründen.
Beide
sind
heute
-
und
schon
seit
Jahren
-
clean.
Während
sich
die
Eltern
bemühten,
thr
Leben
in
Ordnung
zu
bringen,
bekam
ihr
ältester
Sohn
Vinnie
Schwierigkeiten
in
der
Schule.
Beth
schreibt:
112
Als
eine
liebe
Freundin
von
mir
mit
Hilfe
der
Learning
Community,
einem
Satellitenprogramm
in
Maryland,
Homeschooling
betrieb,
begann
ich,
mich
über
dieses
faszinierende
Thema
zu
informieren.
Zur
selben
Zeit,
als
ich
mich
mit
Homeschooling
auseinandersetzte,
schafften
mein
Mann
und
ich
die
wich-
tigen
Veränderungen
in
unserem
Leben,
die
ich
bereits
beschrieben
habe.
Ich
wusste,
dass
Vinnies
früheres
Umfeld
viel
mit
seinem
Perfektionismus
und
sei-
nem
geringen
Selbstwertgefühl
zu
tun
hatte.
Daraufhin
rief
ich
Manfred
Smith
von
der
Learning
Community
an
und
besprach
mit
ihm
die
Möglichkeiten
des
Homeschoolings
für
Vinnie.
Meine
größten
Sorgen
waren
der
Drogenkonsum
meines
Mannes,
unser
total
kaputtes
Leben
und
die
Frage,
ob
Vinnie
über-
haupt
davon
profitieren
könnte,
wenn
er
mit
seinen
verkorksten
Eltern
zu
Hause
wäre.
Manfred
antwortete,
dass
ein
Kind,
das
ein
derartiges
Leben
führte,
außerhalb
der
Schule
besser
zurecht
käme,
weil
die
Schule
oft
bereits
beste-
hende
Probleme
verstärke.
Selbstverständlich
hatte
ich
Manfred
gesagt,
dass
wir
es
uns
zum
Ziel
gesetzt
hatten,
eine
ordentliche
Familie
zu
werden,
die
offen
dafür
ist,
neue
Fähigkeiten
zu
erlernen,
damit
wir
auch
selbst
bessere
Eltern
werden.
Dies
war
sehr
wichtig,
und
hätte
ich
es
nicht
klargestellt,
hätte
uns
Manfred
vermutlich
nicht
zum
Homeschooling
ermutigt.
Dieses
zwang
mich,
die
Art
von
Mutter
zu
werden,
die
man
für
Home-
schooling
sein
muss.
Solange
meine
Kinder
zur
Schule
gingen,
konnte
ich
tun,
was
ich
wollte,
und
somit
auch
Drogen
nehmen.
Zumindest
sah
ich
es
so.
Jetzt
aber
wusste
ich,
wenn
ich
mich
fir
Homeschooling
entscheide,
waren
die
Gesundheit
und
Sicherheit
meiner
Kinder
das
Wichtigste.
Und
dafür
musste
ich
mein
ganzes
Leben
ändern
...
Homeschooling
war
für
mich
der
Anstoß,
auch
mein
eigenes
Leben
zu
ändern,
und
jetzt
ist
es
das,
was
mich
auf
Kurs
halt,
damit
ich
die
Art
von
Mutter
bin,
die
ich
sein
will.
1975
schrieb
John
Holt
in
seinem
Buch
Freiheit
1st
mehr,
dass
Armut
»nicht
von
armen
Menschen
mit
ungentigender
Ausbildung
verursacht
wird
und
somit
auch
nicht
durch
mehr
Ausbildung
verringert
oder
abge-
schafft
werden
kann«.
Holt
erklärt
später:
»Wenn
man
das
Einkommen
eines
Armen
erhöht,
indem
man
ihm
etwa
einen
Job
gibt
oder
thm
ein
Einkommen
garantiert,
verbessern
sich
seine
materiellen
Lebensumstände
erst,
wenn
man
ihm
auch
die
Dinge
zugänglich
macht,
die
er
braucht,
und
dies
zu
Preisen,
die
er
sich
leisten
kann.
Es
gibt
genügend
Hinweise
darauf,
dass
eine
profit-
und
marktorientierte
Wirtschaft
dazu
nicht
imstande
ist
...«
113
Auch
siebenundzwanzig
Jahre
später
haben
diese
Worte
ihre
Gültig-
keit
nicht
verloren.
Zum
Beispiel
ist
seit
1975
der
aufgewendete
Geldbe-
trag
in
der
öffentlichen
und
privaten
Ausbildung
beständig
gestiegen,
ebenso
wie
die
Zahl
der
Diplome,
dennoch
steigt
auch
die
Zahl
der
Armen
langsam
weiter
an.
Außerdem
sinkt
das
Niveau
der
Schulen
in
den
sozialen
Brennpunkten
der
Großstädte,
die
vor
allem
von
armen
Kin-
dern
besucht
werden,
während
die
Kosten
für
die
Ausbildung
eskalieren.
Eine
Studie,
die
im
Jahr
2001
von
der
Lumina
Foundation
for
Education
durchgeführt
wurde,
ergab,
»dass
es
nur
in
fünf
Bundesstaaten
öffentliche
4-Jahres-Colleges
gibt,
die
sich
Studenten
mit
geringem
Einkommen
ohne
finanzielle
Hilfe
leisten
können«.
Zahllose
statistische
und
historische
Beweise
zeigen
auf,
dass
sich
Schuldiplome
nicht
unbedingt
in
soziale
Mobilität
und
wirtschaftliche
Gleichheit
umsetzen
lassen.
Afroamerikaner
und
Frauen
mit
einem
Bache-
lor-Diplom,
einem
Mastertitel,
einem
Doktortitel
oder
einem
anderen
Fachdiplom
kämpfen
immer
noch
darum,
in
Bezahlung
und
Anerkennung
ihren
gleichermaßen
ausgebildeten
weißen
bzw.
männlichen
Altersgenos-
sen
gleichgestellt
zu
werden,
und
das
sogar
an
unseren
hochgeschätzten
Universitäten.
Im
New
England
Journal
of
Medicine
wurde
berichtete,
dass
Babys
von
farbigen
Collegeabsolventen
eine
doppelt
so
hohe
Sterblich-
keitsrate
aufwiesen
wie
die
Kinder
von
gleich
ausgebildeten
Weißen;
dies
zeigt,
dass
man
durch
eine
bessere
Ausbildung
nicht
automatisch
auch
seine
sozialen
und
gesundheitlichen
Lebensumstände
verbessert.
Um
der
Armut
zu
entfliehen
und
Arbeit
zu
finden,
muss
man
wesent-
lich
mehr
tun,
als
nur
eine
gute
schulische
Leistung
zu
erbringen.
Aller-
dings
1st
dies
kaum
zu
glauben
angesichts
der
massiven
Werbung
über
den
wirtschaftlichen
Wert
des
Schulbesuchs,
mit
der
wir
bombardiert
werden.
Begriffe
wie
ethische
Entwicklung
o.ä.
spielen
kaum
eine
Rolle,
dagegen
ein
besser
bezahlter
Job
um
so
mehr.
Dieses
Argument
verliert
jedoch
an
Wirksamkeit,
je
mehr
Zeit
verstreicht
und
je
mehr
Menschen
einen
College-Abschluss
erreichen.
Während
ich
dies
nun
zu
Beginn
des
Jahres
2002
schreibe,
befinden
wir
uns
inmitten
einer
Rezession,
die
College-
Absolventen
härter
trifft
als
High-School-Absolventen.
Im
Jahr
2001
stieg
in
Massachusetts
die
Arbeitslosigkeit
der
College-Absolventen
um
114
Prozent,
im
Vergleich
zu
einer
Steigerung
der
Arbeitslosigkeit
von
High-
School-Absolventen
um
51
Prozent.”
Lingere
Ausbildung
verliert
zuneh-
mend
an
Wirkung
gegen
die
Armut.
Und
auch
ein
in
vier
Jahren
erwor-
benes
teures
Diplom
wird
in
den
nächsten
Jahren
kein
Garantieschein
|
mehr
für
einen
guten
Job
sein.
114
FREILERNEN
UND
ALLEINERZIEHENDE
ELTERN
Als
Holt
die
ursprüngliche
Version
des
vorigen
Kapitels
schrieb,
zitierte
er
zwei
Briefe
von
alleinerziehenden
Müttern
und
fügte
eine
lange
Ant-
wort
an
eine
»feministische
alleinerziehende
Mutter«
bei,
wie
sich
die
Briefschreiberin
selbst
bezeichnete.
Diese
Mutter
bat
um
Tipps,
wie
sie
mit
ihrer
sechsjährigen
Tochter
Homeschooling
betreiben
solle,
während
sie
gleichzeitig
studierte
und
an
einer
juristischen
Fakultät
unterrichtete.
John
schlug
vor,
sie
solle
das
Kind
auf
mehr
Selbständigkeit
vorbereiten
oder
ein
älteres
Kind
zur
Unterstützung
anwerben.
Anstatt
Holts
auf
Mut-
maßungen
beruhende
Antwort
wiederzugeben,
möchte
ich
lieber
allein-
erziehende
Homeschooling-Eltern
zu
Wort
kommen
zu
lassen,
die
ihre
Arrangements
beschreiben.
Typischerweise
entscheiden
sich
alleinstehende
Homeschooling-
Eltern
für
Jobs,
bei
denen
sie
die
Kinder
mit
zu
ihre
Arbeitsstätte
nehmen
können,
oder
sie
arbeiten
zu
Hause.
Zum
Beispiel
entschloss
sich
Derrick
Simpson,
den
Jungen
Fasika
als
alleinerziehender
Vater
zu
adoptieren
und
mit
thm
Homeschooling
zu
betreiben.
Simpson
musste
einige
bewusste
Entscheidungen
treffen,
um
dieses
Arrangement
mit
seinem
Arbeitsalltag
zu
vereinbaren:
Ich
entwerfe
Computersysteme
fiir
das
Gesundheitswesen
...
Ich
arbeite
von
zu
Hause
aus
und
habe
mein
Leben
so
eingerichtet,
weil
ich
als
alleinstehen-
der
Vater
nicht
ein
Kind
adoptieren
wollte,
um
es
dann
in
einer
Tagesstitte
unterzubringen.
Deshalb
arbeite
ich
mit
meinen
Klienten
per
Telefon
oder
E-
Mail.
Wenn
ich
etwa
einmal
pro
Woche
ins
Krankenhaus
gehen
muss,
um
mich
mit
jemandem
persönlich
zu
treffen,
begleitet
mich
Fasika.
Er
hat
sich
auch
schon
mit
einigen
Kindern
im
Krankenhaus
angefreundet.
Er
genießt
es,
ihnen
am
Computer
zu
helfen,
und
es
tut
thm
gut,
wenn
er
helfen
kann.
Alleinstehende
Eltern
stützen
sich
oft
auf
ältere
Kinder,
Babysitter,
Ver-
wandte
oder
enge
Freunde,
die
ihre
kleinen
Kinder
beaufsichtigen,
wenn
sie
aus
beruflichen
Gründen
abwesend
sein
müssen.
Viele
Eltern
haben
die
Erfahrung
gemacht,
dass
sie
ihren
Kindern
bereits
im
Alter
von
acht
bis
zehn
Jahren
helfen
können,
so
selbständig
und
selbstsicher
zu
werden,
dass
sie
diese,
wenn
nötig,
fur
einige
Stunden
allein
lassen
können.
Home-
schooler
im
Teenageralter
sind
sogar
noch
selbständiger
und
häufig
außer
Haus
aktiv,
bei
ehrenamtlichen
Tätigkeiten
in
Musikgruppen
oder
Verei-
nen,
bei
denen
kaum
noch
elterliche
Betreuung
nötig
1st.
115
Für
einen
alleinstehenden
Elternteil
bedeutet
Homeschooling
jedoch
mehr,
als
nur
die
Betreuung
und
Lernaktivitäten
der
Kinder
zu
organi-
sieren.
Diane
McNeill
aus
Wisconsin
schreibt:
Für
mich
ist
meine
eigene
Isolierung
ein
Problem.
Es
fällt
mir
schwer,
von
der
Zeit,
die
ich
mit
meinen
Kindern
verbringe,
etwas
abzuzweigen
und
diese
Zeit
für
mich
zu
verwenden.
Alleinstehende
Eltern
leben
ständig
mit
dem
Schuld-
gefühl,
die
Bedürfnisse
ihrer
Kinder
nicht
rund
um
die
Uhr
erfüllen
zu
können.
Wir
haben
niemanden,
mit
dem
wir
diese
Aufgabe
teilen
können.
Aber
wenn
ich
nicht
ausreichend
fiir
mich
sorge,
kann
ich
mich
auch
nicht
richtig
um
die
Kinder
kimmern.
Ich
habe
gelernt,
den
Kindern
zu
sagen:
»Ich
tue
dies
jetzt
für
mich«.
So
bin
ich
einem
Chor
beigetreten
und
sage
mitunter:
»Heute
schafte
ich
dies
oder
das
nicht
mehr,
denn
ich
habe
Probe«.
Sie
haben
auch
nichts
dagegen,
und
ihre
Reaktion
zeigt
mir
deutlich,
dass
sie
sich
freuen,
dass
ich
auch
etwas
für
mich
tue.
Sie
wollen
nicht
mit
ansehen,
wie
sich
ihre
Eltern
abrackern
und
sagen:
»Ich
habe
euch
alles
gegeben,
aber
für
mich
bekomme
ich
gar
nichts.«
In
Wirklichkeit
fällt
es
ihnen
viel
schwerer,
mit
einem
Elternteil
zu
leben,
der
so
fühlt.
Deshalb
ist
es
fiir
uns
alle
besser,
wenn
auch
ich
einige
Dinge
habe,
die
ich
fir
mich
tue.
Christine
Willard,
deren
Mann
starb,
als
ihre
Tochter
drei
Jahre
alt
war,
schrieb
über
die
Isolation
und
die
finanziellen
Sorgen,
unter
denen
sie
als
alleinstehende
Mutter
litt,
und
wie
sie
sich
erfolgreich
davon
befreite:
Als
Mutter-Tochter-Gespann
sind
wir
die
absolute
Kleinstfamilie,
so
dass
es
mit-
unter
etwas
klaustrophob
wird.
Wir
stecken
immer
zusammen.
Andererseits
haben
wir
dadurch
aber
auch
lernen
müssen,
miteinander
auszukommen.
Pro-
bleme
können
nicht
ungelöst
bleiben,
weil
wir
nur
einander
haben
und
deshalb
immer
wieder
einen
gemeinsamen
Nenner
finden
müssen
...
Jetzt,
wo
meine
Tochter
älter
wird,
entwickelt
sie
auch
zu
anderen
Erwach-
senen
eigene
Beziehungen.
Sie
hat
immer
schon
Pferde
geliebt.
Nach
unserem
Umzug
fanden
wir
eine
Ranch,
auf
der
sie
Reitstunden
bekommen
kann.
Weil
sie
auch
sonst
gerne
auf
der
Ranch
ist,
haben
wir
allmählich
jeden
kennenge-
lernt,
der
dort
ein
Pferd
hält
oder
Reitstunden
nimmt.
Sie
hat
sich
auch
mit
einem
Pferdebetreuer
angefreundet
und
hilft
thm
beim
Füttern
der
Tiere.
Als
eines
Tages
eine
vernachlassigte
alte
Stute
ein
Heim
suchte,
und
wir
ohnehin
ein
Pony
brauchten,
nahmen
wir
sie
bei
uns
auf.
Für
uns
ist
es
ein
wundervolles
Erlebnis,
ein
Pferd
zu
haben.
Es
hat
unserem
Leben
einen
Schwerpunkt
gegeben,
der
außerhalb
von
uns
beiden
liegt,
und
da-
rüber
hinaus
haben
wir
viele
Freunde,
die
dieses
Hobby
mit
uns
teilen.
66
116
4
Das
Leben
mit
Kindern
KINDER,
IHR
WESEN
UND
IHRE
BEDÜRFNISSE
Viele
Menschen,
die
Kinder
mögen
und
ihre
Gesellschaft
genießen,
vertreten
anscheinend
immer
noch
die
überkommene
Ansicht,
dass
die
Sozialisierung
unserer
Kinder
mit
der
Zerstörung
eines
bedeu-
tenden
Teils
ihrer
Persönlichkeit
einhergehen
muss.
Dieser
Gedanke
erscheint
mir
nicht
nur
falsch,
sondern
auch
schädlich.
Es
stimmt
einfach
nicht,
dass
jede
Fähigkeit
eine
Art
unterdrücktes
Laster
ist,
oder
dass
der
zivilisierte
Mensch
nichts
anderes
als
ein
gezähmter
Wilder
ist.
Wie
Abraham
Maslow
zu
sagen
pflegte,
erklären
sich
die
menschlichen
Tugenden
nur,
indem
»sie
sich
wegerklären«.
Derartige
Erklärungen
passen
nicht
zu
unseren
Alltagserfahrungen.
Ein
berühmter
Psychiater
wurde
lange
mit
der
Aussage
zitiert,
das
Kind
sei
ein
Psychopath.
Ich
teile
in
diesem
Fall
die
Meinung
einer
guten
Bekannten,
die
nach
der
Geburt
ihres
siebten
Kindes
sagte:
»Babys
sind
nette
Menschen.«
Paul
Goodman
schrieb
einst
über
das
»wilde
Babyvolk«.
Ein
herz-
licher
und
passender
Ausdruck.
Kinder
erscheinen
mir
oft
wie
talen-
tierte
Barbaren,
die
nur
allzu
gerne
zivilisiert
werden
wollen.
Viele
liberale
Schulen
und
einige
wohlmeinende
Eltern
leiden
unter
der
Vorstellung,
dass
in
ihren
Kindern
etwas
Wildes,
Wertvolles
steckt,
dass
sie
so
lange
wie
möglich
gegen
Angriffe
aus
der
realen
Welt
schützen
müssen.
Sobald
wir
uns
von
dieser
Vorstellung
befreien,
wird
unser
Leben
mit
Kindern
bedeutend
einfacher,
und
gleichzeitig
werden
auch
die
Kinder
selbst
glücklicher.
Während
ich
dies
schreibe,
117
verbringe
ich
viel
Zeit
mit
Babys,
die
bei
mir
den
überwältigenden
Eindruck
hinterlassen,
sich
nichts
inniger
zu
wünschen
als
dazuzu-
gehören,
am
Leben
teilzunehmen
und
das
Richtige
zu
tun
-
das
heißt,
genau
das
zu
tun,
was
wir
tun.
Wenn
ihnen
dies
nicht
immer
gelingt,
dann
nur
aus
Mangel
an
Erfahrung,
oder
weil
sie
von
ihren
Gefühlen
überwältigt
werden.
Seltsamerweise
sind
die
reaktionäre
und
die
romantisch
liberale
Ansicht
über
Kinder
wie
zwei
Seiten
einer
Medaille.
Die
Hardliner
erklären,
dass
wir
alles
Übel
aus
den
Kindern
herausprügeln
müssen,
um
sie
auf
die
Welt
vorzubereiten.
Die
romantischen
Kinderfreunde
erklären,
dass
wir
bei
der
Vorbereitung
auf
diese
Welt
das
Gute
im
Kind
größtenteils
zerstören.
Während
die
eine
Gruppe
behauptet,
Kin-
der
seien
fehlerhafte
Miniaturausgaben
von
Erwachsenen,
behauptet
die
andere
Gruppe,
dass
Erwachsene
überdimensionierte
fehlerhafte
Kinder
seien.
Beides
ist
falsch.
Aber
es
gibt
tatsächlich
Mittel
und
Wege,
wie
man
Kindern
helfen
kann,
sich
zu
entwickeln
und
ihre
besten
Fähigkeiten
zu
behalten
und
weiterzuentwickeln.
Wie
uns
das
|
gelingen
kann,
darüber
sprechen
wir
in
diesem
Kapitel.
Wir
konnen
viel
durch
das
Buch
Auf
der
Suche
nach
dem
verlo-
renen
Gluck
von
Jean
Liedloff
lernen,
das
zu
den
wichtigsten
Büchern
zählt,
die
ich
je
gelesen
habe.
Sie
(ebenso
wie
zahlreiche
andere
-
Frédérick
Leboyer,
Ashley
Montagu,
John
Bowlby
usw.)
erklart
und
zeigt,
dass
Babys
im
Hinblick
auf
Gesundheit,
Glücksgefühl,
Intelli-
genz,
Unabhangigkeit,
Eigenstandigkeit,
Mut
und
Bereitschaft
zur
Zusammenarbeit
dann
am
besten
aufwachsen,
wenn
sie
in
ein
»Kon-
tinuum«
menschlich-biologischer
Erfahrung
hineingeboren
und
darin
erzogen
werden
-
also
wenn
sie
von
»primitiven«
Müttern
geboren
und
aufgezogen
werden,
wie
dies
vermutlich
im
Verlauf
der
vielen
Millionen
Jahre
menschlicher
Existenz
geschah.
Wahrend
des
ersten
Lebensjahres
etwa,
bis
sie
die
Krabbel-
und
Forschungsphase
errei-
chen,
haben
es
Babys
immer
schon
genossen
und
gebraucht,
stan-
dig
in
physischem
Kontakt
zu
ihren
Müttern
(oder
einer
anderen
ver-
trauten
Person)
zu
stehen,
und
sich
durch
diesen
Kontakt
gut
zu
ent-
wickeln.
Bis
auf
die
letzten
tausend
Jahre
sind
Babys
immer
so
aufge-
wachsen.
Und
jedes
Neugeborene,
das
nichts
von
Geschichte
weiß,
aber
alles
Uber
seine
eigene
animalische
Natur,
erwartet,
wünscht
und
braucht
diesen
Kontakt,
und
es
leidet
schrecklich
darunter,
wenn
es
ihn
nicht
bekommt.
118
Hier
nur
einer
von
vielen
außerordentlich
lebhaften
und
einfühl-
samen
Abschnitten,
in
denen
Liedloff
die
erste
Zeit
eines
Babys
im
Kreis
der
Yequana-Indianer
im
Amazonasbecken
beschreibt,
bei
denen
sie
einige
Zeit
lebte:
Von
Geburt
an
werden
Kontinuum-Babys
überallhin
mitgenommen.
Bevor
noch
die
Nabelschnur
abfällt,
ist
das
Leben
des
Babys
schon
voller
Aktion.
Meist
schläft
das
Baby,
aber
auch
während
es
schläft,
gewöhnt
es
sich
an
die
Stimmen
seines
Volkes,
den
Klang
ihrer
Aktivitäten,
die
Stöße,
ruck-
artigen
Bewegungen
und
das
plötzliche
Anhalten,
was
alles
ohne
Vorwar-
nung
geschieht.
Es
gewöhnt
sich
daran,
an
verschiedenen
Stellen
seines
Körpers
gehoben
und
gedrückt
zu
werden,
wenn
seine
Trägerin
es
hin
und
her
schiebt,
um
besser
arbeiten
zu
können
oder
eine
angenehmere
Posi-
tion
zu
erzielen.
Und
es
gewöhnt
sich
an
den
Rhythmus
von
Tag
und
Nacht,
die
verschiedenartigen
Gewebe
und
Temperaturen
auf
seiner
Haut
und
das
sichere
und
richtige
Gefühl,
dicht
an
einen
lebendigen
Körper
gehal-
ten
zu
werden.
Das
Ergebnis
dieser
Behandlung
ist
keineswegs
ein
ängstliches,
klammerndes,
weinerliches
und
unselbstständiges
Kleinkind,
wie
die
meisten
modernen
Menschen
vermutlich
erwarten,
sondern
das
genaue
Gegenteil.
Liedloff
schreibt:
Wenn
all
der
Schutz
und
die
Anreize,
die
das
Baby
auf
dem
Arm
erfährt,
in
vollem
Umfang
genossen
wurden,
kann
das
Baby
vorwärts
schauen,
nach
außen,
in
die
Welt
jenseits
der
Mutter
...
Das
Bedürfnis
nach
stän-
digem
Kontakt
lässt
rasch
nach,
sobald
seine
Erfahrungsquote
erfüllt
ist.
Und
ein
Baby,
ein
Kleinkind
oder
ein
Kind
wird
nur
dann
eine
weitere
Stär-
kung
benötigen,
wenn
es
in
Stress-Situationen
gerät,
mit
denen
es
mit
sei-
nen
gegenwärtigen
Kräften
nicht
fertig
wird.
Derartige
Augenblicke
wer-
den
immer
seltener,
und
die
Eigenständigkeit
wächst
mit
solchem
Tempo,
solcher
Tiefe
und
Intensität,
dass
jeder
in
ungläubiges
Erstaunen
versetzt
wird,
der
nur
zivilisierte
Kinder
kennt,
denen
diese
ständige
Körperkontakt-
;
erfahrung
fehlt.
Wie
Liedloff
zeigt,
bemerken
Kinder,
die
so
aufgezogen
werden,
sehr
rasch,
was
die
Menschen
um
sie
herum
tun,
und
wollen
sich
ihnen
anschließen
und
an
ihren
Aktivitäten
teilnehmen,
so
schnell
und
so
weit
es
ihre
Kräfte
gestatten.
Niemand
muss
etwas
tun,
um
die
Kin-
der
zu
»sozialisieren«
oder
sie
dazu
zu
bewegen,
am
Leben
der
Gruppe
teilzunehmen.
Sie
sind
als
soziales
Wesen
geboren,
das
ist
119
ihre
Natur.
So
zählt
es
auch
zu
den
eigentümlichsten
und
schädlichs-
ten
Ansichten,
welche
die
»zivilisierten«
Menschen
je
hervorgebracht
haben,
dass
Kinder
als
schlechte
Kinder
geboren
werden
und
durch
Drohung
und
Strafe
dazu
bewegt
werden
müssen,
das
zu
tun,
was
all
die
Menschen
in
ihrer
Umgebung
tun.
Keine
Kontinuum-Kultur
geht
davon
aus,
dass
Kinder
von
Natur
aus
schlecht
sind,
sich
daneben
benehmen,
Schwierigkeiten
machen,
Hilfe
verweigern,
Dinge
zer-
stören
oder
anderen
Schmerzen
zufügen.
In
Kulturen
mit
einer
solch
langen
Tradition
sind
diese
(uns)
vertrauten
Formen
kindlichen
Ver-
haltens
praktisch
unbekannt.
Vor
einigen
Jahren
untersuchte
in
China
eine
Gruppe
amerika-
nischer
Erziehungswissenschaftler
das
Erziehung-
und
Schulwesen
sowie
das
Verhalten
chinesischer
Kinder.
Interessiert
befragten
sie
ihre
dortigen
Kollegen,
was
sie
denn
täten,
wenn
ihre
Kinder
einen
Wutanfall
bekämen,
einander
schlügen,
ärgerten,
Dinge
zerstörten,
andere
verletzten
usw.
Die
Chinesen
reagierten
völlig
verständnis-
los.
Die
Amerikaner
hätten
ebenso
gut
fragen
können:
»Was
tut
ihr,
wenn
eure
Kinder
hundert
Meter
hoch
springen?«
Den
Chinesen
blieb
nichts
übrig,
als
immer
wieder
zu
wiederholen:
»Die
Kinder
tun
so
etwas
nicht.«
Schließlich
zogen
die
amerikanischen
Besucher
ebenso
verständnislos
ab.
Ihnen
kam
nie
der
Gedanke,
dass
chinesische
Kinder
wohl
deshalb
nicht
so
schlimm
sind
wie
offensichtlich
viele
unserer
Kinder,
weil
niemand
es
von
ihnen
erwartet.
Weil
sie
klein,
unwissend,
unerfahren
und
voller
Gefühle
sind,
verlassen
sie
wohl
hin
und
wieder
den
Weg
guten
Benehmens,
aber
um
sie
wieder
auf
diesen
zurückzubringen,
genügt
es,
geduldig
darauf
hinzuweisen,
dass
sie
vom
Weg
abgekommen
sind,
und
dies
tun
wir
hier
nicht.
Niemand
in
China
geht
davon
aus,
dass
sie
vorsätzlich
etwas
falsch
machen
wollen,
und
dass
diese
Absicht
nur
nach
einem
langen,
har-
ten
Kampf
gebrochen
werden
kann,
um
sie
mit
Zwang
dazu
zu
brin-
gen,
das
Richtige
zu
tun.
Die
Problemkinder
unserer
wohlhabenden
westlichen
Welt
sind
eben
ein
Produkt
unserer
Kultur,
so
wie
unsere
Autos.
Was
wir
Psy-
chologie
nennen
-
unser
angebliches
Wissen
über
das
»menschliche
Wesen«
-
ist
und
kann
lediglich
das
Studium
der
seltsamen
Verhal-
tensweisen
ernstlich
sozial
benachteiligter
Menschen
sein,
die
sich
so
weit
von
den
Maßstäben
humanbiologischer
Langzeiterfahrung
entfernt
haben,
dass
man
diese
Menschen
(also
uns)
ohne
Über-
treibung
als
entstellt
bezeichnen
kann.
Liedloffs
Beschreibung
der
120
»MoOdernen«,
»medizinischen«
und
»wissenschaftlichen«
Geburt
und
der
Zeit
danach,
wie
ein
Baby
sie
erleben
muss,
können
einem
die
Tränen
in
die
Augen
treiben,
Albträume
verursachen
oder
beides.
Es
ist
ein
Wunder,
dass
es
uns
nach
diesen
Erfahrungen
nicht
noch
schlechter
geht.
Ich
wünschte,
Frau
Liedloff
hätte
zu
Beginn
ihres
Buches
das
gesagt,
was
sie
am
Ende
sagt:
dass
einige
und
sogar
viele
der
schäd-
lichsten
Auswirkungen
dieses
schweren
frühzeitigen
Entzuges
(an
Nähe
und
Kontakt)
größtenteils
ausgeglichen
oder
geheilt
werden
können,
wenn
diese
Bedürfnisse
eines
menschliches
Wesens
im
späteren
Leben
reichlich
erfüllt
werden,
und
zwar
auf
die
von
ihr
vor-
geschlagene
Art
und
Weise.
Dies
ist
besonders
wichtig,
weil
viele
ein-
fühlsame,
liebevolle
Mütter
und
Väter,
die
ihre
Kinder
auf
die
moderne,
zivilisierte
Weise
geboren
und
aufgezogen
haben,
nach
der
Lektüre
dieses
Buches
erkennen,
was
sie
ihren
Kindern
unwissent-
lich
vorenthalten
haben,
und
möglicherweise
von
Schuld
und
Trauer
ubermannt
werden.
Mit
viel
Güte,
Zärtlichkeit,
Geduld
und
Wohlwol-
len
können
wir
viele
dieser
frühen
Versäumnisse
wiedergutmachen.
Ich
kann
gar
nicht
mit
Worten
ausdrücken,
für
wie
wichtig
ich
dieses
Buch
halte.
Während
des
Großteils
der
vergangenen
fünf-
undzwanzig
Jahre
war
es
mir
immer
deutlicher
bewusst
geworden,
dass
unsere
weltweite
wissenschaftliche
und
industrialisierte
Zivili-
sation,
trotz
all
ihres
offensichtlichen
Reichtums
und
ihrer
Macht,
jeden
Tag
der
vollständigen
Vernichtung
näher
rückt.
Was
läuft
schief?
Was
können
wir
tun?
Viele
Menschen
haben
nützliche
Ant-
worten
aufgezeigt.
Aber
erst
in
den
letzten
beiden
Jahren
ist
mir
klar
geworden,
dass
eine
der
Hauptursachen
unserer
Probleme
darin
besteht,
wie
wir
unsere
Kinder
-
und
vor
allem
unsere
Babys
-
behandeln.
Ebenso
bin
ich
davon
überzeugt,
dass
kein
Programm
für
einen
sozialen
und
politischen
Wandel
auch
nur
die
geringste
Chance
auf
Erfolg
hat,
solange
wir
nicht
beginnen,
die
Art
und
Weise
zu
verändern,
wie
wir
unsere
Kinder
gebären
und
aufziehen.
Ich
hoffe,
dass
viele
das
Buch
Auf
der
Suche
nach
dem
verlore-
nen
Glück
lesen
werden,
vor
allem
Mütter
und
Väter
von
kleinen
Kin-
dern
und
Babys,
werdende
und
künftige
Eltern,
Teenager,
Babysitter,
ältere
Geschwister
von
Babys,
aber
ebenso
Ärzte,
Krankenschwe-
stern,
Psychologen
usw.
Kurz
gesagt
jeder,
der
mit
Babys
oder
Klein-
kindern
Kontakt
hat,
haben
könnte
oder
mit
ihnen
sonst
wie
zu
tun
hat.
Immerhin
verändert
sich
die
Menschheit
mit
jeder
neuen
Gene-
121
ration,
und
eine
oder
zwei
Generationen
gesunder
glücklicher
Babys
könnten
schon
das
Ruder
unserer
Welt
herumreißen.
FREUNDLICH
GEBOREN
Aus
einem
Brief
einer
alten
Freundin
und
Grundschullehrerin:
Ich
habe
es
so
sehr
genossen,
deine
Kindergartengruppe
zu
besuchen.
Ich
weiß
gar
nicht
mehr,
wann
ich
je
so
rasch
und
so
eng
Freundschaft
mit
einem
Kind
geschlossen
habe
wie
mit
Molly.
Unser
Gespräch
war
sehr
ernst,
wie
man
es
eigentlich
nur
von
einem
wesentlich
älteren
Kind
erwar-
ten
würde.
Vor
allem
berührte
es
mich,
wie
sehr
sie
sich
um
mich
küm-
merte.
Ich
habe
es
dir
nicht
erzählt,
aber
einmal
habe
ich
mich
neben
einen
Tisch
gekauert,
an
dem
einige
Kinder
arbeiteten.
Als
ich
nach
lan-
ger
Zeit
aufstand,
war
ich
ein
wenig
steif,
so
wie
immer,
und
brauchte
ein
paar
Sekunden,
um
meine
Knie
und
meinen
Rücken
zu
strecken.
Molly
und
einige
der
anderen
Kinder
fragten
mich,
was
ich
tue,
und
ich
erklärte,
dass
Menschen
meines
Alters
oft
ein
wenig
steif
werden,
wenn
sie
sich
lange
hinhocken.
Mehr
als
eine
Stunde
später,
als
ich
wieder
neben
ein
paar
Kindern
in
die
Hocke
ging,
sagte
Molly
zu
mir:
»Aber
bleib
nicht
zu
lange
in
der
Hocke.«
Überrascht
fragte
ich:
»Warum
nicht?«
»Weil
du
sonst
steif
wirst.«
Ich
hatte
den
Vorfall
von
vorhin
schon
völlig
vergessen.
Wie
ich
dir
schon
erzählte,
war
sie
auch
sehr
besorgt,
als
sie
die
Verletzung
auf
meinem
Kopf
sah,
wo
ich
mich
etwa
eine
Woche
zuvor
in
Maine
gestoßen
hatte.
Sie
wollte
sofort
wissen,
wie
das
passiert
sei
und
ob
es
schmerze.
Das
ist
wesentlich
mehr
Mitgefühl,
als
ich
von
einer
so
kleinen
Person
erwartet
hätte.
J
Alle
Bücher
von
John
Holt
enthalten
Ideen
und
Ratschläge
für
Erwachsene
in
Hinblick
auf
das
Zusammenleben
und
Lernen
mit
Kin-
dern.
Oftmals
sind
diese
Ratschläge
jedoch
sehr
subtil
und
unkonventio-
nell
verpackt.
Zum
Beispiel
ist
es
nicht
dasselbe,
ob
Holt
aus
seiner
Beob-
achtung
heraus
sagt,
dass
Kinder
»freundlich
geboren«
werden,
oder
ob
sie
ohne
Notwendigkeit
einer
moralischen
Erziehung
geboren
werden,
weil
sie
von
Natur
aus
gut
sind.
In
unserem
Büro
hörte
ich
oft,
wie
John
ärger-
lich
über
Leute
sprach,
die
seiner
Meinung
nach
ins
Gefängnis
gehörten,
weil
sie
einfach
»böse
Katzen«
seien
(wie
John
derartige
Personen
bezeich-
nete),
und
über
Kinder,
die
auf
ziemlich
hässliche
Weise
vorsätzlich
böse
seien.
Er
betrachtete
nicht
alle
Menschen
als
von
Natur
aus
gut,
aber
auch
122
nicht
als
von
Natur
aus
bose.
Er
wollte
nur,
dass
wir
erkennen,
dass
es
in
Kindern
die
Neigung
zu
Freundlichkeit
gibt,
auf
die
sie
reagieren,
und
dass
es
für
uns
alle
leichter
sein
kann,
mit
Kindern
zu
leben
und
zu
ler-
nen,
wenn
wir
mit
dieser
Neigung
arbeiteten,
anstatt
sie
zu
ignorieren,
zu
ersticken
oder
zu
verdrehen.
Die
Chance,
dass
gutes
Benehmen,
ein
guter
Charakter
und
gute
Moralvorstellungen
in
einer
freundlichen
Atmosphäre
Wurzeln
schlagen,
sind
wesentlich
größer,
als
wenn
wir
von
unseren
Kin-
dern
das
Schlimmste
annehmen
und
Freundlichkeit
nur
als
Belohnung
fiir
gutes
Benehmen
einsetzen,
anstatt
als
Grundlage
unserer
Beziehung.
[Anm.
d.
dt.
Hrsg.:
Die
aktuelle
nordamerikanische
Bindungsforschung
besonders
von
Gordon
Neufeld,
Autor
von
»Unsere
Kinder
brauchen
uns!«,
hat
gezeigt,
dass
wesentliche
Instinktbedürfnisse
unserer
Kinder
nach
Bindung
im
heutigen
Lebensalltag
unberücksichtigt
bleiben.]®®
WENN
MAN
»NEIN«
SAGT
Da
nur
wenige
Menschen
ihre
Kinder
nach
der
Kontinuum-Methode
aufziehen,
fällt
den
meisten
von
uns
die
Aufgabe
zu,
sie
zu
lehren,
nach
unseren
Regeln
zu
leben.
Wir
neigen
dazu,
uns
diese
Aufgabe
wesentlich
schwerer
zu
machen
als
nötig,
vor
allem
durch
die
Art
und
Weise,
wie
wir
das
Wort
»Nein«
verwenden.
Vor
nicht
allzu
langer
Zeit
besuchte
ich
einen
Freund,
der
einen
schönen,
lebhaften,
anhänglichen
einjährigen
Husky
besaß.
Er
hatte
nur
einen
Fehler.
Er
genoss
es,
gestreichelt
zu
werden.
Doch
wenn
man
damit
aufhörte,
kam
er
immer
wieder
und
legte
einem
so
lange
|
seine
Pfote
aufs
Bein,
bis
man
irgendetwas
tat.
Das
verschmutzte
die
Kleidung,
zerkratzte
die
Haut
und
verursachte
Schmerzen.
Sein
Besitzer
hatte
gelegentlich
versucht,
ihm
dieses
Verhalten
abzuge-
wöhnen,
indem
er
mit
dem
Hund
schimpfte,
ihn
wegstieß
oder
ähn-
liches
-
ohne
Erfolg.
Außerdem
war
er
zu
sehr
mit
seiner
Arbeit
beschäftigt,
um
dieser
Aufgabe
regelmäßig
Zeit
zu
widmen.
Als
ich
einmal
meinen
Freund
für
mehrere
Tage
besuchte,
versuchte
ich,
den
Hund
von
dieser
Angewohnheit
zu
befreien.
Jedes
Mal,
wenn
er
zu
mir
kam,
streichelte
ich
ihn
eine
Weile,
hörte
dann
auf
und
wartete,
wobei
ich
meine
Hand
so
positionierte,
dass
ich
seine
Pfote
blockierte,
sobald
er
sie
hob.
Wenn
er
sie
hob,
fing
ich
sie
wenige
Zentimeter
über
dem
Boden
ab
und
setzte
sie
wieder
sanft
auf
den
Boden,
wobei
ich
gleichzeitig
freundlich
sagte:
123
»Nein,
nein,
lass
die
Pfote
auf
dem
Boden.«
Dann
streichelte
ich
ihn,
sagte
ihm,
dass
er
ein
guter
Hund
sei,
und
hörte
nach
einer
Weile
auf.
Sofort
hob
er
erneut
die
Pfote.
Wieder
fing
ich
sie
auf
und
wiederholte
den
Vorgang.
Manchmal
tat
ich
das
mit
ihm
im
Sitzen
und
manchmal
im
Stehen.
Nach
einigen
wenigen
Wiederholungen
ging
ich
etwas
weg
von
ihm.
Wenn
er
dann
wieder
auf
mich
zukam,
sagte
ich
in
freundlicher,
aber
warnender
Stimme:
»Die
Pfoten
blei-
ben
auf
dem
Boden.«
Meine
Hand
war
bereit,
die
Pfote
abzufangen,
sobald
er
sie
hob,
was
anfangs
ständig
geschah.
Nach
kurzer
Zeit
begriff
er
den
Plan,
und
oft
genügte
der
Ton
meiner
Stimme,
der
Klang
meiner
Worte
oder
vielleicht
auch
die
Haltung
meines
Kor-
pers
und
meiner
Hand,
um
ihn
daran
zu
erinnern,
dass
die
Pfote
auf
dem
Boden
bleiben
soll.
Ich
war
nur
einige
Tage
dort
und
kann
nicht
behaupten,
ihn
vollständig
von
dieser
Angewohnheit
befreit
zu
haben.
Aber
er
verhielt
sich
schon
deutlich
besser,
und
üblicher-
weise
genügte
es,
ihn
einmal
zu
warnen
und
die
Pfote
abzufangen,
um
ihn
zu
erinnern.
|
Wichtig
hierbei
ist,
dass
selbst
ein
junger
Hund
so
lernfahig
ist,
um
zu
verstehen,
dass
»Nein«
mehr
ist
als
bloß
ein
Signal
oder
ein
wutendes
Gerausch.
Es
kann
ein
Wort
sein,
das
eine
Idee
vermittelt.
Es
muss
nicht
heißen:
»Du
bist
ein
böser
Hund,
und
wir
werden
die
Bosheit
schon
aus
dir
herausprugeln.«
Es
kann
auch
heißen:
»Du
bist
ein
guter
Hund,
aber
das,
was
du
tust,
ist
nicht
das,
was
wir
ubli-
cherweise
hier
tun.
Also
tu
es
bitte
nicht
wieder.«
Selbst
ein
junger
Hund
kann
das
verstehen
und
danach
handeln.
Und
wenn
ein
Hund
dies
versteht,
warum
nicht
auch
ein
Kind?
„Abgesehen
von
seltenen
Ausnahmen
wie
Augenblicken
von
großem
Stress
oder
von
Gefahr
gibt
es
keinen
Grund,
warum
wir
Kindern
nicht
ebenso
freundlich
»Nein«
sagen
können
wie
»Ja«.
Beides
sind
Worte.
Beide
vermitteln
einen
Gedanken,
den
selbst
kleine
Kinder
begreifen
können.
Das
eine
Wort
bedeutet:
»Wir
tun
dies
nicht
so«,
und
das
andere:
»So
tun
wir
es.«
Meist
wollen
Kinder
nichts
ande-
res,
als
genau
das
herausfinden.
Ausgenommen
sie
sind
müde
oder
in
einem
außerordentlichen
Erregungszustand,
so
wollen
sie
die
Dinge
richtig
machen
so
wie
wir,
wollen
dazugehören
und
teil-
nehmen.
Kurz
danach
besuchte
ich
ein
anderes
Freundespaar
und
ihren
reizenden
fünfzehn
Monate
alten
Jungen.
Etwa
um
die
Zeit
des
Abendessens
holte
ich
in
der
kleinen
Essküche
mein
Cello
heraus
124
und
begann
zu
spielen.
Das
Baby
war
so
begeistert,
wie
ich
gehofft
hatte.
Der
Junge
hörte
sofort
mit
dem
auf,
was
er
gerade
tat,
und
kroch
geschwind
über
den
Boden
auf
das
Cello
zu.
Als
seine
Eltern
ein
wenig
nervös
blickten,
sagte
ich:
»Keine
Sorge,
ich
werde
das
Cello
schon
verteidigen.
Ich
lasse
nicht
zu,
dass
ihm
etwas
ge-
schieht.«
Sobald
der
Junge
das
Instrument
erreicht
hatte,
zog
er
sich
daran
hoch
und
begann,
die
Saiten
unterhalb
des
Stegs
zu
zupfen.
Während
ich
den
Bogen
(den
er
möglicherweise
hätte
beschädigen
können)
außer
Reichweite
hielt,
zupfte
ich
an
den
Saiten
oberhalb
des
Steges,
wodurch
hübsche
Klänge
entstanden.
Dann
sah
ich,
dass
ihn
eine
Welle
der
Aufregung
überkam
und
er
auf
das
Cello
schlagen
wollte,
wie
es
kleine
Kinder
gerne
tun.
Sobald
seine
Hände
zu
dieser
impulsiven
Geste
ansetzten,
fing
ich
sie
auf
wie
die
Pfote
des
jungen
Hundes,
stoppte
sie
vorsichtig
und
sagte
freundlich:
»Sanft,
ganz
sanft,
sei
lieb
zu
dem
Cello.«
Sobald
seine
Bewegungen
kleiner
und
ruhiger
wurden,
nahm
ich
meine
Hände
weg.
Daraufhin
streichelte
er
eine
Weile
das
Holz
und
zupfte
an
den
Saiten.
Als
er
wieder
aufgeregt
wurde,
fing
ich
die
Hände
wieder
auf,
beruhigte
sie
und
sagte
dasselbe
wie
zuvor.
Nach
einer
Weile
krabbelte
er
davon
und
ich
plauderte
wieder
mit
seinen
Eltern.
Als
ich
erneut
spielte,
krabbelte
er
wieder
herbei,
um
das
Cello
nochmals
zu
begutachten
und
zu
berühren.
Möglicherweise
musste
ich
noch
ein
oder
zwei
Mal
sagen
»sanft,
ganz
sanft«,
aber
nicht
mehr.
Meist
ging
dieser
kleine
Junge
mit
dem
Cello
so
sanft
und
vorsichtig
um
wie
ich.
Und
all
dies
hatte
er
an
einem
einzigen
Abend
gelernt,
an
dem
er
zum
ersten
Mal
ein
so
seltsames,
faszinierendes
Ding
gesehen
hatte.
Louise
Andrieshyn,
eine
Mutter
aus
Manitoba,
sagt
dazu:
Sie
haben
es
ausgezeichnet
auf
den
Punkt
gebracht,
welcher
Unterschied
zwischen
einem
»Nein«
als
wütendem
Signal
und
einem
»Nein«
als
bedeu-
tungsvollem
Wort
besteht
...
Allerdings
gibt
es
noch
ein
drittes
»Nein«,
das
vermutlich
sogar
am
häufigsten
verwendet
wird
und
weder
eine
wütende
Explosion
noch
ein
bedeutungsvolles
Wort
ist
-
nämlich
das
»Nein-nein-
nein«,
das
manche
Eltern
den
ganzen
Tag
über
sagen.
Diese
konstante
Rüge
ist
nichts
als
ein
ewiges,
wirkungsloses
Wortgeplänkel.
Die
Eltern
meinen
es
nicht
einmal
ernst;
in
ihren
Stimmen
liegt
weder
Wut
noch
Tadel
...
In
unserer
Kultur
erwarten
wir,
dass
Kinder
böse
sind
und
ständig
in
Schwierigkeiten
geraten,
und
dass
Eltern
die
Rolle
des
Diktators
über-
nehmen
müssen,
um
ihre
Kinder
zu
kontrollieren
(sie
sagen
»zu
ihrem
Schutz«).
125
Diese
drei
Formen
von
»Nein«
zu
beherrschen
ist
jedoch
wesentlich
schwie-
riger,
als
es
bei
Ihnen
klingt.
Sie
sagen,
wenn
wir
uns
bewusst
werden,
wie
wir
das
»Nein«
anwenden,
können
wir
auch
unsere
Anwendung
ändern
...
Als
Eltern
können
wir
einfach
einmal
die
Klappe
halten!
Würden
wir
uns
einmal
zuhören,
würde
uns
auffallen,
wie
viele
negative
Drangsa-
lierungen
wir
unseren
Kindern
an
den
Kopf
werfen.
Würden
sich
Eltern
einmal
-
quasi
mit
den
Ohren
ihrer
Kinder
-
hören,
wären
sie
vermutlich
entsetzt
und
um
Änderung
bemüht.
Ich
denke
in
diesem
Fall
an
Lisey
(zu
diesem
Zeitpunkt
3
Jahre
alt),
als
sie
sich
gestern
selbst
ein
Glas
Milch
eingoss.
Sie
hatte
die
Milch
aus
dem
Kühlschrank
geholt,
geöffnet
und
aus
dem
2-Liter-
Karton
Milch
in
ein
kleines
Saftglas
gegossen.
Dann
hatte
sie
die
Milch
getrunken
und
mit
einem
Küchentuch
die
auf
dem
Tisch
ver-
gossene
Milch
aufgewischt.
Da
das
Küchentuch
schon
vollgesogen
war,
tropfte
etwas
Milch
auf
den
Boden.
Genau
in
diesem
Augenblick
betrat
ich
den
Raum
und
begann
mit
dem
üblichen
»Nein,
nein«
in
anklagendem
Ton:
»Ach
nein,
Lisey,
du
hättest
jemanden
bitten
sollen,
für
dich
die
Milch
einzugießen
-
nein,
nicht
weiter
wischen,
die
Milch
läuft
auf
den
Boden,
hör
auf
damit
und
lass
mich
es
machen.
Es
ist
schon
schlimm
genug
auf
dem
Tisch
-
sieh
nur,
Jetzt
ist
sie
auch
auf
dem
Boden
-
du
machst
mir
nur
noch
mehr
Arbeit.«
Glücklicherweise
traf
mich
in
diesem
Augenblick
eine
seltene
vernünftige
Erleuchtung,
und
ich
sagte
zu
mir:
»HOr
auf
damit,
sei
kein
Ekel.
Lisey
hat
sich
eben
zum
ersten
Mal
selbst
ein
Glas
Milch
eingegossen,
und
du
ruinierst
ihr
diesen
Erfolg.«
Und
nun
sah
ich
ein
sehr
kleines
Mädchen,
das
sich
mit
aller
Kraft
bemühte,
groß
zu
werden
-
und
das
selbst
versuchte,
das
Miss-
geschick
zu
beheben,
das
ihm
bei
dem
Versuch
passiert
war,
sich
eigenhändig
ein
Glas
Milch
einzuschenken.
Und
ich
sagte:
»Lisey,
ich
glaube
Sparkle
(der
Hund)
hätte
diese
verschüttete
Milch
sehr
gerne.«
Lisey
hielt
inne
und
sah
mich
an.
Endlich
hatte
ich
etwas
gesagt,
dass
einen
Sinn
ergab.
Bis
zu
diesem
Augenblick
hatte
sie
versucht,
alle
negativen
Bemerkungen
einfach
zu
ignorieren.
»Wenn
du
Sparkles
Schüssel
holst,
können
wir
die
Milch
hinein
geben«,
sagte
ich.
126
Sie
holte
die
Schüssel
und
wir
taten,
was
wir
besprochen
hatten.
Und
augenblicklich
begann
sie
fröhlich
zu
plaudern,
dass
Sparkle
die
Milch
schmecken
werde,
und
wie
sie
für
sich
und
den
Hund
Milch
eingegossen
habe
usw.
Bis
dahin
hatte
sie
kaum
ein
Wort
verloren.
Hätte
ich
weiter
geschimpft
-
»In
Ordnung,
Lisey,
geh
jetzt
aus
der
|
Küche,
während
ich
das
Malheur
beseitige«
-
hatte
sie
vermutlich
zu
weinen
begonnen
(uber
verschuttete
Milch!).
Allerdings
erforderte
das
Happyend
in
diesem
Fall
nicht
viel
Muhe
meinerseits,
weil
ich
kaum
emotionell
beteiligt
war.
Mein
Geist
beurteilte
die
Situation
noch
soweit
objektiv,
dass
ich
imstande
war,
sie
zu
kontrollieren
und
zu
verandern.
WENN
KINDER
ERWACHSENE
AUSTESTEN
In
seinem
überaus
guten
Buch
Growing
With
Your
Children
sagt
Her-
bert
Kohl
-
wie
fast
alle,
die
uber
Kinder
schreiben
-
dass
Kinder
standig
die
Erwachsenen
austesten
mussen,
um
ihre
Grenzen
zu
fin-
den.
Mit
dieser
Aussage
bin
ich
ganz
und
gar
nicht
einverstanden.
Dass
sie
es
ständig
tun,
steht
außer
Frage.
Aber
ich
glaube
nicht,
dass
sie
es
tun
mussen
oder
es
vorrangig
aus
diesem
Grund
tun.
Außerdem
bin
ich
nicht
der
Ansicht,
dass
wir
es
ihnen
gestatten
soll-
ten.
Wenn
sie
die
Regeln
des
Familienlebens
und
der
menschlichen
Gesellschaft
herausfinden
wollen,
was
offensichtlich
der
Fall
ist,
dann
gibt
es
dafur
bessere
Mittel
und
Wege.
Als
ich
einmal
eine
funfte
Schulstufe
unterrichtete,
hatte
ich
einen
Jungen
in
meiner
Klasse,
der
schon
von
mehreren
offentli-
chen
Schulen
geflogen
war
-
eine
beachtliche
Leistung.
Er
sah
ganz
gewöhnlich
aus,
war
mittelgrofd,
stammte
aus
einer
weißen
Mittel-
klassefamilie,
bedrohte
niemanden
mit
dem
Messer
und
stieß
auch
keine
Banke
um
-
nichts,
was
man
aus
dem
Schuldschungel
kannte.
Ich
brauchte
eine
ganze
Weile,
um
zu
begreifen,
warum
ihm
meh-
rere
öffentliche
Schulen
die
Tur
gewiesen
hatten.
Er
war
ein
Agitator,
der
immer
anstachelnd
wirkte.
Eines
Tages,
als
alle
Schuler
ver-
suchten,
etwas
zu
tun
-
was
es
war,
habe
ich
vergessen
-,
bemühte
er
sich,
sie
davon
abzuhalten
und
etwas
anderes
zu
tun.
In
meiner
Verzweiflung
wandte
ich
mich
ihm
zu
und
brüllte:
»Willst
du,
dass
ich
auf
dich
wütend
werde?«
Zu
meiner
großen
Überraschung
und
offen-
bar
auch
zu
seiner
(wie
an
seiner
Stimme
zu
erkennen
war)
sagte
127
er:
»Ja.«
Ich
brauchte
eine
Weile,
um
zu
begreifen
oder
zumindest
zu
erahnen,
dass
er
aus
Erfahrung
gelernt
hatte,
dass
dies
die
einzige
Art
und
Weise
war,
wie
er
sich
die
ungeteilte
Aufmerksamkeit
ande-
rer
Erwachsener
oder
Kinder
verschaffen
konnte
-
indem
er
sie
wütend
auf
sich
machte.
Im
Verlauf
des
Jahres
besserte
er
sich
diesbezüglich,
war
aber
noch
längst
nicht
mit
sich
im
Reinen.
Sein
Problem
lag
tiefer,
als
dass
ich
-
oder
meine
Klasse
-
es
in
einem
Jahr
hätte
lösen
können.
Da
unsere
Schule
nur
bis
zur
sechsten
Schulstufe
ging,
weiß
ich
nicht,
was
später
aus
ihm
geworden
ist.
Immerhin
hatte
er
mich
etwas
Wertvolles
gelehrt.
Etwa
zur
selben
Zeit
lernte
ich
das
interessante,
aber
oft
wütende
und
schwierige
Kind
von
Freunden
kennen.
Als
ich
eines
Tages
in
ihrem
Haus
war,
um
mit
der
Mutter
des
Jungen
etwas
sehr
Wichtiges
zu
besprechen,
unterbrach
er
uns
noch
häufiger
als
sonst.
Damals
wusste
ich
bereits,
dass
Kinder
es
hassen,
von
Gesprächen
zwischen
Erwachsenen
ausgeschlossen
zu
werden.
Deshalb
versuchte
ich
von
Zeit
zu
Zeit,
dem
Jungen
die
Gelegenheit
zu
geben,
auch
etwas
zu
sagen.
An
diesem
Tag
war
es
Jedoch
klar,
dass
er
versuchte,
unser
Gespräch
vollständig
zu
unterbinden.
Schließlich
sah
ich
ihn
direkt
an
und
fragte
ihn
-
nicht
wütend,
sondern
nur
neugierig:
»Versuchst
du,
mich
wütend
zu
machen?«
Ebenso
verblüfft
wie
der
andere
Junge
durch
die
Ehrlichkeit
der
Frage,
die
er
sich
vermutlich
noch
nie
wirk-
lich
gestellt
hatte,
lächelte
er
verlegen
und
sagte:
»Ja.«
Ich
antwor-
tete
immer
noch
freundlich:
»Nun,
das
ist
in
Ordnung.
Weißt
du
was,
dann
sollten
wir
es
tun.
Lass
uns
ein
Spiel
spielen.
Du
tust
alles,
was
dir
einfällt,
um
mich
zu
ärgern,
und
ich
tue
alles,
was
mir
einfällt,
um
dich
zu
ärgern,
und
dann
sehen
wir,
wer
gewinnt.
Okay?«
Er
sah
mich
eine
Weile
an
-
immerhin
kannte
er
mich
damals
schon
gut
genug
um
zu
wissen,
dass
ich
dieses
»Spiel«
ernst
nehmen
würde.
Einige
Zeit
lang
überlegte
er,
wie
es
wohl
laufen
würde.
Ein
Blick
zu
seiner
Mutter
zeigte
ihm,
dass
er
zumindest
diesmal
keine
Hilfe
von
ihr
zu
erwarten
hatte,
falls
sich
das
Spiel
gegen
ihn
wenden
würde.
Schliefß-
lich
meinte
er:
»Nein,
ich
will
dieses
Spiel
nicht
spielen.«
»In
Ordnung«,
antwortete
ich.
»Dann
lass
uns
unser
Gespräch
führen,
und
du
und
ich
können
später
miteinander
reden.«
Was
auch
geschah.
Das
war
vor
vielen
Jahren.
Durch
die
zahlreichen
Zusammen-
treffen
mit
unterschiedlichen
Kindern
bin
ich
zu
der
festen
Überzeu-
gung
gelangt,
dass
Kinder
bereits
im
Alter
von
fünf
Jahren
oder
früher
128
das
Konzept
des
»Austestens«
gut
verstehen
-
d.h.,
dass
sie
jeman-
dem
etwas
tun
oder
vor
jemandem
etwas
tun,
wovon
sie
wissen,
dass
es
dieser
Person
nicht
gefällt,
nur
um
herauszufinden,
was
diese
Person
tun
wird
-,
und
um
zu
begreifen,
dass
dies
nicht
gut
ist.
Wenn
ich
das
Gefühl
hatte,
dass
ein
Kind
dies
mit
mir
machte,
sagte
ich:
»Versuchst
du,
mich
zu
testen,
nur
um
zu
sehen,
was
ich
tun
werde?«
Wenn
das
Kind
dann
mit
»ja«
antwortete,
sagte
ich:
»Nun,
das
gefällt
mir
nicht.
Es
ist
auch
nicht
nett,
und
ich
will
nicht,
dass
du
es
tust.
Ich
tue
dir
nichts
Böses
an,
nur
um
zu
sehen,
was
du
tun
wirst.
Dann
ist
es
auch
nicht
fair,
dass
du
mir
etwas
antust.«
Ich
glaube,
dass
Kinder
imstande
sind,
diese
Gedanken
zu
ver-
stehen,
zu
erkennen,
dass
sie
fair
sind,
und
danach
zu
handeln.
Sobald
sie
dies
tun,
wird
unser
Zusammenleben
um
vieles
einfacher.
»OKAY?«
Wenn
Erwachsene
wollen,
dass
Kinder
etwas
tun
-
sei
es
den
Man-
tel
anzuziehen,
Mittagsschlaf
zu
halten
usw.
-
sagen
sie
oft:
»Zieht
doch
eure
Mäntel
an,
okay?«
oder
»Es
ist
Zeit
für
den
Mittagsschlaf,
okay?«
Dieses
»Okay?«
ist
eine
schlimme
Angewohnheit.
Unser
Zusammenleben
mit
Kindern
würde
sich
verbessern,
wenn
wir
darauf
verzichteten.
Denn
dieses
»Okay?«
vermittelt
Kindern
den
Eindruck,
als
hät-
ten
sie
eine
Wahl,
während
sie
in
Wirklichkeit
keine
haben.
Unab-
hängig
von
der
Frage,
wie
viele
Wahlmöglichkeiten
man
einem
Kind
geben
sollte,
sollten
Kinder
zumindest
wissen,
wann
sie
die
Wahl
haben
und
wann
nicht.
Wenn
wir
häufig
nur
dem
Anschein
nach
eine
Wahlmöglichkeit
anbieten,
könnten
Kinder
bald
das
Gefühl
bekom-
men,
nie
eine
Wahl
zu
haben.
Sie
werden
sich
darüber
ärgern
und
dies
umso
mehr,
wenn
wir
nicht
klar
sagen,
was
wir
meinen.
Wenn
wir
ihnen
eine
Anweisung
geben
und
danach
ein
»Okay?«
setzen,
laden
wir
sie
bloß
zu
Widerstand
und
Rebellion
ein.
Immerhin
hat
das
Kind
keine
andere
Chance
herauszufinden,
ob
wir
ihm
tatsäch-
lich
eine
Wahlmöglichkeit
bieten,
als
das
Gewünschte
abzulehnen.
Das
ist
seine
Art
zu
fragen:
»Meinst
du
das
wirklich?«
Viele
Erwachsene
versuchen,
mit
diesem
»Okay?«
falsch
ver-
standene
Höflichkeit
zu
vermitteln.
Wir
können
sehr
wohl
sicher
auf-
zutreten
und
gleichzeitig
höflich
sein,
während
wir
einem
anderen
129
Menschen
zu
verstehen
geben,
dass
er
jetzt
keine
Wahlmöglichkeit
hat.
Wenn
ich
Freunde
besuche,
gehe
ich
davon
aus,
dass
ich
mich
ihren
Lebensgewohnheiten
anpasse,
und
zähle
darauf,
dass
sie
mir
_
sagen,
wie
diese
aussehen.
Dann
sagen
sie
etwa:
»Um
sieben
Uhr
gibt’s
bei
uns
Frühstück
und
um
halb
sieben
Abendessen«,
oder
»Heute
Nachmittag
fahren
wir
dorthin,
um
dies
und
jenes
zu
tun.«
Sie
fragen
mich
nicht,
ob
ich
mit
diesen
Plänen
einverstanden
bin,
sondern
teilen
mir
mit,
dass
dies
ihre
Pläne
sind.
Gleichzeitig
ver-
halten
sie
sich
mir
gegenüber
zweifellos
höflich.
Einige
meiner
Freunde
haben
die
Regel
aufgestellt,
dass
in
ihrem
Haus
nicht
geraucht
wird.
Das
meinen
sie
ernst.
Direkt
am
Eingang
hängt
ein
Schild
mit
der
Aufschrift:
»Danke,
dass
Sie
nicht
rauchen.«
Hin
und
wieder
übersieht
ein
Gast
dieses
Schild
oder
wertet
es
ledig-
lich
als
Bitte
und
nicht
als
Gebot
und
zündet
sich
eine
Zigarette
an.
In
diesem
Fall
informieren
meine
Freunde
jenen
Gast,
dass
er
gerne
auf
der
Veranda
rauchen
dürfe,
aber
nicht
im
Haus.
Keine
Diskus-
sion,
niemand
ist
beleidigt.
Nur
wenige
Erwachsene
sind
anscheinend
imstande,
auf
diese
Weise
mit
Kindern
zu
reden.
In
Parks,
in
Flughäfen
und
an
all
den
Orten,
wo
Erwachsene
und
Kinder
beisammen
sind,
höre
ich
hun-
derte
von
Menschen,
die
ihren
Kindern
auftragen,
etwas
zu
tun.
Die
meisten
beginnen
bei
diesem
»Okay?«
zu
bitten
oder
zu
schmei-
cheln.
Wenn
dies
nicht
funktioniert,
ändert
sich
der
Tonfall
und
es
wird
gedroht.
Offenbar
können
sie
keine
feste
Aussage
machen,
ohne
zunächst
wütend
zu
werden.
Das
Kind
ist
daraufhin
verwirrt
und
aufgebracht,
weil
es
nicht
begreift,
warum
die
Erwachsenen
ver-
ärgert
sind,
oder
womit
es
diese
Schreie
und
Drohungen
verdient
hat.
Weigert
sich
Ihr
Kind
tatsächlich,
Ihren
Anweisungen
zu
folgen,
könnten
Sie
sagen:
»Ich
weiß,
dass
dir
nicht
gefällt,
was
ich
dir
sage,
und
das
tut
mir
leid
für
dich,
und
es
tut
mir
auch
leid,
dass
du
wütend
bist,
aber
ich
meine
genau
das,
was
ich
dir
gesagt
habe.«
Mögli-
cherweise
löst
dies
nicht
alle
Probleme,
und
möglicherweise
ist
das
Kind
auch
weiterhin
wütend.
Aber
zumindest
ist
damit
klargestellt,
wie
die
Dinge
stehen.
Und
selbstverständlich
sollen
wir
in
solchen
Fällen
nicht
wütend
auf
das
Kind
werden,
nur
weil
es
wütend
auf
uns
ist.
Selbst
wenn
wir
das
Recht
hätten
(und
die
Macht),
von
Kindern
zu
fordern,
dass
sie
gehorchen,
dürfen
wir
nicht
von
ihnen
verlangen
vorzugeben,
es
gefalle
ihnen.
130
John
war
sich
dieses
fragwürdigen
Wortes
immer
und
überall
bewusst.
Während
der
letzten
beiden
Jahre
seines
Lebens
besuchte
er
viele
Krankenhäuser
und
Ärzte,
um
von
seinem
Krebsleiden
befreit
zu
werden
oder
Linderung
zu
erfahren.
Mehr
als
einmal
saß
ich
an
seinem
Krankenbett,
während
eine
Krankenschwester
hereinkam
und
meinte:
»Wir
bringen
Sie
jetzt
hinaus,
okay?«
oder
»Es
ist
jetzt
Zeit
für
Ihre
Medizin,
okay?«
Mitunter
schüttelte
er
dann
bloß
den
Kopf
und
sah
zu
mir
herüber,
manchmal
hob
er
aber
auch
frustriert
die
Augen
zur
Decke,
und
mitunter
sagte
er
einfach:
»Ich
hasse
es,
wenn
sie
»okay«
sagen!«66
WUTANFÄLLE
Bei
Wutanfällen
eines
Zweijährigen
machen
wir
uns
selten
klar,
dass
diese
gegen
etwas
gerichtet
sind.
Wir
haben
den
Eindruck,
dass
die-
ses
Kleinkind
von
einer
Welle
irrationaler
»Aggression«
und
Wut
gleich
einem
Hurrikan
hinweggeschwemmt
wird.
Ich
hingegen
beharre
darauf,
dass
ein
großer
Teil
der
anscheinend
irrationalen,
exzessiven
Wut
kleiner
Kinder
-
die
sogenannten
»Wutanfälle«
-
tatsächlich
durch
konkrete
Dinge
hervorgerufen
werden,
die
ihnen
widerfahren
und
uns
ebenso
wütend
machen
würden.
Selbst
in
den
freundlichs-
ten
und
liebevollsten
Familien
werden
Zweijährige
hundert
Mal
am
Tag
durch
Worte
und
Taten
ihrer
Eltern
oder
von
der
Natur
selbst
daran
erinnert,
dass
sie
klein,
schwach,
unbeholfen,
töricht,
unwis-
send,
nicht
vertrauenswürdig,
lästig,
zerstörerisch,
schmutzig,
stinkig
und
sogar
ekelerregend
sind.
Und
das
gefällt
ihnen
nicht!
Mir
würde
es
ebenso
wenig
gefallen.
Und
Ihnen?
Zu
diesem
Thema
schrieb
die
Mutter
von
J.,
jenem
kleinen
Jungen,
der
mit
meinem
Cello
spielte.
Sie
erzählte
von
seinen
Wutanfällen
und
wie
sie
beide
lernten,
diese
zu
vermeiden.
:
J.
ist
großartig.
Seit
er
keinen
Mittagsschlaf
mehr
halt,
steht
er
den
ganzen
Tag
Uber
unter
Hochspannung,
bis
er
etwa
um
19.30
Uhr
todmude
umfalit.
Er
hat
jetzt
sein
eigenes
Zimmer,
wo
er
nahezu
jeden
Tag
ein
bis
eineinhalb
Stunden
allein
verbringt
und
meistens
mit
seinen
Trucks
umherfahrt.
Ich
habe
noch
nie
ein
Kind
gesehen,
dass
seine
Welt
besser
organisiert
hatte.
Er
spielt
mit
Dominosteinen
und
bezeichnet
sie
entweder
als
Lehmziegel
fur
den
Bau
von
Häusern,
oder
als
Heuballen,
stapelt
sie
aufeinander,
reiht
sie
aneinander
oder
ordnet
sie
in
anderer
Weise
penibel
aneinander.
131
Dasselbe
tut
er
mit
den
Trucks.
Wenn
man
ihn
schließlich
von
seinen
Trucks
losreißt
und
zum
Essen
trägt,
schreit
und
brüllt
er,
wie
es
deiner
Theorie
über
das
Verhalten
von
Zweijährigen
entspricht.
Gewährt
man
ihm
jedoch
ein
paar
Minuten,
um
alle
Trucks
in
einer
geraden
Linie
zu
parken,
kommt
er
bereitwillig
mit.
Deine
Theorie
(Kinder
wie
Erwachsene
zu
behan-
deln)
funktioniert
ein
um
das
andere
Mal.
Wenn
man
an
ihm
vorübereilt
und
ihn
im
Schnee
zurücklässt,
um
noch
schnell
die
Ziegen
zu
füttern,
erlebt
man
einen
Wutanfall,
bei
dem
er
vom
vielen
Schreien
blau
anläuft.
Behandelt
man
ihn
wie
einen
Erwachsenen,
läuft
alle
wie
geschmiert.
Pro-
bleme
gibt
es
nur,
wenn
wir
gelegentlich
unsere
Größen-
und
Kraftüberle-
genheit
ausspielen.
Hierbei
gilt
es,
Situationen
zu
vermeiden,
die
ein
der-
artiges
Eingreifen
notwendig
machen,
also
erst
gar
nicht
in
Eile
zu
geraten
oder
dafür
zu
sorgen,
dass
Kinder
ins
Bett
gehen,
bevor
sie
vollständig
zusammenbrechen.
Richtig
wütend
wird
er,
wenn
man
ihn
zurücklässt.
Dennoch
sind
wir
vor
kurzem
verreist
...
Ich
war
sehr
nervös,
als
wir
ihn
bei
Freunden
unter-
brachten,
denn
die
gesamte
Woche
über
hatte
er
mit
Wutanfällen
reagiert,
bei
denen
er
bewusstlos
zu
Boden
gestürzt
ist,
sobald
wir
ohne
ihn
in
die
Stadt
fuhren
(und
dies,
obwohl
der
jeweils
andere
Elternteil
bei
ihm
war).
Diesmal
winkte
er
uns
zum
Abschied
nach,
ging
ins
Haus
und
verbrachte
vier
fröhliche
Tage.
Wie
sein
Vater
meinte,
machte
er
sich
nur
bei
uns
die
Mühe,
einen
Wutanfall
zu
bekommen.
Als
wir
ihn
wieder
abholten,
war
er
sehr
ruhig,
voll
von
neuen
Spielen
und
Worten,
und
ich
wusste,
dass
er
durch
die
Trennung
von
uns
und
die
Zeit
mit
anderen
interessanten
Men-
schen
auf
ganzer
Linie
Fortschritte
gemacht
hatte.
...
Einige
Zeit
später
wollten
wir
eine
längere
Bootstour
machen
und
brachten
ihn
deshalb
zu
Freunden.
Als
wir
in
letzter
Minute
entschieden,
dass
unsere
Boote
nicht
tragfähig
genug
waren,
um
uns
und
unsere
Aus-
rüstung
auf
einer
so
rauen
und
weiten
Fahrt
zu
transportieren,
holten
wir
J.
wieder
ab,
campierten
gemeinsam
mit
ihm
am
Fluss
und
machten
mit
dem
Boot
kurze
Touren
auf
jenen
Abschnitten
des
Flusses,
die
in
der
Nähe
der
Straße
lagen.
Wieder
verhielt
er
sich
großartig
und
genoss
es,
in
Gesell-
schaft
von
Erwachsenen
zu
sein,
die
mit
den
Fingern
aßen
und
ihre
gesamte
Mahlzeit
in
einer
Tasse
zusammenrührten,
wie
er
es
tat.
Weil
sein
Vater
wollte,
dass
er
mit
auf
das
Boot
geht,
zog
er
ihm
eine
Schwimm-
weste
an
und
band
ihn
mit
einem
Tau
an
sich.
J.
hasste
das
und
hatte
jede
Menge
Befürchtungen,
als
Wasser
in
das
Boot
schwappte,
so
dass
er
nass
und
durchgefroren
war.
Dennoch
beklagte
er
sich
nicht.
Erstaunli-
cherweise
saß
er
bloß
da
und
starrte
etwa
zwei
Stunden
lang
genervt
vor
132
sich
hin.
Ich
glaube,
er
war
so
glücklich
darüber,
dabei
zu
sein,
dass
er
all
das
Elend
gerne
ertrug.
Susan
Fitch
wendet
dieselbe
einfühlsame
und
respektvolle
Haltung
bei
dem
oft
schwierigen
Thema
des
Schlafengehens
an:
Weil
mein
Mann
und
ich
immer
Wert
darauf
legten,
auch
Zeit
für
uns
zu
haben,
war
Jesses
(4
Jahre
alt)
Schlafenszeit
für
uns
sehr
wichtig.
Obwohl
Jesse
sehr
kooperativ
war,
genoss
er
die
begrenzte
Zeit
nicht,
die
er
zwi-
schen
der
Ankunft
seines
Vaters
und
seiner
Schlafenszeit
mit
diesem
ver-
brachte.
Das
frustrierte
uns
alle
und
macht
uns
unglücklich.
Als
ich
eines
Abends
GWS
las,
begriff
ich,
dass
er
sehr
wohl
imstande
war,
dann
zu
Bett
zu
gehen,
wenn
er
müde
war.
Am
nächsten
Tag
spra-
chen
wir
darüber,
wie
er
sich
fühlte,
wenn
er
müde
war,
wie
viel
Schlaf
er
brauchte,
wann
er
zu
Bett
gehen
sollte,
um
rechtzeitig
zum
Kindergarten
aufzuwachen
und
dass
auch
wir
Zeit
brauchten,
um
miteinander
zu
plau-
dern
oder
gemeinsam
etwas
Ruhe
zu
genießen.
Die
Spannung
zwischen
ihm
und
seinem
Vater
löste
sich
in
Luft
auf,
und
er
übernahm
augen-
blicklich
die
Verantwortung
dafür,
sich
selbst
umzuziehen
und
die
Zähne
zu
putzen.
Weil
wir
ihm
in
diesem
Punkt
mehr
Freiheit
zugestanden
haben,
folgen
nun
unsere
Zeiten
allein
und
gemeinsam
einem
natürlichen
Muster,
das
alle
zufriedenzustellen
scheint
...
Ich
muss
an
dieser
Stelle
einfach
anmerken,
dass
ich
auf
der
ganzen
Welt
von
keiner
anderen
Kultur
gehört
habe,
die
soviel
Aufhebens
um
das
Schlafengehen
der
Kinder
macht,
und
gleichzeitig
keine
andere
Kultur
kenne,
in
der
so
vielen
Erwachsenen
entweder
das
Einschlafen
oder
das
Aufwachen
schwer
fällt.
Könnten
diese
sozialen
Faktoren
zusammenhängen?
Ich
hege
den
starken
Verdacht.
KOCHEN
IM
ALTER
VON
ZWEI
JAHREN
Kinder
sind
um
vieles
fähiger,
als
wir
glauben.
Ich
vermute,
dass
Kin-
der
am
häufigsten
verletzt
werden,
wenn
sie
etwas
tun,
das
sie
nicht
tun
sollen,
wie
etwa
aus
Trotz
oder
Aufregung,
und
seltener,
wenn
sie
etwas
Einfühlsames
und
Natürliches
tun,
das
sie
oft
und
gerne
tun
und
richtig
machen.
Der
Leiter
eines
großen
Abenteuerspielplatzes
in
London
erzählte
mir
einmal,
dass
sich
die
Kinder
dann
am
häufigsten
verletzten
und
133
verhaltensauffällig
wurden,
wenn
es
den
Eltern
gestattet
war,
den
Platz
zu
betreten.
Sobald
man
die
Eltern
in
einen
Wartebereich
ver-
wies,
nahm
die
Unfallhäufigkeit
ab,
und
die
Kinder
verhielten
sich
wenig
auffällig.
Ich
fragte
Susan
Price,
eine
Mutter
aus
Florida,
wie
Matt
in
so
frühen
Jahren
gelernt
hatte
zu
kochen.
Sie
antwortete:
Der
Gasherd
hätte
zu
meiner
ersten
Auseinandersetzung
mit
Matt
führen
können.
Als
er
lernte,
die
Brenner
einzuschalten,
sagte
ich:
»Nein,
das
ist
gefährlich.«
Die
Wirkung
war
klar:
Oh,
das
macht
Spaß,
ist
interessant,
das
tue
ich
jetzt
ständig.
Ich
schlug
ihm
leicht
auf
die
Hand,
schnappte
ihn,
wobei
ich
Tränen
in
den
Augen
hatte
-
ob
er
auch
weinte,
weiß
ich
nicht
mehr,
hielt
ihn
auf
dem
Sofa
fest
und
überlegte,
was
jetzt
zu
tun
sei.
All-
mählich
begriff
ich,
dass
es
in
keiner
Weise
gefährlich
war,
wenn
er
die
Brenner
einschaltete.
Immerhin
war
ich
immer
bei
ihm
und
konnte
dafür
sorgen,
dass
nichts
auf
dem
Herd
stand.
Außerdem
war
er
mit
seiner
Hand
weit
unterhalb
der
Flammen.
Wovor
hatte
ich
Angst?
Selbstverständlich
davor,
dass
die
Leute
davon
erfuhren.
So
gestattete
ich
ihm,
die
Brenner
einzuschalten,
beobachtete
ihn
dabei
und
schwieg.
Er
schaltete
alle
Bren-
ner
ein,
ging
zum
Tisch,
stellte
sich
auf
einen
Stuhl
und
betrachtete
die
Flammen
(er
war
noch
so
klein,
dass
er
sie
nicht
sehen
konnte,
wenn
er
neben
dem
Herd
stand).
Wie
alt
er
damals
war?
Weniger
als
sechzehn
Monate.
Er
tat
es
eine
Weile,
dann
noch
am
nächsten
Tag
ein
paar
Mal,
und
dann
war
es
vorüber.
Er
»spielte«
nie
wieder
mit
den
Brennern,
schal-
tete
nur
immer
schnell
einen
an,
wenn
er
sah,
dass
ich
eine
Pfanne
holte,
um
zu
kochen,
oder
nach
der
Geburt
von
Faith,
wenn
er
sich
selbst
etwas
kochen
wollte.
Nein,
noch
ein
weiteres
Mal,
als
er
schon
viel
größer
war
und
ein
Freund
bei
ihm
war,
erschien
es
ihm
lustig,
sie
einzuschalten,
um
zu
sehen,
wie
ängstlich
sein
Freund
wurde.
Warum
reagierte
er
nicht
auf
meine
Worte
»Nein,
gefährlich!«?
Weil
in
meiner
Stimme
keine
echte
Angst
zu
hören
war.
Kinder
reagieren
auf
jeden
Fall,
wenn
man
ihnen
sagt,
dass
etwas
gefährlich
ist
und
man
auch
tatsächlich
Angst
davor
hat.
Dann
besteht
aber
auch
genau
in
diesem
Augenblick
Verletzungsgefahr.
Irgendwo
habe
ich
gelesen,
dass
man
seine
Kinder
lehren
soll,
auf
das
zu
hören,
was
man
sagt,
denn
wenn
sie
auf
der
Straße
sind
und
ein
Auto
kommt
und
man
ihnen
eine
Warnung
zuruft,
wür-
den
sie
sonst
nicht
rechtzeitig
von
der
Straße
gehen.
Darum
geht
es
aber
gar
nicht.
Sie
reagieren
vor
allem
auf
die
Angst
in
deiner
Stimme
in
der
jeweiligen
Situation
und
nicht
auf
die
Tatsache,
dass
man
ihnen
etwas
sagt.
134
Viele
Menschen
fürchten
sich
bei
Kindern
zu
sehr
vor
der
Zukunft
und
lei-
ten
sie
von
der
Gegenwart
ab.
Sie
glauben,
wenn
ich
ihnen
jetzt
gestatte,
die
Brenner
einzuschalten,
dann
werden
sie
es
immer
tun
wollen
...
Ich
vermute,
dass
Matt
nicht
mehr
mit
dem
Herd
spielen
muss
oder
will,
weil
er
bereits
auf
ihm
kochen
kann.
Er
ist
kein
Spielzeug
mehr,
sondern
ein
ernstzunehmender
Alltagsgegenstand,
den
er
und
die
Erwachsenen
täglich
verwenden.
Bevor
kleine
Kinder
wissen,
wie
man
Auto
fährt
und
es
selbst
können,
genießen
sie
es,
im
geparkten
Wagen
am
Lenkrad
zu
sitzen
und
daran
herumzudrehen.
Aber
wer
hat
das
schon
von
jemandem
gesehen,
der
bereits
Auto
fahren
kann?
Das
wäre
Kinderkram.
Und
für
Matt
wäre
es
das,
wenn
er
mit
dem
Herd
spielte,
auf
dem
er
und
seine
kleine
Schwester
regelmäßig
das
Essen
für
die
gesamte
Familie
kochten.
Ich
vermute
auch,
dass
Matt
deshalb
so
rasch
auf
heftige
Angst
und
andere
negative
Emotionen
in
der
Stimme
seiner
Mutter
rea-
giert,
weil
er
diese
Art
von
Emotionen
nur
selten
zu
hören
bekommt.
Kinder,
die
ständig
die
Stimmen
der
Erwachsenen
hören,
die
Angst,
Ekel,
Wut,
Drohung
usw.
ausdrücken,
akzeptieren
diesen
Tonfall
schon
bald
als
normal
und
schalten
einfach
ab.
Sie
denken:
»Ach,
so
reden
die
immer.«
Wenn
Erwachsene
dann
versuchen,
Kinder
auf
eine
echte
Gefahr
aufmerksam
zu
machen,
hören
sie
uns
einfach
nicht
mehr
zu.
37
Jim
[2008
verstorben]
und
Pat
Montgomery
leben
in
Ann
Arbor,
im
Bundesstaat
Michigan,
wo
Pat
seit
mehr
als
dreißig
Jahren
ihre
bekannte
Clonlara
School
führt.
Als
ich
vor
kurzem
ein
Wochenende
bei
ihnen
verbrachte,
erklärte
mir
Jim,
dass
Messerwerfen
zu
seinen
Hobbys
zähle.
Er
hatte
es
sich
im
Alter
von
acht
Jahren
beigebracht,
als
er
in
Mis-
sissipp1
auf
dem
Land
aufgewachsen
war.
Sein
Großvater
besaß
ein
Bajo-
nett,
das
er
einem
deutschen
Soldaten
im
Ersten
Weltkrieg
abgenommen
hatte.
Diese
Waffe
wurde
Jims
erstes
und
liebstes
Wurfmesser.
Auf
seinem
Hof
in
Ann
Arbor
verwendet
er
einen
Holzstapel
als
Ziel.
Deshalb
wun-
derte
ich
mich
nicht,
als
mich
sein
sechsjahriger
Enkel
Felix,
nachdem
er
mir
vorgestellt
worden
war,
fragte:
»Willst
du
Grofivaters
Messer
sehen?«
Als
ich
ja
sagte,
holten
Felix
und
sein
knapp
dreyjdhriger
Bruder
Simon
einen
Sack
voller
Messer
hervor,
die
Jim
im
Keller
aufbewahrte.
Während
Jim
ein
Feuer
im
Kamin
entzilindete
und
Pat
thm
dabei
zuschaute,
zeigten
mir
die
Jun-
gen
die
Messer.
Sie
gingen
mit
großer
Sorgfalt
vor,
wobei
sie
mich
mahnten,
135
vorsichtig
zu
sein,
wenn
ich
die
einzelnen
Messer
zur
Hand
nahm.
Sie
erklär-
ten
mir,
dass
die
Kanten
der
Schneiden
stumpf
seien,
die
Spitzen
hingegen
scharf.
Die
kleinen
Jungen
zeigten
mir,
wie
man
den
Gleichgewichtspunkt
bei
jedem
einzelnen
Messer
fand,
wodurch
sich
die
Messer
voneinander
unter-
schieden
usw.
Ich
war
nicht
nur
davon
beeindruckt,
wie
sie
mit
den
Messern
umgingen,
sondern
auch
davon,
dass
Pat
und
Jim
nicht
ängstlich
um
sie
he-
rumschwirrten,
immer
bereit,
die
Messer
wegzupacken
oder
in
ängstlichem
Ton
»Sei
vorsichtigl«
zu
rufen.
Gleichzeitig
bemerkte
ich,
dass
Pat
und
Jim
doch
ein
wenig
besorgt
waren,
als
die
Jungen
begannen,
die
Messer
in
den
Karton
zu
stecken,
mit
dem
Jim
das
Feuer
anzünden
wollte.
Schließlich
sagte
Jim:
»Ihr
solltet
den
Karton
nicht
so
durchbohren;
legt
die
Spitze
an
den
Karton
und
stoßt
dann
kräftig
zu.«
Die
Jungen
befolgten
seinen
Rat
gerne
und
zerlegten
den
Karton
in
den
nächsten
Minuten
langsam
in
Stücke,
ehe
sie
die
Klingen
weg-
legten.
Danach
sagte
mir
Jim,
dass
er
am
Mittwoch
immer
bereits
zum
Mittag-
essen
nach
Hause
käme,
um
sich
mit
einigen
Clonlara-Schülern
zu
treffen,
die
von
ihm
Messerwerfen
lernen
wollten.
Vor
allem
mir
als
Großstadtkind
fiel
die
Vorstellung
schwer,
dass
man
Messer
auch
auf
sichere
und
unter-
haltsame
Weise
verwenden
konnte,
um
Fähigkeiten
zu
entwickeln
und
das
Selbstbewusstsein
von
Kindern
zu
stärken.
Schließlich
war
ich
so
groß
geworden,
dass
ich
beim
Anblick
eines
Messers
nicht
an
die
Fernsehserie
Unsere
kleine
Farm
denke.
Mir
fällt
dabei
die
West
Side
Story
ein.
Selbst-
verständlich
gingen
Kinder
zu
Beginn
des
letzten
Jahrhunderts
sehr
viel
selbstverständlicher
mit
Messern
und
scharfen
Gegenständen
um,
als
wir
es
uns
heute
vorstellen
können.
Wie
Holt
sagt:
»Kinder
haben
sehr
viel
mehr
Fähigkeiten,
als
Erwachsene
es
für
möglich
halten.«¢¢
BESSER
ALS
FLEISSKÄRTCHEN
ODER
STERNCHNEN
Wenn
Kinder
nicht
durch
Grausamkeit
oder
Vernachlässigung
ver-
formt
werden,
sind
sie
von
Natur
aus
nicht
nur
liebevoll
und
freund-
lich,
sondern
auch
ernsthaft
und
zielgerichtet.
Wann
immer
ich
von
Lehrern
oder
Erziehern
höre:
»Die
Schüler
sind
nicht
motiviert,
wie
soll
ich
sie
denn
motivieren?«,
denke
ich
an
die
Geschichte
von
Mar-
garet
Mead
und
den
Balinesen.
Sie
ereignete
sich
in
den
20er
Jahren,
als
noch
wenige
Perso-
nen
aus
dem
Westen
je
Bali
besucht
hatten.
Margaret
Mead
sprach
136
mit
einigen
Balinesen,
um
mehr
über
diese
seltsame
und
ganz
andersartige
Kultur
in
Erfahrung
zu
bringen.
Irgendwann
erkundigte
sie
sich
auch
nach
ihrer
Kunst.
Die
Balinesen
verwirrte
diese
Frage.
Sie
wussten
nicht,
was
sie
mit
dem
Begriff
Kunst
meinte.
So
sprach
Mead
eine
Weile
über
die
Kunst
und
Künstler
der
westlichen
Kultu-
ren.
Nachdem
die
Balinesen
einige
Zeit
über
ihre
Worte
nachgedacht
hatten,
erklärte
einer
von
ihnen:
»Hier
in
Bali
haben
wir
keine
Kunst.
Wir
machen
alles,
so
gut
wir
können.«
Kleine
Kinder
sind
wie
diese
Balinesen.
Nahezu
alles,
was
sie
tun,
tun
sie
so
gut,
wie
sie
können.
Außer
sie
sind
müde,
hungrig
oder
von
Leidenschaft,
Schmerz
oder
Angst
erfüllt,
handeln
sie
fast
ausschließlich
aus
Neugier,
aus
ihrer
Sehnsucht
nach
Können
und
Fähigkeiten
und
der
Freude,
ihre
Arbeit
gut
zu
machen.
Erwach-
sene
erkennen
und
schätzen
derartige
Motive
jedoch
selten.
Sie
können
sich
nur
schwer
vorstellen,
dass
diese
überhaupt
existie-
ren.
Stattdessen
ersetzen
sie
diese
Beweggründe
durch
Gier
und
Angst.
Aber
was
ist
mit
jenen
Personen,
die
ihre
Kinder
aus
der
Schule
genommen
haben,
nachdem
ihr
Geist
durch
jahrelange
»Stärkung«,
belanglose
Fleißkärtchen
und
Strafen,
Zensuren
und
Förderpro-
gramme
gelahmt
und
verkrüppelt
wurde?
Wie
können
Freilerner-
Eltern
in
ihren
Kindern
diese
frühen,
tiefen,
reicheren
Quellen
menschlichen
Handelns
wiederbeleben?
Das
ist
nicht
einfach.
Ver-
mutlich
gelingt
es
nur
mit
Geduld.
Jede
Wunde
heilt,
wenn
wir
sie
nicht
immer
wieder
aufreißen.
Dasselbe
gilt
auch
für
den
mensch-
lichen
Geist.
Wenn
wir
den
Kindern
genug
Zeit
lassen,
die
sie
so
frei
von
schädlichem
Druck
von
außen
verbringen
wie
möglich,
stehen
die
Chancen
gut,
dass
sie
eines
Tages
wieder
in
sich
Gründe
fin-
den,
um
etwas
Wertvolles
zu
tun.
Mit
etwas
Zeit
wird
dies
uns
allen
gelingen.
?)
Als
Vater
fällt
es
mir
mitunter
schwer,
Johns
Ideen
umzusetzen.
So
bin
ich
stets
verleitet,
unsere
Mädchen
hauptsächlich
durch
Lob
und
Kri-
tik
von
außen
zu
motivieren.
Gegen
diese
Versuchung
muss
ich
ständig
ankämpfen.
Ich
bin
vor
allem
vertraut
mit
dem
Bereich
des
Lehrens
und
Lernens,
ebenso
wie
ich
beim
Essen
vertrauter
bin
mit
Fett
und
Fleisch
als
mit
Gemüse
und
Obst.
In
beiden
Fällen
muss
ich
mich
an
neue
Ideen
gewöhnen,
um
sie
konsequent
umzusetzen,
und
in
beiden
Fällen
fällt
es
mir
schwer.
137
Bei
unserer
letzten
GWS-Konferenz
hatten
wir
das
Glück,
den
Jour-
nalisten
Alfie
Kohn
als
Gastreferenten
zu
gewinnen.
Kohn
hat
nahezu
sein
gesamtes
Erwachsenenleben
damit
verbracht,
Untersuchungen
und
Diskussionen
über
Belohnung
und
Bestrafung
als
allgemeine
Schulprak-
tiken
zu
dokumentieren.
Er
gelangt
dabei
zur
selben
Schlussfolgerung
wie
Holt:
Unsere
natürliche
Motivation
zu
lernen
wird
in
der
Schule
durch
unangemessenes
Lob
und
Belohnung
verformt.
Wir
alle
stehen
-
oftmals
unbewusst
-
stark
unter
dem
Einfluss
unserer
eigenen
Erziehung.
Zu
begreifen,
wovon
John
Holt
oder
Alfie
Kohn
sprechen,
und
danach
zu
handeln,
erfordert
von
uns
eine
bewusste
Anstrengung.
Und
mitunter
wirken
bewusste
Anstrengungen
unnatürlich
oder
falsch.
Aber
wenn
wir
diese
Anstrengungen
nicht
unternehmen,
können
wir
nur
nach
der
uns
vertrauten
Methode
lehren
und
als
Eltern
so
erziehen,
wie
wir
selbst
erzo-
gen
wurden.
¢¢
138
5
In
der
Welt
lernen
ZUGANG
ZUR
WELT
Auch
die
angeblich
»freien«
oder
»alternativen«
Schulen
unter-
scheiden
sich
in
vieler
Hinsicht
nicht
von
den
konventionellen.
Sie
trennen
die
Kinder
von
der
großartigen
Fülle
und
Vielfalt
des
Lebens
und
ersetzen
diese
durch
Unterrichtsfacher
und
Lehrplane,
die
sie
möglicherweise
durch
mancherlei
gut
gemeinte
Extrawlrst-
chen
aufzupeppen
suchen.
Dennoch
bleibt
es
eine
Tatsache,
dass
die
Schulen
eifrig
bestrebt
sind,
die
Welt
in
winzige
Stucke
zu
zer-
legen,
mit
denen
sie
die
Kinder
nach
der
Theorie
irgendeines
Exper-
ten
füttern,
so
wie
sie
es
angeblich
brauchen
und
verstehen,
anstatt
sie
am
wahren
Leben
mit
all
seinen
zahlreichen
Facetten
teilhaben
Zu
lassen.
Kinder
brauchen
keinen
neuen
und
verbesserten
Lehrplan,
son-
dern
mehr
Zugang
zur
wirklichen
Welt.
Sie
brauchen
viel
Zeit
und
Raum,
um
uber
ihre
Erfahrungen
nachzudenken
und
um
ihnen
durch
Fantasie
und
Spiel
eine
Bedeutung
zu
verleihen.
Ratschlage,
Land-
karten
und
Reiseliteratur
machen
es
ihnen
leichter,
an
die
von
ihnen
gewünschten
Ort
zu
gelangen
(und
nicht
dorthin,
wo
wir
glauben,
dass
sie
sein
sollten),
um
genau
das
herauszufinden,
was
sie
he-
rausfinden
wollen.
Das
ist
nicht
einfach.
Die
moderne
Welt
ist
gefahr-
lich,
verwirrend,
nicht
fur
Kinder
geschaffen
und
behandelt
sie
im
Allgemeinen
weder
freundlich
noch
einladend.
Wir
müssen
noch
vie-
les
lernen,
um
die
Welt
fur
unsere
Kinder
leichter
zuganglich
zu
machen
und
ihnen
die
Freiheit
und
Kompetenz
zuzugestehen,
sie
zu
139
erkunden.
Diese
Aufgabe
unterscheidet
sich
jedoch
grundsätzlich
davon,
nette
kleine
Lehrpläne
auszuarbeiten.
Hier
beschreibt
eine
Familie
aus
Washington,
wie
sie
ihrem
Kind
die
Erschließung
der
Stadt
ermöglichte:
Wir
wohnen
in
Washington
D.C.
auf
dem
Capitol
Hill,
nur
etwa
drei
Kilo-
meter
entfernt
von
den
Museen
der
Smithsonian
Institution.
Susan
geht
mit
ihrer
Mutter
nahezu
täglich
dorthin,
um
sich
umzusehen,
zu
spielen,
andere
Leute
zu
treffen,
ins
Kino
zu
gehen,
Musik
zu
hören
und
Karus-
sell
zu
fahren.
Sie
schauen
sich
eine
großartige
Vielfalt
von
Naturfil-
men
an
...
Sie
kennen
jede
Ausstellung
im
Kunst-
und
Geschichtsmu-
seum.
Susan
kann
mühelos
andere
durch
die
Geschichte
des
Univer-
sums,
die
Naturgeschichte
und
die
letzte
Marslandung
führen.
In
der
Nähe
des
Springbrunnens
essen
sie
zu
Mittag,
sehen
sich
die
neueste
Skulptur
an,
machen
Fotos
von
ihren
Lieblingsplätzen
und
bewundern
die
Schönheit
eines
Frühlings-
oder
Herbsttages.
Sie
nehmen
an
Pan-
tomimeshows
teil,
nehmen
Jazzkonzerte
auf
Band
auf,
fahren
mit
dem
Doppeldeckerbus
zu
ihrer
geliebten
»Erforschungsgalerie«,
wo
man
in
den
Objekten
spielen
und
umher
springen
kann.
Der
Eintritt
ist
recht
günstig,
wir
alle
haben
Spaß
daran,
und
außerdem
lernen
wir
noch
eine
Menge.
Susan
lebt
in
einer
wunderbar
vollen
Welt;
ihre
Lehrmittel
sind
unbe-
grenzt.
Sie
wurde
nicht
von
der
Schule
in
der
Art
»sozialisiert«,
dass
sie
Ausbildung
für
die
knappe
Verteilung
von
Wissen
hält,
worum
hungrige,
kontrollierte
Kinder
kämpfen
müssen.
Sie
stellt
sich
auch
nicht
dumm
...
Unser
Haus
und
die
Umgebung
gleichen
einem
Garten,
der
voll
ist
von
frischen
Früchten,
die
jeder,
der
es
will,
auf
Armeslänge
pflücken
kann.
Sie
genießt
es,
zu
malen,
zu
zeichnen,
mit
Farben
zu
arbeiten,
etwas
auszuschneiden
und
aufzukleben.
Dann
vergleicht
sie
ihre
Arbeit
mit
denen
im
Museum.
Wenn
gewünscht,
steuern
wir
Kommentare
und
Ideen
bei.
Zu
unseren
Hobbys
zählen
Astronomie
und
Camping.
Ihr
Vater
ist
Kin-
derarzt,
und
er
genießt
es,
mit
ihr
gemeinsam
elektronische
Anlagen
zu
konstruieren.
Ihre
Lötfähigkeiten
sind
schon
ausgezeichnet,
und
so
hat
sie
viele
Verbindungen
an
unserem
selbstgebauten
Heimcomputer
gelötet,
der
nun
im
Büro
ihres
Vaters
gute
Dienste
leistet.
Aber
nicht
nur
»gebildete«
Mittelklassefamilien
können
sich
die
Stadt
als
Lehrmittel
zunutze
machen.
Im
Kapitel
»The
New
Truants«
aus
seinem
Buch
Acting
Out
schreibt
Roland
Betts:
140
Die
heutigen
Schulschwänzer
[in
New
York
City]
werden
vollkommen
miss-
verstanden.
Vermutlich
zählen
sie
zu
den
aufgeklärtesten
Kindern,
denn
sie
sind
sich
bewusst,
dass
ihnen
weder
die
Schule
noch
die
Straße
etwas
zu
bieten
haben.
Sie
fürchten
beide
Welten.
Sie
begreifen,
wie
sinnlos
die
Jobs
sind,
die
all
jenen
zur
Verfügung
stehen,
welche
die
High
School
ab-
schließen
...
Die
meisten
von
ihnen
sind
intelligente,
sensible
Kinder,
die
wesentlich
besser
lesen
und
rechnen
können
als
ihre
Altersgenossen,
die
zur
Schule
gehen
oder
davor
herumhängen.
Diese
Schulschwänzer
kom-
men
nur
selten
mit
dem
Gesetz
in
Konflikt.
Ihr
Markenzeichen
ist
ihre
Einsamkeit.
Randolphe
Tracey
ist
einer
von
ihnen.
Er
ist
jetzt
(1978)
sechzehn
Jahre
alt,
allerdings
war
er
seit
dem
letzten
Tag
der
vierten
Schulstufe
nicht
mehr
in
der
Schule.
Er
ist
arm
und
schwarz
...
[Er]
ist
ein
stilles,
schüchternes
Kind
und
gesteht
seiner
Mutter
gegenüber
ehrlich
ein,
dass
er
seit
Jahren
nicht
mehr
zur
Schule
geht.
Er
war
immer
ein
guter
Schüler
und
in
seinen
Lesefähigkeiten
seiner
Schulstufe
sogar
mehrere
Jahre
voraus.
Aber
er
ertrug
den
ständigen
Lärm
und
das
Durcheinander
in
seiner
Schule
nicht.
Randolph
hält
sich
nie
in
Gesellschaft
anderer
Kinder
oder
Erwachsener
auf.
Den
Großteil
der
vergangenen
vier
Jahre
verbrachte
er
im
Metropoli-
tan
Museum
of
Art.
Obwohl
er
sämtliche
Museen
der
Stadt
regelmäßig
besucht,
zieht
er
das
Met
vor
und
behauptet
ohne
Prahlerei,
jedes
ein-
zelne
Objekt
der
ständigen
Ausstellung
des
Museums
genau
zu
kennen.
Er
erinnerte
sich,
dass
er
eines
Nachmittags
dort
von
einer
Schulklasse
in
die
Enge
getrieben
wurde,
die
zu
seiner
ehemaligen
Schule
gehörte
und
vielleicht
sogar
genau
die
Klasse
war,
in
die
er
jetzt
gehen
sollte.
Bewe-
gungslos
verharrte
er
zwanzig
Minuten
hinter
einer
minoischen
Vase,
bis
die
Gefahr
vorüber
war.
Randolph
zeichnet
und
malt
auch
selbst,
aber
es
bereitet
ihm
wesentlich
mehr
Freude,
die
in
den
Museen
ausgestellten
Kunstwerke
zu
betrachten
und
zu
studieren.
Danny
Hartman
ist
ein
weiterer
Schulabbrecher.
Sein
Leben
besteht
darin,
dass
er
Figuren
aus
Comic-Heften
und
Kunstbüchern
nachzeichnet
und
malt,
die
er
sich
aus
der
öffentlichen
Bibliothek
leiht.
Er
kann
die
Zeich-
nungen
von
Leonardo
und
Michelangelo
perfekt
kopieren
und
sogar
die
kompliziertesten
Radierungen
von
Rembrandt.
Widerwillig
besuchte
er
die
Schule
bis
zum
Frühjahr
der
achten
Schulstufe,
[als]
er
von
einer
Kunst-
lehrerin
entdeckt
wurde,
die
ihn
ermutigte,
sich
für
die
Aufnahme
in
die
High
School
of
Music
and
Art
zu
bewerben.
Drei
Jahre
lang
achtete
sie
darauf,
dass
er
die
täglichen
Englisch-
und
Mathematikkurse
besuchte,
und
gestattete
ihm,
in
ihrem
Zimmer
zu
arbeiten,
während
er
Sport,
141
Naturwissenschaften,
Maschinenschreiben
und
Sozialkunde
links
liegen
ließ
...
Seine
Klassenkameraden
lobten
ihn
für
sein
Talent,
und
in
den
Augen
seiner
Kunstlehrerin
war
er
ein
»echtes
Genie«.
Seine
Arbeiten
waren
außergewöhnlich,
und
die
Mappe,
die
er
bis
Weihnachten
der
ach-
ten
Schulstufe
angesammelt
hatte,
geradezu
atemberaubend
...
Allerdings
wurde
Danny
an
der
High
School
of
Music
and
Art
nicht
auf-
genommen.
Seine
Leistungen
bei
standardisierten
Lese-
und
Mathema-
tiktests
waren
nicht
überzeugend,
und
sein
Gesamtpunktedurchschnitt
war
durch
die
vielen
Kurse,
die
er
nicht
besucht
hatte,
und
die
darauf
fol-
genden
negativen
Bewertungen
stark
beeinträchtigt
...
Der
Tag,
an
dem
Danny
erfuhr,
dass
er
nicht
an
der
High
School
of
Music
and
Art
zugelas-
sen
worden
war,
bildete
auch
den
Abschluss
seiner
Schulkarriere
...
Wenn
Mr.
Betts
davon
spricht,
dass
Dannys
Schulbericht
von
den
nicht
besuchten
Kursen
und
darauf
folgenden
negativen
Bewertun-
gen
beeinträchtigt
war,
so
bedeutet
dies
vermutlich,
dass
Dannys
Schule
-
wie
die
meisten
Schulen
-
nicht
besuchte
Kurse
negativ
bewertet,
unabhängig
davon,
ob
der
Schüler
den
Lehrstoff
weiß
und
die
Arbeit
erfüllen
könnte.
Wenn
dies
der
Fall
war,
dann
heißt
das
nur,
dass
die
Schule
in
Bezug
auf
seine
akademischen
Leistungen
log,
um
ihn
für
die
nicht
besuchten
Kurse
zu
bestrafen.
Eine
emporende
Praxis,
die
vermutlich
vor
Gericht
als
illegal
beurteilt
würde
und
die
dennoch
an
Schulen
im
gesamten
Land
üblich
ist.
Mr.
Betts
beschreibt
weiter
einen
bewanderten
Vielleser,
einen
Fachmann
für
Geografie,
Flora
und
Fauna
des
Central
Parks,
einen
Experten
für
Fernsehshows
und
Filme,
einen
Züchter
und
Trainer
von
Tauben
und
einen
Experten
für
das
gewaltige
Verkehrssystem
New
Yorks.
Sie
alle
haben
von
der
Stadt
das
gelernt,
was
sie
lernen
woll-
ten.
Keiner
von
ihnen
wurde
je
von
einem
Erwachsenen
oder
auf
andere
Weise
unterstützt
oder
ermutigt,
sein
Wissen
zu
nützen,
oder
erhielt
für
irgendeinen
Teil
seines
Wissens
eine
Bewertung.
Um
wie
viel
einfacher
wäre
dies
und
um
wie
viel
kostengünstiger,
als
ein
gigantisches
Schulwesen
zu
betreiben
und
Gefängnisse
für
jene,
die
diese
Schulen
nicht
besuchen
wollen.
Um
wie
viel
einfacher
wäre
es,
Mittel
und
Wege
zu
finden,
um
die
Interessen
und
Talente
dieser
und
vieler
ähnlicher
Kinder
zu
fördern.
Was
das
Lernen
betrifft,
benöti-
gen
sie
offensichtlich
kaum
Hilfe.
Die
Gesellschaft
würde
ihnen
jedoch
enorm
helfen,
wenn
sie
diese
Kinder
nicht
mehr
wie
Krimi-
nelle
behandelte,
so
dass
sie
kühn
und
frei
forschen
könnten,
statt
142
im
Verborgenen.
Allerdings
benötigen
sie
Hilfe,
um
Mittel
und
Wege
zu
finden,
wie
sie
ihr
Wissen
anwenden
können
-
eine
Aufgabe,
für
die
angeblich
die
Schulen
zuständig
sind.
Diese
Art
der
Unterstüt-
zung
wäre
ihnen
vermutlich
sehr
willkommen.
Zwischenzeitlich
zeigen
ihre
Erfahrungen
deutlich,
dass
die
moderne
Stadt
trotz
ihrer
gewaltigen
Größe
und
Härte
reich
ist
an.
Lernmöglichkeiten,
und
dass
Kinder
keinen
Erwachsenen
benötigen,
der
ihnen
unablässig
die
Hand
hält,
um
diese
Ressourcen
auch
ver-
werten
zu
können.
Judy
McCahill
aus
England
schreibt
über
ein
kleines
Kind,
das
auf
sehr
aktive
Weise
das
Lernmaterial
seiner
Welt
nützt:
Weil
D.
im
Ausland
war,
schlug
ich
den
Jungen
letzten
Samstag
vor:
»Gehen
wir
doch
in
eine
Kunstausstellung«
-
nur
um
etwas
zu
tun
zu
haben.
Sam
und
Kevin
waren
von
dem
Vorschlag
begeistert
und
bespra-
chen
sofort,
welche
Art
von
Kunstwerken
sie
dort
fabrizieren
würden
und
welche
(eigenen)
Bilder
sie
von
zu
Hause
mitnehmen
würden.
Verwirrt
ver-
suchte
ich,
ihnen
zu
erklären,
worum
es
bei
einer
Kunstausstellung
ging,
worauf
sie
ehrlich
erstaunt
waren,
dass
sie
nur
dorthin
gehen
sollten,
um
die
Bilder
anderer
zu
betrachten.
Erstaunt,
aber
unbeeinflusst,
sammelte
Sam
seine
Malsachen:
zwei
Farbsets,
einen
Pinsel,
ein
wenig
Papier
und
einen
Krug
Wasser,
den
er
mir
zu
tragen
gab;
und
Kevin
ließ
uns
alle
war-
ten,
während
er
eine
farbenfrohe
Filzstiftzeichnung
von
einem
Armee-
panzer
vollendete.
Als
wir
ankamen,
schlenderten
wir
den
Weg
in
der
Nähe
des
Ladens
für
Kunsthandwerk
entlang,
der
die
Ausstellung
betrieb,
und
begutach-
teten
pflichtbewusst
die
Arbeiten.
Dabei
kamen
wir
auch
an
mehreren
klug
aussehenden,
erwachsenen
Künstlern
vorüber,
die
in
Klappstühlen
saßen.
Und
die
ganze
Zeit
über
drängte
mich
Sam,
herauszufinden,
wie
er
sich
der
Show
anschließen
könne,
während
ich
versuchte,
ihn
zu
beschwichtigen.
Schließlich
begrüßte
mich
ein
alter
Mann,
der
in
dem
Laden
arbeitete
und
mir
einmal
eine
lange
Geschichte
über
die
Schwierigkeiten
erzählt
hatte,
die
er
meistern
musste,
als
er
in
einer
Nacht,
in
der
London
bom-
bardiert
wurde,
sein
Zuhause
in
Cobham
zu
erreichen
versuchte.
Ich
stellte
ihm
Sam
vor
und
bat
ihn,
dem
Jungen
zu
erklären,
was
eine
Kunstaus-
stellung
war.
Er
begann
mit
seiner
Erläuterung,
doch
als
er
und
seine
Toch-
ter,
die
auch
in
dem
Laden
arbeitete,
sahen,
dass
S.
bereit
war,
selbst
ans
Werk
zu
gehen,
lachte
er
fröhlich
mit
einigen
Kunden
über
diesen
Eifer
und
gab
ihm
dann
einen
großen
»Karton«,
um
darauf
zu
malen.
Während
143
S.
sich
auf
die
Schwelle
eines
Büros
in
der
Nähe
setzte
und
malte,
schlen-
derten
wir
anderen
erneut
durch
die
Ausstellung,
betrachteten
die
Schau-
fenster
und
aßen
Eis.
Am
Ende
hatte
Sam
ein
hübsches
Bild
von
einem
schwarzen
Hund
gemalt,
der
an
einem
windigen
Tag
und
bei
strahlendem
Sonnenschein
mit
fliegendem
Fell
einen
Hügel
hinauf
rannte.
Auf
magische
Weise
schien
das
Bild
seine
Stimmung
wiederzugeben.
Er
trug
das
Bild
in
den
Laden,
wo
ihm
der
Mann
sagte,
dass
er
es
für
50
Pence
zum
Verkauf
ausstellen
würde
(und
ihm
etwas
wirr
erklärte,
dass
die
Künstler
für
eine
Ausstellung
Miete
zahlen
mussten),
und
dann
gingen
wir
nach
Hause.
Noch
immer
erfüllt
von
diesem
Erlebnis,
erzählte
Sam
einige
Tage
spä-
ter
einer
meiner
Freundinnen
davon.
Augenblicklich
brach
sie
auf,
um
das
.
Bild
zu
kaufen,
aber
es
war
verschwunden!
Als
ich
Sam
vorschlug
nach-
zusehen,
ob
sein
Bild
verkauft
worden
sei,
antwortete
er,
dass
er
das
am
nächsten
Tag
(einem
Sonntag)
bereits
getan
hatte,
wo
der
Laden
geschlos-
sen
war.
Und
das
war
es.
Er
war
zu
sehr
mit
anderen
Dingen
beschäftigt,
um
auch
nur
einen
weiteren
Gedanken
daran
zu
verschwenden.
LEBENSSCHULE
Eine
Jugendliche
schreibt
wortgewandt,
wie
viel
sie
von
dem
Teil
ihres
Lebens
lernt,
der
ihr
gehört:
Ich
stieg
gleich
in
die
zweite
Schulstufe
der
öffentlichen
Schule
ein
und
bekam
bis
zur
sechsten
Schulstufe
ausschließlich
die
Note
»sehr
gut«.
Alle
Lehrer
waren
nett
zu
mir
und
lobten
mich
wieder
und
wieder
für
meine
Arbeit,
für
die
ich
auch
gute
Zensuren
bekam,
was
mich
weiter
motivierte.
Als
ich
am
Ende
der
sechsten
Schulstufe
die
Schule
für
zwei
Jahre
ver-
ließ,
machte
ich
eine
neue
Entdeckung.
Zensuren
machen
dich
nicht
zu
einem
guten
Menschen.
Weil
ich
ein
ziemlich
gutes
Gedächtnis
habe,
erin-
nerte
ich
mich
an
alles,
was
ich
benötigte,
um
bei
Prüfungen
ein
»sehr
gut«
zu
bekommen.
Allerdings
hatte
ich
auch
aus
Erfahrung
gelernt,
dass
ich
jeglichen
Lernstoffe,
der
mich
nicht
interessiert,
sofort
vergesse.
Leider
traf
dies
auf
alles
zu,
was
ich
in
der
zweiten
bis
sechsten
Schulstufe
der
öffentlichen
Schule
gelernt
hatte.
In
den
zwei
Jahren
ohne
Schulkontakt
habe
ich
gelernt,
ohne
Zensu-
ren
zu
leben
und
ohne
dass
mir
jemand
jedes
Mal,
wenn
ich
etwas
tue,
»gut
gemacht«
sagt.
Zensuren
haben
keine
Bedeutung
mehr
für
mich.
Ich
144
habe
auch
gelernt,
dass
die
Schulstufen
nichts
besagen.
Zusätzlich
lernte
ich
viele
unterschiedliche
Dinge,
die
ich
in
einer
öffentlichen
Schule
nie
gelernt
hätte.
Ich
habe
gelernt,
mit
Erwachsenen
umzugehen
und
bessere
Beziehungen
zu
ihnen
aufzubauen,
einfach
weil
ich
oft
in
ihrer
Gesellschaft
bin
-
immerhin
sind
ja
alle
anderen
Kids
in
der
Schule!
Außerdem
habe
ich
viele
praktische
Fertigkeiten
gelernt,
die
ich
nie
in
der
öffentlichen
Schule
gelernt
hätte.
Erst
war
ich
nicht
sicher,
ob
es
wirklich
so
eine
gute
Idee
war,
nicht
zur
Schule
zu
gehen,
aber
ich
habe
mich
rasch
daran
gewöhnt
und
Spaß
daran
gefunden.
Wenn
ich
mir
Kids
in
meinem
Alter
ansehe,
freut
es
mich,
dass
ich
meinen
Weg
gegangen
bin.
Ich
bin
heute
zu
so
vielen
neuen
Dingen
imstande,
dass
es
mich
selbst
verblüfft.
Und
das
alles
nur,
weil
ich
Zeit
hatte
zu
lernen
und
das
Lernen
auch
genieße.
Die
Dinge
haben
sich
in
meinem
Kopf
eingeprägt
und
bleiben
dort
haften,
weil
ich
mich
immer
wei-
ter
mit
neuen
Dingen
beschäftige,
während
die
Kids
in
der
Schule
nur
Dinge
tun,
um
sie
»hinter
sich
zu
bringen«
und
danach
gleich
wieder
zu
vergessen;
und
das
alles
ohne
jeglichen
Genuss.
Uff!
Ich
habe
so
ein
hübsches
Zuhause
und
eine
gute
Lebensschule!
Heute
schätze
ich
mich
sehr
glücklich,
dass
ich
bin,
wer
ich
bin,
und
dass
ich
Eltern
habe,
die
an
Freilernen
glauben!
Jud
Jerome
schreibt
über
die
Erfahrungen
seiner
Tochter
in
der
»Lebensschule«:
Eine
unserer
Töchter
war
zwölf,
als
wir
auf
unsere
Farm
zogen.
Sie
been-
dete
dieses
Schuljahr
als
»unabhängigen
Studienkurs«,
lebte
auf
der
Farm
und
schickte
ihre
Arbeiten
an
die
Lehrer
in
der
Stadt.
Im
Herbst
wollte
sie
sich
nicht
weiter
einschreiben.
Um
rechtliche
Schwierigkeiten
zu
vermei-
den,
schrieben
wir
sie
in
eine
von
einem
Freund
geleitete
»freie«
Schule
ein,
obwohl
sie
bis
zum
heutigen
Tag
weder
die
Stadt
noch
die
Schule
selbst
zu
Gesicht
bekommen
hat.
Den
Großteil
des
ersten
Jahres
ver-
brachte
sie
hier
auf
der
Farm,
sprang
überall
wie
eine
Erwachsene
ein
und
lernte
aus
Erfahrung,
wie
wir
es
alle
taten.
Als
sie
dreizehn
war,
halfen
wir
in
einer
anderen
Gemeinde
im
Norden
Vermonts
bei
der
Gewinnung
von
Ahornsirup.
Ihr
gefiel
es
so
gut
-
alles
war
sehr
primitiv
und
die
Geräte
wurden
noch
von
Pferden
gezogen
-,
dass
sie
bat,
dort
bleiben
zu
dürfen.
Daraus
ergab
sich
ein
für
alle
Seiten
angenehmes
Arrangement.
Sie
lebt
nun
schon
über
fünf
Jahre
dort,
bis
auf
ein
Jahr,
als
sie
sechzehn
war.
Damals
ging
sie
mit
einem
zehn
Jahre
älteren
jungen
Mann
nach
Island,
um
den
Winter
über
in
einer
Fischkonservenfabrik
zu
arbeiten.
Im
darauf
145
folgenden
Frühjahr
trampten
sie
durch
Skandinavien,
durchwanderten
die
Alpen
und
flogen
dann
wieder
nach
Hause.
Sie
kehrte
mit
3000
Dollar
mehr
zurück
als
bei
ihrer
Abreise.
Als
sich
unsere
Tochter
letztes
Jahr
für
ein
Ausbildungsprogramm
der
Regierung
bewarb,
benötigte
sie
ein
High-School-Diplom.
So
nahm
sie
mehrere
Wochen
an
einem
Erwachsenenbildungskurs
teil
und
absolvierte
ihre
Prüfung
mit
ausgezeichneter
Punktzahl
(so
dass
ihr
mehrere
Colleges
ein
Stipendium
anboten).
Auf
diese
Weise
wurde
sie
noch
vor
ihren
Alters-
genossen
»graduiert«,
die
weiterhin
zur
Schule
gegangen
waren.
Ihr
Fall
demonstriert
besonders
deutlich,
wie
viel
Zeit
in
Schulen
vergeudet
wird.
Sie
ist
keineswegs
besonders
lernbegierig
und
würde
sich
auch
selbst
nie
als
Intellektuelle
bezeichnen.
Jedenfalls
hatte
sie
schon
immer
mehr
Interesse
daran,
Kühe
zu
melken,
Gemüse
zu
ziehen
und
mit
Pferden
zu
arbeiten,
als
sich
mit
Büchern
zu
befassen.
Im
Alter
zwischen
dreizehn
und
achtzehn
Jahren
wandelte
sie
sich
mühelos
zur
Frau,
eignete
sich
eine
Vielzahl
von
Fähigkeiten
an
und
sammelte
in
ihren
weit
gefächerten
Interessensgebieten
Erfahrungen
in
der
Welt
der
Erwachsenen.
Gleich-
zeitig
gelang
es
ihr,
sich
auch
im
akademischen
Bereich
außergewöhn-
lich
zu
qualifizieren.
Im
Vergleich
dazu
sind
ihre
Klassenkameraden,
die
weiterhin
zur
Schule
gingen,
in
vielfacher
Weise
geistig
gehemmt,
emo-
tional
gestört
und
gehen
ohne
bedeutende
Ziele
und
echte
Werte
durchs
Leben.
Kinder
können
viel
aus
den
zahlreichen
»unglücklichen«
Erfahrungen
lernen,
vor
denen
wir
sie
so
sorgfältig
zu
bewahren
versuchen.
Eine
Mutter
schrieb:
Wir
machten
eine
intensive
Erfahrung,
die
uns
eine
vollkommen
andere
Art
von
»sozialer«
Aktivität
einbrachte.
Unmittelbar
nach
der
Bewilligung
des
Homeschoolings
erlitt
mein
Vater
einen
schweren
Schlaganfall.
Nachdem
er
sich
einigermaßen
erholt
hatte,
kam
er
zur
Therapie
in
ein
Rehabilitati-
onszentrum.
Weil
die
Jungen
und
ich
zeitlich
unabhängig
waren,
konnten
wir
ihn
täglich
besuchen.
(Dafür
wären
sie
von
der
Schule
nicht
freigestellt
worden.)
Mein
Vater
aber
war
schwer
depressiv,
und
der
Therapeut
im
Krankenhaus
hatte
auf
seinem
Krankenbericht
»nicht
kooperativ«
ver-
merkt.
Das
wirkte
auf
uns
wenig
vertrauenserweckend,
so
dass
wir
jeden
Tag
hinfuhren,
um
sicherzustellen,
dass
sie
ihn
nicht
aufgaben.
Das
war
sowohl
für
die
Jungs
als
auch
für
mich
eine
gute
Erfahrung,
denn
sobald
mein
Vater
seine
Enkel
sah,
hob
sich
seine
Stimmung.
Er
lachte
über
ihre
Scherze,
doch
wenn
sie
gingen,
versank
er
wieder
in
die
Depression.
146
Deshalb
kamen
wir
überein,
die
Bücher
einzupacken
(immerhin
war
es
mittlerweile
September)
und
den
Großteil
des
Tages
im
Krankenhaus
zu
verbringen.
Es
funktionierte
gut,
denn
die
Jungs
hatten
viel
Platz,
um
zu
arbeiten,
und
konnten
raus
zum
Spielen,
wann
immer
es
ihnen
im
Haus
zu
viel
wurde.
Sie
gingen
auch
zum
Getränkeautomaten,
und
wenn
im
Kran-
kenhaus
Personalmangel
herrschte,
halfen
wir
beim
Wäschesortieren
und
-austeilen.
Wir
machten
ein
Spiel
daraus,
und
die
Patienten
genossen
es,
wenn
die
Jungs
in
ihre
Zimmer
kamen
und
ein
wenig
mit
ihnen
plauderten.
Was
die
Therapie
betraf,
so
versicherten
wir
meinem
Vater,
dass
wir
ihn
zu
uns
nach
Hause
nehmen
würden,
sobald
er
gut
genug
sprechen
könnte.
Dadurch
arbeitete
er
wirklich
hart
an
der
Rückgewinnung
seiner
Sprache,
während
wir
ihn
noch
anfeuerten.
Wir
ermunterten
auch
andere
Patien-
ten
mit
Zurufen
wie:
»Sie
schaffen
es,
hurra!«
oder
»Großartig!«
Die
ande-
ren
Patienten
genossen
unsere
Aufmunterungen,
und
als
der
Therapeut
die
positiven
Ergebnisse
sah,
war
er
froh,
dass
wir
da
waren.
Wir
erlebten,
dass
sich
viele
Patienten
innerhalb
von
Wochen
erholten,
während
der
Therapeut
mit
mehreren
Monaten
gerechnet
hatte
...
ÜBER
DIE
EIGENE
ZEIT
BESTIMMEN
Eine
Mutter
aus
Washington
beschreibt
das
Leben
ohne
Stunden-
plan:
Wir
begannen
das
Jahr
ohne
vorgefasste
Ziele
und
ohne
Schlachtplan.
Ich
hatte
einfach
angenommen,
dass
unser
Leben
so
weiterlaufen
würde
wie
bisher.
Wir
gehen
abends
zu
Bett,
wachen
morgens
auf,
der
Tag
vergeht,
und
die
notwendige
Arbeit
wird
erledigt.
Ich
weiß,
dass
ich
in
einer
gesun-
den
Umwelt
lebe
und
dass
ich
mich
auch
als
Mensch
weiterentwickle.
Und
ich
vertraue
darauf,
dass
dies
bei
meinen
Kindern
ebenso
verläuft,
auch
wenn
ich
weder
ihre
»Fortschritte«
überwache,
noch
irgendeinen
greifba-
ren
Beweis
für
eine
»Leistung«
vorlegen
könnte.
An
etwa
zehn
Tagen
pro
Monat
fahre
ich
in
die
Stadt,
um
in
einer
Druckerei
zu
arbeiten.
Üblicherweise
wache
ich
früh
auf,
um
dann
ein
bis
zwei
Stunden
in
Ruhe
den
Tag
zu
planen,
je
nachdem,
was
getan
werden
muss
und
was
ich
gerne
tun
würde.
An
meinen
»Arbeitstagen«
fällt
es
mir
schwer,
in
diese
Art
des
ruhigen
Nachdenkens
»zu
versinken«.
Immerhin
ist
schon
ein
gewaltiger
Teil
des
Tages
verplant.
Wenn
ich
an
mehreren
auf-
einander
folgenden
Tagen
arbeite,
bekomme
ich
am
vierten
oder
fünften
Tag
das
Gefühl,
mich
von
meinem
inneren
Kern
zu
lösen.
Dann
überlege
ich
147
mir
Dinge,
die
mir
ansonsten
unverantwortlich
erscheinen
würden.
Ich
habe
weniger
Energie,
um
mich
zu
erholen,
keine
Kraftreserven,
und
es
fällt
mir
schwer,
meinem
Mann
und
meinen
Kindern
echte
Aufmerksamkeit
zu
schenken
usw.
Wenn
ich
die
Verantwortung
für
die
Strukturierung
meiner
Zeit
abgebe,
scheine
ich
damit
auch
moralische
Kraft
zu
verlieren.
Wer
kann
abschätzen,
in
welch
hohem
Maß
wir
als
Gesellschaft
unsere
Kinder
ihrer
Verantwortung
entfremden,
indem
wir
einen
so
großen
Anteil
ihrer
Zeit
für
sie
strukturieren?
Allmählich
glaube
ich,
dass
der
größte
Schaden
nicht
dadurch
entsteht,
was
wir
strukturieren
und
wie,
sondern
in
der
Tatsache
liegt,
dass
wir
an
fünf
von
sieben
Tagen
und
in
neun
von
zwölf
Monaten
den
Kindern
täglich
sechs
Stunden
die
Verantwortung
für
ihre
Zeit
weg-
nehmen.
Vielleicht
ist
nicht
einmal
das
Ausmaß
der
Zeit
der
wichtigste
Fak-
tor,
sondern
einfach
die
Tatsache,
dass
es
zu
einer
Unterbrechung
kommt.
Ich
weiß
aus
eigener
Erfahrung,
dass
selbst
eine
kurze
Unterbrechung
-
wie
ein
Zahnarzttermin,
eine
Verabredung
oder
ein
zu
haltender
Vortrag
-
den
Fluss
meiner
eigenen
kreativen
Energien
für
einen
wesentlich
längeren
Zeitraum
hemmt,
als
die
Unterbrechung
selbst.
Sobald
ich
bei
der
Struk-
turierung
meiner
Zeit
vom
aktiven
zum
passiven
Teilnehmer
werde,
setzt
eine
gewisse
Abstumpfung
ein,
die
es
mir
wesentlich
leichter
macht,
pas-
siv
zu
bleiben
und
»die
Zeit
totzuschlagen«
bis
zur
nächsten
vorgeschrie-
benen
Aktivität,
etwa
die
Vorbereitungen
auf
das
Abendessen.
Mir
ist
aufgefallen,
dass
sich
die
Kinder
nur
an
Tagen
über
»Lange-
weile«
beklagen,
an
denen
ein
großer
Teil
der
Zeit
für
sie
geplant
wurde.
Selbstverständlich
ist
es
nicht
falsch,
gemeinsame
Aktivitäten
zu
planen,
aber
ich
bin
vorsichtig
geworden,
zu
viel
für
sie
zu
planen
und
Dinge
von
ihrem
natürlichen
Platz
aus
dem
perfekten
Muster
eines
bestimmten
Tages
zu
entfernen
und
künstlich
in
die
Zukunft
eines
anonymen
Tages
Zu
projizieren:
»Jeden
Dienstag
werden
wir
...«
Ich
habe
nie
gelernt,
Kinder
zu
»stimulieren«.
Ich
weiß,
dass
ich
als
Mutter
meine
Kinder
in
einer
»förderlichen«
Umgebung
aufziehen
sollte,
damit
sie
nicht
»stumpf«
oder
»gelangweilt«
werden,
aber
was
ist
stimulie-
render:
ein
Zimmer
voller
Spielzeug
und
modernster
technischer
Geräte
oder
eine
dürftig
möblierte,
selbst
gezimmerte
Holzhütte
im
Wald,
mit
eini-
gen
sorgfältig
ausgewählten
und
selbst
hergestellten
Spielsachen,
in
denen
Liebe,
Zeit
und
Sorgfalt
stecken,
und
in
denen
man
mit
den
Ele-
menten
der
Erde
vertraut
ist?
Die
einzige
Welt,
die
ich
ihnen
wirklich
au-
thentisch
zeigen
kann,
ist
meine
Welt.
Vielleicht
waren
unsere
Exkursionen
deshalb
so
eine
Enttäuschung.
Im
Herbst
brachen
wir
einmal
pro
Woche
auf,
um
»etwas
Besonderes«
zu
148
tun:
eine
»Lehrexkursion«.
Nach
einigen
Monaten
haben
wir
auf
diese
Aus-
flüge
verzichtet.
Auch
wenn
sie
Spaß
machten
und
bestimmt
interessant
waren,
störte
uns
alle
die
Falschheit
daran.
Alle
wussten,
dass
wir
nur
des-
halb
ins
Aquarium
gingen,
weil
Mom
es
für
eine
»gute
Erfahrung«
hielt.
Von
wesentlich
dauerhafterem
Interesse
-
und
vermutlich
auch
von
größe-
rer
Bedeutung
für
die
Ausbildung
der
Kinder
im
wahrsten
Sinne
des
Wor-
tes
-
sind
unsere
wöchentlichen
Fahrten
in
die
Stadt,
um
Erledigungen
zu
machen,
zur
Bank
zu
gehen
(wo
alle
ein
eigenes
Konto
besitzen,
über
das
sie
frei
verfügen
können),
zur
Post,
zum
Supermarkt,
in
die
Wäsche-
rei,
zum
Recyclinghof
(eine
wichtige,
von
den
Eltern
unabhängige
Einnah-
mequelle),
in
die
Drogerie
und
in
die
Comicabteilung
der
Buchhandlung,
und
dann
den
Abend
in
der
Bibliothek
oder
im
Schwimmbad
zu
verbringen.
Das
sind
echte
Dinge,
die
ich
auch
tun
würde,
wenn
niemand
mich
beglei-
tete,
und
die
gleichzeitig
für
uns
alle
wichtig
sind.
Wenn
ich
versuche,
für
etwas
»ihr
Interesse
zu
wecken«,
entsteht
bereits
durch
die
Künstlichkeit
der
Bemühung
eine
Barriere
zwischen
uns
(und
mit
Grobheit
will
ich
es
erst
gar
nicht
versuchen).
Aber
wenn
ich
den
Kindern
etwas
zeige,
was
ich
wirklich
mag,
weil
ich
auch
sie
wirklich
mag,
fallen
alle
Barrieren,
und
wir
sprechen
offen
und
liebevoll
miteinander.
Wenn
ihnen
gefällt,
was
mir
gefällt
-
ein
Lied,
ein
Gedicht,
dass
die
Lachse
zum
Laichen
in
die
Flüsse
zurückkehren
-,
dann
ist
dies
eine
besondere
Freude,
weil
wir
eine
Wahrheit
teilen.
Aber
auch
unsere
Differenzen
sind
echt.
Denn
obwohl
wir
viele
Gemeinsamkeiten
haben,
stimmen
wir
nicht
in
allem
überein.
So
mache
ich
meine
täglichen,
für
mich
bedeutungsvollen
Arbeiten
und
biete
den
Kindern
an,
sie
ihnen
beizubringen:
Kochen,
Nähen,
Holz
hacken,
Wasser
tragen,
Hausputz,
Schreiben,
Lesen,
Singen,
Segeln
oder
Gartenarbeiten.
Manchmal
sind
sie
daran
interessiert
und
manchmal
nicht.
Aber
wenn
ich
versuchte,
sie
zu
»stimulieren«
...
hätten
sie
nicht
die
Zeit
-
und
ich
meine
sehr
viel
unverplante
Zeit
-,
um
tief
in
sich
selbst
zu
suchen,
was
ihnen
am
wichtigsten
ist.
Und
ich
ebenso
wenig.
Viele
Eltern
haben
uns
über
das
Gefühl
der
Befreiung
geschrieben,
das
mit
Unschooling
und
dem
Wegfall
eines
Stundenplans
einher-
geht.
Gail
Myles
zog
mit
ihrer
Familie
auf
eine
Insel,
um
dort
mit
ihren
Kindern
Unschooling
zu
praktizieren:
Ich
hatte
nicht
erwartet,
dass
die
Jungs
dieses
Experiment
je
positiv
auf-
nehmen
würden
...
Aber
ich
hatte
mir
nicht
träumen
lassen,
dass
sie
schon
so
bald
den
Unterschied
spüren
würden.
Sie
lernten
von
den
Muschel-
149
suchern
aus
Maine,
nach
Muscheln
-
dem
Salz
der
Erde
-zu
graben,
und
dies
bei
5
Grad
unter
Null;
sie
erlebten
Situationen,
in
denen
jeder
für
das
Leben
der
anderen
verantwortlich
war;
sie
genossen
und
verstanden
Opern,
die
wir
über
den
Texaco-Sender
empfangen
konnten,
wobei
nie-
mand
von
uns
jemals
zuvor
Interesse
dafür
gezeigt
hatte
...
Und
vermut-
lich
das
Wichtigste
von
allem:
Sie
lernten,
mit
sich
selbst
und
untereinan-
der
gut
auszukommen.
Das
mussten
sie
auch,
denn
es
gab
niemanden
sonst.
Und
wenn
man
von
jemandem
etwas
wollte,
musste
man
ihm
dafür
auch
etwas
geben.
Das
sollte
reichen
im
Hinblick
auf
diesen
Unsinn
über
»Gesellschaftsleben«.
Gibt
es
einen
besseren
Lohn,
als
in
einer
Erwach-
senenwelt
-
Seite
an
Seite
mit
hart
arbeitenden
Menschen
-
seinen
Wert
zu
fühlen?
Ich
glaube
nicht.
Ihnen
standen
sogar
Tränen
in
den
Augen,
als
sie
von
der
kleinen
Küstengemeinde
Abschied
nahmen,
die
sie
als
»Gemeinschaft«
kennengelernt
hatten.
Mein
Lohn
war
grenzenlos.
Nun
nahm
mir
nicht
mehr
jeden
Morgen
ein
gelbes
Ungeheuer
-
der
Schulbus
-
meine
liebsten
Freunde
weg.
Wenn
sie
ein
neues
Wort
erlernten,
konnte
ich
es
bei
den
alltäglichen
Geschehnis-
sen
ständig
verwenden,
wenn
wir
etwas
über
die
Molekularbiologie
he-
rausfinden
wollten,
konnten
wir
von
neun
Uhr
früh
bis
fünf
Uhr
nachmittags
durcharbeiten,
bis
es
Klick
machte.
Was
im
Rahmen
des
Calvert-Studien-
plans
erarbeitet
wurde,
war
für
alle
lehrreich.
Am
frühen
Abend
führten
sie
oft
selbsterdachte
Opern
auf,
oder
Shows
zum
Vergnügen
ihres
Dads,
wobei
allein
die
Bühnengestaltung
mitunter
drei
Tage
in
Anspruch
nah-
men.
Wir
lasen
unzählige
Bücher,
mitunter
auch
bis
ein
Uhr
früh,
denn
um
sechs
Uhr
dreißig
holte
kein
gelbes
Ungeheuer
die
Kinder
ab.
Ich
wurde
aber
auch
mit
Themen
aus
Geschichte,
Literatur,
Mythologie
und
Architektur,
mit
denen
wir
uns
auseinandersetzten,
reichlich
belohnt.
Im
April
reisten
wir
nach
Athen.
Wir
hätten
uns
nie
für
eine
Reise
nach
Grie-
chenland
interessiert
und
hätten
eine
solche
auch
nie
für
nötig
gehalten,
hätte
man
uns
nicht
einige
»Türen«
aufgestoßen.
Bud
verliebte
sich
in
den
Parthenon
und
wollte
ihn
sehen.
Tim
war
eine
wandelnde
Mythologie-Enzy-
klopädie,
und
Mike
war
unser
Geschichtsführer
-
auf
diese
Weise
benötig-
ten
wir
nicht
einmal
einen
griechischen
Reiseführer.
Mike
ist
aber
auch
ein
talentierter
Schriftsteller.
Und
nachdem
seine
Lehrerin
seine
Abschlussar-
beit
für
das
Fernschulprogramm
gelesen
hatte,
sagte
sie,
dass
sie
gerne
herüber
fliegen
würde,
um
Mike
kennenzulernen.
Sie
meinte,
er
wüsste,
worum
es
beim
Schreiben
ginge
-
immerhin
würde
sie
am
liebsten
sofort
nach
Troja
und
Griechenland
reisen,
denn
sein
Thema
war
der
Trojanische
Krieg.
Er
hatte
bewirkt,
dass
diese
Lehrerin
etwas
in
ihrem
Inneren
fühlte.
150
Ich
genieße
das
Calvert-Fernschulsystem.
Die
betreuenden
Tutoren
sind
ausgezeichnet
und
verstehen
es
wirklich,
mit
Kindern
zu
sprechen.
Es
entwickelte
sich
eine
persönliche
Beziehung,
in
der
sich
die
Kinder
darauf
freuten,
wenn
ihnen
jemand
schrieb.
Da
Briefe
selten
waren,
lernten
sie
den
Wert
des
geschriebenen
Wortes
kennen.
Allerdings
muss
ich
einräu-
men,
dass
wir
den
Lehrplan
nach
unseren
Bedürfnissen
und
Interessen
umsetzten
und
nur
die
Jahrgangseinteilungen
übernahmen,
um
es
den
Jungen
zu
ermöglichen,
wieder
an
eine
öffentliche
Schule
zu
wechseln.
Das
war
allein
ihre
Entscheidung
-
sie
wurden
ermutigt,
den
Weg
in
ihre
Zukunft
selbst
zu
wählen.
An
den
öffentlichen
Schulen
hasse
ich
vor
allem
die
Tatsache,
dass
sie
meine
Kinder
den
ganzen
Tag
über
haben
dürfen,
während
ich
sie
ernähre,
bekleide,
medizinisch
versorge,
hin-
und
herfahre
und
mich
hauptsächlich
um
sie
kümmere,
und
dass
mir
diese
Stunden
mit
ihnen
und
die
gemeinsame
Lernerfahrung
verweigert
werden.
Ich
kann
ihre
Aus-
bildung
nicht
unterstützen,
wenn
man
mir
verweigert,
die
Themen
zu
wählen,
mit
denen
ich
sie
vertraut
machen
möchte,
und
ich
nur
müde,
übellaunige
Kinder
zurückbekomme,
die
essen,
ihre
Hausaufgaben
machen
und
erschöpft
ins
Bett
fallen.
FÄHIGKEITEN
FÜR
DIE
WIRKLICHE
WELT
ENTWICKELN
Aus
der
Titelgeschichte
der
April-Ausgabe
1980
des
Home
Educa-
tors
Newsletter:
Diese
Kinder
[einer
Homeschooling-Familie]
bilden
einen
exklusiven
Schülerkreis,
weil
sie
in
die
Schule
hineingeboren
wurden.
Sie
nehmen
ihren
Platz
nicht
nach
ihrer
jeweiligen
Schulstufe
ein,
sondern
nach
ihren
Fähigkeiten.
Sie
hören
sich
Kurse
an,
die
ihr
Verständnis
weit
übersteigen,
nur
um
Teil
der
anwesenden
Gesellschaft
zu
sein.
In
unserem
Fall
haben
wir
ein
Kind,
das
alle
Fahrzeuge
ausgezeichnet
in
Schuss
hält,
eines,
das
Milch,
Eier
und
Fleisch
für
das
Essen
liefert,
ein
weiteres,
das
wunder-
schöne
Kunstwerke
herstellt,
und
eines,
das
leidenschaftlich
gärtnert.
Katrina
verbringt
morgens
und
nachmittags
mehrere
Stunden
mit
ihrer
Farmarbeit.
Aber
sie
profitiert
auch
von
ihrer
eigenen
Arbeit.
So
führt
sie
Aufzeichnungen
über
das
Futter,
das
Heu
und
andere
Käufe
für
die
Farm,
um
ihren
Profit
zu
berechnen,
wenn
die
Tiere
verkauft
werden,
und
um
zu
berechnen,
wie
viele
Arbeitsstunden
und
wie
viel
Geld
für
diesen
Profit
auf-
gewendet
werden
mussten.
Auch
wenn
ich
keinerlei
Interesse
an
Farmarbeit
151
habe,
weiß
ich,
dass
sich
dadurch
in
Katrina
eine
Fähigkeit
entwickelt,
die
weit
über
das
hinausgeht,
was
ich
sie
lehren
könnte.
Wie
viel
Gerste
frisst
ein
Schwein
pro
Woche,
bis
es
reif
für
den
Markt
ist?
Welche
Tiere
erzielen
den
schnellsten
Umsatzerlös?
Welche
Art
von
Arbeitsstunden
benötigt
man,
um
eine
Farm
zu
betreiben?
Während
ich
keine
dieser
Fragen
beantworten
könnte,
ist
Katrina
sehr
wohl
dazu
imstande.
Und
für
ein
elfjähriges
Mädchen
erscheint
mir
dies
doch
eine
beachtliche
Leistung
zu
sein.
Wie
die
anderen
Kinder
hat
sie
ein
Lesepensum
von
zweihundert
Seiten
pro
Woche,
und
zusätzlich
eine
schriftliche
Arbeit
pro
Tag.
Üblicherweise
liefert
sie
Arbeiten
ab,
die
sich
mit
ihren
aktuellen
Projekten
befassen.
Nur
selten
erhalte
ich
von
den
Kindern
nicht
jene
Ausführungsqualität,
die
ich
von
Erwachsenen
bekäme.
Zurzeit
trennen
wir
vom
Keller
einen
Raum
ab,
bei
dem
sämtliche
Wände
von
den
Kindern
errichtet
werden.
John
besitzt
bereits
im
Alter
von
sieben
Jahren
eigenes
Werkzeug,
zu
dem
auch
eine
Motorsäge
und
eine
Bohrmaschine
gehören.
Wirklich
erstaun-
lich.
Er
baut
hübsche
Miniaturholzhütten
und
wird
bei
dem
Bauprojekt
für
das
Messen
und
Schneiden
der
Platten
zuständig
sein.
Er
denkt
auch
daran,
sein
eigenes
Zimmer
mit
Holzpanelen
auszukleiden.
Seit
der
Kindergartenzeit
repariert
Kevin
alle
größeren
Geräte.
Vor
kurzem
rief
ich
einen
Techniker,
um
den
Motor
meines
Heizofens
zu
repa-
rieren,
der
durchgebrannt
war,
wie
sich
herausstellte,
und
ersetzt
werden
musste.
Die
erste
Frage
dieses
Technikers,
der
seit
Jahren
nicht
mehr
hier
gewesen
war,
lautete:
»Warum
kann
Kevin
das
nicht
reparieren?«
Als
er
das
Problem
entdeckte,
wusste
er,
dass
der
Motor
nicht
mehr
repariert
|
werden
konnte
und
fuhr
los,
um
einen
anderen
zu
holen.
Allerdings
brachte
er
den
ausgebrannten
Motor
wieder
mit,
weil
er
glaubte,
dass
Kevin
Teile
davon
noch
gebrauchen
konnte.
Oft
werde
ich
gefragt,
wie
ich
es
zulassen
kann,
dass
die
Kinder
Dinge
tun,
die
normalerweise
nur
Erwachsene
oder
gar
Fachleute
tun.
Nun,
ich
beobachte
die
Kinder
sorgfaltig
und
erwarte
nie,
dass
sie
eine
Aufgabe
erfüllen,
die
ihre
Kräfte
übersteigen.
Außerdem
experimentiere
ich
stan-
dig,
und
wenn
ich
naturliche
Fahigkeiten
entdecke,
erlaube
ich
meinen
Kin-
dern,
auf
ungefahrliche
und
kostengünstige
Weise
ihre
Flügel
zu
erproben.
Wenn
ein
Kind
in
einem
bestimmten
Bereich
ein
Talent
zeigt,
wie
etwa
bei
Klempnerarbeiten,
lasse
ich
es
einen
lecken
Siphon
auseinandernehmen
und
abgedichtet
wieder
zusammenzusetzen.
Als
nachstes
kommen
Arma-
turen
dran
oder
die
Installation
einer
Toilette.
Darauf
folgt
vielleicht
die
Installation
einer
Duschkabine,
und
schließlich
ist
das
Kind
bereit,
die
Installationen
fur
ein
vollständiges
Bad
zu
machen.
Ich
hatte
keine
Beden-
152
ken,
meinen
Dreizehnjährigen
die
Installationen
des
gesamten
Hauses
machen
zu
lassen.
Immerhin
hat
er
die
gesamte
Wechselstromverkabelung
gelegt,
als
er
erst
acht
war.
Unsere
Tochter
Cathy
baut
nun
ihr
eigenes
Heim
um
(sie
ist
neunzehn)
und
hat
ebenfalls
sämtliche
Installations-,
Putz-,
Tapezier-
und
Tischlerarbeiten
selbst
ausgeführt.
Auf
diese
Weise
hat
sie
sich
sogar
einen
Teil
ihres
Ausbildungsgeldes
für
das
College
verdient.
Sie
arbeitete
als
Tischlerin
in
einem
Betrieb
unter
lauter
Männern!
Der
Umgang
mit
Geld
zählt
zu
den
nützlichsten
Fähigkeiten
in
der
realen
Welt
und
wird
dennoch
von
vielen
Kindern
ferngehalten.
Lou-
ise
Andrieshyn
schrieb
uns
aus
Manitoba
über
ihre
Kinder
und
deren
Umgang
mit
Geld:
Heidi
und
Michael
haben
sich
vor
kurzem
von
ihrem
eigenen
Geld
Ponys
gekauft.
Es
wird
Sie
freuen
zu
hören,
dass
Heidi
(10)
selbst
einen
Scheck
für
ihr
Pony
ausgestellt
hat.
Ich
weiß
nicht,
wie
es
in
anderen
Banken
gehandhabt
wird,
aber
in
unserer
Genossenschaftsbank
kann
jedes
Kind
ein
eigenes,
vollberech-
tigtes
Konto
führen
...
Da
wir
auf
dem
Land
leben,
bestellen
wir
doch
Eini-
ges
bei
Versandhäusern,
und
Heidis
Schecks
wurden
noch
nie
reklamiert.
Vermutlich
wissen
die
Empfänger
dieser
Schecks
nicht,
wie
alt
sie
ist!
Wahrscheinlich
würden
sie
nicht
im
Traum
daran
denken,
den
Scheck
einer
Zehnjährigen
zu
akzeptieren!
...
Da
Heidi
ein
vollberechtigtes
und
kein
»treuhänderisches«
Konto
besitzt,
dürfen
wir
als
Eltern
ihr
Geld
nicht
anrühren.
Das
haben
wir
auf
die
harte
Tour
erfahren.
Denn
als
wir
bei
der
Genossenschaftsbank
Geld
von
ihrem
Konto
abheben
wollten,
wurde
es
uns
verweigert.
Man
zog
ihre
Karteikarte
hervor,
zeigten
uns
ihre
Unterschrift
und
sagte
uns,
dass
nur
sie
imstande
sei,
über
das
Geld
auf
ihrem
Konto
zu
verfügen.
Diese
Unterschrift
hatte
sie
im
Alter
von
fünf
Jahren
geleistet!
Ich
erinnere
mich
noch,
dass
ich
ihr
bewusst
»erlaubt«
hatte
zu
unterschreiben,
weil
ich
herablassend
dachte,
welch
»nette«
Erfahrung
das
doch
für
sie
sei.
Ich
wusste
jedoch
nicht,
dass
ich
ihr
damit
absolute
finanzielle
Unabhängigkeit
gewährte.
Ein
weiterer
Brief
zeigt,
dass
Kinder
schon
sehr
früh
ein
Gefühl
für
den
Wert
des
Geldes
entwickeln
können:
Ich
dachte,
ich
sollte
Ihnen
von
Marias
Eintritt
in
die
»Volljährigkeit«
als
Konsumentin
erzählen.
Maria
wurde
kürzlich
drei
Jahre
alt.
Zu
diesem
Anlass
bekam
sie
von
einem
ihrer
Freunde
(einem
92-jährigen
Mann)
einen
Dollar
in
einer
Geburtstagskarte.
Als
er
ihr
letztes
Jahr
einen
Dollar
153
schickte,
nahm
ich
ihn
heraus,
ohne
ihn
ihr
überhaupt
zu
zeigen
und
kaufte
ihr
dafür
ein
paar
Luftballons.
Dieses
Jahr
öffnete
sie
ihre
Post
selbst,
erkannte
augenblicklich,
dass
Geld
darin
war,
und
dass
dies
ein
Geschenk
für
sie
war.
Sie
war
sehr
erfreut
darüber
und
steckte
das
Geld
gleich
in
ihre
Geldbörse,
die
sie
bis
dahin
nur
dazu
verwendet
hatte,
»erwachsen«
zu
spielen,
und
die
nur
einige
kleine
Münzen
enthielt.
Sie
diskutierte
über
den
Dollar,
und
dass
sie
sich
damit
etwas
kaufen
könnte
-
was
auch
immer
sie
wollte.
Als
sie
am
nächsten
Tag
in
einer
weiteren
Karte
einen
Fünfdollarschein
bekam,
war
das
wieder
sehr
aufregend.
Wir
sprachen
über
den
Wertun-
terschied
zwischen
dem
Eindollarschein
und
dem
Fünfdollarschein,
nah-
men
dabei
unsere
Finger
zu
Hilfe,
und
ich
dachte:
»Das
läuft
ja
wunderbar!«
Als
sie
am
Tag
danach
in
einer
Karte
einen
Scheck
über
zehn
Dollar
bekam,
dachte
ich:
»Allmählich
geht
diese
Lernerfahrung
aber
zu
weit.«
Ich
hoffte,
dass
sie
nicht
erkennen
würde,
was
ein
Scheck
ist,
damit
ich
ihn
verschwinden
lassen
könnte,
aber
dafür
war
sie
zu
clever.
»Noch
mehr
Geld!«,
rief
sie
aus.
So
erklärten
wir
ihr,
was
ein
Scheck
ist,
und
tauschten
ihn
gegen
zwei
Fünfdollarscheine.
Maria
hatte
den
Ein-
und
Fünfdollar-
schein
schon
eingehend
studiert
und
wies
nun
darauf
hin,
dass
verschie-
dene
Männer
darauf
abgebildet
waren,
deren
Namen
sie
gerne
wüsste
(sie
legt
großen
Wert
darauf,
dass
alles
einen
»Namen«
hat).
Dann
fragte
mich
Maria,
was
sie
mit
all
ihren
»Geldern«
kaufen
könne.
Ich
schlug
ihr
vor,
einen
Blick
in
den
Spielwarenkatalog
zu
werfen.
Als
sie
sich
für
einen
Baukasten
begeisterte,
sagte
ich
ihr,
dass
sie
sich
bei
unse-
rem
nächsten
Stadtbesuch
nach
solch
einem
Baukasten
umsehen
könne.
Sobald
ihr
Daddy
das
nächste
Mal
mit
Maria
in
die
Stadt
fuhr,
schnappte
sie
ihre
Geldbörse,
um
sich
selbst
ein
Geschenk
zu
kaufen.
Als
sie
ihren
Baukasten
fand
und
damit
zur
Kasse
ging,
um
ihn
zu
bezahlen
-
dies
war
ihr
erster
Kauf
-
sagte
ihr
Daddy,
sie
solle
der
Frau
einen
Lincoln
geben
und
bekäme
als
Wechselgeld
zwei
Washington.
Verdammt,
sie
gab
ihr
einen
Jefferson!
Maria
nahm
es
locker.
Vielleicht
hätten
wir
es
dabei
bewenden
lassen
sollen,
aber
zu
Hause
wechselte
ihr
Daddy
den
Schein
gegen
zwei
Washington
und
prüfte
dann
noch
einmal
nach.
Nachdem
sie
ein
paar
Tage
mit
dem
Baukasten
gespielt
hatte,
beklagte
sie
sich
enttäuscht,
dass
sie
damit
kein
Haus
bauen
könne.
Wieder
sah
sie
in
Katalogen
nach
und
entdeckte
ein
Lincoln-Blöcke-Set.
Beim
nächsten
Einkaufsbummel
in
der
Stadt
erwarb
sie
eines
-
für
einen
Lincoln
und
drei
Washingtons.
Wir
wiesen
sie
darauf
hin,
dass
sie
eine
Menge
Geld
aus-
gegeben
hatte
und
ihr
nicht
mehr
viel
geblieben
war.
Ich
habe
den
Ein-
154
druck,
dass
sie
ein
ausgewogenes
Gefühl
für
Geld
und
seinen
Wert
hat,
und
mache
mir
deshalb
keine
Sorgen,
dass
sie
den
Rest
hortet
oder
unbe-
sonnen
ausgibt.
Bei
all
der
Beschäftigung
mit
Bargeld
verlor
Maria
nie
die
Tatsache
aus
den
Augen,
dass
ihr
das
Geld
als
Geschenk
von
Menschen
geschickt
worden
war,
die
sie
mochten.
So
machten
wir
von
Maria
Fotos,
auf
denen
sie
mit
ihren
Geschenken
und
einem
breiten
Lächeln
posierte,
und
ver-
schickten
sie
mit
einer
Dankeskarte.
SPRACHE
UND
REDEWEISE
IM
WIRKLICHEN
LEBEN
Der
wohl
wichtigste
Unterschied
zwischen
dem
Lernen
im
wirklichen
Leben
und
dem
Lernen
in
einer
Schule
liegt
in
der
Sprache
und
Rede-
weise.
Ivan
Illich
schreibt
darüber
in
seinem
Buch
Shadow
Work
(Schattenarbeit).
Wir
wissen,
dass
Sprache
in
den
meisten
Kulturen
ein
Ergebnis
von
Gesprächen
ist,
die
im
Alltagsleben
geführt
werden.
Davon,
dass
man
Aus-
einandersetzungen
und
Wiegenliedern
ebenso
zuhört
wie
Geschichten
und
Träumen.
Tag
für
Tag
entwickelt
in
den
armen
Ländern
die
Mehrheit
der
Einwohner
ihre
Sprachfähigkeiten
ohne
bezahlten
Lehrer
und
ohne,
dass
irgendjemand
versucht,
ihnen
richtiges
Sprechen
beizubringen.
Illich
weist
ferner
darauf
hin,
dass
auf
der
ganzen
Welt
viele
arme
Menschen
in
nichtindustrialisierten
Ländern
mehr
als
nur
eine
Spra-
che
sprechen
(so
kennt
er
zum
Beispiel
einen
Goldschmied
in
Tim-
buktu,
der
sechs
Sprachen
spricht),
während
in
Ländern
bzw.
Staa-
ten,
in
denen
es
seit
mehreren
Generationen
Pflichtschulen
gibt,
der
Großteil
der
Bevölkerung
nur
eine
Sprache
spricht.
Denn
in
diesen
angeblich
fortschrittlichen
Ländern
erlernen
die
Menschen
ihre
Spra-
che
nicht
mehr
im
Alltagsleben,
sondern
von
professionellen
Sprach-
lehrern,
die
dafür
ausgebildet
und
bezahlt
werden,
einen
von
ande-
ren
aufbereiteten
Lehrstoff
wiederzugeben.
Heute
wird
viel
darüber
geredet,
wie
schlecht
sich
Kinder
ausdrücken
können.
Dass
der
Groß-
teil
ihres
Spracherwerbs
aus
dem
Fernsehen
oder
der
Schule
stammt
und
somit
keine
lebendige
Sprache
ist,
sondern
eine
vorgefertigte
Konservensprache,
halte
ich
für
eine
der
Hauptursachen
dieser
Ent-
wicklung.
Kinder
hören
nicht
mehr
viele
echte
Stimmen.
Dabei
sind
es
gerade
diese,
die
in
uns
den
Wunsch
wecken,
selbst
zu
sprechen.
155
Als
meine
Schwester
und
ich
etwa
vier
oder
fünf
Jahre
alt
waren,
besuchten
wir
unsere
Großeltern.
In
ihrem
Haus
gab
es
im
ersten
Stock
einen
Treppenabsatz,
durch
dessen
Geländer
man
über
die
Stiege
direkt
in
das
Zimmer
sehen
konnte,
in
dem
die
Erwachsenen
nach
dem
Abendessen
saßen
und
sich
unterhielten.
Nach
dem
Gute-
Nacht-Sagen
schlichen
wir
uns
wieder
aus
den
Betten,
kauerten
uns
hinter
das
Geländer
und
hörten
den
Stimmen
der
Erwachsenen
zu.
Auch
wenn
wir
nicht
verstehen
konnten,
was
gesprochen
wurde,
zogen
uns
diese
Stimmen
magisch
an.
Meist
huschten
wir
nach
einer
Weile
wieder
zurück
ins
Bett.
Aber
eines
Nachts
schliefen
wir
am
Geländer
ein,
wo
uns
die
Erwachsenen
fanden,
als
sie
selbst
zu
Bett
gingen.
Ich
erinnere
mich
nicht
mehr,
ob
wir
dafür
gescholten
oder
bestraft
wurden,
oder
ob
die
Erwachsenen
gar
nichts
sagten.
Seit
damals
habe
ich
in
vielen
anderen
Familien
beobachtet,
dass
es
schwer
ist,
kleine
Kinder
ins
Bett
zu
kriegen,
wenn
Erwach-
sene
in
nicht
allzu
großer
Entfernung
ein
angeregtes
Gespräch
führen.
Die
Kinder
werden
hundert
verschiedene
Vorwände
finden,
um
nochmals
zu
kommen
und
herauszufinden,
worüber
die
Erwach-
senen
sprechen.
Einige
könnten
sagen,
das
mag
nur
auf
einige
privilegierte
Fami-
lien
mit
sprachgewandten
Besuchern
zutreffen.
Aber
was
ist
mit
den
Durchschnittsfamilien?
Die
Antwort
lautet:
Zunächst
einmal
sind
alle
Menschen
interessant.
Wie
Studs
Terkel
und
Robert
Coles
in
ihren
(sehr
unterschiedlichen)
Büchern
aufgezeigt
haben,
hat
jeder
viele
gute
Geschichten
zu
erzählen.
Solange
echte
Menschen
sprechen
und
nicht
bloß
Fernsehstimmen,
werden
Kinder
den
Wunsch
haben,
diese
lebendigen
Stimmen
zu
hören,
die
dazugehörigen
Personen
zu
sehen,
und
viel
von
ihnen
lernen.
Ich
traf
Ivan
Illich
das
erste
Mal
Mitte
der
90er
Jahre
und
hatte
das
große
Glick,
seitdem
immer
wieder
Zeit
in
seiner
Gesellschaft
zu
ver-
bringen.
Mehr
als
einmal
hörte
ich,
wie
Ivan
sagte,
wie
viel
er
als
kleiner
Junge
gelernt
habe,
indem
er
einfach
unter
dem
Tisch
seines
Grof$vaters
in
dessen
Haus
in
Wien
gesessen
und
den
Gesprächen
gelauscht
habe.
Ein
derartiges
informelles
Lernen
lässt
sich
nicht
messen.
Aber
wie
diese
Geschichten
zeigen,
lernen
Menschen
viele
wichtige
Dinge
in
und
über
diese
Welt,
die
sich
grundlegend
von
dem
unterscheiden,
was
sie
in
einer
konventionellen
Schulklasse
lernen
können.
156
6
Lebens-
und
Arbeitsraume
SCHULE
ODER
CLUB?
Einem
Elternteil,
der
sich
einer
Schulgrundungsinitiative
ange-
schlossen
hatte
und
mir
davon
berichtete,
schrieb
ich:
Danke
für
die
Neuigkeiten
aus
eurer
Schule.
Nun
ein
Rat,
der
von
Herzen
kommt.
Ihr
müsst
den
Eltern,
die
ihre
Kinder
in
eure
Schule
schicken,
ver-
ständlich
machen,
dass
es
ihre
Verantwortung
ist,
den
Kindern
das
bei-
zubringen
-
und
zwar
in
ihrem
Zuhause,
auf
jeden
Fall
jedoch
außerhalb
der
Schule
-
was
sie
für
unbedingt
notwendig,
grundlegend
etc.
halten.
Die
Schule
muss
ein
Ort
sein,
an
dem
Menschen
zusammenkommen,
um
gemeinsam
die
Dinge
zu
tun,
die
sie
am
meisten
interessieren
und
begeis-
tern.
Ansonsten
werdet
ihr
hin
und
hergerissen
von
Auseinandersetzungen
darüber,
ob
die
Schule
nun
Lesen
oder
Arithmetik
unterrichten
soll,
eine
oder
vier
Wochenstunden
dafür
anbieten
soll
oder
was
auch
immer.
Glaubt
mir,
ich
spreche
aus
der
bitteren
Erfahrung
vieler
anderer
vor
euch.
Diesen
Ratschlag
lege
ich
jeder
Unschooling-Gruppe
ans
Herz,
die
eine
Schule
errichten
will,
um
dem
Pflichtschulgesetz
genüge
zu
tun
und
ihren
Kindern
einen
Versammlungsort
bieten
will,
wo
sie
auch
andere
Kinder
treffen,
oder
aus
welchem
Grund
auch
immer.
Selbst-
verständlich
muss
es
Regeln
geben,
die
festlegen,
dass
sich
alle
fair
verhalten
müssen
und
andere
nicht
beeinträchtigen
dürfen.
Jede
menschliche
Gesellschaft
besitzt
derartige
Regeln,
und
Kinder
erwar-
ten
und
verstehen
sie
auch.
Aber
die
Schule
darf
nicht
den
Versuch
unternehmen,
zum
Lernen
zu
zwingen.
Sobald
sie
dies
tut,
wird
sich
157
eine
endlose
und
heftige
Diskussion
darüber
entfachen,
welchen
Lehrstoff
man
den
Kindern
aufzwingen
soll.
Das
geschieht
auch
in
kleinen
alternativen
Schulen
immer
wieder.
Nancy
Plant,
eine
Mutter
aus
New
Jersey,
schrieb
dazu:
Ich
wollte
noch
etwas
über
die
anderen
Mütter
sagen,
die
ich
treffe.
Nie-
mand
von
uns
kümmert
sich
um
soziale
Angepasstheit;
wir
alle
wissen,
dass
sich
Kids
auch
mit
Freunden
jeden
Alters
und
ihren
eigenen
Interes-
sen
beschäftigen
können.
Dennoch
hat
jede
von
uns
das
Gefühl,
dass
unsere
Kinder
mehr
Kinder
benötigen.
Sie
fühlen
sich
»anders«
und
aus-
geschlossen,
egal
wie
ihre
Situation
wirklich
aussieht.
E.
beginnt
oft
einen
Sonnentag
mit
dem
Ausruf:
»Junge,
was
für
ein
großartiger
Tag
zum
Fahr-
rad
fahren.
Ich
rufe
gleich
Tommy
an
und
...
ach,
er
ist
ja
in
der
Schule.«
Vielleicht
ist
dies
nicht
schlimm,
aber
es
kommt
bei
all
unseren
Kindern
häufig
vor,
und
wir
machen
uns
Sorgen
darüber.
Aus
diesem
Grund
enden
alle
Gespräche
immer
in
einem
»vielleicht
sollten
wir
eine
Art
von
Schule
gründen«.
Auch
wenn
wir
wissen,
dass
es
derzeit
auf
diese
Frage
keine
Antwort
gibt,
diskutieren
wir
immer
wieder
sehnsuchtsvoll
darüber.
Eine
Antwort
sehe
ich
erst,
wenn
wir
mehr
Men-
schen
finden,
die
mitmachen,
wenn
wir
mehr
Menschen
davon
überzeu-
gen
können.
Dafür
setze
ich
mich
mit
aller
Kraft
ein.
Es
wäre
großartig,
wenn
es
in
jeder
Gemeinschaft
mehr
Orte
für
Kin-
der
gäbe
-
und
selbstverständlich
auch
für
Menschen
aller
anderen
Altersstufen
-
um
zusammenzukommen
und
gemeinsam
etwas
zu
unternehmen.
In
den
ersten
Kapiteln
meines
Buches
/nstead
of
Edu-
cation
spreche
ich
darüber,
wie
derartige
Orte
aussehen
könnten.
In
den
späten
30er
Jahren
existierte
in
einem
Stadtteil
von
London
ein
bemerkenswerter
Ort
namens
Peckham
Family
Center.
(Später
wurde
versucht,
ein
ähnliches
Zentrum
in
Schottland
zu
gründen.)
In
gewisser
Weise
bieten
die
Country
Clubs
der
Reichen
ein
bes-
seres
Modell
als
Schule
für
das,
was
wir
uns
wünschen.
Wenn
man
sich
den
18-Loch-Golfplatz,
die
aufwändigen
Tennisplätze,
andere
Einrichtungen
und
das
palastartige
Clubhaus
wegdenkt,
bleibt
eine
Anlage
übrig,
die
unseren
Vorstellungen
sehr
nahe
kommt.
Man
muss
nicht
Golf
spielen,
nur
weil
man
in
den
Golfclub
geht.
Man
muss
über-
haupt
nichts
tun.
Die
Anlage
bietet
viele
Wahlmöglichkeiten.
Man
kann
aber
auch
den
ganzen
Tag
über
in
einem
Sessel
sitzen
und
den
Himmel
betrachten.
Warum
versuchen
wir
es
nicht
mit
einer
kosten-
günstigen
Version
dieses
Modells?
Ein
Country
Club
ohne
Land
-
158
oder
vielleicht
mit
einer
anderen
Art
von
Land,
wie
etwa
einer
klei-
nen
Wiese,
einem
Wäldchen
oder
was
sonst
passend
erscheint.
Wenn
wir
uns
am
Modell
eines
Familienclubs
orientieren,
tref-
fen
wir
vermutlich
sinnvollere
Entscheidungen.
Vor
etlichen
Jahren
entschloss
sich
meine
gute
Freundin
Peggy
Hughes,
die
damals
in
Dänemark
lebte,
einen
Film
über
die
Ny
Lille
Skole
(die
Neue
Kleine
Schule)
zu
drehen,
jene
kleine
»Schule«,
in
der
sie
arbeitete
und
die
ich
in
/nstead
of
Education
beschrieb.
Sie
hatte
einige
Schwarzweißaufnahmen
gemacht,
aber
noch
nie
zuvor
eine
Filmkamera
besessen,
geschweige
denn
einen
Tonfilm
gedreht.
Nur
gelegentlich
unterstützt
durch
die
Ratschläge
erfahrenerer
Filmemacher
drehte
sie
ganz
allein
einen
etwa
fünfundvierzig-
minutigen
Film
mit
dem
Titel
»Wir
müssen
es
Schule
nennen«.
Ich
bin
sicher
nicht
ganz
unbefangen,
denn
wir
sind
alte
Freunde,
ich
liebte
die
Schule
und
die
Menschen
darin,
und
für
einen
Teil
des
Films
fungierte
ich
als
ihr
Tontechniker.
Dennoch
halte
ich
den
Film
für
das
lebendigste,
berührendste
und
wahrheitsgetreueste
Film-
porträt
von
Kindern,
das
ich
je
gesehen
habe.
Jeder,
der
Kinder
mag,
ihre
Gesellschaft
genießt
und
sie
respektiert,
wird
gewiss
begeistert
sein
und
kann
viel
davon
lernen.
Warum
sollten
Unschooler
einen
Film
über
eine
Schule
sehen
wol-
len?
Die
Antwort
liegt
im
Titel.
Zu
Beginn
des
Films
gibt
es
eine
Auf-
nahme,
in
der
die
Kinder
am
Morgen
in
der
Schule
eintreffen.
Über
den
allgemeinen
Lärm
hinweg
hören
wir
die
Stimme
eines
Lehrers
namens
Erik,
der
sagte:
»Wir
müssen
es
Schule
nennen.
Das
däni-
sche
Gesetz
fordert,
dass
Kinder
zur
Schule
gehen
müssen,
und
wenn
wir
diese
Anlage
nicht
Schule
nennen
würden,
dürften
sie
nicht
hier-
her
kommen.«
Allerdings
ist
es
keine
Schule,
wie
wir
diesen
Begriff
verstehen.
Es
ist
ein
Ort,
an
dem
sich
sechs
bis
sieben
Erwachsene
und
etwa
achtzig
Kinder
im
Alter
zwischen
sechs
und
vierzehn
Jahren
treffen,
um
gemeinsam
zu
leben
und
etwas
zu
tun.
Die
Anlage
lässt
sich
noch
am
ehesten
mit
einem
Club
vergleichen.
Die
Kinder
kom-
men,
wenn
sie
Lust
dazu
haben,
und
das
ist
im
Winter
häufiger
als
im
Frühling,
wenn
die
Sonne
scheint.
Sobald
sie
dort
sind,
plaudern
sie
über
viele
Dinge,
die
sie
interessieren,
und
tun
sie
auch
-
manchmal
mit
den
Erwachsenen
zusammen
und
manchmal
bleiben
sie
unter
sich.
Dabei
lernen
sie
vieles
über
sich,
einander
und
die
Welt.
Der
Film
ist
aus
vielen
Gründen
wichtig
für
Unschooler,
von
denen
ich
einen
hervorheben
will:
In
unseren
Gemeinschaften
benötigen
wir
159
keine
Schulen,
sondern
viele
geschützte,
sichere,
interessante
Orte,
wo
Kinder
zusammenkommen,
sich
treffen,
Freundschaften
schlie-
Ben
und
gemeinsam
etwas
unternehmen
können.
Diese
Orte
könn-
ten
Bibliotheken
für
Kinder
sein
(oder
Bibliotheksabteilungen),
Kin-
dermuseen
(ein
großartiges
gibt
es
in
Boston),
Kindertheater
(in
dem
Kinder
selbst
Theater
spielen,
anstatt
bloß
zuzusehen),
Kunst-
und
Handwerkszentren
für
Kinder
(oder
für
Kinder
und
Erwachsene
gemeinsam)
und
andere
Erlebnisorte.
Das
Peckham
Center
war
ein
solcher
Ort.
Ein
weiterer
solcher
Ort
könnte
die
Ny
Lille
Skole
sein.
Es
geht
nicht
darum,
diese
Modelle
zu
kopieren,
sondern
ihr
Wesen
zu
begreifen.
GEWÄCHSHÄUSER
Beth
Hagins
aus
Illinois
schreibt
über
einen
weiteren
Ort,
der
sich
außerordentlich
gut
für
Kinder
eignet,
da
er
nicht
vorrangig
für
Kin-
der
bestimmt
ist
und
in
ihm
tatsächlich
ernsthaft
gearbeitet
wird.
...
Wir
arbeiten
an
einer
biologischen
Forschungsstätte
für
Kinder
in
der
Region
südlich
von
Chicago.
Dabei
handelt
es
sich
um
ein
großes
Solar-
gewächshaus,
das
wir
mit
anderen
in
der
schwarzen
Gemeinde
Pembroke
in
Illinois
errichtet
haben.
Dies
ist
eine
ländliche
Gemeinde
mit
einer
ein-
kommensschwachen
Bevölkerung.
Die
Lebensqualität
eignet
sich
jedoch
hervorragend,
um
ohne
Schule
aufzuwachsen.
Ich
weiß
nicht,
wie
ich
den
Ort
beschreiben
soll.
Ich
»lerne«
dort
nun
schon
seit
vier
Jahren,
wobei
ich
größtenteils
von
älteren
Menschen
unter-
richtet
werde.
Sie
haben
mir
beigebracht,
wie
man
Pflanzen
zieht,
Kompost
macht,
Lebensmittel
konserviert,
Tiere
schlachtet
und
im
Team
zusam-
menarbeitet.
Ich
habe
noch
nirgendwo
lieber
gelernt.
Es
hat
mir
sogar
geholfen,
meiner
formellen
Ausbildung
eine
Perspektive
zu
geben
...
(vom
Kindergarten
bis
zum
Doktortitel).
Der
Leiter
des
Gewachshauses
ist
ein
67-jahriger
Mann,
der
schon
sein
ganzes
Leben
Pflanzen
zieht
und
verkauft.
Unsere
Experimente
sind
wirtschaftlicher
und
biologischer
Natur.
Wir
züchten
Legehennen,
bekom-
men
Eier,
sammeln
Huhnermist,
züchten
Würmer,
dungen
Jungpflanzen
und
beobachten,
wie
unsere
Huhner
und
Pflanzen
im
Sonnenlicht
gut
gedeihen.
Wir
hatten
auch
gerne
Kinder
bei
uns.
Derzeit
arbeiten
schon
einige
Kinder
aus
der
Nachbarschaft
aktiv
mit,
aber
es
ware
noch
aufre-
gender,
wenn
auch
Freunde
von
außerhalb
kamen,
um
zu
lernen.
160
...
Es
ist
wirklich
seltsam.
Wenn
ich
an
die
Schule
zurückdenke,
so
hat
mich
vor
allem
geformt,
dass
man
für
Einser
belohnt
wurde.
Abgesehen
von
einem
Zweier
im
zweiten
Collegejahr
in
Soziologie
habe
ich
meiner
Erinnerung
nach
bis
zur
vierten
Ausbildungsstufe
ausschließlich
Einser
bekommen.
Ich
erkannte,
dass
ich
in
allem
eine
Eins
bekommen
konnte,
obwohl
ich
bis
heute
im
Denken
nicht
sehr
schnell
bin.
Ich
vermute,
die
Ein-
ser
öffneten
mir
sämtliche
Türen
und
verschafften
mir
Zugang
zu
aufre-
genderen
Lernsituationen,
wie
etwa
dem
regionalen
Orchester,
nationa-
len
Diskussionsforen
und
anderen
»größeren«
Erfahrungen,
die
stimulie-
rend
und
beeindruckend
sein
können,
sofern
sie
nicht
als
einschüchternd
erlebt
werden.
Ich
kenne
mich
mit
der
Entschulungsbewegung
zu
wenig
aus,
um
zu
wissen,
ob
eine
größere
Einbeziehung
von
Kindern
möglich
ist.
Wir
hoffen,
dass
uns
mit
den
Gewächshausexperimenten
etwas
Derartiges
gelingt.
Auf
jeden
Fall
wollen
wir
die
Kinder
mit
einigen
schulgebundenen
Experi-
mentatoren,
die
dennoch
nach
den
Werten
der
Entschulungsbewegung
arbeiten,
in
Kontakt
bringen.
Viele
Solarforschungseinrichtungen
werden
von
wundervollen
Wissenschaftlern
und
Forschern
organisiert
und
betrie-
ben,
die
gerne
auch
außerhalb
eines
formellen
Schulunterrichts
in
begrenz-
tem
Umfang
mit
Kindern
zusammenarbeiten
wollen.
UNBEGRENZTER
RAUM
Harold
Dunn
aus
Oregon
schreibt
über
die
Gefahren,
jeden
Ort,
an
dem
sich
Kinder
treffen,
als
»Schule«
zu
bezeichnet,
und
über
seine
Reisen
mit
Kindern
durch
Mexiko:
Mein
Hauptinteresse
ist
die
Errichtung
von
nichtschulischen
Alternativen
für
Kinder.
Vor
zwei
Jahren,
als
ich
immer
noch
glaubte,
Freie
Schulen
wären
die
richtige
Antwort,
gründete
ich
eine
Minischule
mit
fünf
Kindern
und
zwei
Erwachsenen,
die
mit
uns
in
meinem
umgebauten
Schulbus
wohnten,
der
neben
einem
kleinen
See
in
den
Wäldern
Oregons
stand.
Es
gab
kein
Schulgeld,
keinen
Unterricht
-
nur
einen
Lehrplan,
bei
dem
es
ums
Überleben
ging,
denn
für
den
Lebensunterhalt
von
uns
acht
Personen
standen
uns
weniger
als
100
Dollar
zur
Verfügung.
Zwei
Jungen
im
Alter
von
14
und
15
Jahren
hatten
den
Großteil
des
Sommers
bei
mir
verbracht,
stets
beschäftigt
und
kreativ
in
ihrem
Spiel.
Da
sie
sich
davor
fürchteten,
im
Herbst
in
die
öffentliche
Schule
zurückkehren
zu
müssen,
bezeichneten
wir
uns
als
Schule
und
machten
weiter,
wie
wir
es
161
den
Sommer
über
getan
hatten.
Aber
es
funktionierte
nicht.
Sie
langweilten
sich,
wurden
unruhig
und
beschwerten
sich
darüber,
nichts
zu
lernen.
Erst
nach
einer
ganzen
Weile
begriff
ich,
dass
sie
jetzt,
wo
sie
wieder
in
der
»Schule«
waren,
erwarteten,
dass
jemand
etwas
mit
ihnen
tut.
Den
ganzen
Sommer
über
hatten
sie
neue
Reiche
erkundet
und
ihre
Grenzen
ohne
jegliche
Anleitung
durch
Erwachsene
erweitert.
Doch
das
zählte
nicht
mehr.
Jetzt
forderten
sie,
dass
man
ihnen
sagte,
was
sie
tun
sollten.
Irgend-
jemand
sollte
ihnen
etwas
beibringen,
ansonsten
war
es
keine
echte
Schule
und
hatte
keinen
Wert.
Erst
dadurch
begriff
ich,
wie
viel
wir
für
diese
beiden
Jungen
zerstört
hatten,
indem
wir
uns
selbst
als
Schule
bezeichneten
...
Die
anderen
Kinder
in
unserer
Schule
waren
5,
10
und
12
Jahre
alt.
Sie
waren
noch
nie
zur
Schule
gegangen
und
hatten
daher
auch
keine
vor-
gefasste
Erwartungshaltung.
Es
war
ein
wahres
Vergnügen
zu
beobachten,
wie
sie
die
Welt
und
sich
selbst
erforschten.
Ihr
größter
Schatz
war
mein
Bibliotheksausweis,
der
es
ihnen
erlaubte,
täglich
mehrere
hundert
Seiten
zu
lesen.
Obwohl
sie
von
Büchern
anscheinend
nie
genug
bekommen
konn-
ten,
hatten
sie
immer
noch
Energie,
um
zu
kochen,
zu
backen,
Holz
zu
hacken,
das
Geschirr
zu
waschen
und
unsere
Behausung
aufzuräumen.
Die
beiden
ältesten
Mädchen
übernahmen
mehr
als
nur
ihren
Anteil
der
Arbeit
-
weil
sie
es
wollten.
Sie
waren
lebhaft,
eifrig
und
unglaublich
erfin-
dungsreich.
Ihnen
schien
die
gesamte
Welt
offen
zu
stehen,
weil
ihnen
nie-
mand
eingeredet
hatte,
dass
es
Dinge
gab,
die
sie
nicht
schaffen
würden.
Innerhalb
eines
Monats
wandelte
sich
Mia
(12)
von
einer
Nicht-
schwimmerin
in
das
erste
Kind,
das
den
»Mountain-Man-Test«
bestand,
einen
Wettkampf,
den
ich
für
eine
Gruppe
von
Jungen
ins
Leben
gerufen
hatte,
die
sich
den
ganzen
Sommer
über
am
See
herumgetrieben
hatten.
Um
den
Test
zu
bestehen,
musste
man
zuerst
um
Mitternacht
allein
in
die
Mitte
des
Sees
schwimmen
(etwa
100
Meter),
dort
auf
den
Grund
hinab-
tauchen
(4
Meter
tief)
und
als
Beweis
Schlamm
vom
Grund
mitbringen.
Mehrere
Jungen
hatten
es
versucht,
aber
alle
hatten
gekniffen,
sogar
jene,
die
wesentlich
besser
schwimmen
konnten
als
Mia.
Aber
sie
blieb
dabei
und
arbeitete
hart
daran,
ihre
Ängste
zu
überwinden.
(Nachts
ist
es
in
der
Tiefe
des
Sees
dunkel.)
In
der
Nacht,
in
der
sie
den
Test
bestand,
verkün-
dete
sie,
dass
sie
als
bisher
einziges
Mitglied
des
Mountain-Man-Clubs
hiermit
den
Namen
des
Clubs
in
Mountaineers
umändere!
Der
unglaubliche
Kontrast
zwischen
diesen
Mädchen,
die
über
keine
früheren
Schulerfahrungen
verfügten
und
auch
noch
nie
in
eine
freie
Schule
gegangen
waren,
und
den
beiden
Jungen,
die
durch
die
Jahre
in
der
offent-
162
lichen
Schule
konditioniert
waren,
war
mir
eine
wichtige
Lehre.
Viele
Jahre
hatte
ich
davon
geträumt,
eine
neue
Art
freier
Schule
zu
gründen,
die
aus-
schließlich
von
den
Kindern
selbst
geleitet,
statt
von
Eltern
oder
Lehrern
kontrolliert
werden
sollte,
wie
dies
üblicherweise
der
Fall
war.
Schließlich
war
mein
Traum
Wirklichkeit
geworden,
nur
um
mir
die
Absurdität
dieser
Idee
vor
Augen
zu
führen.
Kinder,
die
tatsächlich
jegliche
Freiheit
besäßen,
um
ihre
eigene
Schule
ganz
nach
ihren
Wünschen
zu
führen,
würden
augen-
blicklich
Dauerferien
erklären,
was
das
Ende
der
Schule
wäre.
Möglicher-
weise
würden
sie
sich
genauso
treffen
wie
zuvor
und
auch
dieselben
Dinge
tun,
aber
sie
würden
es
nicht
Schule
nennen
-
außer
du
zwingst
sie
dazu,
und
damit
würdest
wieder
du
die
Sache
in
die
Hand
nehmen.
Somit
wäre
es
vorbei
mit
der
Freiheit,
selbst
wenn
du
es
»zu
ihrem
Besten«
tust,
wie
ich
es
getan
habe,
um
sie
vor
der
öffentlichen
Schule
zu
bewahren.
DIE
FARM
ALS
RAUM
FÜR
KINDER
Jerry
Howard
berichtet
in
einem
Artikel
für
die
Zeitschrift
Horticulture
über
einen
Landwirtschaftsbetrieb
in
einem
reichen
Bostoner
Vorort:
Der
Harvard-Absolvent
Bill
McElwain,
der
Französisch
unterrichtet,
einen
Waschsalon
betrieben
hatte
und
als
Farmer
enttäuscht
worden
war,
sie-
delte
in
die
florierende
Stadt
Weston
in
Massachusetts
über.
Auf
seinem
Weg
von
und
zur
Arbeit
in
Boston
(wo
er
in
South
End
Häuser
sanierte)
sah
er
inmitten
der
Vororte
große
fruchtbare
Brachflächen.
Er
sah
auch
Teenager
aus
den
Vororten,
die
kaum
Alternativen
hatten
zu
Fußball,
Tennis,
Theaterspiel
und
Langeweile,
und
er
sah
arme
Stadt-
bewohner,
die
in
Roxbury
wesentlich
mehr
für
Lebensmittel
bezahlten
als
er
in
Weston.
(Bill
verglich
die
Kosten
für
fünf
identische
Produkte
in
bei-
den
Regionen
und
errechnete
eine
Differenz
von
dreizehn
Prozent.)
Im
April
1970
machte
sich
Bill
mit
geliehenem
Handwerkszeug,
geschenktem
Saatgut
und
Düngemitteln
ans
Werk.
Mit
einer
Handvoll
engagierter
Helfer
kultivierte
er
fast
einen
halben
Hektar
Land.
Die
Ernte
wurde
nach
Roxbury
gefahren
und
kostenlos
einem
Ernährungsprogramm
für
Kinder
und
einem
Sozialbauprojekt
zur
Verfügung
gestellt.
Dort
sam-
melten
die
Bewohner
Spenden,
die
wiederum
in
die
Farm
zurückflossen.
Innerhalb
eines
Jahres
wurde
Bill
zum
Projektleiter
der
neuen
Weston
Youth
Commission
bestellt.
1972
überredete
er
die
Stadt,
die
Ackerfläche
zu
kaufen.
Er
stellte
eine
kleine,
aber
engagierte
Helfertruppe
zusammen,
zu
der
auch
einige
ehrenamtlichen
Kommunalpolitiker
gehörten,
um
zu
163
garantieren,
dass
sie
auch
weiterhin
öffentliche
Unterstützung
erhielten.
Als
immer
mehr
Kinder
auf
der
Farm
arbeiteten
und
der
Gemüseertrag
wuchs
(mittlerweile
wurde
es
für
einen
Dollar
Aufwandsentschädigung
pro
Kiste
in
Boston
verkauft),
bezahlte
er
den
Arbeitern
einen
Mindestlohn.
Als
auch
die
Stadt
mehr
Geld
und
Ausrüstung
in
das
Projekt
steckte,
pro-
duzierte
die
Farm
1975
bereits
100
Tonnen
Gemüse
pro
Jahr.
Etwa
25
Prozent
davon
wurden
in
der
Region
verkauft,
der
Rest
ging
nach
Boston.
Als
die
Stadt
die
Farm
kaufte,
war
Bill
McElwain
fünfzig
Jahre
alt.
Trotz
seiner
unbekümmerten
Art,
mit
Steuererklärungen
umzugehen,
ist
er
immer
noch
Projektleiter
der
Youth
Commission
und
schreibt
nach
wie
vor
eine
Kolumne
für
den
Weston
Town
Crier,
wo
er
Dutzende
weitere
Akti-
vitäten
für
Jugendliche
vorschlägt.
So
zählte
Bill
einmal
im
Herbst
600
Ahornbäume
entlang
der
Straßen
von
Weston.
Eineinhalb
Jahre
später
baute
er
mit
einigen
Helfern
ein
»Zuckerhaus«
in
der
Nähe
der
Junior
High
School
(dafür
verwendete
er
Kie-
ferbretter,
die
aus
den
Bäumen
der
Region
gesägt
waren).
Dann
erbettelte
er
Eimer,
Zapfhähne
und
die
Verdampfungsanlage
und
produzierte
950
Liter
besten
Ahornsirup.
Er
rief
Projekte
ins
Leben,
um
Apfelwein
zu
pres-
sen,
Obstgärten
zu
rekultivieren,
Brennholz
zu
schneiden,
Kisten
herzu-
stellen,
eine
kleine
Sternwarte
zu
bauen
und
einen
Alternativkurs
an
der
High
School
anzubieten,
mit
regelmäßigen
Exkursionen
in
die
urwüchsige
Umgebung
von
Boston
und
das
ländliche
New
Hampshire.
Praktisch
alle
seine
großen
und
kleinen
Pläne
funktionieren
nach
dem-
selben
Prinzip:
Sie
bieten
jungen
Menschen
bezahlte
Jobs,
in
denen
sie
etwas
lernen,
sozial
nützlich
sind
und
Spaß
haben;
sie
arbeiten
in
kleinem
Rahmen,
benötigen
wenig
Kapital
und
nutzen
bislang
brach
liegende
Res-
sourcen.
Außerdem
bringen
sie
viele
unterschiedliche
Menschen
zusam-
men,
um
in
freundlicher
Atmosphäre
gemeinsam
Probleme
zu
lösen.
Die
Gemeinschaft
zu
festigen
zählt
zu
Bills
wichtigsten
Zielen,
und
er
nützt
zu
diesem
Zweck
jede
Gelegenheit,
um
die
Menschen
bei
festlichen
Anlässen
zusammenzubringen,
sei
es
beim
Pflanzen,
Ernten,
dem
»Sirupzapfen«,
einem
Holzschnitzkurs
oder
der
Feier
zum
1.
Mai.
7
Viele
Homeschooling-Eltern
versuchen,
von
Zuhause
aus
einer
selbstständigen
Tätigkeit
nachzugehen,
um
Homeschooling
und
Beruf
zu
vereinen.
Aber
dies
ist
oft
anstrengender
und
mitunter
finanziell
schwie-
riger,
als
ein
Gleichgewicht
zwischen
einem
herkömmlichen
Job
und
Homeschooling
zu
finden.
Insgesamt
scheinen
Homeschooling-Eltern
überdurchschnittlich
häufig
unternehmerisch
aktiv
zu
sein,
und
heimi-
164
sche
Unternehmen
als
zweite
oder
dritte
Einkommensquelle
kommen
ver-
mutlich
bei
Homeschooling-Familien
häufiger
vor
als
bei
der
übrigen
Bevölkerung.
Ich
kenne
Informatiker,
Biobauern,
Orchesterdirigenten
und
Generalunternehmer,
die
Mittel
und
Wege
gefunden
haben,
ihre
Arbeits-
zeiten
so
zu
organisieren,
dass
in
threm
Leben
Platz
für
Homeschooling
ist
-
und
viele
andere
wären
dazu
ebenfalls
imstande.
Kinder
jeder
Alters-
stufe
können
in
die
Diskussion
einbezogen
werden,
wie
sie
ihre
Zeit
ver-
bringen
wollen.
Bieten
Sie
Ihren
Kindern
Lehrmittel,
Zeitpläne
und
Ideen
an,
um
das
zu
erreichen,
was
Sie
als
Erziehungsberechtiger
und
als
Fami-
lie
wollen,
und
achten
Sie
auf
die
Reaktionen
Ihrer
Kinder.
Ziele
und
Zeitpläne
werden
sich
im
Lauf
der
Diskussion
herauskris-
tallisieren,
und
es
wird
nicht
bei
dieser
einen
Diskussion
bleiben.
Es
wird
sich
ein
fortlaufender
Prozess
entwickeln,
denn
vor
allem
bei
jungen
Men-
schen
ändern
sich
Ziele
und
Zeitpläne
sehr
rasch.
Betrachten
Sie
dies
als
eine
der
Stärken
von
Homeschooling:
Es
bietet
Ihnen
mehr
Zeit
für
der-
artige
Gespräche
und
mehr
Zeit,
um
den
Beobachtungen
Ihrer
Kinder
zuzuhören.
Lerneinheiten
können
je
nach
Notwendigkeit
komprimiert
oder
ausgeweitet
werden,
die
Leistung
kann
in
dynamischen
Situationen
bewertet
werden,
und
die
Familie
kann
je
nach
Bedarf
eine
kleine
Pause
machen,
z.B.
für
einen
Urlaub.
Homeschooling-Familien
können
einem
anderen
Rhythmus
folgen
als
Familien,
die
dem
Takt
der
Schule
unter-
worfen
sind
(mehr
dazu
in
Kapitel
12).
Sobald
alle
Beteiligten
begriffen
haben,
dass
Lernen
eine
Aktivität
ist,
die
mitunter
auch
Kurse
beinhalten
kann,
aber
keine
ausschließliche
»Klassenaktivität«
sein
muss,
bieten
sich
Ihnen
unzählige
Möglichkeiten,
erfolgreich
Homeschooling
zu
betreiben.
Im
Büro
von
Holt
Associates
waren
Kinder
stets
willkommen.
Als
die
einzelnen
Mitarbeiter
nach
Johns
Tod
allmählich
eigene
Familien
gründeten,
wimmelte
es
in
den
Büroräumen
oft
von
Kindern.
Üblicher-
weise
arbeiteten
wir,
während
die
Kinder
spielten.
Manchmal
fragten
sie
uns
aber
auch,
ob
sie
uns
helfen
könnten,
Bücher
zu
verpacken,
das
Tele-
fon
abzunehmen,
Briefe
in
Umschläge
zu
stecken
oder
zu
stempeln.
Dann
arbeiteten
wir
eine
Weile
Seite
an
Seite,
bis
sie
sich
neuen
Aktivitäten
oder
Gesprächen
mit
Freunden
zuwendeten.
Mitunter
baten
sie
aber
auch
um
neue
Tätigkeiten,
sobald
sie
eine
Aufgabe
erfüllt
hatten.
Hin
und
wieder
spazierten
auch
einige
Kinder
in
mein
Büro
und
stellten
mir
Fragen
zu
meiner
Arbeit.
Dann
wieder
spielten
sie
in
meinem
Büro
Verstecken,
während
ich
so
tat,
als
würde
ich
sie
nicht
sehen.
Als
die
Kinder
älter
wur-
den,
vor
allem
im
Alter
zwischen
acht
und
zwölf
Jahren,
wünschten
sie
sich
einen
eigenen
Raum,
um
zu
spielen
oder
um
sich
zurückzuziehen.
165
Die
jüngeren
Kindern
dürfen
in
unserem
Lager
Fahrrad
fahren,
die
älte-
ren
in
einem
abgelegenen
Lagerraum
ein
Clubhaus
einrichten.
Wer
in
diesen
Tagen
in
unser
Büro
kam,
fand
überall
Hinweise
auf
die
Anwesenheit
von
Kindern.
Die
Wände
waren
mit
ihren
Zeichnungen
und
Projekten
tapeziert,
und
die
Luft
war
erfüllt
von
ihrem
Stimmengewirr,
wenn
sie
spielten
oder
sich
unterhielten;
bei
gutem
Wetter
erschien
es
uns
sinnvoll,
einen
Kollegen
dafür
zu
bezahlen,
dass
er
mit
den
Kindern
in
den
nahe
gelegenen
Park
ging,
damit
wir
in
Ruhe
arbeiten
und
wichtige
Bespre-
chungen
ohne
Unterbrechungen
abhalten
konnten.
Während
der
Mit-
tagspause
sahen
wir
oft
eine
Mutter,
die
ihrem
auf
dem
Schoß
sitzenden
Kind
ein
Buch
vorlas,
was
wir
gerne
förderten.
Manche
Lieferanten,
die
in
unser
Büro
kamen,
fragten
oft,
ob
sie
eine
Kindertagesstätte
belieferten
oder
ein
Büro!
Dennoch
wurde
die
gesamte
notwendige
Arbeit
erledigt.
Vermutlich
war
es
nicht
die
effizienteste
und
kostensparendste
Art,
um
ein
Unternehmen
zu
führen,
aber
es
war
wesentlich
interessanter
als
ein
typisches
Büro,
vor
allem
für
jene,
die
gerne
Kinder
um
sich
hatten.
Als
die
Kinder
älter
wurden,
stellten
viele
Mitarbeiter
fest,
dass
sie
in
ernste
Terminkonflikte
kamen,
weil
sie
während
der
Bürozeiten
die
älte-
ren
Kinder
zu
Kursen
und
Versammlungen
in
der
ganzen
Stadt
chauffie-
ren
mussten.
Mitunter
wurden
Fahrgemeinschaften
gebildet,
so
dass
unser
Büro
oft
zur
Drehscheibe
für
Kindertransporte
wurde.
Manche
Teenager
stimmten
thre
Termine
mit
Erwachsenen,
von
denen
sie
etwas
lernen
woll-
ten,
mit
unseren
Bürozeiten
ab,
was
ausgezeichnet
funktionierte.
Wir
hat-
ten
genug
Platz,
um
derartige
Zusammenkünfte
zu
ermöglichen.
Weil
es
vor
allem
meine
drei
Mädchen
genossen,
mit
Make-up
zu
spielen
und
sich
»fein
zu
machen«,
verfügte
unser
Büro
auch
über
eine
ausreichende
Sammlung
an
Kostümen,
Modeschmuck
und
Accessoires,
die
in
einer
alten
Spielzeugkiste
in
der
Nähe
der
Laderampe
untergebracht
war.
Mein
Schwiegervater
Phil
Cranshaw,
der
für
Versand
und
Posteingang
zuständig
war,
neckte
die
Mädchen
einmal,
indem
er
eine
lange
Federboa
aus
der
Kiste
nahm,
sie
während
des
Verpackens
der
Bestellungen
trug
und
sich
weigerte,
sie
zurückzugeben,
weil
er
»damit
so
gut
aussah«.
Den
Mädchen
gefiel
es,
»Papa
Phil«
bei
der
Arbeit
mit
der
Federboa
zu
sehen,
und
wir
hörten
viel
Gelächter.
Als
der
Paketbote
an
diesem
Tag
seine
Lie-
ferung
abgab,
erblickte
er
Phil,
wie
er
mit
der
Federboa
um
den
Hals
vor
den
Mädchen
auf
und
ab
stolzierte.
Als
Phil
erklären
wollte,
was
hier
vor
sich
ging,
fiel
ihm
der
Bote
mit
der
Bemerkung
ins
Wort:
»Sie
brauchen
sich
nicht
zu
entschuldigen.
Eigentlich
sollte
mich
nichts
mehr
über-
raschen,
wenn
ich
hierher
komme!«6®
166
7
Ernsthaftes
Spiel
In
diesem
Kapitel
geben
uns
Eltern
Einblick,
auf
welche
Art
und
Weise
Kinder
Spiel,
Fantasie,
Poesie,
Gesang,
Theaterspiel
und
Kunst
ver-
wenden,
um
die
Welt
zu
erforschen
und
zu
verstehen.
Dies
ist
ein
wich-
tiger
Teil
ihres
Lebens
und
ihrer
Entwicklung.
Einige
überzeugende
Studien
zeigen
auf,
dass
es
Kindern,
die
ihre
Fantasie
gut
ausleben
können,
leichter
fällt,
die
Welt
kennenzulernen
und
mit
ihren
Überra-
schungen
und
Enttäuschungen
fertig
zu
werden,
was
nicht
verwun-
derlich
ist.
In
der
Fantasie
können
wir
Situationen
ausprobieren,
ohne
ein
allzu
großes
Risiko
einzugehen.
Wir
können
mit
schlechten
Erfah-
rungen
umgehen,
indem
wir
sie
im
Geist
wieder
und
wieder
durch-
spielen,
bis
sie
vieles
von
ihrer
verletzenden
Wirkung
verloren
haben
und
wir
einen
für
uns
befriedigenden
Ausgang
erzielt
haben.
Für
ein
gesundes
und
aktives
Fantasieleben
benötigen
Kinder
Zeit,
Raum
und
Privatsphäre
oder
zumindest
die
von
ihnen
selbst
gewählte
Gesellschaft.
Offensichtlich
können
Schulen
oder
andere
Ort,
an
denen
sich
große
Gruppen
zusammenfinden
-
z.
B.
Kinder-
tagesstätten,
Spielgruppen
usw.
-,
dies
nur
in
sehr
begrenztem
Maß
bieten.
Erschwerend
kommt
hinzu,
dass
sich
Kinder
an
derartigen
Orten
unter
der
Aufsicht
und
Kontrolle
von
Erwachsenen
befinden,
die
-
selbst
wenn
sie
den
Kindern
ein
ausgeprägtes
Fantasieleben
zugestehen
-
das
Gefühl
haben,
alles
beobachten
zu
müssen,
um
die
Bedeutung
zu
verstehen
und
den
möglichen
Nutzen
zu
erfassen.
Manche
Pädagogen
glauben,
dass
wir
als
Lehrer
die
Kinder
besser
verstünden
und
auf
unsere
Ziele
hinlenken
könnten,
wenn
wir
ihrem
Fantasieleben
nur
genügend
Aufmerksamkeit
widmeten.
Das
wäre
ein
großer
Fehler
und
ein
großes
Unrecht!
Stattdessen
sollten
wir
uns
damit
zufrieden
geben,
so
viel
vom
Fantasieleben
der
167
Kinder
mitzubekommen
und
zu
genießen,
wie
sie
uns
zeigen
wollen.
Und
wir
sollten
daran
teilnehmen,
wenn
uns
die
Kinder
darum
bit-
ten
und
wenn
wir
dies
gerne
und
unbefangen
tun
können.
Anson-
sten
sollten
wir
sie
in
Ruhe
lassen.
Für
Kinder
ist
ihre
Fantasie
aus
vielen
Gründen
nützlich
und
wichtig,
vor
allem
aber,
weil
sie
ihnen
gehört
und
damit
der
einzige
Teil
ihres
Lebens
ist,
der
voll
und
ganz
unter
ihrer
eigenen
Kontrolle
steht.
Wir
müssen
der
Versuchung
widerstehen,
sie
uns
anzueignen.
Wir
sollten
aber
auch
nicht
glauben,
dass
manche
Abschnitte
im
Leben
eines
Kindes
weniger
wichtig
sind
als
andere,
in
denen
es
etwas
»Ernsthaftes«
tut
-
wie
etwas
lesen,
schreiben,
Hausaufgaben
erledigen
oder
etwas,
was
wir
von
ihm
wollen.
Wir
dürfen
nicht
glau-
ben,
dass
wir
ihm
nur
dann
Zeit
für
Fantasie
zugestehen
dürfen,
wenn
alle
»wichtigen«
Aufgaben
erfüllt
sind,
so
wie
wir
ihm
eine
kleine
Leckerei
erst
nach
dem
Essen
erlauben.
Für
Kinder
sind
Spiel
und
Fantasie
die
Hauptgänge
einer
Mahlzeit.
Wir
sollten
Kindern
gestat-
ten,
sich
frei
damit
zu
beschäftigen,
und
nicht
nur
in
der
Restzeit,
die
nach
all
der
»wichtigen«
Arbeit
übrig
bleibt,
sondern
dann,
wenn
sie
voller
Energie
und
Begeisterung
sind.
Heute
sprechen
wir
oft
von
»Qualitätszeit«.
Kinder
benötigen
für
ihre
Fantasie
und
ihr
Spiel
ebenso
dringend
Qualitätszeit
wie
für
ihre
Lese-
oder
Mathematik-
aufgaben.
Für
sie
ist
es
ebenso
wichtig,
gut
zu
spielen,
wie
gut
zu
lesen.
Wenn
wir
uns
näher
mit
dem
Thema
auseinandersetzten,
wür-
den
wir
vermutlich
feststellen,
dass
Kinder,
die
nicht
gut
spielen,
träu-
men
und
fantasieren
können,
meist
auch
keine
guten
Leser
sind.
FANTASIEWELTEN
Eine
Mutter
schreibt
über
die
Welt,
die
ihr
Sohn
erschuf:
Aber
gleichzeitig
sind
wir
zutiefst
zum
»Unschooling«
bereit.
Ich
bin
abso-
lut
überzeugt,
dass
es
richtig
ist.
Mein
Problem
sind
meine
Kinder,
vor
allem
mein
Ältester
(10).
Nach
fünf
Jahren
Schulbesuch
hat
er
sich
das
Leben
angenehm
und
sogar
unterhaltsam
gestaltet,
indem
er
gemeinsam
mit
einigen
seiner
Freunde
eine
Welt
innerhalb
der
Welt
erschaffen
hat.
Die
Schule
ist
nicht
das
Problem.
Er
geht
hin,
um
sich
leichter
mit
zwei
oder
drei
anderen
Jungen
zum
Baseball
oder
einer
anderen
Aktivitat
treffen
zu
konnen.
In
ihrer
Welt
gibt
es
eine
eigene
Gesellschaft
von
»Flauschball-
chen«
-
das
sind
flauschige
Kreaturen
von
der
Größe
eines
Tischtennis-
168
balls
in
unterschiedlichen
Farben,
die
große
Füße
und
winzige
Antennen
haben.
Nahezu
ein
Jahr
lang
bevölkerte
ihre
Stadt
unsere
sieben
mal
vier
Meter
große
Veranda
(bis
die
Jungen
gezwungen
waren,
sie
abzubauen,
weil
wir
renovierten).
Ich
habe
zwar
nicht
Das
große
Buch
der
Heinzel-
männchen
gelesen,
aber
ich
bezweifle,
dass
es
eine
umfassendere
Studie
ist
als
das,
was
diese
Kinder
mit
ihren
Flauschbällchen
gemacht
haben:
Sie
haben
die
einzelnen
Charaktere
und
Gesellschaftsschichten
festge-
legt,
ein
Fußballfeld
angelegt,
Raumfahrzeuge
und
Andockstationen
gebaut,
eine
Disco,
ein
Museum,
eine
Schule,
ein
Theater,
ein
eigenes
Transportsystem,
und
das
alles
mit
großer
Sorgfalt
und
Fertigkeit
als
detail-
lierte
Miniaturen
ausgearbeitet.
Diese
Flauschbällchen
ernähren
sich
aus-
schließlich
von
Bananen
und
Bananensaft,
sterben
bei
Kontakt
mit
Was-
ser
usw.
Als
J.
mit
den
Pfadfindern
einen
Skiausflug
machte,
begleitete
ihn
der
Flauschbällchen-König
Eeker
auf
Skiern,
die
er
aus
Zungenspateln
(das
sind
die
kleinen
eisstielähnlichen
Hölzchen,
mit
denen
der
Arzt
die
Zunge
niederhält,
um
in
den
Rachen
schauen
zu
können)
fabriziert
hatte.
Die
Flauschbällchen
gehen
in
die
Schule
und
verstecken
sich
bis
zur
Pause
.
In
den
Schreibtischen.
Dann
kommen
sie
hervor
und
übernehmen
die
Schule,
wobei
die
Jungen
mit
ihnen
und
durch
sie
tun
können,
was
immer
sie
wollen.
Hausaufgaben
und
Langeweile
in
der
Schule
werden
gerne
in
Kauf
genommen,
nur
um
Gelegenheit
zu
haben,
mit
A.
und
K.
gemeinsam
mit
den
Flauschbällchen
zu
spielen.
Die
Lehrerin
Candy
Mingins
schreibt
über
ein
ähnliches
Spiel,
das
»Atlas«
genannt
wird:
Die
Familie
hatte
wenig
Geld,
dafür
aber
viel
deutsche
Sparsamkeit
-
das
heißt,
die
Kinder
wurden
nicht
mit
Plastikspielzeug
und
anderem
Kram
überschüttet
...
So
entwickelten
sie
ihr
eigenes
fortwährendes
Spiel,
das
C.
mit
seinem
Bruder
und
seinen
zwei
Schwestern
(alle
älter
als
er)
über
einen
Zeitraum
von
mehr
als
acht
Jahren
spielte
(zum
Großteil
hatte
es
sein
Bru-
der
erfunden).
Es
war
ein
Spiel
um
die
Welt.
Jedes
Kind
besaß
eigene
Stämme,
die
es
selbst
hergestellt
hatte:
aus
Zahnpastaverschlüssen,
die
auf
Murmeln
geklebt
waren
(die
Liliputaner);
aus
Plastikspielkomponen-
ten
(die
Microscopier);
aus
aufgebrauchten
Leuchtstiften
mit
Zahnstocher-
Schwertern
und
Alufolienschildern
(die
Sudanier);
aus
Speiseölflaschen,
die
mit
Papier
dekoriert
waren
(die
Crisconier),
usw.
Die
Stämme
schlugen
im
Garten
Schlachten,
eroberten
Territorien,
zeichneten
Landkarten
und
führten
Aufzeichnungen,
hielten
Kunstausstellungen
ab,
besaßen
eine
Zei-
tung
und
verfügten
über
eigene
Sprachen
und
Währungssysteme.
169
Es
war
ein
geniales
Spiel,
das
die
Kinder
ganz
allein
erfunden
hatten
und
das
sich
über
einen
langen
Zeitraum
gehalten
hatte,
wobei
im
Lauf
der
Entwicklung
der
Kinder
immer
wieder
neue
Interessen
und
Ideen
ein-
flossen.
RÄUBER
UND
GENDARM
Eine
Mutter
schreibt
über
ein
aussterbendes
Kinderspiel
und
ihre
eigenen
Erinnerungen
daran:
Niemand
hat
mir
als
Kind
je
verboten,
Räuber
und
Gendarm
zu
spielen,
aber
als
ich
es
mit
meiner
Clique
spielte,
hatte
ich
das
Problem,
dass
ich
nicht
»sterben«
konnte.
Wenn
mich
eines
der
anderen
Kinder
erschoss,
wollte
ich
zu
Boden
stürzen
und
sterben.
Aber
irgendwie
gelang
es
mir
nicht,
so
dass
ich
nur
regungslos
stehen
blieb
und
wie
gelähmt
vor
mich
hinstarrte.
Und
wenn
ich
ein
Kind
erschoss,
ignorierte
es
mich
einfach,
weil
es
wusste,
dass
ich
es
nicht
wirklich
getötet
hatte.
Ich
war
schon
erwachsen
und
hatte
selbst
Kinder,
als
diese
mir
zeig-
ten,
wie
man
Räuber
und
Gendarm
spielt.
Da
erkannte
ich,
dass
ich
ein
sehr
schizoides
Kind
gewesen
war,
sehr
verspannt,
ohne
jegliche
Sponta-
neität
und
gänzlich
vom
HIER
und
JETZT
ausgeschlossen.
Bei
Spielen
wie
Räuber
und
Gendarm
geht
es
jedoch
darum,
dass
Kinder
sich
ganz
und
gar
auf
andere
Kinder
einlassen.
Es
ist
ein
schnelles,
handlungsstarkes
Spiel
in
der
Gegenwart.
Nachdem
ich
nun
(über
15
Jahre
lang)
derartige
Spiele
beobachtet
habe,
glaube
ich,
dass
nur
sehr
unkonventionelle
Kinder
gut
Räuber
und
Gendarm
spielen
können,
und
dass
viele
derartige
Spiele
von
einem
Kind
beendet
werden,
das
tatsächlich
Gefühle
von
Gewalt
und
Grausamkeit
in
sich
trägt
und
dann
einen
»Unfall«
verursacht,
bei
dem
jemand
verletzt
wird.
Üblicherweise
will
dieses
Kind
das
Spiel
beenden,
weil
es
eifersüchtig
ist
und
nicht
an
dem
Spaß
teilhaben
kann;
nicht
weil
es
von
den
anderen
aus-
geschlossen
wird,
sondern
weil
es
nicht
imstande
ist,
das
Spiel
zu
spielen.
Ich
glaube
nicht,
dass
Räuber-und-Gendarm-Spiele
etwas
mit
Waffen,
Gewalt,
Feindschaft
oder
Grausamkeit
zu
tun
haben;
es
sind
Bewusst-
seinsspiele.
Andere
Gefühle
als
Freude
kommen
dem
Bewusstsein
in
die
Quere,
und
du
kannst
diese
Gefühle
zum
Beispiel
durch
den
Knall
der
Platzpatronen
in
der
Spielzeugpistole
explodieren
lassen.
Bei
Spielen
wie
Räuber
und
Gendarm
geht
es
meiner
Meinung
nach
um
Folgendes:
Ich
bin
mir
deiner
zuerst
bewusst,
ich
kann
dich
daher
170
erschießen,
und
du
musst
sterben!
Wenn
du
mich
überraschst,
WEISS
ich,
dass
du
bewusster
bist
als
ich,
denn
du
hast
mich
überrascht,
des-
halb
muss
ich
sterben.
Ich
gebe
einfach
jegliches
Bewusstsein
auf
(wodurch
ich
zu
Boden
stürze),
bis
ich
in
mir
fühle,
dass
ich
bereit
bin,
wiedergeboren
zu
werden
-
und
zwar
lebendiger
als
zuvor.
Manchmal
erwischen
wir
einander
auch
im
selben
Augenblick,
und
dann
müssen
wir
die
Sache
ausfechten
-
»Peng!
Peng!
Bumm!
Bumm!
-
Ich
habe
DICH!«
»NEIN,
hast
du
nicht,
ich
habe
dich
ZUERST
erwischt«
-
bis
wir
beide
wis-
sen,
dass
einer
den
anderen
besiegt
hat.
Einer
von
uns
muss
sterben
und
wiedergeboren
werden!
Wird
einer
von
uns
stattdessen
WÜTEND
-
ist
das
Spiel
rasch
zu
Ende.
Oh,
ich
liebe
ein
gutes,
lautes
Rauber-und-Gendarm-Spiel!
Ich
bin
heute
ein
Fossil
von
fast
vierzig
Jahren,
das
nicht
mehr
Räuber
und
Gendarm
spielen
kann,
um
seine
Seele
zu
retten,
aber
zumindest
erinnere
ich
mich
noch
daran,
was
ich
vor
langer
Zeit
von
einigen
Kids
gelernt
habe.
Aber
ich
versuche,
dir
etwas
zu
erzählen,
das
man
eigentlich
nur
selbst
erleben
kann,
was
mir
wiederum
sagt,
dass
ich
eine
Närrin
bin.
Deshalb
rate
ich
dir,
ein
unkonventionelles
Kind
zu
suchen
(vielleicht
findest
du
es
schon
in
deinem
eigenen
Zuhause)
und
abzuwarten,
was
du
von
ihm
ler-
nen
kannst.
Meiner
Meinung
nach
lernt
man
am
meisten,
wenn
man
auf
die
Stim-
mung
achtet,
in
der
dein
Kind
etwas
tut
-
auf
die
Gefühle,
die
zum
Aus-
druck
gebracht
werden
-
und
durch
Materielles
hindurch
sieht.
Immer-
hin
kann
ein
Kind
Grausamkeit
und
Feindseligkeit
ausdrücken,
wenn
es
den
Hund
streichelt,
und
Freude
und
Vergnügen,
wenn
es
seine
Pistole
abfeuert.
Wenn
dein
Kind
fröhlich
ist
und
sich
eine
Waffe
wünscht,
kannst
du,
wie
ich
glaube,
auf
seine
Fröhlichkeit
vertrauen,
denn
die
Bibel
sagt,
dass
die
Dinge
dieser
Welt
vergänglich
sind,
die
Dinge
des
Geistes
aber
ewig
währen,
und
ich
glaube,
dass
Kinder
in
diesem
Wissen
geboren
werden.
Und
selbst
wenn
ein
Kind
seine
Spielzeugpistole
dazu
verwendet,
Wut
und
Feindseligkeit
loszuwerden,
ohne
dass
dabei
etwas
zerstört
oder
jemand
verletzt
wird,
wo
ist
das
Problem?
Mein
Mann
erzählt,
dass
er
der-
artige
Gefühle
hatte,
wenn
er
als
Kind
Räuber
und
Gendarm
spielte,
während
ich
diese
Gefühle
bei
unseren
Kindern
nie
bemerkt
habe.
Für
ihn
war
es
tolles
Spiel
gewesen,
weil
es
ein
Ventil
sein
konnte
-
er
kam
aus
einem
sehr
unglücklichen
Elternhaus.
171
Theo
Giesy,
eine
Mutter
von
vier
Kindern
aus
Virginia,
erzählt
über
dieses
Spiel:
Darrin
und
Danile
wurden
von
ihrem
Freund
Kevin
mit
dem
Spiel
Räuber
und
Gendarm
bekannt
gemacht.
Damals
waren
sie
zwei
und
vier
Jahre
alt,
Kevin
war
ebenfalls
vier.
Einer
von
ihnen
stellte
sich
auf
einen
klei-
nen
Grashügel,
die
anderen
schossen
auf
ihn,
und
das
Opfer
starb
über-
aus
dramatisch.
Dann
kletterte
ein
Anderer
hinauf,
um
erschossen
zu
werden
und
zu
sterben.
Kevin
starb
auf
dramatischste
Weise
und
war
dadurch
am
unterhaltsamsten.
Dies
wiederholte
sich,
sobald
wieder
eines
der
Kinder
hinaufgeklettert
war,
und
geschah
immer
in
guter
Stim-
mung,
mit
viel
Spaß
und
Freundlichkeit.
Darrin
wollte
augenblicklich
mehrer
Waffen
und
baute
ein
umfassendes
Arsenal
auf.
Kurz
darauf
zogen
wir
von
Kalifornien
nach
Michigan.
Ohne
Kevin
veränderte
sich
ihr
Spiel.
Jetzt
spielten
Darrin
und
Danile
lieber
Familie.
Während
sie
zu
Hause
blieb
und
sich
um
die
Babys
kümmerte
(um
ihre
und
seine
Pup-
pen),
fuhr
er
mit
dem
Roller
in
den
Wald,
um
mit
dem
Gewehr
einen
Bären
zu
jagen,
den
er
zum
Essen
nach
Hause
brachte.
(Alles
war
reine
Fantasie
-
niemand
in
unserem
Bekanntenkreis
war
Jäger.)
Darrin
war
damals
zweieinhalb
Jahre
alt.
Wenn
Darrin
in
diesem
Alter
wütend
war,
dachte
er
nie
an
Waffen.
Sein
Ausdruck
für
Wut
lautete:
»Gleich
werfe
ich
einen
Schuh
nach
dir.«
Waffen
gehörten
in
die
Welt
des
Vergnügens
und
der
Fantasie
und
hatten
nichts
mit
echter
Gewalt
zu
tun.
Auch
der
»Tod«
von
Kevin,
Danile
und
Darrin
hatte
nichts
damit
zu
tun,
dass
jemand
verletzt
werden
sollte.
Daran
dachte
ich
oft
während
des
nächsten
Jahres,
als
Darrins
bestem
Freund
verboten
wurde,
mit
Waffen
zu
spielen
und
Waffen
auch
aus
dem
Kindergarten
verbannt
wurden.
So
bauten
die
Kinder
sich
welche
aus
Bau-
steinen.
Eltern,
die
Waffen
verbieten,
verhindern
damit
weder
Gewalt
noch
das
Spiel
mit
Waffen,
und
Eltern,
die
Waffen
erlauben,
fördern
damit
nicht
die
Gewalt.
HAUSGEMACHTE
GESCHICHTEN
Die
Mutter
eines
zweijährigen
Jungen
erzählte
mir,
dass
sie
eine
Geschichte
erfunden
habe,
in
welcher
alle
Tiere
ihres
kleinen
Bau-
ernhofes
und
der
Junge
als
Held
vorkamen.
Er
liebte
die
Geschichte.
Später
schrieb
sie
diese
nieder
und
schickte
mir
eine
Kopie
mit
der
Anmerkung:
»Möglicherweise
finden
Sie
es
ein
wenig
kitschig,
aber
172
ein
fünfjähriger
Junge
hat
mich
tatsächlich
-
im
Flüsterton
-
gefragt,
Ist
das
wahr?««
Egal
ob
Kinder
in
der
Stadt
oder
auf
dem
Land
aufwachsen,
sie
interessieren
sich
meist
mehr
fur
Geschichten,
in
denen
sie
selbst
eine
Rolle
spielen
und
die
voll
von
Dingen
aus
ihrem
Alltagsleben
sind.
Eltern
oder
andere
Vertrauenspersonen
sind
geradezu
ideal,
um
solche
Geschichten
zu
erfinden.
Selbst
wenn
die
Geschichten
nicht
besonders
ausgefeilt
sind,
fur
kleine
Kinder
sind
sie
voraus-
sichtlich
viel
interessanter
als
Geschichten
aus
Buchern.
A.
S.
Neill
aus
Summerhill
erfand
gerne
Geschichten
fur
die
Kin-
der
der
Region,
in
denen
sie
die
Hauptfiguren
darstellten
und
ver-
schiedene
Spione,
Betruger
und
Bosewichte
jagten
oder
von
diesen
gejagt
wurden.
Und
wie
viele
wissen,
ist
auch
Alice
im
Wunderland
so
entstanden.
Probieren
Sie
es
einfach
aus,
und
erfinden
auch
Sie
Geschichten
fur
Ihre
Kinder.
Wie
bei
allem
werden
Sie
auch
dabei
mit
der
Zeit
besser
werden.
EINE
SEHR
JUNGE
KUNSTLERIN
Ein
Vater
schreibt
Uber
eine
»fruhreife«
Künstlerin:
Wir
haben
eine
schone
Geschichte
Uber
das
Unschooling
zu
erzahlen.
Schon
vor
Marias
Geburt
hatten
wir
beschlossen,
sie
nicht
zur
Schule
zu
schicken.
Wir
zogen
sogar
aufs
Land,
weil
wir
glaubten,
dass
es
dort
ein-
facher
sei.
Mittlerweile
habe
ich
erkannt,
dass
es
mitunter
sogar
schwie-
riger
ist.
Wir
hatten
Gluck.
Die
Lehrerin
und
die
Leitung
der
örtlichen
Schule,
in
der
ich
als
Hausmeister
arbeite,
waren
sehr
tolerant
und
hilfsbereit.
Die
Lehrerin
ist
eine
von
den
guten.
Maria
geht
jede
Woche
an
einem
Tag
ihrer
Wahl
zur
Schule.
Mehr
ware
ihrer
Meinung
nach
schrecklich.
Als
Verteidi-
gungsargument,
fur
den
Fall,
dass
man
uns
doch
Schwierigkeiten
machen
sollte,
weil
Maria
nicht
zur
Schule
geht,
wollen
wir
auf
ihre
Zweisprachig-
keit
verweisen,
und
dass
sie
zu
Hause
ihre
zweite
Sprache
lernt.
(Es
gibt
Gesetze,
welche
die
Zweisprachigkeit
an
kalifornischen
Schulen
schützen.)
Marias
Mutter
ist
Japanerin.
Leider
schützt
das
Gesetz
heute
die
zweisprachige
Ausbildung
in
Kalifornien
nicht
mehr,
und
auch
in
anderen
Staaten
fällt
dieser
Schutz
allmählich
weg.
Auch
wenn
viele
Eltern
eine
Lehrmethode
nach
dem
173
Motto
»Alle
werden
über
einen
Kamm
geschoren«
für
falsch
halten,
scheint
sich
diese
Haltung
nicht
auf
den
Englischunterricht
ausländischer
Kinder
zu
beziehen.
Ein
rein
englischsprachiger
Unterricht
und
eine
im
Klassenzimmer
zugestandene
Zweisprachigkeit
schließen
einander
nicht
grundsätzlich
aus.
Wenn
die
Dinge
nicht
funktionieren,
sollte
man
sowohl
Lehrern
als
auch
Schüler
andere
Optionen
anbieten,
statt
gesetzlich
fest-
zulegen,
dass
nur
eine
Methode
zur
Anwendung
kommen
darf,
¢¢
Maria
begann
bereits
im
Alter
von
sechs
Monaten
zu
zeichnen.
Alles,
was
sie
tat,
betrachtete
sie
als
wichtiges
Kunstwerk.
Im
Alter
von
einem
Jahr
konnte
sie
besser
zeichnen
als
alle
in
ihrer
Umgebung.
Das
Wissen,
dass
sie
etwas
besser
konnte
als
alle
anderen,
und
sogar
besser
als
die
Rie-
sen
rund
um
sie
herum,
verlieh
ihren
Pinselstrichen
zusätzlichen
Mut.
Auch
in
anderen
Bereichen
verlieh
es
ihr
das
Selbstvertrauen,
schwie-
rige
Dinge
zu
versuchen,
und
so
lange
zu
wiederholen,
bis
sie
diese
gut
beherrschte.
Mit
einem
Jahr
erhielt
sie
eine
Staffelei
und
Temperafarben.
Zum
zweiten
Geburtstag
bekam
sie
ungiftige
Acrylfarben,
die
sie
seitdem
vor-
zieht.
Sie
genießt
das
Malen
so
sehr,
dass
sie
sich
bereits
als
Künstlerin
bezeichnet.
Weil
wir
neugierig
wurden,
wie
es
mit
anderen
kleinen
Künstlern
stand,
sahen
wir
uns
in
der
Kinderkunstszene
von
San
Francisco
um.
Zu
unserer
Überraschung
entdeckten
wir,
dass
Maria
als
Kinderkünstlerin
keine
Kin-
derkunst
malte.
Ihre
Arbeit
würde
in
einer
Kinderkunstausstellung
voll-
kommen
fehl
am
Platz
sein.
Vor
allem,
seit
sie
mit
Acrylfarben
malt,
denn
offenbar
geht
man
allgemein
davon
aus,
dass
Kinderkunst
mit
Wasser-
farben
gemalt
wird.
Aus
offensichtlichen
Gründen
sind
Acrylfarben
leich-
ter
zu
verarbeiten
als
Plakafarben
oder
Tempera,
aber
sie
kosten
auch
mehr.
Ich
kenne
Leute,
die
das
Fünf-
bis
Sechsfache
von
dem
verdienen,
was
ich
verdiene,
und
mir
trotzdem
sagen,
dass
sie
sich
keine
Acrylfarben
für
ihre
Kinder
leisten
können.
Das
bedeutet
nur,
dass
sie
glauben,
dass
Kinder
nichts
zustande
bringen,
was
so
viel
wert
ist.
Würden
wir
in
diese
Richtung
weiterforschen
und
uns
auch
mit
der
Überheblichkeit
Erwachsener
gegenüber
Kindern
auseinandersetzen,
könnten
wir
vielleicht
verstehen,
was
ich
meine,
wenn
ich
sage,
dass
das,
was
heute
als
Kinderkunst
bekannt
ist,
in
Wirklichkeit
eine
Erfindung
der
Erwachsenen
ist
...
Man
hat
mittlerweile
erkannt,
dass
während
des
Sozialisierungspro-
zesses
von
Kindern
ihre
ursprüngliche
Vorstellungskraft
zerstört
wird,
und
174
dass
erwachsene
Künstler
sie
erst
wieder
zurückgewinnen
müssen,
um
eine
ursprüngliche
Vision
zu
erschaffen.
Es
muss
doch
möglich
sein,
dass
jemand
aufwächst,
ohne
diese
erst
zu
verlieren.
Aber
offenbar
geschieht
dies
nur
selten.
Die
einleuchtendste
Maßnahme
besteht
darin,
Kinder
nicht
zur
Schule
zu
schicken
und
sie
vielleicht
auch
davor
zu
bewahren,
mit
falscher
Kinderkunst
in
Kontakt
zu
kommen.
Was
mit
Maria
hätte
passie-
ren
können,
wenn
wir
sie
gezwungen
hätten,
die
Schule
in
vollem
Umfang
zu
besuchen,
sieht
man
an
den
Bildern,
die
sie
in
der
Schule
zeichnet.
Ihre
Schulzeichnungen
sind
steif
und
uninteressant.
Sie
sind,
wie
Kinder-
zeichnungen
sein
sollen:
nett
und
so,
dass
man
sie
leicht
von
oben
herab
beurteilen
kann.
Sie
schreibt
sogar
wie
alle
anderen
Kinder
ihre
Signatur
in
Blockbuchstaben
darauf.
Während
sie
zu
Hause
alles
in
Schreibschrift
signiert,
seit
sie
mit
vier
Jahren
gelernt
hatte,
ihren
Namen
zu
schreiben.
Heute
ist
sie
sieben.
M’s
Gespräche
darüber,
was
in
ihr
vorgeht,
wenn
sie
malt,
sind
so
interessant,
dass
ich
mich
entschloss,
einige
ihrer
alten
Bilder
hervorzu-
holen,
die
sie
mit
vier
Jahren
gemalt
hat,
und
mit
ihr
darüber
zu
sprechen.
Sie
hat
sich
sehr
gefreut,
ihre
Schätze
wiederzusehen.
Sie
wiederholte,
was
sie
damals
gesagt
hatte,
aber
kürzer
und
klarer,
und
bezeichnet
ihre
Werke
als
Gedichte.
Während
ihres
fünften
Lebensjahrs
begann
sie,
eigene
Gedichte
und
Geschichten
zu
schreiben.
Eines
ihrer
älteren
Gedichte,
das
sie
mit
vier
Jahren
über
eines
ihrer
Bilder
gemacht
hatte,
beschreibt,
was
sie
sich
vorstellte,
während
sie
mit
uns
fünf
Jahre
vor
ihrer
Geburt
durch
die
Welt
wanderte:
»Als
ich
noch
in
Mamas
Bauch
war,
war
es
sehr
dunkel,
so
dass
ich
hinaus
wollte.
Durch
eine
Geheimtür
sah
ich
durch
Mamas
Nabel
aus
ihrem
Bauch
hinaus.
Durch
meine
Geheimtür
sah
ich
immer,
wohin
Mama
ging.
Immer
wenn
ich
hinaussah,
kam
sie
in
eine
neue
Stadt.
So
sah
ich
die
ganze
Welt.
Das
ist
der
Ort,
an
dem
ich
geboren
bin.«
Mit
seinem
Brief
schickte
mir
ihr
Vater
auch
einige
Reproduktionen
von
Marias
frühen
Werken:
Fünf
Bilder,
die
sie
im
Alter
zwischen
zwei
und
drei
Jahren
gemalt
hatte.
Sie
waren
in
Japan
gedruckt
worden,
vermutlich
von
einem
Museum
anlässlich
einer
Ausstellung
von
Kin-
derkunst.
Das
ist
nur
meine
Vermutung,
denn
sie
sehen
wie
jene
Postkarten
von
Kunstwerken
aus,
die
man
in
Museen
kaufen
kann.
Die
Bilder
selbst
sind
überwältigend.
Drei
davon
würden
Ihnen
augen-
blicklich
den
Atem
rauben,
wenn
Sie
diese
in
einer
Ausstellung
für
»Erwachsenenkunst«
sähen.
Die
Farben,
die
Formen,
die
Komposi-
175
tion,
das
Design
und
die
den
Bildern
zugrundeliegenden
Gedanken
sind
außergewöhnlich.
Ich
glaube
gerne,
dass
Maria
ein
besonders
begabtes
Kind
ist.
Aber
ähnliches
fühlte
ich
auch,
als
ich
zum
ersten
Mal
in
Japan
vier-
bis
sechsjährige
Schüler
des
Suzuki-Instituts
hörte,
die
schwierige
Stücke
von
Bach,
Vivaldi
usw.
spielten,
und
dies
fehlerfrei
und
im
richtigen
Rhythmus.
Vielleicht
würden
auch
andere
Kinder
Werke
von
ähnlicher
Schönheit
und
Kraft
hervorbringen,
würde
man
ihre
Talente
ernst
nehmen
und
ihnen
den
erforderlichen
Raum
gewähren.
176
8
Lernen,
ohne
unterrichtet
zu
werden
Vieles
von
dem
Material
dieses
Kapitels
hätte
ich
auch
im
Kapitel
5
»In
der
Welt
lernen«
unterbringen
können.
Aber
ich
stelle
es
hier
vor,
weil
ich
das
Augenmerk
auf
einen
anderen
Aspekt
lenken
will.
In
Kapi-
tel
5
sprach
ich
über
außerschulisches
Lernen
von
Kindern,
hier
spre-
che
ich
davon,
dass
sie
lernen,
ohne
unterrichtet
zu
werden
-
lernen
durch
eigenes
Tun,
indem
sie
Fragen
stellen,
den
Dingen
auf
den
Grund
gehen
und
dabei
oft
Lehreinheiten
ablehnen,
die
ihnen
wohl-
meinende
Erwachsene
aufdrängen
wollen.
Ein
Brief
von
Judy
Mc-
Cahill
aus
England
beschreibt
diese
Art
von
Lernen
ausgezeichnet:
Am
schwierigsten
ist
es,
wenn
ich
jemandem
erklären
soll,
wie
ich
meine
Kinder
unterrichte.
Die
Probleme
entstehen
schon
beim
Grundkonzept.
Denn
die
meisten
Menschen
können
nicht
begreifen,
dass
sich
die
Kin-
der
tatsächlich
selbst
unterrichten.
Sowohl
vom
Zeitaufwand
her
als
auch
aufgrund
meiner
persönlichen
Einstellung
nach
dem
Motto
»leben
und
leben
lassen«
ist
es
mir
schlichtweg
unmöglich,
ihnen
wie
auch
immer
geartete
formelle
Lektionen
zu
erteilen.
Vor
kurzem
habe
ich
mir
vorge-
nommen,
mir
selbst
in
systematischen
Lektionen
die
Grundlagen
der
Naturwissenschaft
beizubringen,
um
die
Kinder
besser
unterrichten
zu
können.
Aber
nach
drei
Tagen
hörte
ich
damit
auf,
weil
mir
immer
etwas
anderes
wichtiger
erschien,
als
zu
studieren.
Deshalb
fahre
ich
mit
meiner
bisherigen
Art
fort
und
beantworte
Fragen,
so
gut
ich
kann.
Damit
helfe
ich
den
Kids,
Informationen
aufzuspüren,
wenn
sie
dies
wollen.
Für
mich
ist
es
jedoch
immer
wieder
interessant
zu
sehen,
wie
schnell
sich
die
Kinder
in
meine
echten
Leidenschaften
einklinken
und
zu
ler-
nen
beginnen,
ohne
dass
irgendjemand
dies
beabsichtigt.
Letzten
Som-
mer
besuchte
ich
die
Tate
Gallery
(ein
großes
Kunstmuseum
in
London)
mit
einem
Mädchen,
das
eben
einen
einjährigen
Kunstkurs
abgeschlos-
177
sen
hatte.
Sie
steckte
mich
mit
ihrer
Begeisterung
an,
so
dass
ich
mir
noch
am
selben
Tag
eine
mit
einer
Diashow
ergänzte
Lesung
anhörte
und
ungläubig
das
(kostenfreie!)
Angebot
an
Veranstaltungen
der
Tate
Gallery
studierte:
Lesungen
jeder
Art,
Filme,
Sonderausstellungen
und
Führungen.
Auch
wenn
ich
seitdem
nur
einmal
wieder
in
der
Tate
Gallery
war,
habe
ich
eine
Reihe
von
Büchern
mitgebracht
und
alle
Veranstaltungen
ange-
kreuzt,
die
ich
besuchen
würde,
wenn
ich
könnte.
Als
letzten
Monat
unsere
18-jährige
Nichte
zu
Besuch
kam,
besuchte
sie
gemeinsam
mit
Colleen
drei
oder
vier
Mal
die
Tate
Gallery.
Colleen
hatte
sich
sogar
einen
Kunst-
band
aus
der
Bibliothek
ausgeliehen
(obwohl
sie
sich
noch
nie
zuvor
für
Kunst
interessiert
hatte).
Und
auch
die
Jungen
blättern
öfter
in
den
Büchern
und
betrachten
die
einzelnen
Gemälde.
Wir
führen
viele
Gespräche,
die
sich
aus
dem
ergeben,
was
die
Mädchen
in
der
Tate
Gal-
lery
gesehen
haben;
Colleen
macht
sich
für
mich
Aufzeichnungen
während
der
Lesungen.
Auf
diese
Weise
ist
vollkommen
zufällig
etwas
Neues
in
unser
Leben
getreten.
KEINE
KLUGEN
RATSCHLÄGE!
Wie
viele
von
Ihnen
vermutlich
wissen,
besteht
die
ursprüngliche
Suzuki-Methode
für
den
Geigenunterricht
darin,
dass
die
Eltern
für
ihr
Kind
Geige
spielen,
solange
es
noch
ein
Baby
ist,
und
ihm
zusätzlich
Aufnahmen
von
einfachen
Geigenstücken
vorspielen,
die
es
im
Alter
von
drei
Jahren
selbst
spielen
wird.
Mit
Kathy
Johnson
habe
ich
mich
oft
(brieflich)
über
die
Suzuki-Methode
ausgetauscht.
Vor
kurzem
schrieb
sie:
Sie
haben
mich
letzten
Dezember
gefragt,
wie
meine
heimische
Version
des
Suzuki-Geigenunterrichts
für
meine
zweijährige
Tochter
funktioniert.
Damals
hatte
ich
noch
nicht
die
1/16-Geige
gekauft,
musste
sie
aber
zu
meinem
eigenen
Schutz
für
sie
besorgen,
um
ihre
Wutanfällen
zu
verhin-
dern,
die
sie
regelmäßig
bekam,
wenn
mein
Vater
und
ich
spielten
und
sie
keine
Geige
hatte.
Ihre
mittlerweile
ausgeprägte
»Nein«-Phase
ist
der
lebende
Beweis
dafür,
warum
man
kleine
Suzuki-Geiger
erst
ab
drei
Jah-
ren
in
Kursen
unterrichtet.
Aber
ich
glaube,
dass
man
in
diesem
frühen
Alter
mehr
tun
kann,
als
nur
eine
Aufnahme
abzuspielen.
Ohne
große
Ankündigung
sagte
ich
ihr
eines
Tages,
als
sie
eben
in
einen
Wutanfall
ausbrechen
wollte,
dass
sie
178
doch
auf
ihrer
eigenen
Geige
spielen
solle
-
der
kleinen
dort
drüben
in
der
Ecke.
Sie
sah
mich
mit
einem
Ausdruck
an,
der
deutlich
sagte:
»Aber
ja,
natürlich!«
Und
noch
bevor
das
Duett
zu
Ende
war,
hatte
sie
herausge-
funden,
wie
man
den
Kasten
öffnete,
die
Geige
herausnahm
und
sägte
auch
schon
mit
dem
umgekehrten
Bogen
mehrmals
über
die
Saiten.
Sie
war
begeistert.
Wenn
wir
während
der
letzten
vier
Monate
einen
gröberen
Fehler
ihrer-
seits
bemerkten,
griffen
entweder
mein
Vater
oder
ich
kurz
zu
ihr
hinunter
und
zeigten
ihr,
wie
man
es
besser
macht,
während
wir
ungehindert
wei-
terspielten.
Selbstverständlich
musste
sie
einige
Regeln
befolgen:
sie
durfte
ihr
Instrument
nicht
im
Haus
herumtragen,
vor
allem
nicht
auf
Böden
ohne
Teppich;
sie
durfte
nicht
am
Haar
des
Bogens
hantieren
(weil
er
sonst
keinen
Klang
auf
den
Saiten
erzeugen
würde)
usw.
Wir
waren
erstaunt,
wie
schnell
sie
lernte,
ihr
Instrument
mit
Respekt
zu
behandeln.
Sie
pflegt
ihren
Bogen
sogar
mit
Geigenharz!
Auch
wenn
sie
noch
nicht
die
Technik
heraus
hat,
immer
nur
eine
Saite
zu
spielen,
liegt
ihre
Hand
schon
sehr
gut
in
Position
und
sie
entwickelt
wundervolle
lange,
volle
Bogenstriche.
Als
uns
Verwandte
von
außerhalb
besuchten,
waren
wir
sehr
erstaunt,
dass
unsere
scheue
kleine
Tochter
ihre
Geige
holte,
um
in
einem
Raum
voller
Erwachsenen
auf
den
Saiten
zu
quietschen.
Wir
waren
sehr
stolz
-
aber
lange
nicht
so
stolz
wie
sie
selbst!
Mein
Vater
und
ich
erkannten
rasch,
dass
es
wichtig
war,
den
Moment
zu
erkennen,
in
dem
sie
Hilfe
brauchte,
und
kurz
einzugreifen,
um
sie
dann
wieder
ihren
eigenen
Expe-
rimenten
zu
überlassen.
Selbstverständlich
loben
wir
sie
auch,
aber
nur
in
dem
Ausmaß,
in
dem
mein
Vater
und
ich
uns
auch
gegenseitig
loben.
Wir
spielen
zum
Vergnügen,
und
ich
glaube,
sie
auch!
»Lehrstunden«
wären
nichts
für
sie.
Schon
bei
einer
Hilfeleistung,
die
auch
nur
ein
paar
Sekunden
zu
lang
dauert
oder
im
falschen
Tonfall
erfolgt,
protestiert
sie
mit
lautem
»Nein,
nein«
und
räumt
sofort
wütend
ihre
Geige
weg.
In
diesem
Alter
gibt
es
eine
feine
Trennlinie
zwischen
Freude
und
Tränen.
Wenn
und
sobald
sie
will,
werden
wir
eine
Expertin
hören.
Eine
Mutter
schreibt
über
ein
anderes
Kind,
das
sich
dem
formalen
Unterricht
widersetzt:
Meine
Tochter
(3)
sitzt
in
der
Küche
und
bringt
sich
selbst
das
Addieren
und
Subtrahieren
mit
Hilfe
des
Little
Professor
Calculator
bei
-
einer
Maschine,
die
ich
nicht
wirklich
gutheiße
-,
und
jedes
Mal,
wenn
ich
ihr
179
einen
kleinen
Hinweis
gebe,
wird
sie
wütend.
Aber
wenn
ich
sie
in
Ruhe
lasse
und
nur
aus
dem
Augenwinkel
beobachte,
sehe
ich,
wie
sie
Rech-
nungen
lost
wie
etwa
3
+
5
=
8!
Als
ich
vor
Jahren
an
einer
Versammlung
katholischer
Erzieher
teil-
nahm,
hörte
ich
den
Vortrag
eines
weisen,
lustigen
alten
Mannes,
der
sein
Leben
lang
unterrichtet
hatte.
Ein
Ausspruch
brachte
uns
alle
zum
Lachen
und
ist
mir
seitdem
in
Erinnerung
geblieben:
»Einem
Weisen
kluge
Ratschläge
zu
geben
ist
ärgerlichk
Ja,
das
ist
es,
vor
allem,
weil
es
beleidigend
ist
und
kleine
Kinder
diesen
Ausdruck
von
(oftmals
liebevollem,
beschützenden)
Misstrauen
oder
Missachtung
auch
dann
wahrnehmen,
wenn
wir
nicht
einmal
wissen,
dass
wir
die-
ses
Signal
aussenden.
Vor
einigen
Jahren
las
ich
einem
kleinen
Kind
von
drei
oder
vier
Jahren,
das
noch
nicht
selbst
lesen
konnte,
etwas
vor.
Während
ich
las,
kam
mir
der
geniale
Einfall,
mit
dem
Finger
den
Worten
zu
folgen,
die
ich
las,
um
die
Verbindung
zwischen
den
geschriebenen
und
den
gesprochenen
Worten
zu
verdeutlichen.
Es
war
eine
Chance,
dem
Ganzen
auf
subtile
Art
etwas
Lehrreiches
zu
geben.
Ohne
ein
Wort
darüber
zu
verlieren,
begann
ich
damit
so
unbefangen
wie
möglich.
Innerhalb
kürzester
Zeit
bemerkte
das
Kind,
dass
das,
was
so
nett
und
freundlich
als
Vorlesen
einer
Geschichte
begonnen
hatte,
sich
in
etwas
anderes
verwandelt
hatte,
und
dass
sein
Projekt
auf
magische
Weise
zu
meinem
Projekt
geworden
war.
Nach
einer
Weile
nahm
das
Mädchen
wortlos
meine
Hand
und
schob
sie
sanft
von
der
Buchseite
auf
meinen
Schenkel,
wo
sie
hingehörte.
Ich
gab
es
auf
Zu
»unterrichten«
und
fuhr
mit
dem
Vorlesen
der
Geschichte
fort,
worum
mich
das
Mädchen
ursprünglich
gebeten
hatte.
Ein
Vater
schreibt:
Für
ein
neugieriges
Kind
ist
es
unmöglich,
sich
in
die
Welt
der
Dinosaurier
zu
vertiefen,
ohne
zu
fragen
-
und
dabei
zu
lernen
-
wie
groß
sie
waren
(Maßeinheiten),
wie
viele
Tiere
in
einem
bestimmten
Gebiet
lebten
(Arith-
metik),
wo
sie
lebten
(Geografie)
und
was
mit
ihnen
geschah
(Geschichte).
Nachdem
das
väterliche
Wissen
über
Dinosaurier
sehr
bald
erschöpft
war,
musste
eine
ganze
Menge
nachgelesen
werden.
Kurz
gesagt,
es
ist
einfach
unmöglich,
viel
über
Dinosaurier
oder
ein
anderes
Thema
zu
lernen,
ohne
dabei
anderes
Wissen
und
andere
Fähigkeiten
anzuwenden,
die
zu
den
intellektuellen
Grundvoraussetzungen
zählen.
Immerhin
bezeichnen
wir
sie
deshalb
als
Grundlagen,
weil
sie
grundlegend
sind.
Und
es
ist
ebenso
180
unnötig
sich
zu
sorgen,
dass
ein
Kind
etwas
über
ein
bestimmtes
Thema
lernt,
ohne
diese
Grundlagen
zu
erlernen
und
anzuwenden.
Man
sorgt
sich
ja
auch
nicht,
es
könne
ein
Haus
bauen
und
mit
dem
Dach
beginnen.
Selbstverständlich
kostet
es
einige
Mühe,
sich
an
die
Interessen
der
Kids
anzupassen.
Jeden
Morgen
wachen
sie
neugierig
auf.
Aber
leider
interessieren
sie
sich
nur
selten
für
die
Themen,
die
wir
vorbereitet
haben
oder
auf
die
wir
ihr
Interesse
gerne
lenken
würden.
Das
ist
der
Augenblick,
in
dem
die
Versuchung
groß
ist
und
wir
ihr
widerstehen
müssen.
Es
ist
reine
Zeitverschwendung
und
wird
rasch
zu
intellektueller
Schikane,
wenn
wir
versuchen,
ein
Kind
auf
jene
Themen
zu
lenken,
die
es
unserer
Mei-
nung
nach
lernen
sollte.
Gibt
man
jedoch
den
Interessen
der
Kinder
nach,
kann
es
gut
sein,
dass
man
sich
sechs
volle
Tage
mit
der
Erforschung
des
Weltalls
beschäftigt,
wie
dies
vor
kurzem
in
unserer
Familie
der
Fall
war.
Wenn
wir
geduldig
abwarten
und
beobachten,
kommt
die
Zeit,
wo
das
Kind
nahezu
mühelos
(aber
umso
nachhaltiger)
Raketenschubkraft
addiert,
Treibstoffladungen
multipliziert,
aus
Kreisen
Ellipsen
macht
usw.,
weil
es
selbst
erkennt,
dass
es
dies
alles
lernen
muss,
um
mehr
über
sein
momen-
tanes
Interessengebiet
zu
erfahren.
Schweigen
Sie,
wenn
Sie
nicht
gebraucht
werden,
und
seien
Sie
bereit
zu
helfen,
wenn
Sie
gebraucht
wer-
den.
Das
Kind
wird
lernen.
Einer
der
Gründe,
warum
es
so
vielen
Erwachsenen
schwer
fällt
-
und
ich
muss
gestehen,
dass
ich
selbst
auch
dazugehöre
-,
ihren
Kindern
nicht
Zu
»helfen«,
liegt
wohl
darin,
dass
es
unser
Ego
verletzt,
wenn
wir
sehen,
wie
gut
sie
auch
ohne
uns
zurecht
kommen!
Wie
kann
mein
dummes
Kind
so
viel
lernen,
ohne
dass
ich
kluger
Kerl
es
unterrichte?
In
Wirklichkeit
ver-
suchen
wir,
uns
in
den
Stolz
des
Kindes
über
seine
eigene
Leistung
ein-
zumischen,
was
uns
auch
allzu
oft
-
und
vor
allem
in
den
Schulen
-
gelingt.
Das
Ergebnis
ist
für
die
Opfer
sowohl
psychologisch
als
auch
intel-
lektuell
eine
Katastrophe.
Ein
anderer
Vater
schreibt:
Ich
habe
Ihre
Bücher
gelesen
und
mit
deren
und
Bobs
(4)
Hilfe
herausge-
funden,
dass
die
für
mich
beste
Lehrmethode
das
Beispielsein
und
das
eigene
Tun
ist.
(Wenn
wir
versuchen,
Bob
etwas
beizubringen,
was
er
nicht
lernen
will,
sagt
er
immer:
»Ich
will
das
nicht
wissen«.)
Linda
und
ich
sind
von
seiner
Fähigkeit
beeindruckt,
Dinge
schnell
zu
erfassen.
Am
meisten
beeindruckt
mich
jedoch
seine
Fähigkeit,
einfach
nur
still
zu
sitzen
und
nachzudenken.
Ich
wusste
nicht,
dass
kleine
Kinder
das
tun,
bis
Bob
es
mir
zeigte.
Er
wiederholt
von
sich
aus
die
Dinge
immer
wieder,
bis
er
sie
181
kann.
Wenn
wir
ihn
um
9
Uhr
abends
zu
Bett
bringen,
hören
wir
ihn
oft
noch
bis
11
Uhr
nachts
mit
sich
selbst
über
Dinge
sprechen,
die
er
begrei-
fen
will.
Auf
diese
Weise
lernte
er
auch
das
Alphabet
und
bis
129
zu
zählen.
Ich
habe
versucht,
Bob
und
David
zu
gestatten,
das
zu
lernen,
was
sie
selbst
wollen,
und
zwar
in
dem
von
ihnen
vorgegebenen
Tempo.
Aber
mit-
unter
ist
es
schwierig,
nicht
doch
zu
unterrichten.
An
eine
Geschichte
erin-
nere
ich
mich
besonders
gerne.
Als
Bob
die
Zahlen
kennenlernte,
fragte
er
mich,
was
nach
113
käme.
Statt
seine
Frage
zu
beantworten,
fragte
ich
ihn,
was
nach
13
käme.
Er
wurde
wütend,
denn
das
wollte
er
nicht
wissen.
Ich
blieb
jedoch
beharrlich,
und
er
sagte
schließlich
entrüstet:
»14
kommt
nach
13,
aber
was
kommt
nach
113?«
Ich
sagte
augenblicklich:
»114.«
Erst
war
er
empört,
weil
ich
seine
Frage
nicht
beim
ersten
Mal
beantwor-
tet
hatte,
doch
dann
begriff
er,
was
ich
eben
getan
hatte.
Er
grinste
und
barg
sein
Gesicht
in
den
Händen.
Wir
spielen
einander
gerne
Streiche,
und
ich
hatte
ihn
soeben
ausgetrickst.
Einmal
war
ich
im
Sommer
bei
einer
achtjährigen
Freundin
und
ihrer
Mutter
eingeladen,
die
in
einer
schmalen
Gasse
wohnten.
Weil
selten
ein
Auto
vorüber
kam,
konnten
die
Kinder
dort
sicher
spielen.
An
einer
Stelle
stehen
zu
beiden
Seiten
hohe
Zäune,
wodurch
sich
die-
ser
Platz
gut
für
Ballspiele
im
kleinen
Rahmen
eignete.
Meine
junge
Freundin
und
ihre
Freunde
spielten
dort
oft
ihre
Version
von
Base-
ball.
Als
Schläger
verwendeten
sie
einen
dünnen
Stock
von
etwa
einem
Meter
Länge
und
einen
kleinen
Ball.
Die
Regeln
sind
gut
an
die
räumlichen
Gegebenheiten
angepasst;
mit
diesem
Schläger
kann
niemand
den
Ball
über
die
Zäune
schleudern.
Am
Tag
meiner
Ankunft
fragte
sie
mich,
ob
ich
nach
dem
Abend-
essen
mit
ihr
noch
ein
paar
Bälle
schlagen
wolle.
Ich
stimmte
gerne
Zu,
und
so
verbrachten
wir
eine
dreiviertel
Stunde
in
der
Gasse.
Am
nächsten
Morgen
fragte
sie
nach
dem
Frühstück
erneut,
und
wir
ver-
brachten
eine
weitere
Stunde
in
der
Gasse.
Manchmal
warf
sie
mir
den
Ball
sehr
sanft
zu,
und
ich
stellte
erstaunt
fest,
wie
schwer
es
war,
den
nachgiebigen
Ball
mit
dem
dünnen
Schläger
zu
bewegen.
Dass
ich
bei
diesem
Training
etwas
getan
hatte,
über
das
ich
mich
sehr
freute
und
das
ich
vor
fünf
Jahren
weder
versucht
noch
gekonnt
hätte,
war
das
Wichtigste
an
dieser
Geschichte.
Während
einer
Spielzeit
von
fast
zwei
Stunden
habe
ich
nicht
ein
einziges
Mal
einen
Ratschlag
oder
eine
Anweisung
erteilt.
Als
sie
mit
einer
Hand
182
schlug
(was
ihr
besser
gelang,
als
ich
erwartet
hatte),
lagen
mir
die
Worte
schon
auf
der
Zunge,
und
auch
ein
anderes
Mal,
als
sie
mit
gekreuzten
Händen
schlug
(was
sie
von
selbst
aufgab),
unauf-
merksam
wurde
und
den
Ball
nicht
mehr
beobachtete
usw.
Aber
ich
biss
mir
immer
wieder
auf
die
Zunge
und
sagte
mir:
»Sie
hat
dich
nicht
gebeten,
mit
ihr
zu
trainieren,
sondern
mit
ihr
ein
paar
Bälle
Zu
schlagen.
Also
Klappe
halten
und
schlagen.«
Und
genau
das
tat
ich.
Ich
lobte
sie
aber
auch
nicht.
Manchmal
-
im
Grunde
ziemlich
oft,
um
ehrlich
zu
sein
-
wenn
sie
einen
Line
Drive
schlug,
rief
ich
überrascht
oder
erschrocken
auf,
wenn
er
direkt
auf
mich
zukam.
Ansonsten
spielten
wir
schweigend
unter
der
kalifornischen
Sonne.
Ich
erinnere
mich
daran
mit
großem
Vergnügen,
besonders
an
die
Schweigsamkeit
beim
Spiel.
Ich
hoffe,
dass
ich
beim
nächsten
Mal
ebenso
gut
schweigen
kann.
Eine
Mutter
aus
Ontario
beschreibt
einen
außergewöhnlichen
Tag,
an
dem
sie
gemeinsam
mit
einer
anderen
Mutter
den
Kindern
die
Leitung
des
Spiels
überließ:
Letzten
Herbst
trafen
wir
uns
zwei
Mal
pro
Woche
als
Schulgruppe
(deren
Kinder
an
den
meisten
Tagen
zu
Hause
lernten).
Es
waren
überwiegend
Mädchen
im
Alter
zwischen
2
und
4
Jahren,
ein
Mädchen
war
5
und
ein
Junge
6
Jahre
alt.
Insgesamt
waren
es
etwa
12
Kinder.
Eine
sehr
ange-
nehme
Gruppe.
An
einen
Tag
aus
dieser
Zeit
erinnere
ich
mich
besonders
gut.
Zunächst
malten
wir,
dann
arbeiteten
wir
mit
Ton
und
schließlich
spielten
wir
auf
dem
Rasen
vor
dem
Haus.
Zur
Mittagszeit
beschlossen
wir,
in
einem
kleinen
Kiefernwald
ein
Picknick
zu
machen.
Die
jungen
Kiefern
sind
etwa
zwölf
Jahre
alt
und
bieten
kleinen
Kindern
durch
ihre
ange-
nehme
Höhe
eine
herrliche
Möglichkeit
zum
Klettern
und
Erschaffen
von
Fantasiewelten.
Während
wir
aßen,
bemerkte
ich
winzige
grüne
Pflanzen,
die
inmit-
ten
der
braunen,
roten
und
orangefarbenen
herbstlichen
Blätter
auf
dem
Boden
wuchsen.
Nachdem
ich
sie
eingehender
betrachtet
hatte,
schlug
ich
auch
den
Kindern
vor,
näher
zu
kommen,
um
mit
mir
die
verschie-
denen
Pflänzchen,
die
rund
um
uns
wuchsen,
zu
untersuchen.
Wir
ent-
deckten
meine
liebsten
Frühlingspflanzen
-
Sauerklee
und
Garten-
kresse
-
und
auch
etwas
Klee
sowie
mehrere
uns
unbekannte
Pflan-
zen.
Wir
kauten
an
den
Grünpflanzen
und
waren
sehr
zufrieden
mit
unse-
rer
Entdeckung.
183
Bald
schon
begannen
die
Kinder
»Brüllende
Löwen
im
Wald«
zu
spielen.
Ein
herrliches
Spiel!
Eine
andere
Mutter
und
ich
setzten
uns,
um
uns
ein
wenig
auszuruhen.
Ein
Mädchen
(3)
blieb
bei
uns
und
betrachtete
wei-
terhin
die
Pflanzen.
Es
war
ein
stilles
Kind,
das
sich
oft
lange
Zeit
allein
beschäftigte,
während
die
anderen
rasch
Kontakt
schlossen
und
mit-
einander
spielten
und
sprachen.
Mitunter
fragte
ich
mich,
ob
ich
dem
Mädchen
helfen
sollte,
die
anderen
kennenzulernen,
und
ob
sie
sich
in
ihrem
Alleinsein
einsam
und
ängstlich
fühlte.
Nachdem
ich
sie
jedoch
mehrmals
beobachtet
hatte,
gewann
ich
den
Eindruck,
dass
sie
mit
sich
allein
ganz
glücklich
war.
Auch
wenn
sie
in
der
Schule
fast
nie
sprach,
wusste
ich,
dass
sie
sprechen
konnte,
denn
ich
hatte
sie
gehört,
wie
sie
mit
ihrer
älteren
Schwester
plauderte.
Deshalb
freute
es
mich
umso
mehr,
als
sie
begann,
mit
mir
über
die
Pflanzen
zu
sprechen.
Wir
betrach-
teten
die
vielen
kleinen
Pflanzen
geruhsam,
und
sie
zog
auch
einige
aus
der
Erde,
um
sich
die
Wurzeln
anzusehen.
Dann
begutachtete
sie
die
verschiedenen
Schichten
abgestorbener
Blätter
-
die
neuesten,
die
eine
kräftige
Farbe
hatten
und
noch
knisterten,
schob
sie
mit
ihren
kleinen
Fingern
zur
Seite;
darunter
lagen
die
in
weicheren
Brauntönen,
und
zuun-
terst
die
matten,
schwarzen
Blätter.
Dann
kam
die
Erde.
Während
wir
die
Magie
der
Pflanzen
und
der
Erde
untersuchten,
sprachen
wir
unablässig
miteinander.
Zuletzt
schlossen
wir
uns
den
anderen
an,
die
uns
durch
den
Kiefern-
wald
an
den
Rand
eines
Sumpfes
führten.
Hier
gab
es
Zedern,
schwarzen
Schlamm
und
Wasser.
Kaum
zog
eines
der
Kinder
Schuhe
und
Socken
aus,
folgten
alle
anderen
diesem
Beispiel
innerhalb
kürzester
Zeit.
Sie
stapften
planschend
umher
und
sangen
fröhlich.
Dann
stolperte
eines
der
Kinder
und
machte
sich
die
Hose
schlammig.
(Ich
dachte:
»Was
werden
seine
Eltern
denken?«)
Aber
es
machte
offensichtlich
viel
zu
viel
Spaß,
um
sie
jetzt
noch
zu
stoppen.
Schon
bald
hatten
sich
alle
ausgezogen
und
wei-
ter
ging
es
mit
dem
fröhlichen
Tanz.
Das
zuvor
beschriebene
Mädchen
schloss
sich
den
anderen
strahlend
an.
Nur
ein
Kind
hielt
Abstand
zu
all
dem
Schlamm
und
Wasser.
Offenbar
störte
es
den
Jungen
nicht,
dass
die
anderen
im
Schlamm
tanzten,
er
selbst
hatte
nur
nicht
viel
dafür
übrig.
Der
Sumpf
wurde
weiter
erkundet
bis
es
Zeit
wurde,
sich
abzutrocknen,
anzuziehen
und
nach
Hause
zu
gehen.
Ich
dachte
über
den
Tag
nach
und
fragte
mich,
wie
die
meisten
der
Eltern
wohl
reagiert
hätten.
Einige
hätten
das
nackte
Spiel
im
Wasser
ver-
mutlich
erlaubt
-
andere
möglicherweise
nicht.
Einige
hätten
vielleicht
den
Eindruck
gehabt,
dass
an
diesem
Tag
nicht
viel
passiert
war,
weil
wir
die
184
meiste
Zeit
für
einen
langen
Spaziergang
aufgewendet
hatten.
Auf
jeden
Fall
freute
ich
mich,
dass
die
andere
Mutter
ebenso
bereit
war
wie
ich,
den
kleinen
Menschen
in
ihr
Abenteuer
zu
folgen.
Ach,
wie
ich
diesen
Tag
liebte!
ERFAHRUNGEN
MACHEN
...
Ein
Dreijähriger
ist
in
ein
neues
Haus
gezogen
und
hat
im
Sonnenschein
auf
dem
neuen
Dach
gespielt.
Zum
Abendessen
geht
er
hinunter,
und
als
er
wieder
auf
das
Dach
zurückkehrt,
tritt
er
in
eine
veränderte,
dunkle
Welt.
Mit
verwundertem
Blick
sagt
er:
»Der
große
Schatten
ist
überall.«
Eine
andere
Dreijährige
sieht,
wie
eine
dünne
Wolke
über
den
Mond
zieht.
Während
sie
die
Wolke
aufmerksam
beobachtet,
sagt
sie
zu
sich
selbst:
»Wie
Eis.«
Diese
Betrachtungsweise
von
Kindern,
die
ich
aus
der
Zeitschrift
Out-
look
aus
Colorado
zitiere,
gibt
auch
Hanna
Kirchner
wieder,
die
in
Polen
Uber
das
Werk
des
Arztes
Janusz
Korczak
schreibt:
Er
betonte
immer,
dass
Kinder
das
Geheimnis
des
Lebens
zu
entratseln
versuchen,
indem
sie
die
Alltagsausdrucke
aus
der
undurchsichtigen
Spra-
che
der
Erwachsenen
erlernen.
Aus
dem
bruchstuckhaften
und
unvoll-
standigen
Wissen
der
Kinder
uber
die
Welt,
das
durch
die
Fantasie
zusam-
mengeschweifdt
wird,
entsteht
ein
besonderes
»magisches
Bewusstsein,
wie
man
im
20.
Jahrhundert
feststellte,
das
sowohl
bei
Kindern
als
auch
primitiven
Völkern
existiert
und
das
mit
den
Urspringen
der
Poesie
in
Ver-
bindung
gebracht
werden
kann.
Sie
fuhrt
dann
dieses
wundervolle
Zitat
aus
Korczaks
Buch
Wie
liebt
man
ein
Kind
an:
[Ein
Kind
sagt:]
»Es
heißt,
dass
es
nur
einen
Mond
gibt,
und
doch
kann
man
ihn
uberall
sehen.«
»HOr
zu,
ich
stelle
mich
hinter
den
Zaun
und
du
bleibst
im
Garten.«
Sie
verschließen
das
Tor.
»Ist
jetzt
ein
Mond
im
Garten?«
»Ja.«
»Hier
auch.«
Sie
tauschen
Plätze
und
überprüfen
es
nochmals.
Jetzt
sind
sie
sicher,
dass
es
zwei
Monde
geben
muss.
185
Und
doch
stellen
sie
früher
oder
später
von
selbst
fest,
dass
es
nur
einen
Mond
gibt.
Theo
Giesy
erzählt
diese
nette
Geschichte:
Als
Danile
6
oder
7
Jahre
alt
war,
lag
sie
in
meinem
Bett
und
dachte
über
Geld
nach.
Sie
fragte
sich,
wie
man
einen
Dollar
auf
drei
Kinder
aufteilen
könne.
Nachdem
sie
eine
Weile
darüber
nachgedacht
hatte,
sagte
sie:
»Man
könnte
ihn
in
Zehn-Cent-Münzen
teilen
und
jedem
drei
geben.
Dann
bleibt
ein
Zehn-Cent-Stück
übrig.
Das
könnte
man
in
Pennys
zerteilen
und
jedem
drei
geben,
und
den
Extrapenny
bekomme
ich.«
Das
hat
sie
sich
ganz
allein
ausgedacht,
ohne
Bemerkungen
oder
Belehrungen
meinerseits.
Als
ich
das
erste
Mal
eine
fünfte
Schulstufe
unterrichtete,
stellte
ich
den
Kindern
Fragen
wie
diese:
»Wenn
du
drei
Schokoriegel
hast
und
sie
gleichmäßig
auf
fünf
Personen
aufteilen
willst,
was
würdest
du
tun?«
-
und
zwar
bevor
ich
ihnen
etwas
über
Bruchrechnungen
erzählte
oder
den
Begriff
auch
nur
erwähnte.
Die
meisten
der
Kin-
der
fanden
eine
oder
mehrere
Methoden
für
diese
Aufgabe.
Aber
nachdem
sie
Bruchrechnen
erlernt
hatten
und
daran
dachten,
dass
sie
diese
Aufgabe
durch
Brüche
lösen
mussten,
gelang
es
den
mei-
sten
nicht
mehr.
Statt
mit
ihrem
gesunden
Menschenverstand
und
ihrer
eigenen
Erfindungsgabe
ein
reales
Problem
zu
lösen,
hatten
sie
nun
Regeln
zu
befolgen,
mit
denen
sie
sich
kaum
auskannten
und
an
deren
Anwendung
sie
sich
nicht
erinnern
konnten.
Da
so
viele
Menschen
unter
Lernen
das
verstehen,
was
in
der
Schule
geschieht
oder
geschehen
sollte,
verwende
ich
lieber
andere
Worte,
um
das
zu
beschreiben,
was
wir
Menschen
natürlicherweise
in
unserem
Leben
tun.
Herausfinden
erscheint
mir
ein
besser
pas-
sendes
Wort
zu
sein.
Hier
spricht
ein
Leser
über
diesen
fortdauern-
den
Prozess:
Ich
bin
beinahe
eine
Karikatur
des
erblich
bedingten
Unbelehrbaren.
Viel-
leicht
habe
ich
diese
Eigenschaft
angenommen,
indem
ich
meinen
Vater
imitierte,
denn
wie
ich
bemerkt
habe,
hat
er
diesen
Zug
bis
heute
nicht
abgelegt.
Er
lernt
sehr
schnell,
widersetzt
sich
aber
jedem
Versuch,
unter-
richtet
zu
werden.
Wie
weit
diese
Unbelehrbarkeit
mein
Leben
durchdrang,
erkannte
ich
vor
Jahren,
als
ich
bemerkte,
an
wie
wenige
Ereignisse
aus
meiner
Kind-
heit
ich
mich
genau
erinnern
kann.
Das
Extrembeispiel
war
meine
Art,
Klavier
spielen
zu
lernen.
Wie
man
mir
erzählte,
begann
ich
mit
etwa
vier
Jahren
auf
dem
Familienpiano
herumzuhämmern.
Als
mein
Vater
eines
186
Tages
des
Lärms
überdrüssig
war,
sagte
er:
»Wenn
du
schon
spielst,
warum
spielst
du
dann
nicht
richtiges?«
Ich
hörte
auf,
bis
meine
Eltern
das
Haus
verlassen
hatten,
und
als
sie
am
Nachmittag
wieder
zurückkehrten,
hatte
ich
mir
schon
einige
Melodien
herausgepickt.
Innerhalb
eines
Jahres
spielte
ich
zu
kirchlichen
Anlässen
»Stille
Nacht,
heilige
Nacht«.
Vieles
begann
auf
diese
Weise.
Mit
etwa
vier
Jahren
begann
ich
zu
malen,
indem
ich
den
Pinsel
falsch
hielt.
Man
sagte
mir,
dass
ich
auf
diese
Weise
nie
malen
könnte.
Auch
nachdem
ich
ein
paar
Dutzend
Zeichnungen
und
Malereien
verkauft
hatte,
hielt
ich
den
Pinsel
immer
noch
so.
Ich
mag
keine
andere
Art,
weil
meine
Pinselstriche
unsicher
wer-
den
würden.
Als
ich
mit
ungefähr
zwölf
Jahren
Bücher
schreiben
wollte,
gab
mir
mein
Vater
eine
alte
Schreibmaschine
und
ließ
mich
damit
allein.
Ich
lernte,
mit
nur
einem
Finger
der
rechten
Hand
ziemlich
schnell
zu
schreiben.
Dann
kam
der
Schwimmunterricht,
der
mir
fast
für
alle
Zeiten
das
Schwimmen
verleidete.
Als
ich
einige
Jahre
später
mit
Freunden
schwim-
men
wollte,
sprang
ich
einfach
ins
Wasser
und
schwamm,
als
hätte
ich
nie
etwas
anderes
getan.
Nachdem
man
mir
jahrelang
erzählt
hatte,
dass
ich
kein
Talent
für
Mechanik
hätte,
brachte
ich
mir
an
meinem
ersten
Auto
alles
bei,
was
ein
Automechaniker
wissen
musste.
Innerhalb
von
zwei
Monaten
wurde
ich
ein
guter
Zimmermannsgehilfe,
als
ich
mit
nur
einem
einzigen
Zimmer-
mann
an
meiner
Seite
eineinhalb
Häuser
baute.
Ich
überraschte
alle
(bis
auf
meine
Eltern
-
die
mir
zugehört
hatten),
als
ich
von
meinem
juristi-
schen
Bachelor-Studium
zur
Diplomarbeit
in
Ingenieurswissenschaften
wechselte
und
auf
diese
Weise
mit
dem
alten
Vorurteil
aufräumte,
blasse
Bücherwürmer
könnten
nicht
mit
Zahlen
umgehen.
Wie
habe
ich
die
Schule
überstanden?
Dafür
gab
es
nur
einen
Weg
-
die
Offensive.
Etwa
in
der
fünften
Schulstufe
schenkten
uns
unsere
Eltern
die
Golden
Book
Encyclopedia.
Ich
verschlang
jeden
Band,
sobald
er
aus
dem
Supermarkt
zu
uns
nach
Hause
kam.
Kurz
darauf
wurde
ich
in
der
Schule
einem
Lesetest
unterzogen,
wobei
sich
herausstellte,
dass
ich
meiner
Schulstufe
fünf
Jahre
voraus
war.
Außerdem
habe
ich
durch
die
Golden
Book
Encyclopedia
zwei
wertvolle
Dinge
gelernt:
Zum
einen
wurde
ich
durch
die
Enzyklopädie
mit
vielen
Aspekten
der
Naturwissenschaft,
Geschichte,
Geographie
und
Kunst
so
vertraut,
dass
ich
selbst
für
Prü-
fungen
in
der
zehnten
Schulstufe
auf
diesem
Wissen
»aufbauen«
konnte.
Zum
anderen
zeigte
sie
mir,
wie
die
Welt
funktioniert,
so
dass
ich
heraus-
finden
konnte,
was
ich
noch
nicht
wusste.
187
Ich
erinnere
mich,
auf
welche
Weise
ich
in
der
fünften
Schulstufe
zu
mehr
Freizeit
kam,
um
mich
mit
Flugzeugen
zu
befassen,
für
die
ich
mich
damals
sehr
interessierte.
Der
Lehrer
trug
uns
auf,
pro
Woche
fünf
neue
Wörter
zu
finden,
was
eine
Lektion
in
Vokabeln
sein
sollte
[Anmerkung
des
Autors:
niemand
hat
je
auf
diese
Weise
neue
Wörter
gelernt].
Nun
hatte
ich
das
Problem,
dass
mir
nicht
so
regelmäßig
neue
Wörter
einfielen.
Deshalb
griff
ich
eines
Tages
nach
dem
Wörterbuch
und
suchte
über
zweihundert
Wör-
ter
heraus.
Damit
hatte
ich
in
einem
gelangweilten
Streich
die
Arbeit
eines
Jahres
erledigt.
Dann
verschlang
ich
neue
und
historische
Wörter
für
mein
neues
Buch,
das
ich
über
Flugzeuge
schrieb.
Als
ich
für
den
Abschluss
wieder
auf
die
Schule
zurückkehrte,
tat
ich
dies
mit
dem
Vorsatz,
einige
der
erforderlichen
Kurse
zu
besuchen
und
vorgegebenen
Projekte
durchzuführen,
um
auf
diese
Weise
Freizeit
zu
gewinnen
für
die
Interessen,
von
denen
man
in
der
Schule
nichts
verstand.
Es
funktionierte
so
gut,
dass
ich
tatsächlich
bei
dem
Mann
zu
arbeiten
begann,
den
ich
bei
meinen
Erkundungen
vorab
als
bester
in
seinem
Fach-
bereich
herausgefiltert
hatte.
Mittlerweile
habe
ich
einige
seltsame
Wahrheiten
erkannt.
Bei
den
erstklassigen
Menschen,
aus
denen
unser
Unternehmen
besteht,
zählt
besonders
die
Fahigkeit,
sich
selbst
etwas
beizubringen.
Wie
mein
Arbeit-
geber
es
ausdrückt:
»Auch
wenn
es
so
aussieht,
als
wussten
wir
hier
eine
Menge,
haben
wir
nur
deshalb
Erfolg,
weil
wir
uns
zunachst
unsere
Unwis-
senheit
eingestehen,
um
sie
im
nächsten
Schritt
zu
Uberwinden.«
Dies
verweist
auf
den
grundlegenden
Gedanken,
dass
es
so
etwas
gibt
wie
»die
Notwendigkeit,
etwas
zu
wissen«.
Von
den
Leuten
rundum
hore
ich
oft,
dass
ich
eine
Menge
uber
dies
oder
jenes
»weifd«;
dabei
ist
mein
Wis-
sen
oft
nur
durchschnittlich
oder
sogar
geringer.
Bei
einem
vorgegebenen
Thema
bin
ich
jedoch
imstande
herauszufinden,
was
ich
als
nachstes
wis-
sen
muss.
Aufgrund
meiner
Selbstandigkeit
habe
ich
gelernt,
mir
dieses
Wissen
unmittelbar
anzueignen,
und
zwar
auf
eine
Art
und
Weise,
die
sich
von
einem
Fall
zum
nachsten
kaum
unterscheidet.
Dadurch
habe
ich
Fol-
gendes
begriffen:
Sobald
die
Menschen
erkennen,
dass
Wissen
nur
in
Beziehung
zu
aktuellen
Zielen
wichtig
ist
-
egal
wie
eng
oder
weit
gesteckt
diese
auch
sein
mögen
-
und
nicht
selbst
das
Ziel
ist,
fällt
es
ihnen
leich-
ter,
sich
dieses
Wissen
anzueignen.
Ich
kenne
einige,
die
dieselbe
Erfahrung
gemacht
haben.
Die
Tatsa-
che,
dass
es
solche
Menschen
gibt,
bestarkt
mich
in
der
Ansicht,
dass
es
einen
Markt
fur
Freie
Schulen
gibt,
die
keinen
»Unterricht«
anbieten,
son-
dern
die
notwendigen
Lehrmittel
fur
das
Selbststudium.
188
DAS
KURZE,
GLÜCKLICHE
LEBEN
EINER
LERNMASCHINE
Als
die
Santa
Fee
Community
School
ihren
Betrieb
aufnahm,
lieh
ein
junger
Erfinder
der
Schule
eine
seiner
»Lernmaschinen«,
die
damals
modern
waren
und
die
er
hoffte,
auf
diese
Weise
unters
Volk
zu
brin-
gen.
Es
war
eine
große
Metallbox,
die
auf
einem
Tisch
stand.
Durch
ein
Fenster
an
der
Vorderseite
der
Box
war
eine
gedruckte
Karte
zu
sehen.
Neben
dem
Fenster
befanden
sich
fünf
nummerierte
Knöpfe.
Auf
der
Karte
waren
Fragen
zu
lesen
wie:
»Ein
Apfel
ist:
(1)
eine
Maschine,
(2)
ein
Tier,
(3)
eine
Frucht,
(4)
ein
Fisch,
(5)
ein
Musikinstrument.«
Wurde
die
richtige
Nummer
gedrückt,
leuchtete
ein
grünes
Lämp-
chen
auf,
und
die
nächste
Karte
erschien;
ansonsten
leuchtete
ein
rotes
auf.
Wie
die
meisten
Lernmaschinen
war
auch
diese
nichts
anderes
als
die
ausgefeilte
Version
eines
Multiple-Choice-Tests.
Als
der
Erfinder
die
Box
in
die
Schule
brachte,
versammelten
sich
Kinder
im
Alter
von
fünf
bis
acht
Jahren,
um
die
Funktionsweise
der
Maschine
kennen
zu
lernen.
Nachdem
die
Kinder
in
der
Bedie-
nung
unterwiesen
worden
waren,
wechselten
sie
sich
eine
Weile
darin
ab,
Knöpfe
zu
drücken
und
Fragen
auf
den
Karten
zu
beant-
worten.
So
ging
es
jedoch
nur
kurze
Zeit.
Denn
dann
baten
die
Kin-
der:
»Bitte
öffnen
Sie
die
Box!
Wir
wollen
sehen,
wie
sie
innen
aus-
sieht.«
Irgendjemand
öffnete
die
Vorderwand
und
zeigte
ihnen,
dass
die
Karten
auf
einem
drehbaren
Zylinder
befestigt
waren.
Neben
jeder
Karte
waren
fünf
kleine
Löcher
eingestanzt,
und
ein
Metall-
bolzen
steckte
in
dem
Loch,
das
die
»richtige
Antwort«
auf
die
Frage
der
Karte
darstellte.
Die
Kinder
dachten
kurz
über
das
Gesehene
nach
und
machten
sich
dann
daran,
selbst
Karten
herzustellen.
Nach
einiger
Zeit
hatte
jedes
Kind
mehrere
Karten
fabriziert,
um
damit
die
Maschine
zu
bestücken.
Abmachungen
wurden
getroffen:
»Ich
spiele
mit
deinen
Karten,
wenn
du
mit
meinen
spielst.«
Nachdem
eines
der
Kinder
seine
Karten
in
die
Maschine
geladen
hatte
und
die
Antwortbolzen
eingesteckt
hatte,
machte
ein
anderes
Kind
den
Test.
Danach
wurden
die
Rollen
getauscht.
Dieses
Spiel
ging
etwa
einen
Tag
lang
und
wurde
sehr
ernsthaft
betrieben.
Dann
veränderte
sich
das
Spiel
allmählich,
wie
mir
ein
Freund
erzählte,
der
zu
dieser
Zeit
an
der
Schule
unterrichtete
und
alles
mit-
erlebte.
Plötzlich
wurde
rund
um
die
Maschine
laut
gelacht.
Als
die
189
Lehrer
nachsahen,
stellten
sie
Folgendes
fest:
Wie
zuvor
bestückte
ein
Kind
die
Maschine,
ein
anderes
machte
den
Test.
Eine
Karte
erschien
mit
einer
Frage
wie:
»Ein
Hund
ist
(1)
ein
Zug,
(2)
ein
Auto,
(3)
ein
Flugzeug,
(4)
ein
Tier,
(5)
ein
Fisch.«
Wenn
das
Kind,
das
den
Test
machte,
nun
auf
den
vierten
Knopf
drückte
-
und
damit
auf
die
»richtige
Antwort«
—
/euchtete
das
rote
Lampchen
auf.
Das
Kind,
das
die
Karte
gemacht
hatte,
und
alle,
die
zusahen,
brachen
in
lautes
Gelachter
aus.
Das
Kind,
das
den
Test
machte,
druckte
nun
einen
Knopf
nach
dem
anderen,
bis
es
den
»richtigen«
fand
und
auf
dem
Zylinder
die
nachste
Karte
erschien.
Dann
wiederholte
sich
das
Spiel.
Die
richtige
Antwort
wurde
mit
dem
roten
Licht
belohnt,
und
es
gab
wieder
Gelachter.
Sobald
ein
Kind
all
die
raffiniert
zurechtgebastel-
ten
Karten
durchgetestet
hatte,
nahm
ein
anderes
seinen
Platz
ein
und
wiederholte
das
Spiel.
Dieses
Spiel
dauerte
etwa
zwei
Tage
an.
Nachdem
die
Kinder
auf
ihre
Weise
alles
mit
der
Maschine
gemacht
hatten,
was
möglich
war,
stellte
sich
Langeweile
ein,
und
sie
berührten
die
Maschine
nie
wieder.
Nach
etwa
einem
Monat
bat
die
Schule
den
Erfinder,
seine
Maschine
wieder
abzuholen.
Diese
kleine
Episode
offenbart
uns
mehr
uber
das
wahre
Wesen
von
Kindern
(und
damit
aller
Menschen)
als
funfzig
Jahre
Pawlow-
scher
Behaviorismus
oder
Skinnersche
Experimente
mit
operanter
Konditionierung.
Vielleicht
ist
»Laborratte
und
Psychologe«
zumindest
fur
eine
Weile
ein
gutes
Spiel.
Aber
nach
kurzer
Zeit
will
jedes
menschliche
Wesen
den
Psychologen
spielen
und
niemand
die
dres-
sierte
Ratte.
Wir
Menschen
sind
von
Natur
aus
nicht
mit
Schafen
und
Ratten
zu
vergleichen,
die
nichts
in
Frage
stellen
und
gefugig
und
glucklich
an
der
Maschine
arbeiten,
solange
bei
jedem
Aufleuchten
des
grunen
Lichts
Futter
herausfallt.
Wie
diese
Kinder
wollen
wir
wis-
sen,
wie
die
Maschine
funktioniert,
und
sie
dann
selbst
steuern.
Wir
wollen
herausfinden,
wie
die
Dinge
funktionieren,
um
sie
dann
selbst
dazu
zu
bringen,
dass
sie
funktionieren.
Das
ist
unser
Wesen.
Jede
Theorie
Uber
das
Lernen
oder
Lehren,
die
davon
ausgeht,
dass
wir
uns
wie
Wurmer,
Ratten
oder
Tauben
verhalten,
ist
Unsinn
und
kann
nur
zu
endloser
Enttauschung
und
Misserfolg
fuhren
(wie
es
sich
gezeigt
hat
und
weiterhin
zeigt).
190
EINE
NEUE
SPRACHE
LERNEN
Wenn
Kinder
mit
Menschen
in
Kontakt
kommen,
die
mehrere
Spra-
chen
sprechen,
werden
sie
all
diese
Sprachen
meist
mühelos
erler-
nen.
Erwachsenen
fällt
das
schwer,
und
darum
sind
sie
darüber
meist
erstaunt.
Um
dies
zu
erklären,
erfinden
sie
komplizierte
Theorien
über
spezielle
Fähigkeiten
von
Kindern
oder
darüber,
dass
ihr
Gehirn
irgendwie
anders
funktioniere
als
das
von
Erwachsenen.
Die
wahre
Erklärung
ist
wesentlich
einfacher.
Das
Kind,
das
zu
Hause
deutsch
spricht,
aber
außerhalb
seines
Zuhauses
mit
anderen
Kindern
zusammentrifft,
die
englisch
sprechen,
setzt
sich
nicht
das
Ziel,
»Englisch
zu
erlernen«.
Es
denkt
auch
nicht
darüber
nach,
dass
es
selbst
deutsch
bzw.
überhaupt
eine
Sprache
spricht.
Es
spricht
einfach
und
versucht
zu
verstehen,
was
die
anderen
sagen,
denn
es
will
ihnen
begreiflich
machen,
was
es
will.
Und
je
häufiger
das
Kind
das
tut,
desto
besser
funktioniert
es.
Plötzlich
trifft
das
Kind
auf
Menschen,
die
es
überhaupt
nicht
verstehen
kann
und
umgekehrt.
Es
will
diese
Menschen
aber
ver-
stehen
und
setzt
alles
daran,
es
jetzt
sofort
zu
tun,
so
wie
es
will,
dass
es
auch
von
diesen
Menschen
verstanden
wird,
und
zwar
jetzt
sofort.
Nur
daran
arbeitet
das
Kind.
Und
weil
es
klug,
unermüdlich
und
einfallsreich
ist,
sich
durch
Schwierigkeiten
nicht
entmutigen
lässt
und
sich
keine
Gedanken
darüber
macht,
dass
es
»versagen«
oder
sich
blamieren
könnte,
macht
es
rasch
Fortschritte,
weil
es
augenblicklich
erkennt,
wenn
es
etwas
begreift
oder
verstanden
wird.
Seine
Eltern
hingegen
denken,
wie
großartig
es
ist,
dass
es
so
schnell
Englisch
erlernt.
Dabei
versucht
es
das
Kind
gar
nicht.
Es
kann
gar
nicht
begreifen,
was
unter
»eine
Sprache
lernen«
zu
ver-
stehen
ist
und
wie
dies
funktionieren
soll,
selbst
wenn
wir
ihm
diese
Aufgabe
erklären
könnten.
Das
Kind
versucht
lediglich,
mit
jenen
Menschen
zu
kommunizieren,
die
ihm
begegnen.
Nachdem
mein
Vater
in
Rente
gegangen
war,
verbrachte
er
mit
meiner
Mutter
das
Winterhalbjahr
immer
in
Mexiko.
Er,
dem
nur
mit
Mühe
der
Abschluss
an
einem
»guten«
College
gelungen
war,
erklärte
ernsthaft,
dass
er
»Spanisch
lernen«
müsse,
und
wiederholte
dies
unbeirrt
über
sechs
Jahre
lang.
Meine
Mutter,
die
nie
ein
College
besucht
hatte
und
immer
eine
schlechte
Schülerin
gewesen
war,
machte
sich
keine
Gedanken
darüber.
Wie
kleine
Kinder
wollte
sie
nur
imstande
sein,
mit
den
Menschen
ihrer
Umgebung
zu
sprechen,
191
auch
wenn
die
sich
deutlich
von
all
jenen
unterschieden,
die
sie
während
ihres
bisherigen
Lebens
kennengelernt
hatte
und
die
sie
sehr
interessierten.
Sie
besaß
immer
schon
die
eifrige
Beobach-
tungsgabe
und
Geistesschärfe
eines
kleinen
Kindes,
und
so
begann
sie,
wie
ein
kleines
Kind
mit
den
Menschen
ihrer
Umgebung
zu
spre-
chen,
sie
nach
den
Bezeichnungen
von
Dingen
zu
fragen,
und
wie
man
sich
danach
erkundigt.
Die
Menschen
waren
begeistert,
so
wie
immer,
wenn
sich
jemand
tatsächlich
bemüht,
ihre
Sprache
zu
spre-
chen.
Sie
antworteten
ihr,
zeigten
ihr
Dinge
und
nannten
den
jewei-
ligen
Namen
(so
wie
sie
es
mit
mir
machten,
als
ich
zu
Besuch
kam),
und
korrigierten
sie
freundlich,
wenn
sie
etwas
falsch
aussprach
oder
falsch
verwendete.
Aber
sie
taten
dies
nicht,
damit
sie
»korrekt«
spräche,
sondern
damit
man
sie
besser
verstünde,
und
sie
halfen
ihr
auch
sonst
in
jeder
erdenklichen
Weise.
Daraus
ergab
sich,
dass
sie
sich
schon
sehr
bald
leicht
und
fließend
mit
den
Menschen
über
verschiedene
Themen
unterhalten
konnte.
Mein
Vater
hingegen,
der
sich
vorgenommen
hatte,
»Spanisch
zu
lernen«
-
womit
er
meinte,
dass
er
es
lernen
würde,
bis
er
es
korrekt
spräche,
um
dann
mit
den
Menschen
aus
seiner
Umgebung
zu
spre-
chen
-
erlernte
in
all
den
Jahren
in
Mexiko
nicht
mehr
als
etwa
zwan-
zig
Worte.
Hin
und
wieder
versuchte
meine
Mutter,
ihn
zum
Sprechen
zu
bewegen,
aber
dazu
war
er
nicht
imstande.
Ihn
hemmte
die
Angst,
die
man
ihm
in
der
Schule
eingeimpft
hatte,
einen
Fehler
zu
begehen
und
sich
lächerlich
zu
machen.
Er
wich
all
diesen
menschlichen
Begegnungen
aus,
während
er
sich
gleichzeitig
sagte,
dass
er
nun
wirklich
Spanisch
lernen
müsse,
aber
zu
alt
sei
und
sowieso
kein
Sprachtalent
habe.
EIN
MUSIKINSTRUMENT
ERLERNEN
Das
Buch
Piano:
Guided
Sight
Reading
von
Leonard
Deutsch
enthält
folgenden
interessanten
Abschnitt:
Die
berühmten
ungarischen
und
slowakischen
Zigeuner
haben
eine
Jahr-
hunderte
alte
Musiktradition.
Dieses
farbenfrohe
Volk
hat
zahlreiche
aus-
gezeichnete
Instrumentalisten
hervorgebracht,
insbesondere
Geigenspie-
ler.
Sie
lernen,
die
Geige
zu
spielen,
wie
Kleinkinder
lernen
zu
gehen
-
ohne
Lehrmethoden,
Lektionen
oder
Übungseinheiten.
Man
verwendet
auch
keine
niedergeschriebene
Musik.
Stattdessen
gibt
man
den
kleinen
192
Kindern
einfach
eine
kleine
Geige
und
gestattet
ihnen,
sich
der
Zigeuner-
musikgruppe
anzuschließen.
Das
Kind
erhält
weder
Erklärungen
noch
Kor-
rekturen.
Es
stört
auch
nicht,
weil
seine
schüchternen
Bemühungen
kaum
hörbar
sind.
Das
Kind
hört
zu,
versucht
gleichzeitig,
das
zu
spielen,
was
es
hört,
findet
allmählich
die
richtigen
Noten
und
bringt
einen
klangvollen
Ton
hervor.
Innerhalb
weniger
Jahre
entwickelt
es
sich
zu
einem
vollwertigen
Mitglied
der
Musikgruppe,
das
sein
Instrument
umfassend
beherrscht.
Sind
diese
Zigeunerkinder
besonders
talentiert?
Nein,
nahezu
jedes
Kind
könnte
dasselbe.
Die
Musikgruppe
agiert
als
Lehrer,
der
mit
dem
Schüler
durch
die
direkte
Sprache
der
Musik
spricht.
Indem
sich
der
Neu-
ling
der
Musikgruppe
anschließt,
befindet
er
sich
augenblicklich
in
der
hilf-
reichsten
musikalischen
Atmosphäre
und
psychologischen
Situation.
Auf
diese
Weise
hat
das
Kind
von
Anfang
an
den
richtigen
Zugang
zu
musi-
kalischer
Aktivität.
Im
Gegensatz
dazu
erzählte
mir
einmal
eine
überaus
intelligente
und
talentierte
Freundin,
die
sich
kaum
von
einer
Lehrmethode
ein-
schüchtern
lässt
und
Musik
liebt,
wie
gerne
sie
fähig
wäre,
Noten
zu
lesen.
Aber
seit
sie
in
der
Schule
Musikunterricht
gehabt
hätte,
erscheine
ihr
diese
Aufgabe
als
hoffnungslos
rätselhaft,
furchterre-
gend
und
unmöglich.
Ich
fragte
sie,
ob
ihr
irgendein
Aspekt
schwie-
riger
erschiene
als
der
Rest.
Wie
die
meisten
Menschen,
denen
man
in
einer
solchen
Situation
diese
Frage
stellt,
antwortete
sie
mit
einer
großen
Geste
und
sagte:
»Einfach
alles.
Ich
verstehe
überhaupt
nicht,
was
diese
kleinen
Punkte
auf
der
Seite
bedeuten.«
Ich
fragte
sie,
ob
ihr
der
Rhythmus
oder
die
Tonhöhe
rätselhafter
erschiene.
Nach
län-
gerem
Nachdenken
meinte
sie:
»Die
Tonhöhe.«
Weil
ein
Klavier
in
der
Nähe
war,
sagte
ich:
»Wenn
du
willst,
kann
ich
dir
in
ein
paar
Minu-
ten
zeigen,
wie
du
jede
geschriebene
Note
findest.«
Sie
stimmte
zu.
Innerhalb
einer
halben
Stunde
spielte
sie
sehr
langsam,
aber
ganz
auf
sich
allein
gestellt,
ein
Stück
aus
einem
Notenheft
für
Anfänger.
Fünf
Dinge
machten
es
mir
möglich,
ihr
dabei
zu
helfen:
(1)
Es
war
ihre
Idee,
ihr
Interesse;
sie
wollte
es
tun.
(2)
Sie
konnte
jeder-
zeit
abbrechen,
wenn
sie
wollte.
Sie
wusste,
dass
ich
sie
in
meiner
Begeisterung
als
Lehrer
nie
in
jene
Verwirrung,
Panik
und
Scham
stürzen
würde,
in
die
eifrige
oder
entschlossene
Lehrer
ihre
Schüler
so
oft
stürzen.
(3)
Ich
akzeptierte
ihre
Angst
und
Verwirrung
und
betrachtete
sie
als
legitim.
Selbst
im
hintersten
Winkel
meines
Geistes
verwarf
ich
keine
ihrer
Ängste
oder
Fragen
als
unsinnig.
193
(4)
Ich
gestattete
ihr,
selbst
alle
Fragen
zu
stellen,
ich
wartete
auf
ihre
eigenen
Antworten,
und
ich
gestattete
ihr,
meine
Antworten
zu
verwenden,
wenn
sie
es
wollte.
/ch
prüfte
nicht,
ob
sie
verstanden
hatte.
Ich
überließ
es
ihr
festzustellen,
ob
sie
verstanden
hatte
oder
nicht,
was
sie
tun
wolle
und
welche
Frage
sie
als
nächste
stellen
wolle.
(5)
Ich
wollte
sie
nicht
dazu
benutzen,
ihr,
mir
oder
einer
ande-
ren
Person
zu
beweisen,
was
für
ein
talentierter
Lehrer
ich
doch
sei.
Wenn
sie
sich
weiter
mit
Notenschriften
auseinandersetzen
wollte,
war
es
mir
recht,
auch
wenn
sie
mich
um
weitere
Hilfe
bäte.
Obwohl
ich
es
bevorzugte,
wenn
sie
es
ohne
meine
Hilfe
tat.
Aber
wenn
sie
jetzt,
wo
sie
festgestellt
hatte,
dass
sie
sehr
wohl
Noten
lesen
konnte,
sich
nicht
weiter
damit
befassen
wollte,
war
mir
das
auch
recht.
In
einem
Artikel
mit
der
Überschrift
»Violonist
Par
Excellence«,
der
im
Februar
1980
in
der
Zeitschrift
Music
Magazine
erschienen
war,
erzählt
ein
berühmter
Geiger
über
das
Unterrichten:
Nathan
Milstein
sagt,
dass
seine
Familie
aus
Odessa
nicht
besonders
musikalisch
war.
»Sie
sind
erst
irgendwann
einmal
musikalisch
geworden«,
lachte
er.
»Aber
ich
glaube
nicht,
dass
es
einen
großen
Unterschied
macht,
ob
man
aus
einer
musikalischen
Familie
stammt
oder
nicht.«
Seine
Mut-
ter
wollte,
dass
er
Geige
lernte,
aber
nicht,
weil
sie
musikalisch
war,
son-
dern
weil
sie
-
wie
sie
einst
sagte
-
»mich
beruhigen
wollte,
und
weil
sie
glaubte,
dass
dies
mit
der
Geige
am
ehesten
gelingen
könnte.«
Später
zeigte
er
seinem
jüngeren
Bruder,
wie
man
Cello
spielt.
»Das
war
keine
große
Sache.
Wenn
jemand
klug
ist
und
Noten
lesen
kann,
schafft
er
es.
Ich
konnte
ihn
unterrichten,
weil
ich
ein
Instrument
aus
der-
selben
Familie
spielte:
Geige,
Cello,
das
ist
doch
alles
dasselbe,
nur
dass
man
die
Finger
etwas
weiter
auseinander
platziert.
Die
Leute
übertreiben
immer.«
Wie
viele
Künstler
vermutet
auch
Milstein,
dass
man
den
Lehrern
eine
zu
gewichtige
Rolle
zuschreibt.
»Ein
Lehrer
ist
keine
große
Hilfe.
Zumin-
dest
sind
es
viele
Lehrer
nicht.
Junge
Leute
glauben
oft,
dass
ihnen,
wenn
sie
zu
einem
Lehrer
gehen,
dieser
sagen
wird,
wie
man
spielt.
Nein!
Nie-
mand
kann
dir
das
sagen.
Auch
wenn
ein
Lehrer
vielleicht
auf
seine
Weise
gut
spielt,
wird
sein
Schüler
vielleicht
nicht
so
gut
spielen,
selbst
wenn
er
auf
dieselbe
Weise
unterrichtet
wird.
Deshalb
glaube
ich,
dass
der
Lehrer
die
Aufgabe
haben
sollte,
dem
Schüler
-
insbesondere
dem
talentierten
-
zu
erklären,
dass
ein
Lehrer
nicht
viel
für
ihn
tun
kann.
Er
kann
nur
ver-
suchen,
den
Geist
des
Schülers
so
weit
zu
öffnen,
selbständig
zu
denken.
In
Wirklichkeit
muss
der
Schüler
alles
selbst
machen,
nicht
der
Lehrer.«
194
Zurückblickend
gesteht
Milstein,
dass
ihm
keiner
seiner
Lehrer
auf
diese
Art
eine
echte
Hilfe
gewesen
sei.
»Aber
wissen
Sie,
erklärt
er,
»ich
war
immer
schon
neugierig
und
experimentierfreudig.
Instinktiv
wusste
ich,
dass
mir
mein
Lehrer
nicht
helfen
würde,
wenn
ich
mir
nicht
selbst
half.«
...
Milstein
zufolge
sind
die
schlechtesten
Lehrer
jene,
die
nicht
selbst
auftreten.
»Auftretende
Künstler
können
ihren
Schülern
wesentlich
mehr
geben
als
jeder
dozierende
Professor«,
sagt
er
heftig.
»Denn
man
kann
einem
jungen
Menschen
nur
seine
eigenen
Erfahrungen
vermitteln.
Woher
sollen
Lehrer
wissen,
wie
das
ist,
wenn
sie
selbst
nie
aufgetreten
sind
und
nie
für
eine
aktive
Karriere
gelernt
haben?
Ich
kenne
in
Amerika
einige
berühmte
Lehrer,
die
junge
Leute
ruinieren.
Ja,
ruinieren!«
Im
Gegensatz
dazu
ist
Milstein
davon
überzeugt,
dass
ein
Mensch
mit
großem
Talent
keinen
Schaden
nehmen
kann,
wenn
er
keinen
Lehrer
hat
...
SELBSTSTUDIUM
Ein
Lehrer
aus
Vancouver
schreibt:
Letzte
Woche
habe
ich
etwas
Interessantes
gesehen.
Ich
war
in
einem
kleinen
Laden,
der
zu
sehr
günstigen
Tarifen
Zeit
an
einfachen
Computern
vermietet.
Es
gibt
hier
Lernprogramme,
mit
deren
Hilfe
man
sich
selbst
den
Umgang
mit
dem
Computer
beibringen
kann.
Ein
alter
Mann
und
ein
Junge
von
etwa
11
Jahren
kamen
herein
und
sahen
sich
um.
Der
Junge
war
fasziniert,
der
Mann
ein
wenig
verwirrt
und
überrascht:
»Jetzt
sind
sie
endlich
hier
...
meine,
meine
...«
Der
Junge
zeigte
dem
Mann
dann
einige
Spiele
auf
einem
einfacheren
Computer,
und
innerhalb
weniger
Minuten
waren
beide
in
ein
»Star
Trek«-Spiel
vertieft.
Nach
dem
Spiel
erklärte
der
Junge
dem
Mann,
der
nun
bereits
sehr
interessiert
schien,
einige
grund-
legende
Prinzipien
des
Programmierens.
Ich
war
nicht
weniger
interessiert,
denn
hier
erkannte
ich
ein
klassi-
sches
Beispiel
für
eine
Lehrer-Schüler-Situation
zwischen
zwei
Personen,
wobei
Alter,
Funktion
und
formelle
Struktur
keine
Rolle
spielten.
Es
tat
gut,
diese
Episode
zu
beobachten,
und
ich
fragte
mich,
was
wir
erfinden
müss-
ten,
um
derartige
Begegnungen
in
der
gesamten
Stadt
zu
ermöglichen.
Als
ich
dieses
Erlebnis
einigen
Lehrerkollegen
mitteilte,
ignorierten
sie
mich.
»Das
ist
kein
echtes
Lernen,
und
außerdem
stört
es
nur
den
Mathe-
matikunterricht.«
Hier
gab
es
einen
11-jährigen
Jungen,
der
sich
selbst
mehr
über
Computer
beigebracht
hatte,
als
ich
heute
weiß,
indem
er
sich
195
in
diesem
Laden
aufhielt
und
dort
Artikel
über
das
Programmieren
las.
Und
mir
erzählten
diese
Lehrer,
dass
sei
kein
echtes
Lernen!
Eine
Mutter
schreibt
ebenfalls
über
»echtes
Lernen«:
Ich
bin
erfreut
Ihnen
mitteilen
zu
können,
dass
E.
lesen
kann.
Ich
war
auch
darauf
vorbereitet,
wenn
er
es
selbst
im
Alter
von
10
oder
12
Jahren
noch
nicht
könnte
-
wer
weiß
das
schon?
Mit
zwei
Jahren
war
er
begeistert
von
den
Formen
der
Buchstaben
auf
dem
Truck
seines
Vaters,
suchte
in
den
Rissen
im
Bürgersteig
nach
den
Formen
von
Buchstaben,
las
kurze
Worte
auf
Anzeigetafeln,
spielte
mit
Anfangslauten
(das
war
seine
Idee,
nicht
meine)
und
mochte
Wörter
in
jeder
Hinsicht.
Wie
er
von
diesem
Stadium
dazu
kommen
sollte,
Bücher
zu
lesen,
war
mir
unklar.
Wenn
er
nicht
wollte,
dass
ich
ihm
half,
und
wenn
er
sich
nicht
hinsetzte,
um
daran
zu
arbeiten,
wie
würde
er
je
mehr
lesen
können
als
die
Schilder
im
Einkaufszentrum?
Vermutlich
greifen
Pädagogen
in
die-
sem
Stadium
panisch
zu
Lehrmethoden
und
phonetischen
Regeln,
und
mitunter
musste
ich
mich
zusammenreißen,
um
nicht
dasselbe
zu
tun.
Alte
Unterrichtsgewohnheiten
halten
sich
hartnäckig.
Er
wusste
so
viel,
setzte
es
aber
in
keinen
Zusammenhang.
Er
war
nicht
einmal
daran
inter-
essiert,
ein
Buch
zu
öffnen,
nur
um
festzustellen,
ob
er
nicht
auch
das
ganze
Ding
lesen
könne.
Ich
verging
fast
vor
Neugier,
denn
ich
wollte
nur
allzu
gerne
wissen,
ob
er
es
konnte.
Aber
ich
biss
mir
immer
wieder
auf
die
Lippen,
sobald
ich
ihm
eine
»Lektion«
erteilen
wollte.
Vor
etwa
drei
Monaten
begann
er,
sich
jede
Woche
im
Supermarkt
mit
einem
Comic-Heft
aus
der
Zeitschriftenabteilung
zurückzuziehen.
Manch-
mal
kaufte
er
eines,
und
sobald
wir
es
ihm
vorgelesen
hatten,
setzte
er
sich
damit
in
eine
Ecke
und
studierte
es
eine
Weile.
Dann
begann
er,
sie
im
Bett
zu
»lesen«.
Ich
wusste,
dass
sich
etwas
tat,
denn
er
war
dabei
sehr
schnell
und
fragte
mich
nie
nach
einem
Wort
oder
kommentierte
ein
Bild.
Allmählich
begriff
ich,
dass
Lesen
für
ihn
etwas
Privates
war.
Nach
einer
Weile
wählte
er
einfache
Bücher
für
das
Zubettgehen
und
bot
mir
an,
sie
mir
vorzulesen.
Es
gab
nur
wenige
Worte,
die
er
nicht
kannte,
und
ich
werde
nie
erfahren,
wie
er
die
anderen
erlernte.
Aber
das
ist
einerlei.
Er
hat
sie
gelernt,
weil
er
sie
lernen
wollte.
Ich
kann
nur
hoffen,
dass
ich
in
Zukunft
all
dem
Druck
widerstehe
und
ihm
gestatte,
selbst
Prioritäten
zu
setzen.
Einer
unserer
Leser
erzählt
uns,
wie
sein
Bruder
lernt:
Mein
Bruder
ist
von
Beruf
Elektrotechniker
und
von
seinem
Talent
her
ein
Genie.
Schon
als
Teenager
brachte
er
sich
selbst
Mathematik,
Sprachen
196
und
vieles
mehr
bei
und
baute
zahlreiche
komplizierte
Geräte,
wie
etwa
ein
Oszilloskop,
einen
Computer
usw.
Heute
macht
er
eine
Menge
Geld
(ich
nicht!)
als
talentierter
Techniker
(ich
nicht!),
während
er
in
seiner
Freizeit
weiterhin
seine
eigenen
kreativen
Ideen
in
der
Elektronik
entwickelt
und
sie
zu
Hause
in
seiner
eigenen
Werkstatt
baut.
UNTERRICHTEN
KONTRA
LERNEN
In
seinem
Buch
Shadow
Work
schrieb
Ivan
lllich
über
einen
Mann:
Dieser
Mann
...
hatte
aufgehört,
Vater
zu
sein
und
war
durch
und
durch
Lehrer
geworden.
Vor
seinen
eigenen
Kindern
stand
dieses
Ehepaar
in
loco
magistri.
Sie
mussten
ohne
Eltern
aufwachsen,
weil
diese
beiden
Erwachsenen
ihre
Kinder
mit
jedem
Wort,
das
diese
an
sie
richteten,
»aus-
bildeten«.
Selbst
beim
Abendessen
korrigierten
sie
unablässig
die
Aus-
drucksweise
ihrer
Kinder
und
baten
mich,
dasselbe
zu
tun.
In
Band
3,
Nr.
5
und
6
des
The
Home
and
School
Institute
Newsletter
finden
sich
Tipps,
was
Eltern
mit
ihren
Kindern
zu
Hause
tun
können.
Auf
den
ersten
Blick
wirken
viele
dieser
Tipps
sehr
einfühlsam
und
freundlich,
weil
sie
Dinge
betreffen,
die
viele
liebevolle,
aufmerksame
Mütter
seit
Jahren
tun:
LESEN
IM
SCHLAFZIMMER
Kleidung
und
Körper
(Wortschatzbildung).
Es
gibt
Wörter,
die
mit
der
Kleidung
in
Zusammenhang
stehen,
wie
Hemd,
Bluse,
Socke,
Schuh
usw.,
und
es
gibt
Wörter,
die
mit
Körperteilen
in
Zusammenhang
stehen,
wie
Fuß,
Arm,
Kopf,
Knie
usw.
Das
Schlafzimmer
ist
ein
guter
Ort,
um
diese
Wörter
kennenzulernen;
sprechen
Sie
die
Wörter
laut
aus,
während
ein
Kleidungsstück
nach
dem
anderen
von
den
einzelnen
Körperteilen
abgelegt
wird.
Schreiben
Sie
die
Wörter
auf
ein
großes
Stück
Papier
und
heften
Sie
diese
auf
die
Kleidungsstücke
in
den
Schränken
und
Schubladen
...
Ich
meine,
alles
hängt
davon
ab,
wie
wir
es
tun.
Mit
Babys
und
Klein-
kindern
spreche
ich
gerne
über
Dinge,
die
wir
gemeinsam
sehen
oder
machen.
In
meinem
Buch
Wie
kleine
Kinder
schlau
werden
schlage
197
ich
Eltern
vor,
wie
sie
ein
Kleinkind
darauf
vorbereiten,
das
Haus
zu
verlassen:
»...
Jetzt
schnüren
wir
diesen
Schuh;
zieh
die
Bänder
gut
fest;
jetzt
nehmen
wir
die
Stiefel;
sieh
mal,
den
rechten
Stiefel
für
den
rechten
Fuß,
den
lin-
ken
Stiefel
für
den
linken
Fuß;
sehr
gut,
als
nächstes
den
Mantel,
die
Arme
in
die
Ärmel,
den
Reißverschluss
zuziehen,
ganz
hoch
und
fest
...«
Diese
Art
von
Gespräch
ist
freundlich
und
macht
Spaß,
und
das
Kind
lernt
dar-
aus
nicht
nur
einzelne
Wörter,
sondern
passende
Phrasen
und
Sätze.
Aber
ich
befürchte,
dass
das
Wichtigste
dabei
übersehen
werden
könnte:
der
freundliche
Grundton
dieses
Gespräches.
Auf
diese
Weise
drücken
die
Eltern
ihre
Liebe
für
das
Kind
aus
und
das
Ver-
gnügen,
das
seine
Gesellschaft
ihnen
bereitete.
So
wie
ich
die
Stimme
einer
solchen
Mutter
in
meinem
Kopf
höre,
stimmt
sie
mit
den
Handlungen
überein.
Vielleicht
seufzt
sie
mitfühlend,
während
sie
den
verklemmten
Reißverschluss
schließt
oder
an
dem
Stiefel
zieht.
Auf
diese
Weise
ist
die
gesamte
Aktion
umrahmt
von
liebevol-
len
Umarmungen
und
Streicheleinheiten.
Das
ist
nicht
dasselbe,
als
würde
sie
dem
Kind
beim
Anziehen
des
Mantels
sagen:
»Mantel!
Mantel!
Mantell«,
damit
das
Kind
»lernt«,
dass
dies
ein
Mantel
ist.
Dies
ist
der
Unterschied
zwischen
einem
nur
aus
Vergnügen
geführ-
ten
Gespräch,
wo
Lernen
stattfinden
kann,
und
einem
Gespräch,
das
nur
des
Lernens
wegen
geführt
wird.
Auch
andere
Artikel,
die
ich
in
diesem
Home
and
School
Insti-
tute
Newsletter
gelesen
habe,
festigen
in
mir
den
Eindruck,
dass
sich
die
Autoren
einer
falschen
Linie
verschrieben
haben,
wie
folgendes
Beispiel
zeigt:
Themenspiel.
Im
Rahmen
einer
gemeinsamen
Mahlzeit
bereitet
dieses
»Gesprächsspiel«
die
Kinder
darauf
vor,
ihre
Gedanken
schriftlich
nieder-
zulegen.
Wählen
Sie
ein
Thema
und
beginnen
Sie
mit
solchen,
mit
denen
sich
das
Kind
auskennt:
Sommer,
Freunde,
Frühstück,
Schule.
Das
Kind
wird
einen
Kommentar
dazu
abgeben
wie
etwa:
»Der
Sommer
ist
die
beste
Jahreszeit«,
oder
»Meine
Freunde
mögen
dieselben
Dinge
wie
ich«.
Während
Kinder
kompliziertere
Sätze
bauen,
werden
auch
die
Themen
und
Aussagen
selbst
komplizierter.
Wie
schrecklich!
Wenn
ich
das
lese,
kann
ich
Illichs
Entsetzen,
das
ihn
beim
Abendessen
mit
seinen
Freunden
überkommen
hat,
nachemp-
finden.
Jahre
bevor
ich
selbst
zu
unterrichten
begann,
verbrachte
ich
198
einmal
ein
Abendessen
bei
Eltern,
die
währenddessen
nichts
sagten
oder
taten,
ohne
ein
»Lehrziel«.
Jedes
Wort
und
jede
Handlung
ent-
hielt
bereits
eine
kleine
Lektion.
Es
war
ein
Albtraum.
Die
Luft
vibrierte
vor
Spannung
und
Unruhe.
Ich
konnte
es
kaum
abwarten
zu
gehen.
Das
Leben
ist
voller
Ironie.
Als
ich
Wie
kleine
Kinder
schlau
werden
schrieb,
hoffte
ich
damit
natürliche,
mühelose
und
effektive
Wege
aufzuzeigen
und
zu
fördern,
um
das
Lernen
in
einem
glückli-
chen
Zuhause
auch
in
den
Schulen
einzuführen.
Mitunter
fürchte
ich,
dass
ich
damit
nur
dazu
beitrug,
die
spannungsgeladenen,
gehemmten,
schmerzlichen
und
ineffektiven
Lehrmethoden
der
Schulen
zu
Hause
einzuführen.
Eltern
warne
ich
vor
allem
davor,
ihr
Zuhause
zu
einer
grauenvollen
Miniausgabe
einer
Schule
zu
machen.
Bitte
keine
Stundenpläne,
keine
Denksportaufgaben,
keine
Tests
und
keine
Leistungsberichte!
Da
wäre
es
noch
besser,
die
Kin-
der
sich
selbst
zu
überlassen;
auf
diese
Weise
könnten
sie
zumin-
dest
das
eine
oder
andere
selbst
herausfinden.
Lebt
zusammen,
so
gut
ihr
könnt;
genießt
das
gemeinsame
Leben,
so
gut
ihr
könnt.
Stellt
Fragen,
um
etwas
über
die
Welt
selbst
herauszufinden,
anstatt
nur
zu
fragen,
ob
und
wer
etwas
darüber
weifd!
DER
PREIS
FÜR
LERNTRICKS
Dr.
Gregory
Bateson,
einer
der
gebildetsten
und
kreativsten
Intellek-
tuellen
unserer
Zeit,
der
im
Verlauf
seines
Lebens
viel
über
Anthro-
pologie,
Psychologie
und
andere
Wissensbereiche
schrieb,
fasste
einen
Großteil
seines
Lebenswerkes
und
seiner
Gedanken
in
dem
Buch
Ökologie
des
Geistes
zusammen.
In
einem
Kapitel,
in
dem
er
die
Schwierigkeiten
in
der
Kommunikation
mit
Delphinen
und
ande-
ren
Tieren
bespricht,
schreibt
er:
...
Die
sogenannte
»Psychologie«
(d.h.
die
Intelligenz,
Erfindungsgabe,
Abgrenzung
usw.)
individueller
Tiere
zu
testen,
wirft
besondere
Probleme
auf.
Ein
einfaches
Experiment
...
umfasst
eine
Reihe
von
Schritten:
(1)
Der
Delphin
könnte
einen
Unterschied
zwischen
den
Stimulusobjekten
X
und
Y
erkennen
oder
auch
nicht.
(2)
Der
Delphin
könnte
erkennen
oder
auch
nicht,
dass
dieser
Unterschied
ein
Hinweis
auf
ein
Verhalten
ist.
(3)
Der
Delphin
könnte
erkennen
oder
auch
nicht,
dass
sich
das
besagte
Verhal-
ten
als
positive
oder
negative
Verstärkung
auswirkt,
dass
also
das
»rich-
tige«
Verhalten
mit
einem
Fisch
belohnt
wird.
(4)
Der
Delphin
könnte
sich
199
entschließen
oder
auch
nicht,
das
»Richtige«
zu
tun,
nachdem
er
festge-
stellt
hat,
was
das
»Richtige«
ist.
Erfolg
bei
den
ersten
drei
Schritten
stellt
den
Delphin
aber
lediglich
erneut
vor
eine
weitere
Entscheidung
...
Gerade
weil
wir
aus
der
Beobachtung
des
Erfolgs
des
Tieres
bei
den
späteren
Schritten
Rückschlüsse
auf
die
grundlegenderen
Schritte
ziehen
wollen,
ist
es
von
vorrangiger
Bedeutung
zu
wissen,
ob
der
Organismus,
mit
dem
wir
es
zu
tun
haben,
zu
Schritt
4
fähig
ist.
Ist
das
der
Fall,
ent-
kräftet
dies
alle
Argumente
über
die
Schritte
1
bis
3,
außer
man
baut
geeignete
Kontrollmethoden
für
Schritt
4
in
das
Experiment
ein.
Obwohl
Menschen
imstande
sind,
auch
Schritt
4
zu
absolvieren,
waren
Psycholo-
gen,
die
mit
menschlichen
Versuchsobjekten
arbeiteten,
interessanter-
weise
imstande,
die
Schritte
1
bis
3
zu
studieren,
ohne
spezielle
Vorsorge
treffen
zu
müssen,
um
die
Verwirrung
auszuschließen,
die
durch
diese
Tat-
sache
entsteht.
Anders
ausgedrückt:
Wenn
Psychologen
ein
menschliches
Versuchs-
objekt
ersuchen,
eine
Aufgabe
zu
erfüllen,
und
die
Versuchsperson
dies
nicht
tut,
nehmen
die
Psychologen
in
der
Regel
an,
dass
die
Ver-
suchsperson
die
Aufgabe
nicht
erfüllen
kann.
Dies
macht
es
den
Ver-
suchspersonen
sehr
leicht,
ihre
Prüfer
an
der
Nase
herumzuführen,
vor
allem,
wenn
die
Psychologen
wenig
von
diesen
Versuchsperso-
nen
erwarten.
In
ihrem
Buch
Dibs,
die
wunderbare
Entfaltung
des
menschlichen
Wesens
erzählt
Virginia
Axline
über
einen
talentierten
sechsjährigen
Jungen,
der
mehrere
Experten
in
solcher
Weise
genarrt
hatte,
dass
sie
fälschlicherweise
annahmen,
er
sei
autistisch,
könne
weder
lesen
noch
schreiben
und
sei
praktisch
nicht
imstande
zu
spre-
chen.
In
seinem
Buch
7he
Naked
Children
erzählte
Daniel
Fader
von
einigen
farbigen
Schülern
einer
Junior
High
School
aus
Washington,
die
wiederum
ihre
Lehrer
durch
ihr
Verhalten
und
ihre
Testergebnisse
getäuscht
hatten,
so
dass
diese
fälschlicherweise
annahmen,
dass
ihre
Schüler
kaum
lesen
bzw.
richtig
sprechen
könnten.
Bateson
fährt
fort:
Gestatten
Sie
mir,
für
einen
Augenblick
die
Kunst
der
Tiertrainer
zu
betrachten.
Aus
den
Gesprächen
mit
diesen
überaus
fähigen
Leuten
-
Trainern
von
Delphinen
und
Blindenhunden
-
gewann
ich
den
Eindruck,
dass
der
Trainer
als
wichtigste
Voraussetzung
verhindern
muss,
dass
das
Tier
auf
Stufe
4
überhaupt
eine
Entscheidung
trifft.
Er
muss
dem
Tier
stän-
dig
klar
machen,
dass
es,
sobald
es
weiß,
welche
Handlung
in
einem
bestimmten
Zusammenhang
richtig
ist,
nur
diese
ausführen
kann,
ohne
200
den
geringsten
Zweifel.
Die
Grundvoraussetzung
für
eine
erfolgreiche
Zir-
kusdressur
besteht
also
darin,
beim
Tier
die
Verwendung
höherer
Intelli-
genzebenen
auszuschalten.
Mein
angeheirateter
Onkel
Grove
Cullum,
Offizier,
erfahrener
Reiter
und
Pferdeliebhaber,
brachte
die
Sache
unverblümter
auf
den
Punkt.
Als
ich
einmal
eine
Bemerkung
über
die
Intelligenz
von
Pfer-
den
machte,
wehrte
er
lachend
ab:
»Du
meine
Güte,
sie
sind
nicht
intelligent.
Wenn
sie
es
wären,
würden
sie
uns
nie
auf
sich
reiten
lassen.«
Als
ich
1959
in
einer
sehr
exklusiven
Privatschule,
die
mit
nur
wenigen
Ausnahmen
ausschließlich
Schüler
mit
einem
IQ
von
über
120
zuließ,
eine
fünfte
Schulstufe
unterrichtete,
schrieb
ich:
»Schule
ist
ein
Ort,
an
dem
Kinder
lernen,
dumm
zu
sein.«
Obwohl
ich
sah,
dass
es
so
war,
wusste
ich
nicht,
warum
es
so
war.
Was
war
selbst
an
dieser
dynamischen,
»kreativen«,
auf
die
Bedürfnisse
der
Kinder
gerichteten
Schule
dran,
das
Kinder
dumm
machte?
Wie
ich
in
Aus
schlauen
Kindern
werden
Schüler
schrieb,
kam
ich
später
zu
der
Ansicht,
dass
der
Grund
dafür
Angst,
Langeweile
und
die
Verwirrung
darüber
war,
dass
sie
ständig
bedeutungslose
Wörter
und
Symbole
verarbeiten
mussten.
Heute
sehe
ich,
dass
es
wesentlich
mehr
als
nur
das
war:
Es
war
die
Tatsache,
dass
andere
die
Kontrolle
über
ihren
Geist
übernommen
hatten.
Was
sie
(zumindest
in
der
Schule)
dumm
gemacht
hatte,
war
die
Tatsache,
dass
sie
unterrichtet
wurden
wie
Zirkustiere,
die
auf
Kommando
Tricks
vorführten.
Auf
Grundlage
weitreichender
Erfahrung
erklärt
Bateson,
dass
dies
für
alle
Lebewesen
gilt
-
und
ich
stimme
ihm
zu.
Der
Elefant
im
Dschungel
ist
klüger
als
der
Elefant,
der
im
Zirkus
Walzer
tanzt.
Der
Seelöwe
im
Meer
ist
klüger
als
der
Seelöwe,
der
auf
irgendeinem
Instrument
ein
Volkslied
spielt.
Die
Ratte,
die
in
den
Slums
Abfälle
frisst,
ist
klüger
als
die
Ratte,
die
in
einem
psychologischen
Labor
den
Weg
durch
ein
Labyrinth
findet.
Das
Krabbelkind,
das
alles,
was
es
erreichen
kann,
berührt,
hin
und
her
dreht
und
betastet,
ist
klü-
ger
als
das
Baby,
das
lernt,
seine
Nase
zu
berühren,
nur
um
seiner
Mutter
eine
Freude
zu
bereiten,
wenn
sie
ihm
eine
Karte
zeigt,
auf
der
das
Wort
NASE
steht.
Die
wichtigste
Frage,
die
sich
jedes
denkende
Lebewesen
stellen
kann,
lautet:
»Worüber
sollte
man
nachdenken?«
Wenn
wir
einem
Lebewesen
das
Recht
verweigern,
diese
Frage
selbst
zu
entschei-
201
den,
wenn
wir
versuchen
zu
kontrollieren,
worauf
es
seine
Aufmerk-
samkeit
lenken
und
worüber
es
nachdenken
soll,
bewirken
wir,
dass
es
weniger
aufmerksam,
erfindungsreich
und
lernfähig
wird.
Oder
vorsichtig
ausgedrückt:
weniger
intelligent
-
und
geradeheraus
ge-
sagt:
dümmer.
Dies
ist
vielleicht
die
richtige
Stelle,
um
eine
Frage
zu
beantwor-
ten,
die
mir
bisher
schon
viele
Menschen
gestellt
haben:
Was
halte
ich
von
Babytrainingsbüchern
-
Lehren
Sie
Ihr
Kind
dieses,
Lehren
Sie
es
jenes,
Wecken
Sie
das
Genie
in
Ihrem
Kind
und
so
weiter.
Ich
bin
gegen
derartige
Bücher.
Die
Tricks,
die
Eltern
in
diesen
Büchern
erfahren,
um
ihren
Babys
etwas
beizubringen,
sind
weder
notwen-
dig
noch
sehr
hilfreich
und
können
auf
lange
Sicht
sogar
schädlich
sein.
Wenn
ein
Baby
Tricks
lernt,
z.B.
den
des
Lesens,
bestärken
wir
es
in
dem
Glauben,
dass
Lernen
nichts
anderes
bedeutet,
als
von
jemandem
unterrichtet
zu
werden,
verschiedene
Tricks
zu
vollführen.
Dadurch
schwinden
der
Wunsch
und
die
Fähigkeit
des
Babys,
die
Welt
um
sich
auf
eigene
Art
und
Weise
und
aus
eigenen
Gründen
zu
erforschen
und
zu
verstehen.
Ich
zweifle
keinen
Augenblick
daran,
dass
Fachleute
Babys
tatsächlich
bereits
in
jungstem
Alter
eine
beeindruckende
Vielzahl
an
Tricks
beibringen
können.
Aber
das
hat
wenig
bis
gar
nichts
mit
ech-
tem
Lernen
zu
tun
oder
mit
der
Fähigkeit
des
Lernens
an
sich.
Wie
ich
in
dem
Buch
Aus
schlauen
Kindern
werden
Schüler
schrieb,
hat
Intelligenz
nichts
damit
zu
tun,
wie
viele
Dinge
wir
wie
tun
können.
Es
hat
mit
unserer
Fähigkeit
zu
tun,
uns
wichtige
Fragen
auszuden-
ken,
um
dann
Mittel
und
Wege
zu
finden,
darauf
nützliche
Antwor-
ten
zu
erhalten.
Diese
Fähigkeit
ist
kein
Trick,
der
einem
beigebracht
werden
kann,
denn
das
ist
gar
nicht
nötig.
Wir
alle
werden
mit
die-
ser
Fähigkeit
geboren,
und
wenn
unsere
anderen
animalischen
Grundbedürfnisse
gestillt
sind
und
wir
einen
angemessenen
Zugang
zur
Welt
um
uns
haben,
werden
wir
unsere
Fähigkeit
in
dieser
Welt
einsetzen.
202
9
Lernschwierigkeiten
LERNSCHWIERIGKEITEN
KONTRA
LERNBEHINDERUNGEN
Ich
habe
dieses
kurze
Kapitel,
das
möglicherweise
eines
Tages
Teil
einer
längeren
Arbeit
zu
diesem
Thema
wird,
aus
mehreren
Grün-
den
hier
eingefügt:
Erstens,
weil
Eltern,
die
ihre
Kinder
zu
Hause
unterrichten,
hin
und
wieder
feststellen,
dass
Kinder
Buchstaben
seitenverkehrt
schreiben,
Wörter
von
hinten
nach
vorne
buchsta-
bieren,
oder
rechts
und
links
verwechseln.
Diese
Eltern
sollten
sich
dadurch
nicht
beunruhigen
lassen
und
denken,
die
ganze
Angele-
genheit
»Experten«
überlassen
zu
müssen.
Zweitens
haben
Eltern,
die
ihre
Kinder
zur
Schule
schicken,
vielleicht
schon
zu
hören
bekom-
men,
dass
ihre
Kinder
dieselben
Probleme
haben.
Auch
diese
Eltern
sollten
nicht
in
Panik
geraten.
Hingegen
sollten
sie
extrem
skeptisch
dem
gegenüber
sein,
was
ihnen
die
Schulen
und
deren
Spezialisten
über
ihre
Kinder
und
deren
Zustand
und
Bedürfnisse
sagen.
Vor
allem
sollten
sie
verstehen,
dass
mit
großer
Wahrscheinlichkeit
die
Schule
und
die
damit
verbundenen
Spannungen
und
Ängste
diese
Schwierigkeiten
hervorrufen,
und
dass
die
beste
Behandlung
ver-
mutlich
darin
besteht,
dass
man
das
Kind
gänzlich
aus
der
Schule
nimmt.
Drittens
sollten
sich
Eltern
dem
allgemeinen
Anspruch
sei-
tens
der
Schulen
widersetzen,
nur
sie
seien
kompetent,
Kinder
zu
unterrichten,
weil
nur
sie
Lernbehinderungen
erkennen
und
thera-
pieren
könnten.
Wenn
Pädagogen
oder
andere
Menschen
mit
mir
über
»Lernbe-
hinderungen«
sprechen,
stelle
ich
ihnen
gerne
folgende
Fragen:
203
»Wie
unterscheiden
Sie
zwischen
Lernschwierigkeiten
(die
wir
alle
erleben,
sobald
wir
etwas
Neues
erlernen)
und
einer
Lernbehin-
derung?
Wie
stellen
Sie
diese
fest,
und
auf
welcher
Grundlage
ent-
scheiden
Sie
(oder
wer
auch
immer),
ob
das
Nervensystem
des
Ler-
nenden
für
die
vorhandenen
Lernschwierigkeit
verantwortlich
ist,
oder
ob
die
Gründe
außerhalb
des
Lernenden
liegen
-
wie
etwa
in
der
Lernsituation,
der
Methodik
oder
der
Person
des
Lehrers
oder
dem
Lehrstoff
selbst?
Und
wenn
Sie
festlegen,
dass
die
Schwierig-
keiten
beim
Lernenden
selbst
liegen,
wer
entscheidet
auf
welcher
Basis,
ob
die
entdeckte
Ursache
heilbar
ist
und
wie?«
Sollten
einmal
Leser
diese
Fragen
einer
Schule
stellen,
wüsste
ich
nur
allzu
gerne,
welche
Antworten
sie
erhalten,
denn
ich
habe
nie
schlüssige
Antworten
auf
diese
Fragen
bekommen.
Stattdessen
höre
ich
immer
wieder
verärgerte
Beteuerungen,
dass
Lernbehinderungen
»real«
seien,
das
heißt,
dass
sie
im
Nervensystem
der
Kinder
einge-
baut
seien.
Hier
einige
Gründe,
warum
ich
dies
nicht
glaube,
und
einige
mögliche
wahre
Ursachen
und
was
wir
dagegen
unternehmen
können.
NIEMAND
SIEHT
VERKEHRT
Vor
einigen
Jahren
druckte
eine
landesweit
publizierte
Zeitschrift
für
irgendeine
Organisation
eine
volle
Werbeseite
über
so
genannte
»Lernbehinderungen«.
Oben
auf
der
Seite
stand
in
Großbuchstaben:
SEHT,
WIE
JOHNNY
LIEST.
Darunter
das
Foto
eines
aufgeschlagenen
Kinderbuchs
in
Großdruck,
so
dass
auch
die
Betrachter
der
Werbung
das
Buch
lesen
konnten,
in
dem
die
Geschichte
der
»Drei
kleinen
Schweinchen«
erzählt
wurde.
Aber
viele
Buchstaben
der
Geschichte
waren
auf
seltsame
Weise
verschoben
und
verdreht.
Einige
standen
auf
dem
Kopf,
andere
waren
spiegelverkehrt.
Mitunter
waren
zwei
in
einem
Wort
nebeneinander
liegende
Buchstaben
in
ihrer
Anordnung
verwechselt
worden,
dann
wieder
war
ein
ganzes
Wort
rückwärts
buchstabiert.
Unter
dem
Foto
befanden
sich
erneut
in
Großbuchsta-
ben
die
Worte:
STELLEN
SIE
SICH
VOR,
WIE
JOHNNY
SICH
FÜHLT.
Darauf
folgte
noch
ein
Text
über
all
jene
Kinder,
die
an
»Lernbehin-
derungen«
litten,
und
über
das
gesamte
Therapieprogramm
dieser
Organisation.
Die
Botschaft
war
klar.
Wir
sollten
glauben,
dass
viele
Kinder
ein
ähnliches
Bild
sähen
wie
das
Foto
in
der
Werbung,
wenn
sie
sich
ein
204
Buch
anschauten,
und
dass
sie
deshalb
nicht
lesen
konnten.
Und
wir
sollten
glauben,
dass
diese
Organisation
etwas
dagegen
tun
könne
und
auch
tun
würde
-
was
dies
sein
sollte,
war
jedoch
nicht
klar
-
sofern
wir
sie
in
ausreichendem
Maß
unterstützten.
Als
ich
mir
das
Foto
von
dem
Kinderbuch
nochmals
ansah,
stellte
ich
fest,
dass
ich
es
ohne
Mühe
lesen
konnte.
Selbstverständlich
hatte
ich
gegenüber
dem
sagenhaften
Johnny
zwei
Vorteile:
Ich
konnte
bereits
lesen,
und
ich
kannte
die
Geschichte.
Ich
las
sie
zwar
etwas
langsamer
als
üblich
und
musste
hin
und
wieder
ein
wenig
über
ein
Wort
nachdenken
und
es
Buchstabe
für
Buchstabe
betrach-
ten.
Aber
insgesamt
war
es
nicht
schwierig.
Ich
hörte
nicht
zum
ersten
Mal
diese
Theorie
der
Leseschwäche,
dass
irgendetwas
unter
der
Haut
oder
im
Schädel
der
Kinder
-
eine
Art
Maxwellscher
Dämon
(diesen
Ausdruck
hatte
man
aus
der
Phy-
sik
entliehen)
des
Nervensystems
-
Buchstaben
immer
wieder
auf
den
Kopf
stellte,
verdrehte
oder
ihre
Reihenfolge
veränderte.
Ich
habe
noch
nie
etwas
von
dieser
Theorie
gehalten.
Sie
hat
schon
die
ersten
beiden
Prüfungen
jeder
wissenschaftlichen
Theorie
nicht
bestanden:
(1)
dass
sie
auf
den
ersten
Blick
plausibel
ist;
(2)
dass
sie
die
offen-
sichtlichste
oder
wahrscheinlichste
Erklärung
für
ein
Problem
bietet.
Diese
Theorie
wirkte
und
wirkt
immer
noch
vollkommen
unglaub-
würdig,
und
dies
aus
wesentlich
mehr
Gründen,
als
ich
hier
anführen
werde.
Und
es
gibt
bedeutend
einfachere
und
wahrscheinlichere
Erklärungen
für
diese
Tatsachen.
Diese
Theorie
stützt
sich
nur
auf
folgende
Fakten:
Wenn
man
gewisse
Kinder
ersuchte,
bestimmte
Buchstaben
oder
Wörter
zu
schreiben
-
und
dabei
handelte
es
sich
üblicherweise
um
Kinder,
die
eben
erst
lesen
und
schreiben
lernten
-
schrieben
sie
einige
Buchstaben
seitenverkehrt,
verwechselten
die
Reihenfolge
von
zwei
oder
mehreren
Buchstaben
in
einem
Wort
oder
schrieben
ganze
Wör-
ter
rückwärts.
Hierbei
ist
zu
erwähnen,
dass
die
meisten
Kinder,
die
Wörter
rückwärts
schreiben,
dabei
meist
nicht
alle
einzelnen
Buch-
staben
seitenverkehrt
schreiben.
Ich
war
zu
sehr
mit
anderen
Aufgaben
beschäftigt,
um
diese
Theorie
zu
widerlegen.
Dann
jedoch
unterrichtete
ich
eine
Weile
in
unmittelbarer
Nachbarschaft
einer
der
angeblich
besten
Schulen
für
Kinder
mit
»Lernbehinderungen«
(LB)
in
New
England.
Zunächst
fiel
mir
auf,
dass
in
diesem
besonderen
Lernsanatorium
niemand
je
geheilt
wurde.
Wenn
die
Kinder
hineingingen,
konnten
sie
nicht
lesen,
205
und
wenn
sie
Jahre
später
herauskamen,
konnten
sie
es
immer
noch
nicht.
Niemand
schien
deshalb
beunruhigt
zu
sein.
Offenbar
galt
diese
Schule
deshalb
als
»beste«
ihrer
Art,
weil
sie
bessere
Antwor-
ten
als
alle
anderen
auf
die
Frage
hatte:
»Wenn
Sie
entschieden
haben,
dass
ein
bestimmtes
Kind
nicht
lesen
lernen
kann,
was
tun
Sie
dann
mit
ihm
den
ganzen
Tag
über
an
diesem
Ort,
der
sich
selbst
als
Schule
bezeichnet?«
Als
ich
später
hauptberuflich
Vorträge
vor
Gruppen
über
das
Thema
Veränderungen
im
Ausbildungssystem
hielt,
kam
ich
mit
anderen
LB-Gläubigern
und
-Experten
in
Kontakt.
Je
mehr
ich
von
ihnen
sah
und
hörte,
desto
weniger
glaubte
ich
ihnen.
Aber
ich
war
immer
noch
viel
zu
beschäftigt,
um
mich
auf
eine
längere
Auseinandersetzung
mit
ihnen
einzulassen
oder
auch
nur
über
sie
nachzudenken.
Als
ich
eines
Morgens
in
Boston
durch
den
Stadtpark
zu
meinem
Büro
spazierte,
stellte
mir
mein
Unterbewusstsein
eine
Frage.
Zunächst
sagte
es:
»Die
LB-Leute
sagen,
dass
diese
Kinder
einen
Buchstaben,
wie
etwa
ein
P,
deshalb
seitenverkehrt
schreiben,
weil
sie,
wenn
sie
ein
korrektes
P
betrachten,
es
seitenverkehrt
sehen.
Lass
uns
all
dies
in
einem
Diagramm
aufzeichnen.«
PO)
112
314
GG
»In
Fläche
1
steht
das
korrekte
P,
welches
das
Kind
kopieren
soll.
In
Fläche
3
steht
das
seitenverkehrte
P,
das
es
zeichnet,
weil
es
(wie
man
uns
sagt)
das
P
angeblich
so
sieht.
In
Ordnung.
In
Fläche
2
wol-
len
wir
das
P
so
schreiben,
wie
es
das
Kind
angeblich
sieht,
wenn
es
das
korrekte
P
von
Fläche
1
betrachtet.«
(Die
geschwungene
Linie
versinnbildlicht
die
Wahrnehmung.)
Nun
kam
die
entscheidende
Frage.
»Was
sieht
das
Kind,
wenn
es
das
seitenverkehrte
P
in
Fläche
3
betrachtet,
das
es
selbst
gezeichnet
hat?«
Ich
hielt
mitten
in
der
Bewegung
inne
und
sagte
laut:
»Ich
fasse
es
nichtl«
Denn
wenn
der
Geist
des
Kindes
alle
Formen
umkehrt,
die
206
er
wahrnimmt,
dann
wird
er
das
seitenverkehrte
P
in
Fläche
3
als
korrektes
P
sehen.
Unser
Diagramm
würde
demnach
folgendermaßen
aussehen:
P
|
112
3/4
TP
Wenn
es
stimmt,
was
LB-Experten
sagen,
dann
wurde
dieses
erfun-
dene
Kind
das
P
Nr.
1
betrachten,
es
als
P
Nr.
2
wahrnehmen,
es
als
P
Nr.
3
zeichnen,
dieses
wiederum
betrachten,
und
als
P
Nr.
4
waht-
nehmen.
Was
das
Kind
gezeichnet
hatte,
wurde
ihm
nicht
als
das
erscheinen,
was
es
zu
kopieren
versucht
hatte.
Es
wurde
sich
den-
ken:
»Ich
habe
einen
Fehler
gemacht«
und
wurde
sein
P
seitenver-
kehrt
zeichnen.
Zumindest
wurde
es
so
handeln,
wenn
die
Behaup-
tung
der
LB-Experten
stimmte
und
die
Zeichnung
des
Kindes
eine
genaue
Kopie
dessen
ware,
was
es
wahrgenommen
hatte.
Selbst
wenn
der
Geist
des
Kindes
jede
Form
umdrehte,
wurde
ihm
ein
sei-
tenverkehrtes
P
immer
noch
seitenverkehrt
vorkommen!
Um
es
noch
deutlicher
auszudrucken:
Wenn
wir
uns
die
Formen
ansehen,
die
Menschen
zeichnen,
können
wir
keine
Aussage
darüber
treffen,
ob
sie
Formen
seitenverkehrt
wahrnehmen
oder
nicht,
denn
sie
würden
in
beiden
Fällen
dieselben
Formen
zeichnen!
Damit
fällt
die
Theorie
zu
dieser
»Wahrnehmungsstörung«
Er
zeichnet
seitenverkehrt,
weil
er
seitenverkehrt
sieht
in
sich
zusam-
men.
Weder
erklärt
sie,
was
sie
erklären
will,
noch
erklärt
sie
sonst
etwas
-
denn
sie
wird
nur
von
der
Tatsache
gestützt,
dass
das
Kind
Buchstaben
seitenverkehrt
zeichnet.
Das
ist
ihr
einziger
Beweis.
Warum
hält
sich
diese
offensichtlich
falsche
Theorie
dann
so
beharr-
lich?
Weil
sie
aus
vielen
Gründen
vielen
Menschen
gelegen
kommt:
Eltern,
Lehrern,
Schulen,
LB-Experten
und
dem
gewaltigen
Wirt-
schaftszweig,
der
sich
rund
um
diese
Menschen
entwickelt
hat
-
und
mitunter
sogar
den
Kindern
selbst.
Auch
wenn
diese
Theorie
kaum
jemandem
helfen
wird,
lesen
zu
lernen,
hält
sie
eine
ganze
Menge
Menschen
auf
Trab,
macht
viele
reicher,
und
nahezu
alle
fühlen
sich
207
dadurch
besser.
Theorien,
die
all
dies
bewirken,
sind
nur
schwer
aus-
zurotten.
Warum
zeichnet
das
Kind
das
P
denn
nun
wirklich
seitenver-
kehrt?
Wenn
es
nicht
die
Form
reproduziert,
die
es
wahrnimmt
-
wie
ich
gezeigt
habe
-
was
tut
es
dann?
Die
Antwort
ist
für
all
jene
klar
ersichtlich,
die
kleine
Kinder
bei
ihren
ersten
Versuchen
beobachtet
haben,
Buchstaben
zu
schrei-
ben.
Langsam,
zögernd
und
ungelenk
versuchen
sie
das,
was
sie
sehen,
in
ein
»Programm«
zu
verwandeln,
in
eine
Reihe
von
Anord-
nungen
für
die
Hand,
die
den
Bleistift
hält.
Und
dann
versuchen
sie,
die
Hand
dazu
zu
bewegen,
diese
Anordnungen
auszuführen.
Genau
dasselbe
tun
wir
alle,
wenn
wir
etwas
zu
zeichnen
versuchen.
Wir
sind
keine
wandelnden
Kopiermaschinen.
Wenn
wir
versuchen,
einen
Stuhl
zu
zeichnen,
»kopieren«
wir
ihn
nicht.
Wir
betrachten
ihn
eine
Weile,
und
»sagen«
dann
unserer
Hand,
was
sie
zeichnen
soll,
etwa
eine
vertikale
Linie
von
bestimmter
Länge.
Dann
sehen
wir
uns
den
Stuhl
nochmals
an,
kehren
wieder
zum
Papier
zurück
und
»sagen«
unserer
Hand,
dass
sie
sich
bis
zur
Hälfte
der
vertikalen
Linie
hinaufbewegen
soll,
und
von
diesem
Punkt
aus
eine
Linie
von
bestimmter
Länge
und
bestimmter
Richtung
zeichnen
soll.
Wenn
wir
wie
geübte
Künstler
gut
darin
sind,
das
Gesehene
in
Anweisungen
für
unsere
Hand
umzuwandeln,
werden
wir
ein
gutes
Abbild
des
Stuhls
zeichnen.
Wenn
wir
nicht
so
geübt
sind,
wird
es
uns
weniger
gut
gelingen.
Auf
dieselbe
Weise
betrachtet
das
Kind
das
P.
Es
sieht
eine
Linie,
die
von
oben
nach
unten
geht.
Das
Kind
blickt
auf
das
Papier,
sagt
seiner
Hand:
»Zeichne
eine
Linie,
die
von
oben
nach
unten
geht«,
und
zeichnet
dann
diese
Linie.
Dann
sieht
es
wieder
zu
dem
P
hinü-
ber
und
sagt
seiner
Hand,
sie
solle
an
das
obere
Ende
der
senk-
rechten
Linie
gehen
und
von
dort
aus
eine
Linie
zur
Seite
ziehen.
Nun
sieht
das
Kind
wieder
zu
dem
P
und
erkennt,
dass
die
Linie
zur
Seite
geht,
sich
nach
unten
krümmt,
und
nach
einer
Weile
wieder
zurückführt,
bis
sie
die
senkrechte
Linie
erneut
trifft.
Es
sagt
seiner
Hand,
genau
das
zu
tun.
Wenn
Sie
ein
kleines
Kind
dabei
beobach-
ten,
wissen
Sie,
dass
es
zwei
oder
drei
Versuche
mit
dem
Bleistift
benötigt,
um
die
gesamte
Kurve
zu
zeichnen.
Mitunter
wechselt
die
Kurve
in
der
Mitte
die
Richtung
und
muss
korrigiert
werden.
Schliefß-
lich
gelingt
es
dem
Kind,
die
gekrümmte
Linie
mit
der
senkrechten
Linie
zu
vereinen.
208
Zu
diesem
Zeitpunkt
werden
die
meisten
Kinder
das
gesehene
P
mit
dem
selbstgemachten
vergleichen.
Ist
das
P
seitenverkehrt
gezeichnet,
werden
es
die
meisten
vermutlich
sofort
erkennen,
weil
es
nicht
genau
gleich
aussieht
und
in
die
falsche
Richtung
weist,
und
es
sich
vermutlich
im
Geist
sagen.
Andere
werden
sich
nur
undeut-
lich
bewusst
sein,
dass
die
beiden
Bäuche
nicht
in
dieselbe
Richtung
weisen,
aber
für
sie
wird
diese
Tatsache
keinen
Unterschied
machen,
so
wie
es
für
meine
Bank
bedeutungslos
ist,
wenn
sich
meine
Unter-
schriften
nicht
vollständig
gleichen.
Aus
der
Sicht
der
Kinder
ist
es
nur
allzu
verständlich,
dass
die-
ser
tatsächliche
Unterschied
für
sie
keinen
Unterschied
macht.
Immerhin
haben
sie
sich
schon
lange
genug
Bilder
von
Objekten,
Menschen,
Tieren
usw.
angesehen
und
wissen,
dass
ein
Hund
auf
einem
Bild
immer
ein
Hund
ist,
ob
er
nun
nach
rechts
oder
links
sieht.
Sie
verstehen
auch
ohne
Worte,
dass
das
Bild
auf
einer
Buchseite
oder
das
Foto
eines
Hundes,
einer
Katze,
eines
Fahrrades,
einer
Tasse,
eines
Loffels
usw.
für
ein
Objekt
steht,
das
man
bewegen,
umdrehen
und
von
verschiedenen
Winkeln
aus
ansehen
kann.
Des-
halb
ist
es
für
Kinder
auch
vernünftig
anzunehmen,
dass
das
Bild
eines
P
auf
einer
Seite
für
ein
P-förmiges
Objekt
steht,
das
selbst-
ständig
existiert
und
hiermit
ein
Objekt
ist,
das
man
in
die
Hand
neh-
men,
umdrehen
oder
auf
den
Kopf
stellen
kann.
Vielleicht
fühlen
das
nicht
alle
Kinder
gleich
stark.
Aber
für
jene,
die
es
so
fühlen,
und
die
gesagt
bekommen,
das
von
ihnen
»seitenverkehrt«
gezeichnete
P
sei
»falsch«
oder
überhaupt
kein
P,
muss
dies
sehr
verwirrend
und
sogar
beängstigend
sein.
Wenn
ein
Pferd,
ein
Hund,
eine
Katze
oder
ein
Auto
in
jede
beliebige
Richtung
zeigen
kann,
warum
darf
man
dann
nicht
ein
P,
B
oder
E
in
jede
beliebige
Richtung
zeichnen?
Warum
ist
es
»richtig«,
einen
Hund
zu
zeichnen,
der
nach
links
blickt,
aber
»falsch«,
ein
P
zu
zeichnen,
das
in
dieselbe
Richtung
weist?
Im
Fall
derartiger
Verdrehungen
sollten
wir
sehr
sorgfältig
darauf
achten,
nie
die
Worte
»richtig«
oder
»falsch«
zu
verwenden.
Wenn
wir
ein
Kind
auffordern,
ein
P
zu
zeichnen
und
es
zeichnet
stattdessen
ein
T,
könnten
wir
sagen:
»Nein,
das
ist
kein
P,
das
ist
ein
T.«
Aber
wenn
wir
es
auffordern,
ein
P
zu
zeichnen,
und
es
zeichnet
eines,
das
nach
links
weist,
sollten
wir
sagen:
»Ja,
das
ist
ein
P,
aber
wenn
wir
ein
Bild
von
einem
P
zeichnen,
zeichnen
wir
es
immer
so,
dass
es
in
diese
Richtung
weist.
Es
ist
nicht
wie
ein
Hund
oder
eine
Katze,
die
wir
in
jede
Richtung
blicken
lassen
können.«
Selbstverständlich
ist
es
209
nicht
notwendig,
diese
kleine
Erklärung
auch
jenen
Kindern
zu
geben,
die
ohnehin
nie
seitenverkehrte
Buchstaben
zeichnen.
Im
Grunde
stünden
die
Chancen
gut,
dass
Kinder,
die
zu
Beginn
bestimmte
Buchstaben
seitenverkehrt
zeichnen,
irgendwann
von
selbst
den
Unterschied
zwischen
ihren
Ps
und
unseren
erkennen
und
korrigie-
ren
-
wie
dies
auch
bei
Fehlern
in
ihrer
Sprache
der
Fall
ist
-,
wenn
wir
nicht
so
großes
Aufheben
darüber
machten.
Aber
wenn
uns
der
Mut
verlässt
und
wir
das
Gefühl
haben,
etwas
wegen
seitenverkehr-
ter
Ps
sagen
zu
müssen,
sollte
es
etwas
in
der
Art
sein,
wie
ich
es
oben
beschrieben
habe.
Ich
vermute
jedoch,
dass
die
meisten
Kinder,
die
häufig
seiten-
verkehrte
Buchstaben
schreiben,
die
Formen
gar
nicht
vergleichen.
Wie
so
viele
Kinder,
die
ich
kennengelernt
und
unterrichtet
habe,
sind
sie
ängstlich,
durch
Regelungen
gehemmt
und
ständig
panisch
auf
der
Suche
nach
dem,
was
die
Erwachsenen
von
ihnen
wollen.
Sie
setzen
einfach
das
P,
das
sie
vor
sich
sehen,
in
eine
Reihe
von
Anwei-
sungen
um,
prägen
sich
diese
Anweisungen
ein
und
vergleichen
dann
das
von
ihnen
gezeichnete
P
mit
ihren
Anweisungen.
»Habe
ich
es
richtig
gemacht?
Ja,
die
eine
Linie
geht
von
oben
nach
unten,
und
da
ist
die
Linie
die
vom
oberen
Ende
zur
Seite
geht,
eine
Kurve
macht
und
wieder
auf
die
Linie
trifft,
die
von
oben
nach
unten
führt.
Ich
habe
die
Regeln
befolgt
und
alles
richtig
gemacht,
deshalb
muss
es
richtig
sein.«
Vielleicht
versuchen
sie
auch,
die
Formen
zu
vergleichen,
sind
aber
zu
ängstlich,
um
sie
deutlich
zu
sehen.
Wie
es
bei
ängstlichen
Menschen
oft
der
Fall
ist,
könnten
sie
in
dem
Moment,
in
dem
sie
die
Augen
vom
Original-P
zu
dem
von
ihnen
gezeichneten
P
gleiten
las-
sen,
bereits
das
Original-P
vergessen
haben,
oder
sie
vertrauen
nicht
auf
die
Erinnerung,
die
sie
von
ihm
haben.
Dieses
Gefühl,
plötzlich
nicht
mehr
seiner
eigenen
Erinnerung
vertrauen
zu
können,
ist
nicht
ungewöhnlich,
und
kommt
vor
allem
bei
ängstlichen
Menschen
häu-
fig
vor.
Wenn
ich
eine
Telefonnummer
heraussuche,
sehe
ich
oft
zwei
oder
drei
Mal
hintereinander
nach,
weil
ich
mich
jedes
Mal,
wenn
ich
die
Nummer
wähle,
plötzlich
frage:
»Habe
ich
sie
jetzt
auch
richtig
im
Kopf?«
Üblicherweise
kann
ich
diesen
unsinnigen
Kreislauf
nur
dann
durchbrechen,
wenn
ich
mir
sage:
»Egal,
ob
richtig
oder
falsch,
ich
wähle
sie
einfach.«
Zumeist
stellt
sie
sich
als
richtig
heraus.
Ich
kann
mir
jedoch
gut
vorstellen,
dass
eine
Person,
die
wenig
Vertrauen
in
sich
hat,
diesen
Prozess
häufiger
durchläuft.
Ich
bin
sicher,
dass
viele
210
meiner
durchgefallenen
Schüler
während
der
Prüfung
ständig
den
Gedanken
im
Kopf
hatten:
»Wenn
ich
daran
denke,
muss
es
falsch
sein.«
Es
ist
auch
gut
möglich,
dass
ein
Kind,
wenn
es
sich
eine
Reihe
von
Anweisungen
für
seine
Hand
ausdenkt,
auch
rechts
und
links
berücksichtigen
will.
Allerdings
baut
es
dabei
einiges
an
Verwirrung
ein,
worauf
ich
später
in
diesem
Kapitel
zurückkommen
werde,
so
dass
»rechts«
beim
Blick
auf
das
P
möglicherweise
genau
das
Gegen-
teil
von
»rechts«
ist,
wenn
das
Kind
sein
eigenes
P
zeichnet.
Unab-
hängig
von
den
möglichen
Gründen,
aus
denen
Kinder
Buchstaben
seitenverkehrt
zeichnen,
gibt
es
keinen
Grund
zu
glauben,
dass
sie
diese
tatsächlich
seitenverkehrt
sehen.
STRESS
UND
WAHRNEHMUNG
Aus
der
Art
und
Weise,
wie
eine
bestimmte
Expertengruppe
For-
schungen
betreibt,
lässt
sich
viel
über
ihre
Kompetenz
ableiten.
Im
Ersten
Weltkrieg
zeigten
sich
erste
Hinweise
darauf,
dass
lang
anhaltende
Ängste
und
Stress
schwere
Schäden
im
menschlichen
Nervensystem
hervorrufen.
Die
Schützengräben
waren
eine
Art
sata-
nisches
Labor
für
Stress.
Mehr
Soldaten
als
je
zuvor
lebten
längere
Zeit
als
je
zuvor
in
Kälte
und
Feuchtigkeit,
in
ständiger
Lebensgefahr
und
häufig
auch
unter
konstant
schwerem
Bombardement.
Unter
die-
sen
Bedingungen
litten
viele
an
einer
Störung,
welche
die
Ärzte
als
Schützengrabenschock
bezeichneten.
Einige
erblindeten
vollständig,
wurden
taub,
gelähmt
oder
zitterten
am
ganzen
Körper,
wieder
andere
verloren
vollständig
die
Kontrolle
über
ihre
Muskulatur.
Zunächst
vermuteten
die
Vorgesetzten
ein
Tauschungsmandver.
Aber
schon
bald
stellte
sich
heraus,
dass
diese
Soldaten
nichts
vor-
täuschten.
Ihre
vielfach
wie
körperlich
erscheinenden
Leiden
ließen
sich
nur
heilen,
indem
man
diese
Männer
aus
der
Stress-Situation
herausbrachte,
also
weg
von
der
Front.
Nach
einer
Weile
an
einem
sicheren
und
ruhigen
Ort
erholten
sie
sich
wieder,
so
dass
sie
ihre
Seh-
und
Hörfähigkeiten
sowie
die
Kontrolle
über
ihren
Körper
ganz
oder
teilweise
zurückerlangten.
Viele
konnten
sogar
wieder
an
die
Front
zurückkommandiert
werden.
Im
Zweiten
Weltkrieg
passierte
dasselbe.
Viele
Soldaten
der
bri-
tischen
Truppen,
die
an
den
Stränden
von
Dünkirchen
tagelang
unter
211
ständigem
Beschuss
durch
Maschinengewehre
und
Flugzeuge
gestanden
hatten,
brachen
infolge
dieses
Stresses
auf
dieselbe
Art
und
Weise
zusammen.
Unter
Ärzten
im
Zweiten
Weltkrieg
hieß
dieses
Symptom
»Psychoneurose«.
Die
Behandlung
bestand
grundsätzlich
aus
derselben
Maßnahme:
Die
betroffenen
Männer
wurden
aus
der
Gefahrenzone
und
somit
aus
der
Stress-Situation
weggebracht.
In
den
Jahren,
die
seitdem
vergangen
sind,
haben
sich
die
Hin-
weise
gehäuft,
dass
Stress
die
Ursache
für
körperliche
Leiden
sein
kann.
Sowohl
in
meiner
eigenen
Arbeit
mit
den
Kindern,
die
ich
unter-
richtete,
als
auch
bei
meinen
ersten
Bemühungen,
ein
Musikinstru-
ment
zu
erlernen,
habe
ich
allmählich
festgestellt,
dass
es
Kindern
—-
und
auch
mir
-
durch
Angst
wesentlich
schwerer
fällt,
klar
zu
sehen
und
zu
denken.
In
meinem
Buch
Aus
schlauen
Kindern
werden
Schüler
beschreibe
ich,
wie
ich
eines
Tages
aufgrund
von
Stress
für
kurze
Zeit
die
Fähigkeit
verlor,
zu
begreifen,
was
ich
sah.
Fünf
Jahre
später
beschrieb
George
Dennison
in
seinem
Buch
Das
Leben
von
Kindern
(Titel
der
Neuausgabe:
Gestaltpädagogik
in
Aktion.
Ein
Pra-
xisbericht)
in
schmerzlichen
und
beinahe
klinischen
Details
die
Aus-
wirkungen
von
Stress
und
Angst
auf
einen
seiner
Schüler.
Vernünftigerweise
hätte
man
dadurch
annehmen
können,
dass
Lehrer
und
Erzieher,
die
behaupteten,
dass
einige
Kinder
aufgrund
von
»Wahrnehmungsstörungen«
unter
Lernschwierigkeiten
litten,
nach
möglichen
Verbindungen
zwischen
diesen
Folgestörungen
und
den
Ängsten
von
Kindern
suchten.
Soweit
ich
bisher
feststellen
konnte,
haben
dies
nur
wenige
getan.
Vor
nicht
allzu
langer
Zeit
war
ich
einer
von
vielen
Rednern
bei
einer
großen
Konferenz
von
Fachleuten
zum
Thema
»Lernbehinde-
rungen«.
Vor
mehr
als
eintausend
Menschen
sprach
ich
über
die
Beweise
für
eine
Verbindung
zwischen
Angst
und
Wahrnehmungs-
störungen
und
anderen
Lernblockaden.
Ich
sprach
über
die
medizi-
nischen
Erfahrungen
aus
zwei
Weltkriegen
und
meine
eigenen
Erfah-
rungen
als
Lehrer
und
als
Anfänger
beim
Erlernen
eines
Musik-
instruments.
Dann
bat
ich
um
Meldungen
zu
folgenden
Fragen:
»Wer
von
Ihnen
hat
von
einer
Untersuchung
über
mögliche
Verbin-
dungen
zwischen
Wahrnehmungsstorungen
bei
Kindern
und
ihren
Ängsten
gehört
-
aber
nur
davon
gehört,
nicht
selbst
Messungen
durchgeführt,
wie
auch
immer
diese
Ängste
gemessen
wurden?
Wie
viele
von
Ihnen
haben
je
von
einer
Untersuchung
gehört,
die
es
sich
zum
Ziel
gesetzt
hat
festzustellen,
ob
und
in
welchem
212
Ausmaß
eine
Verringerung
der
messbaren
Ängste
von
Kindern
auch
eine
Verringerung
des
Auftretens
von
Wahrnehmungsstörungen
bewirkt?«
In
diesem
Saal
von
über
eintausend
Fachleuten
auf
diesem
Gebiet
hoben
nur
zwei
Menschen
die
Hand.
Was
die
anderen
mögli-
cherweise
wussten,
weiß
ich
nicht.
Auf
jeden
Fall
hoben
nur
zwei
die
Hand.
Ich
fragte
nach,
was
sie
wussten.
Einer
erzählte
mir
von
einer
Studie,
von
der
ich
vor
langer
Zeit
gehört
hatte.
Sie
wurde
von
einem
gerade
erst
diplomierten
Psychologen
durchgeführt,
der
sich
inner-
halb
des
»Bildungsestablishments«
noch
keinen
Namen
gemacht
hatte.
Er
hatte
eine
starke
Wechselbeziehung
zwischen
den
Ängsten
der
Kinder
und
Wahrnehmungsstörungen
entdeckt
und
festgestellt,
dass
durch
eine
Verringerung
der
Ängste
tatsächlich
auch
das
Auf-
treten
derartiger
Störungen
stark
zurückging
(daneben
spielte
die
Ernährung
noch
eine
wichtige
Rolle).
Der
andere
Zuhörer,
der
seine
Hand
gehoben
hatte,
sagte
nichts,
schrieb
mir
jedoch
später
einen
Brief.
Er
war
und
ist
Pro-
fessor
für
Pädagogik
an
einer
führenden
Universität
in
genau
der
Stadt,
in
der
die
Konferenz
stattfand.
Auch
er
hatte
jene
Art
von
Verbindung
vermutet,
über
die
ich
gesprochen
hatte.
Daraufhin
hatte
er
eine
Methode
für
den
Leseunterricht
entwickelt,
die
seiner
Meinung
nach
diese
Angst
minderte
und
hatte
diese
Methode
bei
einigen
Schülern
einer
Klasse
angewendet,
die
angeblich
unter
»Wahrnehmungsstörungen«
litten.
Bereits
nach
kurzer
Zeit
waren
diese
nach
Meinung
ihrer
Klassenlehrer
wesentlich
weniger
gehan-
dicapt
als
zuvor.
Und
dies
ungeachtet
der
Tatsache,
dass
diese
Klasse
vermutlich
erheblich
mehr
unter
Stress
stand
als
so
manche
andere,
die
ich
kannte,
oder
wie
dieser
Professor
sie
selbst
gestal-
tet
hätte,
wenn
er
nicht
in
relativ
kurzer
Zeit
Ergebnisse
hätte
vor-
weisen
müssen.
An
anderen
Orten
und
zu
anderen
Zeiten
hatte
ich
noch
weitere
Fragen
gestellt,
die
ich
bei
dieser
Gelegenheit
nicht
stellen
wollte.
Als
ich
erstmals
davon
hörte,
dass
Jungen
vier
bis
fünf
Mal
so
häufig
unter
»Wahrnehmungsstörungen«
oder
»Lernbehinderungen«
litten
wie
Mädchen,
stellte
ich
in
einem
Brief,
der
an
eine
landesweit
publi-
zierte
Zeitschrift
gerichtet
war,
die
Frage,
ob
es
bereits
Untersu-
chungen
gab
über
mögliche
Verbindungen
zwischen
dieser
vier-
bis
fünffachen
Häufigkeit
und
dem
Geschlecht
der
Lehrperson.
Bisher
213
habe
ich
noch
von
keiner
derartigen
Untersuchung
gehört.
Es
wäre
jedoch
gewiss
interessant
zu
erfahren,
welche
Zusammenhänge
möglicherweise
zwischen
dem
Auftreten
von
»Wahrnehmungs-
störungen«
bei
Kindern
und
der
messbaren
Angst
ihrer
Lehrer
beste-
hen.
Soweit
ich
weiß,
gibt
es
auch
darüber
noch
keine
Untersuchung.
Mittlerweile
haben
wir
guten
Grund,
dem
Fachwissen
von
Exper-
ten,
die
derartigen
Fragen
ausweichen,
äußerst
skeptisch
gegen-
überzustehen
Noch
eine
weitere
Anmerkung
zu
dieser
LB-Konferenz.
Auf
einem
der
vielen
Büchertische
gab
es
auch
Kopien
eines
Newsletters,
der
von
einer
führenden
LB-Vereinigung
herausgegeben
wurde.
Als
ich
einen
davon
durchlas,
stieß
ich
im
Artikel
der
ehemaligen
Präsiden-
tin
der
Vereinigung
auf
einen
überaus
ungewöhnlichen
Satz.
Sie
sagte,
dass
LB-»Spezialisten«
entschieden
darauf
beharren
sollten,
dass
die
Ursachen
für
diese
Lernbehinderungen
immer
neurologi-
scher
Natur
seien.
Gleichzeitig
gestand
sie
ein,
dass
es
bislang
nur
sehr
wenige
Hinweise
gäbe,
die
diese
Theorie
stützten.
Dann
fügte
sie
den
bemerkenswerten
Satz
hinzu:
»Wir
dürfen
nicht
das
Fehlen
von
Beweisen
als
Beweis
für
ihr
Fehlen
annehmen.«
Anders
ausge-
drückt:
Nur
weil
es
keine
Beweise
für
unsere
Theorie
gibt,
bedeutet
das
nicht,
dass
wir
sie
nicht
weiter
propagieren
sollen.
Die
Hypothese
des
»Riickwirtssehens«
wird
von
LB-Fachleuten
heute
nicht
mehr
herangezogen,
um
Dyslexie
zu
erklären.
Darüber
hinaus
hat
man
viele
Studien
durchgeführt,
um
der
Frage
auf
den
Grund
zu
gehen,
warum
einigen
Menschen
das
Lesen
so
schwer
fällt.
Bislang
hat
man
also
noch
keine
definitive
Antwort
auf
die
Frage
gefunden,
ob
Lern-
behinderungen
ausschließlich
als
neurologisches
Problem
betrachtet
wer-
den
sollen.
Trotzdem
ist
Holts
Aufruf;
auch
die
Lernumgebung
zu
berücksichtigen,
bestenfalls
eine
Fußnote
in
derartigen
LB-Studien,
obwohl
viele
Studien
ergeben
haben,
dass
LB,
das
ADS-Syndrom
und
ADHS-Verhalten
außerhalb
des
Klassenzimmers
häufig
nicht
sichtbar
sind.
Bevor
Sie
Ihrem
Kind
Medikamente
wie
Ritalin
verabreichen,
soll-
ten
Sie
-
wenn
möglich
-
Ihr
Kind
selbst
unterrichten
oder
es
an
einer
Schule
einschreiben,
die
Geduld
und
Erfahrung
hat
im
Umgang
mit
Spät-
lesern
oder
stark
energiegeladenen
Kindern.
Heute
gibt
es
eine
Vielzahl
an
Literatur
von
Psychiatern
wie
Dr.
Peter
Bregin
von
der
Johns
Hopkins
University
(Talking
Back
to
Ritalin:
What
Doctors
Aren’t
Telling
You
about
Stimulants
and
ADHD),
Erziehungspsychologen
wie
Dr.
Thomas
214
Armstrong
(Das
Märchen
vom
ADHS-Kind:
50
sanfte
Möglichkeiten,
das
Verhalten
Ihres
Kindes
zu
verbessern
-
ohne
Zwang
und
ohne
Psycho-
pharmaka)
und
anderen,
die
über
die
Verzehnfachung
der
Verschreibun-
gen
von
Ritalin
seit
Mitte
der
80er
Jahre
für
Kinder
-
und
vor
allem
für
Jungen
-
beunruhigt
sind.
Wie
Holt
bestreiten
auch
diese
Ärzte
nicht,
dass
es
Kinder
gibt,
die
übermäßig
energiegeladen,
wild
oder
schwierig
sind;
sie
sagen
lediglich,
dass
der
Einsatz
von
Medikamenten
bei
diesen
Kindern
nicht
die
vorrangige
Methode
sein
sollte,
um
den
Kindern
zu
helfen,
mit
ihren
»Lernbehinderungen«
fertig
zu
werden.®®
RECHTS
UND
LINKS
Viele
Erwachsene
machen
sich
übertriebene
Sorgen,
wenn
ihr
Kind
rechts
und
links
verwechselt,
einen
Buchstaben
seitenverkehrt
schreibt
oder
einige
Buchstaben
in
der
falschen
Reihenfolge
liest,
was
darauf
schließen
lässt,
dass
es
im
Hinblick
auf
rechts
und
links
verwirrt
ist.
Das
Ganze
nennt
sich
dann
»gemischte
Dominanz«,
»Wahrnehmungsstörungen«
oder
»Lernbehinderungen«.
Dem
Kind
wird
rasch
das
Gefühl
vermittelt,
»ein
ernstes
Problem
zu
haben«.
Spezialisten
werden
herbeigerufen
(sofern
diese
bezahlbar
sind),
um
der
Sache
Herr
zu
werden.
Mir
hat
einmal
ein
Kind
eine
vollkommen
überraschende
Frage
gestellt,
aus
der
ich
den
Schluss
zog,
dass
der
Grund
für
die
häufige
Rechts-links-Verwechslung
möglicherweise
nicht
bei
ihnen
liegt,
son-
dern
bei
uns
Erwachsenen
und
der
Art
und
Weise,
wie
wir
über
rechts
und
links
sprechen.
Daraus
wird
für
uns
die
Verwirrung
der
Kinder
verständlich
und
wir
können
sie
leichter
ausräumen.
Jüngere
Kinder
in
einer
Grundschule
arbeiteten
gerade
an
einem
Projekt,
als
ich
etwas
aus
meinem
Schreibtisch
brauchte
und
ein
Kind
bat,
es
für
mich
zu
holen.
Es
erklärte
sich
gerne
bereit
und
fragte,
wo
es
suchen
solle.
Ich
sagte:
»In
der
oberen
rechten
Schub-
lade«.
Daraufhin
folgte
eine
Pause.
Dann
fragte
das
Kind:
»Bei
wes-
sen
rechter
Hand,
meiner
oder
der
des
Tisches?«
Einen
Augenblick
lang
war
ich
perplex.
Dann
sah
und
verstand
ich.
Das
Kind
sah
in
dem
Tisch
eine
lebende
Kreatur,
die
es
an-
schaute.
Deshalb
sagte
ich:
»Bei
deiner
rechten
Hand.«
Daraufhin
ging
das
Kind
davon
und
kehrte
mit
dem
von
mir
gewünschten
Gegenstand
wieder.
Und
das
war
es.
215
Später
überlegte
ich
mir,
dass
vermutlich
viele
kleine
Kinder
Ani-
misten
sind
und
Gegenstände
als
Lebewesen
betrachten.
Ich
fragte
mich,
wie
viele
Kinder
wohl
dieselbe
Frage
im
Kopf
hatten,
ohne
sie
je
zu
stellen.
Und
wenn
sie
nicht
fragten,
wie
sollten
sie
je
die
Antwort
erfahren?
Vermutlich
aus
Erfahrung.
Sie
gingen
zu
dem
Tisch,
blick-
ten
in
die
vom
Tisch
aus
betrachtet
rechte
Lade
und
fanden
nichts,
sahen
in
der
von
ihnen
aus
rechten
Lade
nach
und
fanden
das
Gesuchte.
Auf
diese
Weise
lernten
sie
genau
wie
das
Kind,
das
ich
in
meinem
Buch
Wie
kleine
Kinder
schlau
werden
beschrieb.
Dieses
Kind
bat
die
am
Tisch
Sitzenden,
ihm
Salz,
Pfeffer
und
Butter
zu
geben.
Wurden
ihm
die
Dinge
gegeben,
lernte
es
somit
die
Bedeu-
tung
der
Worte.
Einige
Kinder
könnten
das
Erlebnis
mit
dem
Schreibtisch
auch
anders
deuten.
Sie
könnten
annehmen,
der
Erwachsene
hätte
sich
in
Bezug
auf
die
Lade
geirrt.
Oder
sie
könnten
glauben,
dass
sie
selbst
einen
Fehler
gemacht
hätten,
was
rechts
und
links
betraf.
Kin-
der,
die
sich
sorgten,
wenn
sie
Fehler
machten,
weil
sich
ihre
Eltern
oder
Lehrer
darüber
sorgten,
könnten
sich
bereitwillig
selbst
die
Schuld
für
ihre
Verwirrung
geben.
Als
ich
kürzlich
eingehender
darüber
nachdachte,
erkannte
ich,
dass
unsere
Erwachsenenregeln
für
rechts
und
links
verwirrender
sind,
als
ich
angenommen
hatte.
Wenn
wir
ein
Kind
bitten,
etwas
aus
der
rechten
Manteltasche
zu
nehmen,
meinen
wir
wirklich
die
rechte
Seite
des
Mantels
und
nicht
die
des
Kindes.
Wenn
wir
über
den
rech-
ten
Scheinwerfer
eines
Autos
sprechen,
tun
wir
das
aus
der
Wind-
schutzscheibenperspektive
(in
Fahrtrichtung
rechts).
Aber
die
rechte
Schublade
ist
gegenüber
unserer
rechten
Seite
und
nicht
an
der
vom
Schrank
aus
gesehenen
rechten
Seite.
Mitunter
sprechen
wir
Erwach-
senen
über
Dinge,
als
wären
sie
Menschen
und
mitunter
nicht.
Diese
Differenzierung
hat
für
Kinder
weder
Hand
noch
Fuß.
Warum
sollte
ein
Auto,
ein
Schiff
oder
ein
Zug
eine
eigene
rechte
Seite
haben,
ein
Schrank
aber
nicht?
[Anm.
d.
dt.
Hrsg.:
Eine
mögliche
Erklärung
ware:
Auto,
Schiff
oder
Zug
können
sich
fortbewegen,
ein
Schrank
aber
nicht
-
doch
was
ist
mit
dem
Mantel?]
Unter
Gruppenfotos
finden
wir
Texte
wie
»von
links
nach
rechts:
Jones,
Smith,
Brown
usw.«.
Das
Kind
hort
einen
Betrachter
sagen:
»Der
dort
rechts
bin
ich.«
Vom
Betrachter
oder
von
der
Gruppe
aus
rechts?
Die
Menschen
auf
der
rechten
Seite,
sind
in
Wirklichkeit
die
auf
der
linken
Seite
und
umgekehrt.
216
Doch
wie
werden
wir
das
je
lernen?
Meist
auf
dieselbe
Weise,
wie
wir
die
Grammatik
unserer
Sprache
erlernen,
die
so
kompliziert
ist,
dass
man
sie
bislang
noch
keinem
Computer
beibringen
konnte.
Kinder
lernen
sehr
früh,
dass
sich
die
Worte
»ich,
du,
er,
sie,
es«
USW.
auf
unterschiedliche
Menschen
beziehen,
in
Abhängigkeit
von
der
Person,
die
sie
sagt.
Wenn
man
darüber
nachdenkt,
ist
dies
auch
keine
leichte
Sache.
Aber
niemand
hat
es
ihnen
je
erklärt.
Und
auch
sie
selbst
sagen
sich
nicht
als
Kind:
»/ch
bezieht
sich
auf
die
Person,
die
spricht;
du
bezieht
sich
auf
die
Person,
die
angesprochen
wird;
wir
bezieht
sich
auf
ich
und
du
gemeinsam;
er,
sie,
es
bezieht
sich
auf
Personen
oder
Dinge,
über
die
gesprochen
wird.«
Sie
verwenden
die
Worte
einfach
in
dieser
Weise
und
es
funktioniert.
Ebenso
denken
die
wenigsten
Kinder:
»Autos,
Boote,
Mäntel,
Züge,
Flugzeuge
haben
alle
eine
eigene
rechte
Seite,
während
Bücher,
Fotos,
Schreibtische
und
Häuser
keine
eigene
rechte
Seite
haben.«
Sie
lernen
einfach
aus
Erfahrung,
was
wie
verwendet
wird,
und
machen
sich
keine
Gedanken
über
Widersprüche
-
ebenso
wenig
wie
sich
französische
Kinder
fragen,
warum
ein
Haus
weiblich
ist,
aber
ein
Gebäude
männlich,
ein
Mantel
männlich
und
ein
Hemd
weiblich,
und
deutsche
Kinder
fragen
sich
nicht,
warum
es
das
Tor
und
die
Tür
heißt.
Die
meisten
Kinder
machen
sich
keine
Gedanken
über
diese
Widersprüchlichkeiten,
andere
schon,
ohne
sich
weiter
darum
zu
kümmern
oder
einen
Sinn
darin
erkennen
zu
wollen
-
so
und
nicht
anders
ist
es
einfach.
Aber
manche
Kinder
sind
Philosophen.
Sie
untersuchen
alles.
Sie
erwarten
und
wollen,
dass
die
Dinge
einen
Sinn
ergeben,
und
wenn
dem
nicht
so
ist,
wollen
sie
den
Grund
dafür
in
Erfahrung
bringen.
Wieder
andere
fühlen
sich
durch
diese
Verwir-
rung
und
dieses
Paradox
beeinträchtigt,
besonders
wenn
sie
sehen,
dass
die
Menschen
handeln,
als
ergäben
die
Dinge
einen
Sinn,
wo
keiner
erkennbar
ist.
Auf
einer
tieferen
Ebene
ihres
Seins
fragen
sie
sich:
»Bin
ich
verrückt?«
Ich
vermute,
dass
der
Großteil
der
Kinder,
die
in
der
Schule
und
im
Leben
ständig
Schwierigkeiten
mit
links
und
rechts
haben,
letz-
terer
Gruppe
angehört.
Nachdem
sie
mehrere
Rechts-links-Fehler
gemacht
haben,
die
ihnen
nur
unterlaufen
sind,
weil
sie
unsere
ver-
rückten
Regeln
für
rechts
und
links
noch
nicht
begriffen
haben,
glau-
ben
sie
allmählich:
»Ich
muss
dumm
sein.
Die
Sache
mit
rechts
und
links
werde
ich
nie
begreifen.«
Schon
bald
geraten
sie
in
Panik,
217
sobald
sie
die
Worte
nur
hören.
Werden
sie
nach
rechts
und
links
gefragt,
versuchen
sie
durch
geschicktes
Taktieren,
andere
Hinweise
herauszulocken.
Allgemein
nehmen
sie
an,
dass
mit
ihnen
selbst
etwas
nicht
stimmt.
Wenn
sich
dies
wirklich
so
verhält,
was
können
wir
dann
dage-
gen
unternehmen?
Zunächst
sollten
wir
es
uns
nicht
zur
Aufgabe
machen,
die
Regeln
für
links
und
rechts
zu
»lehren«.
Die
meisten
Kin-
der
haben
auch
ohne
Unterweisung
herausgefunden,
wo
links
und
WO
recht
ist.
Man
hat
ihnen
lediglich
im
Kleinkindalter
gesagt:
»Das
ist
deine
rechte
Hand,
das
ist
dein
linker
Fuß«
usw.
Sie
sollen
ruhig
auf
diese
Weise
weiterlernen.
Aber
wenn
ein
Kind
in
dieser
Hinsicht
verwirrt
oder
ängstlich
wirkt,
können
wir
die
Regeln
ein
wenig
ver-
deutlichen
indem
wir
sagen:
»Ich
meine
deine
rechte
Hand
und
nicht
die
rechte
Seite
des
Schreibtischs«
oder
»Ich
meine
die
rechte
Seite
des
Mantels,
nicht
deine
rechte
Seite.«
Vielleicht
fügen
wir
auch
noch
hinzu:
»Ich
weiß,
dass
es
ein
wenig
verrückt
klingt,
aber
so
sehen
wir
die
Dinge.
Mach
dir
keine
Gedanken,
du
wirst
dich
schon
daran
gewohnen.«
OST
UND
WEST
Als
ich
uber
rechts
und
links
nachdachte,
fiel
mir
die
Geschichte
eines
Geografielehrers
von
einer
Uberaus
interessanten
und
uber-
raschenden
Entdeckung
ein.
Manche
Kinder
haben
keine
Schwierigkeiten
im
Umgang
mit
Karten
und
Himmelsrichtungen,
andere
hingegen
reagieren
wie
die
Kinder,
die
ich
in
meinem
Buch
Aus
schlauen
Kindern
werden
Schüler
beschrieben
habe.
Sollen
sie
auf
der
Landkarte
den
Osten
ausfindig
machen,
fahren
sie
mit
den
Handen
in
alle
Richtungen,
wobei
sie
sorgfaltig
im
Gesicht
des
Lehrers
nach
Hinweisen
suchen,
ihre
diesbezuglich
fahigen
Klassenkameraden
beobachten
oder
sonst
wie
tricksen.
Die
meisten
Lehrer
lassen
es
dabei
bewenden
und
denken:
»Gute
Schuler,
schlechte
Schuler,
man
bekommt
von
jeder
Sorte
welche.«
Aber
irgendwo
bemerkte
ein
Lehrer
etwas
Auffalliges.
Wenn
Kinder
aufgefordert
werden,
auf
einer
Karte
den
Osten
zu
zeigen,
deuten
einige
wenige
immer
in
die
falsche
Richtung,
aber
dabei
auch
immer
in
dieselbe
Richtung.
Nahere
Untersuchungen
haben
ergeben,
218
dass
ein
geringer
Prozentsatz
an
Menschen
-
zu
denen
sowohl
Kin-
der
als
auch
Erwachsene
gehören
-
einen
ausgeprägten
Orientie-
rungssinn
besitzt.
Es
ist,
als
hätten
sie
einen
Kompass
im
Kopf,
oder
als
wäre
der
Boden
unter
ihren
Füßen
mit
Richtungslinien
versehen.
Ob
ihr
Kompass
und
ihre
Richtungslinien
korrekt
gekennzeichnet
waren,
und
ob
ihr
Osten
mit
dem
tatsächlichen
Osten
überein-
stimmte,
erzählte
mir
mein
Informant
nicht.
Aber
wenn
man
sie
nach
einer
bestimmten
Richtung
fragte,
deuteten
sie
immer
in
dieselbe
Richtung.
Meine
Mutter
besaß
einen
derartigen
Orientierungssinn.
Wenn
wir
auf
einer
unbekannten,
gewundenen
Straße
durch
die
Vororte
fuhren,
und
die
Übrigen
längst
die
Orientierung
verloren
hatten,
wusste
sie
immer
noch,
wo
wir
waren,
in
welche
Richtung
wir
fuhren,
und
welche
Straße
wir
nehmen
mussten,
um
an
unser
Ziel
zu
gelan-
gen.
Ein
angeborenes
Talent?
Vielleicht,
auch
wenn
man
es
vermut-
lich
erlernen
kann.
Für
Kinder
mit
diesem
Talent
kann
die
Frage:
»Wo
ist
Osten?«
nur
bedeuten:
»Wo
ist
der
wahre
Osten,
der
Weltosten?«
Sobald
wir
dies
begreifen,
können
wir
auch
zwischen
dem
Weltosten
und
dem
Landkartenosten
unterscheiden
(was
wir
in
jedem
Fall
tun
sollten).
Sobald
Kinder
begreifen,
welche
Beziehung
zwischen
Land-
karten
und
den
darauf
abgebildeten
Gebieten
besteht,
was
wir
ihnen
erleichtern
können,
indem
wir
Landkarten
von
ihrem
Zimmer,
dem
Haus,
dem
Garten,
dem
Block
oder
dem
Wohnviertel,
usw.
herstellen,
können
wir
ihnen
auch
weiterführende
Fragen
stellen
wie
z.
B.:
»Wenn
du
hier
wärest«
-
und
dabei
auf
einen
Punkt
auf
der
Karte
zeigen
-
»und
du
nach
Osten
gingest,
wohin
würdest
du
dann
auf
der
Karte
gehen?«
Oder
wir
könnten
zunächst
den
Weg
tatsächlich
abgehen
und
dann
auf
der
Landkarte
nachsehen,
wohin
wir
gegangen
sind.
Wenn
wir
dies
ein
paar
Mal
machten,
wäre
ein
Kind
imstande,
auch
den
Landkartenosten,
Landkartennorden
usw.
zu
zeigen.
Als
ich
mit
einem
befreundeten
Lehrer
(er
unterrichtet
Mathe-
matik)
darüber
sprach,
lachte
er
und
sagte,
er
habe
als
Kind
jahre-
lang
geglaubt,
dass
der
Norden,
und
damit
meinte
er
den
Weltnor-
den,
direkt
nach
oben
ginge,
und
der
Weltsüden
direkt
nach
unten,
weil
er
es
so
auf
allen
Landkarten
gesehen
hatte,
die
in
der
Schule
an
der
Wand
aufgehängt
waren.
Nach
und
nach
kam
er
von
selbst
darauf,
wie
es
wirklich
war.
Diese
Gedanken
über
Osten
und
Westen
führten
mich
vor
kurzem
zu
einem
neuen
Gedanken.
Angenommen,
es
gäbe
einige
219
Menschen,
die
glaubten,
dass
sich
rechts
und
links,
wie
Osten
und
Westen,
auf
etwas
in
der
Welt
selbst
bezog,
dass
somit
rechts
ein
Weltrechts
bezeichnet
und
links
ein
Weltlinks.
Wie
könnten
diese
Menschen
anhand
unseres
Gesprächs
über
rechts
und
links
je
he-
rausfinden,
was
was
ist?
Einmal
ist
das
Weltrechts
hier,
dann
ist
es
dort.
Wir
können
uns
ihre
Verwirrung
und
vermutlich
auch
ihr
Ent-
setzen
nur
schwer
ausmalen.
Die
meisten
würden
wohl
nach
kurzer
Zeit
glauben,
dass
sie
einfach
zu
dumm
seien,
um
etwas
herauszu-
finden,
das
allen
anderen
anscheinend
leicht
fällt.
Allerdings
ließe
sich
die
Verwirrung
rasch
lösen,
wenn
sie,
oder
wir,
nur
die
richtigen
Fragen
stellten.
Was
ist
zu
tun,
wenn
ein
Kind
im
Hinblick
auf
rechts
und
links
anscheinend
verwirrt
ist?
Zunächst
sollten
wir
ruhig
bleiben
und
nicht
in
Panik
geraten.
Vor
allem
sollten
wir
dem
Kind
ausreichend
Zeit
las-
sen,
um
es
selbst
herauszufinden.
Wir
können
aber
auch
durch
kleine
Hinweise
helfen.
Wenn
wir
Kindern
die
ersten
Male
sagen,
wel-
che
Hand
unsere
rechte
Hand
ist
und
welche
unsere
linke,
wäre
es
vermutlich
günstig,
dabei
in
dieselbe
Richtung
zu
sehen
wie
das
Kind.
Das
Kind
könnte
dabei
vor
uns
stehen,
oder
auf
unserem
Schoß
sit-
zen.
Oder
wenn
wir
einmal
in
dieselbe
Richtung
sehen,
könnten
wir
beide
ein
Spielzeug
in
die
rechte
Hand
nehmen
und
sehen,
dass
unsere
rechten
Hände
auf
derselben
Seite
sind,
solange
wir
in
die
selbe
Richtung
blicken,
aber
dass
sie
auf
unterschiedlichen
Seiten
sind,
sobald
wir
einander
gegenüber
stehen.
Vermutlich
wäre
es
bes-
ser,
nicht
zuviel
darüber
zu
reden,
während
wir
dies
tun.
Zeigen
Sie
es
dem
Kind
nur
gelegentlich
als
eine
weitere
interessante
Tatsache
auf
dieser
Welt.
Außerdem
sollten
wir
nicht
annehmen,
dass
Kinder,
nur
weil
sie
ihre
rechte
und
linke
Hand
kennen,
verstehen,
was
wir
mit
rechten
Schubladen
oder
Manteltaschen
meinen
-
oder
dass
sie
damit
auch
all
unsere
seltsamen
Regeln
zu
rechts
und
links
begreifen.
Wenn
wir
über
derartige
Dinge
sprechen,
sollten
wir
noch
eine
ganze
Weile
zusätzlich
andeuten,
welche
Seite
wir
wirklich
meinen.
Wenn
ein
Kind
damit
offenbar
keine
Mühe
hat,
besteht
keine
Notwendigkeit,
etwas
darüber
zu
sagen,
und
ist
es
sogar
klüger,
nichts
zu
sagen.
Wenn
ein
Kind
jedoch
übermäßig
verwirrt
oder
ängstlich
wirkt,
sollten
wir
ihm
unsere
Regeln
zu
rechts
und
links
deutlicher
erklären.
220
10
Kinder
und
Arbeit
DIE
PASSENDE
ARBEIT
FINDEN
In
seinem
Buch
Aufwachsen
im
Widerspruch
spricht
Paul
Goodman
ein
wichtiges
Thema
an:
»Die
zentrale
Frage
lautet,
was
bedeutet
es,
mit
der
Tatsache
aufzuwachsen,
dass
ich
während
meiner
pro-
duktiven
Jahre
täglich
acht
Stunden
darauf
verwenden
werde,
etwas
Sinnloses
zu
tun.«
Später
schrieb
er
in
einem
Essay,
der
in
einer
Sammlung
seiner
Werke
unter
dem
Titel
Nature
Heals
veröffentlicht
wurde:
Wenn
Jugendliche
in
einer
Welt
aufwachsen,
in
der
sie
keine
Beziehung
zwischen
Aktivität
und
Leistung
erkennen
können,
glauben
sie,
dass
man
alles
mit
Blendwerk
erreicht,
dass
man
Prüfungen
durch
Schwindeln
besteht,
dass
Leistung
nur
unter
Druck
erbracht
wird,
dass
man
Güter
an
ihrer
Verpackung
erkennt
und
dass
man
einen
Menschen
nach
seinem
Äußeren
beurteilt.
Jene
Missetäter,
die
ohne
lesen
zu
können
die
Schule
verlassen
und
dadurch
noch
schlechter
imstande
sind,
an
solchermaßen
geregelten
Aktivitäten
teilzunehmen,
beweisen
viel
Gefühl
und
Leben,
wenn
sie
direkt
nach
der
Belohnung
für
diese
Aktivitäten
streben
-
nach
Geld,
Glamour
und
Berühmtheit
...
Es
ist
wahrlich
entmutigend,
mit
einer
Gruppe
Jugendlicher
zusammen
zu
sein,
die
einfach
nicht
wissen,
was
sie
mit
sich
und
ihrem
Leben
anfan-
gen
sollen.
Kaiser,
König,
Edelmann,
Bürger,
Bauer,
Bettelmann?
Sie
haben
einfach
kein
Ziel
und
nicht
genug
Fantasie,
um
sich
eines
auszu-
denken.
Aber
es
stimmt
nicht,
dass
es
ihnen
einerlei
ist.
Ihr
»Na
und?«
offenbart
Verletzlichkeit,
ihr
Blick
ist
schrecklich
scheu
und
flehentlich.
221
(Wenn
ich
»entmutigend«
sage,
meine
ich,
dass
mir
dabei
die
Tränen
kom-
men,
und
selbst
als
Anarchist
und
Pazifist
habe
ich
in
diesem
Fall
das
Gefühl,
dass
sie
in
der
Armee
besser
aufgehoben
wären.)
Paul
Goodman
schrieb
hier
über
arme
Jungen.
Doch
schon
in
den
60er
Jahren
galt
dasselbe
für
wohlhabende
Jugendliche.
In
jenen
Tagen
wurde
ich
häufig
aufgefordert,
auf
High-School-Versamm-
lungen
zu
sprechen,
die
zumeist
in
den
reichen
Vororten
von
Groß-
städten
stattfanden.
Nahezu
immer
sprach
ich
dabei
auch
über
den
Unterschied
zwischen
Job,
Karriere
und
Arbeit:
Bei
einem
Job
erle-
digst
du
für
Geld
etwas
Vorgegebenes,
was
du
vermutlich
ansonsten
nicht
tun
würdest,
für
Geld
aber
schon.
Eine
Karriere
ist
eine
Anein-
anderreihung
von
Jobs.
Wenn
du
deinen
vorherigen
Job
eine
Weile
gut
gemacht
hast,
kannst
du
einen
besser
bezahlten
Job
bekommen,
der
vielleicht
auch
etwas
interessanter
und
weniger
mühevoll
ist.
Wenn
du
auch
diesen
Job
eine
Weile
gut
erfüllt
hast,
könnte
dir
dein
Boss
oder
ein
anderer
einen
noch
etwas
besseren
Job
geben
usw.
Die
Summe
daraus
ist
das,
was
man
eine
»Karriere«
nennt.
Unter
Arbeit
verstehe
ich
etwas
anderes,
was
auch
als
Berufung
bezeichnet
werden
kann
-
etwas,
das
wir
um
seiner
selbst
willen
tun,
weil
es
wertvoll
erscheint
und
wofür
wir
uns
gerne
entscheiden,
selbst
wenn
es
eine
schlechte
oder
sogar
keine
Bezahlung
gibt.
Ich
fuhr
dann
fort,
dass
es
in
diesem
Sinne
eine
unserer
wichtigsten
und
schwierigsten
Aufgaben
im
Leben
sei,
die
passende
Arbeit
zu
finden,
und
dass
wir
uns
-
selbst
wenn
wir
sie
gefunden
haben
-
nach
eini-
ger
Zeit
erneut
auf
die
Suche
machen
müssen,
weil
diese
Tätigkeit
nach
einer
gewissen
Zeit
möglicherweise
nicht
mehr
die
richtige
ist.
Ich
fügte
hinzu,
dass
die
zentrale
Frage:
»Was
will
ich
wirklich
tun?
Was
erscheint
mir
wertvoll
genug,
um
meine
Zeit
dafür
aufzubrin-
gen?«
nicht
von
Schulen
(oder
anderen
Erwachsenen)
gestellt
wird,
und
wir
von
diesen
zumeist
auch
keine
Unterstützung
erhalten.
Sie
betrachten
es
lediglich
als
ihre
Aufgabe,
uns
auf
die
Bedürfnisse
des
Arbeitsmarktes
vorzubereiten
-
auf
Jobs
und
Karriere,
egal
ob
ein-
fach
oder
höherrangig.
Wir
müssen
also
selbst
herausfinden,
welche
Arbeit
getan
werden
muss
und
in
dieser
Welt
getan
wird,
und
wo
und
auf
welche
Weise
wir
daran
teilnehmen
können.
Während
ich
all
dies
sagte,
beobachtete
ich
die
Gesichter
meiner
Zuhörer,
um
herauszufinden,
wie
sie
sich
bei
meinen
Worten
fühlten.
Was
ich
üblicherweise
sah
und
in
den
anschließenden
Fragen
hörte,
222
machte
auf
mich
den
Eindruck,
dass
diese
Schüler
vor
allem
dach-
ten:
»Dieser
Kerl
muss
direkt
vom
Mars
gekommen
sein;
eine
Arbeit,
die
man
nicht
ausschließlich
des
Geldes
wegen
tut?«
Für
die
mei-
sten
war
dies
unvorstellbar
und
alle
anderen
dachten
ebenso.
Arbeit
war
etwas,
was
man
für
eine
Belohnung
von
außen
tat
-
für
ein
Gehalt,
wenn
man
zur
Durchschnittsbevölkerung
zählte,
oder
für
Reichtum,
Macht
und
Berühmtheit,
wenn
man
zu
den
Privilegierten
gehörte.
Von
keinem
dieser
jungen
Leute,
zu
denen
ich
sprach,
bekam
ich
je
eine
hoffnungsvolle,
positive,
enthusiastische
Reaktion
auf
meine
Worte.
Ich
erinnere
mich
auch
nicht,
von
all
diesen
Schülern,
die
zu
den
jungen
Menschen
mit
den
günstigsten
Startbedingungen
im
(zumindest
damals)
reichsten
Land
der
Welt
zählten,
auch
später
jemals
einen
Brief
in
der
Art
bekommen
zu
haben:
»Mr.
Holt,
dies
oder
das
interessiert
mich
sehr
und
ist
mir
wichtig,
auf
welche
Weise
kann
ich
Arbeit
in
diesem
Bereich
finden?«
WIE
MAN
ECHTE
ARBEIT
FINDET
Ich
war
an
Bord
des
U-Bootes
U.S.S
Barbero
westwärts
auf
dem
Weg
nach
Pearl
Harbor,
als
wir
die
Nachricht
von
der
Atombombe
beka-
men.
Schon
damals
war
mir
klar,
dass
innerhalb
kürzester
Zeit
jedes
Land,
das
dies
wollte,
derartige
Waffen
herstellen
konnte
und
würde.
Mir
erschien
es
einleuchtend,
dass
es
nur
eine
Möglichkeit
gab,
eine
weltweite
Verbreitung
von
Atomwaffen
zu
verhindern,
und
damit
den
Atomkrieg
zu
beenden.
Und
dies
war
eine
Art
Weltregierung.
Als
wir
im
Oktober
1945
in
die
USA
zurückkehrten,
um
unser
U-Boot
»ein-
zumotten«
,
versuchte
ich,
Menschen
aufzuspüren,
die
in
der
einen
oder
anderen
Weise
ebenfalls
für
eine
Weltregierung
arbeiteten.
Zur
Mitte
des
darauffolgenden
Sommers
beschloss
ich,
dass
es
not-
wendig
war,
diese
Arbeit
hauptberuflich
zu
tun.
So
erkundigte
ich
mich
bei
drei
Weltregierungsorganisationen
nach
einem
Job.
Zwei
hatten
nichts
für
mich.
Die
dritte
hatte
im
Augenblick
nichts,
erklärte
jedoch,
dass
der
junge
Mann
aus
der
Postabteilung
im
Herbst
aufs
College
zurückgehen
würde,
und
ich
seinen
Job
für
35
Dollar
pro
Woche
bekommen
könnte.
Ich
sagte
zu.
Im
Herbst
begann
ich
zu
arbeiten.
Ich
verpackte
und
verschickte
Informationsmaterial,
stempelte
die
Post,
führte
die
Mitgliederdatei,
bediente
die
Adress-
223
beschriftungsmaschine
und
erledigte
jeden
anderen
anspruchslosen
Job,
der
anfiel.
Eines
Tages
sagte
man
mir,
dass
die
Junior
Chamber
of
Commerce
in
Bayonne/New
Jersey
eben
einen
Vortragsredner
angefragt
habe,
dass
aber
an
diesem
Tag
all
unsere
Vortragenden
beschäftigt
seien.
Ob
ich
die
Aufgabe
übernehmen
würde?
Ich
schluckte
und
sagte
zu.
Dies
war
die
erste
von
etwa
sechshundert
Reden,
die
ich
für
diese
Organisation
hielt.
Später
verließ
ich
die
Post-
abteilung
und
arbeitete
als
»Feldorganisator«.
Ich
reiste
umher,
hielt
Reden
und
versuchte,
lokale
Gruppen
aufzubauen.
1952
verließ
ich
die
Organisation
und
verbrachte
den
Großteil
des
nächsten
Jahres
damit,
möglichst
kostengünstig
in
Europa
zu
leben
und
umher
zu
reisen.
Als
ich
zurückkehrte,
überlegte
ich,
in
die
Landwirtschaft
zu
gehen,
weil
ich
schon
damals
sehr
an
dem
interessiert
war,
was
wir
heute
Ökologie
nennen.
Meine
Schwester,
die
mich
erfolglos
zu
überreden
versuchte,
Lehrer
zu
werden,
brachte
mich
dazu,
ein
kleines
Internat
für
Mädchen
und
Jungen
zu
besu-
chen.
Die
Colorado
Rocky
Mountain
School,
die
John
und
Anne
Hol-
den
vor
kurzem
in
Carbondale
in
Colorado
eroffnet
hatten.
Da
diese
Schule
beabsichtigte,
sowohl
die
Gebaude
selbst
zu
errichten,
als
auch
die
Nahrung
selbst
herzustellen,
konnte
ich
ihrer
Meinung
nach
wahrend
dieser
bezahlten
Arbeit
viel
von
dem
lernen,
was
ich
wis-
sen
musste,
um
mich
selbst
mit
Landwirtschaft
zu
befassen.
Ich
dachte:
»Es
kann
ja
nicht
schaden,
mir
das
einmal
anzusehen«.
So
besuchte
ich
die
Schule
zwei
Wochen
nach
ihrer
Eröffnung,
ver-
brachte
einen
Tag
dort,
lebte
das
Leben
der
Schule
mit,
besuchte
ein
paar
Kurse,
sprach
mit
den
Schülern,
half
einigen
mit
ihren
Arbeiten
und
spielte
in
der
Freizeit
ein
wenig
Fußball
mit
ihnen.
Es
gefiel
mir.
Und
meine
innere
Stimme
flUsterte
mir
dieselbe
Botschaft
zu
wie
vor
Jahren,
als
ich
erstmals
mit
einem
U-Boot
ab-
tauchte:
»Das
ist
richtig.
Das
ist
der
richtige
Platz
fur
dich.«
Am
nachs-
ten
Tag,
kurz
bevor
es
Zeit
wurde
zu
gehen,
sagte
ich
zu
John
Holden:
»Wissen
Sie,
es
gefällt
mir
hier
und
ich
würde
gerne
hier
bleiben
und
arbeiten.«
Er
antwortete
mir
auf
eine
Weise,
die
einigen
ablehnend
erscheinen
könnte:
»Nun,
wir
freuen
uns,
Sie
hier
zu
haben.
Da
gibt
es
nur
ein
Problem.
Wir
haben
keinen
Platz,
wo
wir
Sie
unterbringen
können,
kein
Geld,
um
Sie
zu
bezahlen,
und
an
und
fur
sich
nichts,
was
Sie
tun
kdonnten.«
Ich
antwortete
daraufhin:
»Wenn
Sie
mir
nur
ein
Dach
Uber
dem
Kopf
besorgen,
ist
es
mir
egal,
wo
Sie
mich
unter-
bringen.
Und
wenn
ich
hier
essen
darf,
kann
ich
vermutlich
auch
ohne
224
Geld
leben.
Zumindest
für
eine
Weile.
Und
ich
bin
ziemlich
sicher,
dass
ich
etwas
zu
tun
finde.«
Dieses
Angebot
konnte
er
nicht
zurück-
weisen.
»Wenn
Sie
bereit
sind,
auf
dieser
Grundlage
hier
mitzuar-
beiten,
sind
Sie
willkommen«,
antwortete
er
lachend.
Zwei
Wochen
später
kehrte
ich
zurück.
Ein
bis
zwei
Monate
lang
wohnte
ich
in
einem
kleinen
Gebäude,
das
einst
ein
Getreidespei-
cher
gewesen
war
und
nun
in
eine
Krankenstube
umgebaut
wurde.
Ich
schlief
auf
einem
Feldbett
neben
einer
Tischsäge,
musste
über
Berge
von
Sägemehl
steigen,
um
zu
Bett
zu
gehen,
und
lebte
aus
dem
Koffer.
Ich
fand
auch
viel
zu
tun.
Zunächst
bereitete
ich
täglich
das
Frühstück
für
die
Schule,
unterrichtete
einzelne
Schüler
in
Öko-
nomie,
Trigonometrie
und
Lesen
und
leitete
das
Fußballtraining.
Als
eine
andere
Lehrerin
nach
ihrer
Heirat
fortging,
übernahm
ich
ihr
Zimmer
und
ihr
Gehalt
(etwa
1750
Dollar
pro
Jahr).
Im
nächsten
Jahr
gab
ich
regelmäßig
Kurse
in
Englisch
und
Mathematik
und
war
zusätzlich
Geschäftsführer
der
Schule.
Als
man
im
Jahr
darauf
einen
hauptberuflichen
Geschäftsführer
einstellte,
unterrichtete
ich
neben
Englisch
und
Mathematik
auch
Französisch.
Ich
unterrichtete
dort
vier
Jahre,
arbeitete
hart,
hatte
eine
großartige
Zeit
und
lernte
eine
Menge.
Das
wichtigste
an
derartigen
Geschichten
ist,
dass
viele
Men-
schen,
die
in
dieser
Welt
ernsthafte
Arbeit
leisten
(im
Gegensatz
zu
schlichtem
Geldverdienen),
überarbeitet
sind
und
zu
wenig
Hilfe
bekommen.
Wenn
ein
junger,
oder
nicht
mehr
ganz
so
junger
Mensch
Zu
ihnen
sagt:
»Ich
glaube
an
Ihre
Arbeit
und
will
Ihnen
in
jeder
erdenklichen
Weise
helfen,
und
ich
würde
gerne
jede
Arbeit
machen,
die
Sie
mir
zuweisen,
oder
die
ich
selbst
finde,
für
eine
geringe
Ent-
lohnung,
oder
ganz
ohne
Bezahlung,
solange
ich
Verpflegung
und
Unterkunft
bekomme«,
werden
vermutlich
viele
sagen:
»Gerne,
fang
gleich
an!«
Durch
die
gemeinsame
Arbeit
wird
der
Neuling
allmäh-
lich
lernen,
was
sie
tun,
erhält
selbst
immer
interessantere
und
wich-
tigere
Aufgaben,
und
wird
vielleicht
so
wertvoll,
dass
man
Mittel
und
Wege
findet,
seine
Arbeit
zu
bezahlen.
Auf
jeden
Fall
lernt
man
durch
diese
Zusammenarbeit
und
die
Gemeinschaft
mit
derartigen
Men-
schen
mehr
als
in
jeder
Schule
und
jedem
College.
225
EIN
FALSCHER
START
Ich
habe
einen
engen
Freund,
den
ich
noch
von
der
High
School
kenne.
Er
hatte
ausgezeichnete
Zensuren,
kam
aus
wohlhabenden
Verhältnissen,
und
als
er
die
High
School
beendete,
war
es
für
ihn
selbstverständlich,
auf
ein
»gutes«
College
zu
gehen.
Weil
er
in
Eng-
lisch
immer
schon
gut
war,
wählte
er
es
als
Hauptfach.
Vier
Jahre
und
20
000
Dollar
später
hatte
er
einen
Collegeabschluss.
Was
kam
als
nächstes?
Seine
Zensuren
waren
immer
noch
gut,
er
hatte
immer
noch
Zeit,
seine
Eltern
hatten
immer
noch
Geld,
deshalb
ging
er
auf
eine
»gute«
Graduate
School
(Hochschule
für
Aufbaustudien),
um
sei-
nen
Doktortitel
in
Englisch
zu
machen
(was
mittlerweile
notwendig
ist).
Während
all
dieser
Jahre
blieben
wir
gute
Freunde.
Als
er
sämt-
liche
erforderlichen
Kurse
für
seinen
Abschluss
absolviert
und
seine
Doktorarbeit
geschrieben
hatte,
fragte
ich
ihn:
»Wenn
du
dies
alles
hinter
dir
hast,
was
wirst
du
dann
tun?«
Die
Frage
schien
ihn
zu
über-
raschen.
Nach
einer
Pause
sagte
er:
»Ich
weiß
nicht.
Vermutlich
werde
ich
an
irgendeinem
College
Englisch
unterrichten.«
Daraufhin
hakte
ich
nach:
»Ist
das
wirklich
das,
was
du
tun
willst?«
Diese
Frage
schien
ihn
noch
mehr
zu
erstaunen.
Nach
einer
Weile
sagte
er:
»Nein,
nicht
wirklich,
aber
was
kann
ich
sonst
tun?«
Das
wiederum
über-
raschte
mich.
Ist
das
alles,
wofür
ein
Doktortitel
gut
ist?
Er
begann
Englisch
zu
unterrichten
an
einer
kleinen,
staatlichen
Universität
im
westlichen
Bergland,
das
er
sehr
liebte.
Schon
bald
fand
er
heraus,
dass
seine
Studenten
nur
aufs
College
gingen,
um
ihren
Abschluss
zu
machen,
und
keinerlei
Interesse
hatten
an
dem,
was
er
gelernt
hatte
und
sie
lehren
wollte.
Sie
wollten
nur
wissen
und
fragten
auch
sehr
höflich:
»Was
müssen
wir
tun,
um
den
Kurs
zu
bestehen?«
Das
nahm
seiner
Lehrtätigkeit
jeglichen
Sinn.
Eine
Zeit
lang
versuchte
er,
seine
Stunden
abzusitzen,
sein
Gehalt
einzustrei-
chen
und
sich
auf
die
Landwirtschaft,
die
Jagd,
das
Angeln,
Wan-
dern,
Campieren
und
Skifahren
zu
konzentrieren,
was
er
alles
gerne
tat,
und
sich
nicht
darum
zu
kümmern,
was
seinen
Studenten
gefiel
oder
nicht.
Es
funktionierte
nicht.
Er
hielt
es
mehrere
Jahre
aus,
wobei
es
ihm
von
Jahr
zu
Jahr
schwerer
fiel.
Schließlich
kündigte
er.
Nach
einigen
schwierigen
Jahren
ist
er
heute
Zimmermann
und
Bau-
unternehmer.
Er
arbeitet
sorgfältig
und
fachmännisch
in
einer
Stadt,
in
der
es
genug
Bedarf
an
seiner
Arbeit
gibt,
so
dass
er
immer
beschäftigt
ist
und
seine
Arbeit
gefunden
hat.
Allerdings
ist
es
226
schade,
dass
er
fünfzehn
Jahre
seines
Lebens
und
40
000
Dollar
seiner
Eltern
aufwenden
musste,
um
herauszufinden,
dass
er
kein
Englischprofessor
sein
wollte.
Dennoch
hatte
er
das
Glück,
genug
Geld
im
Rücken
zu
haben,
um
das
Risiko
eingehen
zu
können,
seinen
Job
aufzugeben
und
sich
nach
einer
Arbeit
umzusehen,
die
ihm
wertvoll
erschien.
Für
die
meisten
Menschen
gestaltet
sich
dieser
Weg
erheblich
schwieriger.
Eine
junge
Frau,
die
kurz
vor
ihrem
Lehrabschluss
stand,
sagte
mir
einst:
»Nun,
ich
habe
hier
zwei
Dinge
gelernt:
Erstens,
dass
ich
keine
Kinder
mag,
und
zweitens,
dass
ich
nicht
gerne
unterrichte.«
Auf
meine
Frage,
warum
sie
dann
weitermache,
antwortete
sie:
»Weil
ich
muss.
Ich
habe
zu
viel
Zeit
und
Geld
in
das
Erlernen
dieses
Berufes
investiert.
Ich
kann
mich
nicht
einfach
umdrehen
und
etwas
Neues
anfangen.«
Wenn
mich
meine
Schüler
fragten,
ob
sie
aufs
College
gehen
sollten,
antwortete
ich
damals
wie
heute,
dass
ein
Collegeabschluss
kein
Zauberschlüssel
sei,
der
jede
Tür
öffnet.
Er
öffnet
wohl
einige,
aber
bevor
man
viel
Zeit
und
Geld
investiert,
um
einen
solchen
Schlüssel
zu
bekommen,
wäre
es
günstig
herauszufinden,
welche
Türen
er
überhaupt
öffnet
und
was
dahinter
liegt.
Wenn
einem
dies
gefällt,
sollte
man
überlegen,
ob
es
nicht
auch
einfachere
Wege
dort-
hin
gibt.
ERWACHSEN
WERDEN,
VIELLEICHT
NICHT
ABSURD
Wie
viel
jungen
Menschen
das
Wissen
bedeuten
kann,
dass
es
dort
draußen
in
der
Welt
Arbeit
gibt,
die
ihnen
wertvoll
erscheint,
lässt
sich
an
den
Briefauszügen
einer
High-School-Schülerin
aus
Massa-
chusetts
ablesen:
Obwohl
ich
im
Lauf
der
Zeit
eine
sehr
negative
Haltung
der
Schule
gegen-
über
entwickelt
habe,
war
ich
dennoch
sehr
unglücklich
und
besorgt
wegen
meiner
schulischen
Leistungen.
Lernen
interessierte
mich
zwar
immer
noch,
ich
empfand
es
aber
im
Klassenzimmer
als
langweilig.
Obwohl
in
sämtlichen
Kursen
Anwesenheitspflicht
herrschte,
begann
ich,
den
Unter-
richt
zu
schwänzen.
Dabei
war
ich
nicht
die
Einzige.
Eine
ganze
Gruppe
von
uns
hing
in
der
verdreckten
Mädchentoilette
herum,
weil
es
in
der
Schule
keinen
Aufenthaltsraum
gab.
Das
gesamte
Schuljahr
war
eine
Kata-
strophe.
Bis
zum
Beginn
des
vierten
Terms
[das
Schuljahr
in
den
USA
ist
227
in
vier
»Terms«
unterteilt]
war
ich
aus
allen
-
bis
auf
zwei
-
Kursen
aus-
gestiegen.
Diese
Kurse
legte
ich
auf
den
Vormittag,
so
dass
ich
immer
schon
um
11
Uhr
mit
der
Schule
fertig
war
...
Ich
lernte
schon
im
dritten
Jahr
Spanisch,
als
ich
ausstieg,
weil
ich
in
einer
feindseligen
Atmosphäre
nicht
lernen
konnte.
...
Oft
suchte
ich
Zuflucht,
indem
ich
während
der
Schulzeit
Marihuana
rauchte.
Damit
durchbrach
ich
die
Monotonie
des
Schulalltags.
Es
wirkte
sich
nicht
negativ
auf
mein
Studium
aus,
da
ich
mich
außergewöhnlich
gut
konzentrieren
konnte,
während
ich
»high«
war.
Allerdings
hat
es
meine
Einstellung
vollkommen
ruiniert,
vor
allem,
als
es
Zeit
wurde
zu
entschei-
den,
ob
ich
in
die
nächste
Klasse
gehen
sollte
oder
nicht.
...
Auch
die
Beziehung
zu
meinen
Eltern
litt
darunter
...
Außerhalb
der
High
School
traf
ich
mich
häufig
mit
älteren
Jugendlichen
...
Meine
Eltern
machten
diese
für
meine
geänderte
Haltung
verantwortlich.
Vielleicht
waren
sie
es
wirklich
bis
zu
einem
gewissen
Grad.
Einige
hatten
die
High
School
abgebrochen,
und
kein
einziger
von
ihnen
ging
aufs
College,
bis
auf
einen
Jungen,
der
nach
zwei
Jahren
aufgab.
Sie
schienen
überhaupt
keine
Ziele
zu
haben
...
Nun,
hier
bin
ich.
Ich
hoffe,
dass
ich
aufs
College
gehen
kann,
obwohl
das
bei
meiner
High-School-Akte
nicht
sicher
ist.
Jugendliche
neigen
dazu,
in
ihrer
Abschlussklasse
alles
zu
vermasseln.
Ich
werde
hart
arbeiten,
um
die
Fehler
meines
letzten
Jahres
wieder
gutzumachen.
Aber
...
ich
fühle
mich
in
der
Schule,
zu
Hause
und
sogar
von
meinen
»Freunden«
ausge-
schlossen.
...
Ich
wüsste
gerne,
ob
Sie
Vorschläge
haben.
Ich
interessiere
mich
für
Ökologie,
Naturschutz,
Englisch,
Schriftstellerei,
Geschichte,
Gärtnern,
Fotografie
(obwohl
ich
keine
Kamera
besitze),
die
Herstellung
von
Silber-
schmuck
(ich
habe
schon
einen
Anfängerkurs
absolviert),
alternative
Ener-
giequellen
(vor
allem
für
Sonnenenergie)
...
In
meiner
Antwort
schlug
ich
vor,
dass
sie
während
des
Sommers
das
New
Alchemy
Institute
in
Woods
Hole/Massachusetts
besuchen
solle.
Die
Neuen
Alchimisten
sind
eine
Gruppe
von
Menschen,
die
geleitet
-
oder
besser
gesagt
zusammengeführt,
inspiriert
und
koor-
diniert
-
werden
von
John
und
Nancy
Jack
Todd,
die
nach
Wegen
suchen,
wie
die
Menschen
dort
mit
bescheidenem
Komfort
in
großer
Erdverbundenheit
leben
können.
Das
Institut
ist
eine
kleine
Experi-
mentier-
und
Forschungseinrichtung,
in
der
mit
solarbetriebenen
Gewächshäusern,
Fischzucht,
extensiver
Nahrungsgewinnung,
Forst-
228
wirtschaft,
Windenergieanlagen,
Kompostierung,
biologischer
Schäd-
lingsbekampfung
und
Würmerzucht
experimentiert
wird.
So
klein
es
auch
sein
mag,
erscheint
mir
dieses
Unternehmen
eine
der
wichtig-
sten
Arbeitsgruppen
überhaupt
zu
sein.
Es
ist
keineswegs
eine
Über-
treibung,
wenn
ich
behaupte,
dass
die
Gesundheit
und
das
Glück
unseres
Landes,
der
menschlichen
Rasse
und
unseres
Planeten
zu
einem
Großteil
davon
abhängen,
was
dort
gelehrt
wird.
Auf
jeden
Fall
besuchte
die
Schülerin
dieses
Institut
im
Dezem-
ber
desselben
Jahres
und
schrieb
mir
erneut:
Mit
diesem
Brief
will
ich
Ihnen
vor
allem
für
Ihren
Ratschlag
danken.
Ich
hatte
geschrieben,
dass
ich
mich
für
biologische
Landwirtschaft
interessiere,
und
Sie
schlugen
vor,
dass
ich
das
New
Alchemy
Institute
besuchen
solle.
An
einem
Samstag
setzten
meine
Mutter
und
ich
Ihren
Vorschlag
in
die
Tat
um.
Und
obwohl
ich
keine
Gelegenheit
hatte,
mit
einem
der
Alchimisten
zu
spre-
chen,
habe
ich
es
sehr
genossen,
die
Farm
zu
erkunden.
Ich
habe
an
einem
Seminar
zur
Aufzucht
von
Regenwürmern
teilgenommen
und
mir
einen
Film
über
die
derzeitige
Notlage
kleiner
Farmen
in
unserem
Land
angesehen.
Im
vergangenen
Frühjahr
brachte
der
Boston
Globe
einen
Artikel
über
das
New
Alchemy
Institute
...
Ich
habe
ihn
mit
in
die
Schule
genommen,
um
ihn
meinem
Freund
und
Schulberater
zu
zeigen.
Ich
habe
ihm
auch
Ihren
Brief
gezeigt
und
kann
ohne
Übertreibung
sagen,
dass
der
Mann
begeistert
war
...
Er
hat
das
Institut
noch
nie
besucht,
hofft
jedoch,
im
Frühjahr
einen
Besuch
mit
einer
Gruppe
von
interessierten
Schülern
orga-
nisieren
zu
können
...
Während
des
Sommers
verschlechterte
sich
meine
Einstellung
gegenüber
der
Schule
gravierend.
Ich
wollte
mein
letztes
High-School-Jahr
im
Zuge
eines
alternativen
Lernprozesses
absolvieren.
Aber
als
der
Schul-
beginn
im
September
näher
rückte,
beschloss
ich,
dass
ich
innerhalb
des
Systems
arbeiten
müsse,
wenn
ich
einen
halbwegs
zufriedenstellenden
akademischen
Abschluss
für
das
College
erreichen
wollte.
Der
Besuch
im
New
Alchemy
Institute
hat
bei
mir
einen
bleibenden
Eindruck
hinterlas-
sen
und
meine
Entscheidung
beeinflusst,
als
Hauptfach
auf
dem
College
Biowissenschaft
und
Landwirtschaft
zu
wählen.
Ich
will
jedoch
nicht
nur
für
das
College
meine
akademischen
Fähigkeiten
verbessern,
sondern
mir
auch
selbst
beweisen,
dass
ich
immer
noch
imstande
bin,
eine
gute
Schülerin
zu
sein,
auch
wenn
sich
meine
Einstellung
einer
strukturierten
und
traditionellen
Ausbildung
gegenüber
geändert
hat.
Die
schulischen
Niederlagen
des
letzten
Jahres
haben
beinahe
mein
Selbstwertgefühl
zerstört.
229
Ich
habe
mich
in
fünf
Hauptfächern
eingeschrieben
(zusätzlich
noch
in
Sporterziehung),
obwohl
ich
nur
fünf
Scheine
und
ein
Jahr
Sport
benötigt
hätte,
um
das
Diplom
zu
bekommen.
Ich
bin
derzeit
eingeschrieben
in
einen
Spezialkurs
Spanisch
Ill,
Latein
I,
Meeresbiologie
und
Tierverhalten,
Ökonomie
und
ein
Fortgeschrittenenpraktikum
in
Englisch!
Sie
dürfen
mir
glauben,
das
ist
eine
echte
Änderung
meiner
akademischen
Ausbildung
im
Vergleich
zum
letzten
Jahr
...
DER
DIREKTE
WEG
Aus
einem
Artikel
der
Sports
Illustrated
(vom
17.
Dezember
1979)
geht
hervor,
dass
man
auch
direkt
auf
seine
gewahlte
Arbeit
zusteu-
ern
kann:
Eines
der
jungsten
und
erfolgreichsten
Designteams
im
heutigen
Hoch-
seeregattasport
wird
von
dem
32-jahrigen
Ron
Holland,
einem
sehr
unge-
wohnlichen
Chef,
geleitet.
Holland
hatte
in
seiner
Heimatstadt
Auckland
in
Neuseeland
die
Abschlussprufungen
der
Secondary
School
[entspricht
in
Deutschland
etwa
der
Realschule]
nicht
bestanden,
war
mehrmals
in
Mathematik
durchgefallen
(was
man
eigentlich
als
Yachtdesigner
braucht)
und
besitzt
keinerlei
offizielle
Qualifikationen
auf
dem
Gebiet
des
Schiffs-
baus.
Er
hat
sogar
seine
Lehre
als
Schiffsbauer
abgebrochen.
Dennoch
will
heute
jeder
ein
Holland-Design.
...
Mit
16
verließ
er
die
Secondary
School,
weil
sie
ihm
»zu
akademisch«
war,
wie
er
sagte,
und
erzahlte
seiner
Mutter
erst
spater
davon.
Doch
schon
damals
schien
er
zu
wissen,
dass
Boote
seine
Berufung
werden
sollten.
Bis
ihm
sein
Grundschullehrer
das
Buch
Im
Schwalbental
von
Arthur
Ransome
vorstellte,
eine
klassische
Kindergeschichte
uber
einen
Segelurlaub
in
den
englischen
Norfolk
Broads,
hatte
Holland
noch
nie
etwas
gelesen.
Seine
Lehrer
hatten
ihn
immer
wieder
in
den
Lese-Forderunterricht
geschickt.
Aber
nach
Schwalbental
wurde
er
zum
Bucherwurm.
Er
segelte
seit
seinem
siebten
Lebensjahr,
als
sein
Vater
ihm
ein
2,10
Meter
langes
Dinghi
gekauft
hatte,
und
hatte
sich
auch
nicht
entmutigen
lassen,
als
er
bei
seiner
ersten
Regatta
Vierter
und
somit
Letzter
wurde.
Holland
stieg
als
Lehrling
in
den
Yachtbau
ein
und
warf
den
Job
schon
bald
wieder
hin,
weil
ihm
sein
Boss
nicht
freigeben
wollte,
um
an
Hoch-
seeregatten
teilzunehmen
...
Annahernd
drei
Jahre
arbeitete
er
mit
amerikanischen
Designern,
zu-
nächst
mit
Gary
Mull
und
schließlich
mit
dem
extravaganten
Charlie
Morgan.
230
Im
Jahr
1973,
nach
weniger
als
drei
Jahren
sporadischer
Design-
erfahrung,
wechselte
Holland
erneut
den
Kurs.
Er
verließ
Morgan,
um
sich
für
seinen
eigenen
Vierteltonner
Eygthene
bei
der
Weltmeisterschaft
im
englischen
Weymouth
einzusetzen.
Das
radikale
Design
basierte
auf
Intuition,
nicht
auf
»reiner
Arithmetik«,
wie
Holland
heute
eingesteht.
Die
Eygthene
siegte.
Gerade
noch
rechtzeitig,
denn
er
lebte
mit
Laurel,
die
er
1971
gehei-
ratet
hatte,
an
Bord
des
vollgestopften
Vierteltonners.
Ein
möglicher
Ver-
kauf
war
eben
erst
gescheitert,
und
sein
Bankkonto
war
leer.
Ron
Holland
ist
ein
gutes
Vorbild
für
all
jene
Menschen,
die
selbst
versuchen,
ihre
Arbeit
zu
finden.
Wer
seine
Berufung
kennt,
sollte
auf
möglichst
direktem
Weg
darauf
zusteuern.
Wenn
Sie
eines
Tages
Boote
bauen
wollen,
sollten
Sie
dorthin
gehen,
wo
man
Boote
baut
und
so
viel
wie
möglich
darüber
lernen.
Wenn
Sie
alles
gelernt
haben,
was
die
Menschen
dort
wissen
oder
Ihnen
vermitteln
können,
sollten
Sie
weiterziehen.
Selbst
in
einem
technisch
so
hochentwickelten
Bereich
wie
dem
Yachtbau
werden
Sie
schon
bald
feststellen,
dass
Sie
ebensoviel
wissen,
wie
die
anderen,
und
genug,
um
alles
damit
zu
tun,
was
Sie
tun
wollen.
Wenn
jedoch
in
dem
von
Ihnen
gewählten
Arbeitsbereich
nie-
mand
bereit
ist,
Sie
ohne
einen
entsprechenden
Schulabschluss
ein-
treten
zu
lassen,
müssen
Sie
vielleicht
ein
wenig
Zeit
und
Geld
in
eine
Ausbildung
investieren,
um
das
gewünschte
Zertifikat
zu
erhal-
ten.
Auch
wenn
Sie
feststellen,
dass
es
vieles
gibt,
was
Sie
wissen
wollen
oder
müssen,
was
die
Menschen,
mit
denen
Sie
zusammen-
arbeiten,
Ihnen
aber
nicht
vermitteln
können,
mag
der
Besuch
einer
Schule
sinnvoll
sein.
Aber
Sie
dürfen
nicht
annehmen,
dass
die
Schule
der
beste
oder
der
einzige
Weg
ist,
um
etwas
zu
lernen,
ohne
sich
vorher
gut
informiert
zu
haben.
Möglicherweise
gibt
es
schnel-
lere,
kostengünstigere
und
effektivere
Wege.
Hier
einige
weitere
Beispiel.
Dieses
stammt
aus
Solar
Age
vom
Dezember
1979:
Im
Alter
von
22
Jahren
ist
Ken
Schmitt
Leiter
der
Forschungs-
und
Ent-
wicklungsabteilung
von
Alternative
Energy
Limited
(AEL),
einem
kleinen,
neu
gegründeten
Unternehmen
...
das
ab
kommendem
Jahr
[Alkohol-]
Destillate
verkaufen
will
...
Mit
17
besaß
er
ein
Bauunternehmen,
das
ihm
»das
nötige
Kapital
für
Experimente
lieferte«.
Während
der
letzten
beiden
Jahre
hatte
Schmitt
mit
231
Solarsystemen
experimentiert.
Seine
Pilotanlage
zur
Methanolsynthese
(Holzgeist)
könnte
der
Vorläufer
einer
Anlage
werden,
die
pro
Tag
knapp
zwei
Millionen
Liter
für
die
Kraftfahrzeuge
von
Los
Angeles
erzeugt;
und
fünf
ausländische
Staaten
werden
möglicherweise
die
Rechte
für
einen
Pyrolyseprozess
erwerben,
den
er
entwickelt
hat.
Und
dieses
aus
The
Boston
Monthly
vom
Dezember
1979:
Der
Leiter
der
Boston
Computer
Society,
einer
Gruppe,
die
regelmäßig
einen
Newsletter
herausbringt
und
Versammlungen
abhalt,
um
Computer-
ideen
und
-informationen
kennenzulernen
und
auszutauschen,
ist
16
Jahre
alt.
Die
Techniker
vieler
lokaler
Computergeschafte
sind
High-School-
Schuler.
Computerland
in
Wellesley
hat
einen
ehrenamtlichen
Fachmann
mit
gigantischem
Computerwissen,
der
fur
seine
Kundenbetreuung
mit
unbegrenzter
Computernutzung
bezahlt
wird
-
er
ist
zwölf
Jahre
alt.
ERNSTHAFTE
ARBEIT
Eine
mir
bekannte
Familie
reiste
in
einem
umgebauten
Bus
durchs
Land
und
blieb
immer
eine
Weile
in
einer
Stadt,
die
sie
interessierte,
oder
in
der
sie
sympathische
Menschen
kannte,
ehe
sie
weiterzog.
Vor
nicht
allzu
langer
Zeit
schrieb
der
Vater:
Mein
Freund
Sam
wurde
vor
kurzem
»Kurzzeitinhaber«
eines
Lebens-
mittelgeschaftes,
weil
der
Eigentümer
Urlaub
machen
wollte.
Sam
be-
schloss,
die
Gelegenheit
beim
Schopf
zu
ergreifen
und
aus
seiner
ein-
woOchigen
»Inhaberschaft«
den
Ertrag
eines
Monats
zu
machen.
Er
heuerte
mich
an,
um
wahrend
der
Abwesenheit
des
Eigentumers
verschiedene
Elektro-
und
Tischlerarbeiten
zu
erledigen.
Man
musste
Eindruck
schin-
den.
Viele
Verbesserungen.
Wer
den
Scheck
ausschreibt,
der
hat
die
Macht
-
heuern
und
feuern
-
Chef
fur
einen
Tag!
Wir
mussten
lange
vor
Öffnung
des
Ladens
beginnen.
Ich
rittelte
die
Kinder
um
sechs
Uhr
wach
und
fuhr
mit
ihnen
los.
Die
Kids
kamen
mit
mir
und
dem
Werkzeug
in
den
Laden.
Sam
erlaubte
ihnen,
im
Laden
zu
spielen,
und
die
Vorstellung,
einen
Supermarkt
ganz
fur
sich
allein
zu
haben,
gefiel
ihnen
ausgezeichnet.
Supermarkte
sind
meist
voller
Men-
schen
-
vor
allem
voller
Erwachsener.
Kinder
sind
eher
unerwünscht.
Ubli-
cherweise
werden
sie
von
den
Müttern
gemafiregelt,
wenn
sie
nach
den
Süßigkeiten
greifen,
die
vom
cleveren
Management
sorgfältig
in
ihrer
Reichweite
platziert
werden.
232
Nun,
nicht
an
diesem
Morgen
-
da
gehörte
ihnen
der
Laden
ganz
allein.
Einige
Zeit
sausten
sie
durch
die
Gänge
und
genossen
den
freien
Raum.
Innerhalb
einer
Stunde
fühlten
sie
sich
wie
zu
Hause
und
setzten
sich
in
der
Delikatessenabteilung
an
einen
Tisch,
um
ein
mitgebrachtes
Buch
zu
lesen.
Kurz
darauf
tauchte
Sam
in
Panik
auf!
Die
Fruchtsaftproduktion
im
Nebenraum
war
zwei
Stunden
hinter
den
Zeitplan
zurückgefallen,
weil
die
Behälter
nicht
rechtzeitig
geliefert
worden
waren.
Die
verschiedenen
frisch
gepressten
Säfte
waren
der
Verkaufshit
des
Ladens
und
wurden
jeden
Morgen
frisch
zubereitet.
Panik!
Die
Kunden
würden
kommen
und
es
gäbe
keinen
Fruchtsaft.
Man
würde
Geld
verlieren
und
die
Moral
würde
sinken.
Als
»Kurzzeitinhaber«
stellte
Sam
geringere
Qualifikationsanforderungen
als
ein
durchschnittlicher
Supermarktmanager.
So
fragte
er:
»Wer
will
einen
Job?«
Frank
und
George
waren
ohnehin
knapp
bei
Kasse
und
sagten
zu.
»Wascht
euch
die
Hände
und
kommt
mit.«
Gemeinsam
gingen
sie
in
die
kleine
Saftfabrik,
wo
Sam
die
neuen
Helfer
dem
Saftproduzenten
vor-
stellte.
Als
ich
etwa
eine
halbe
Stunde
später
vorbeischaute,
bot
sich
mir
ein
erstaunliches
Bild.
Ich
hatte
Frank
und
George
noch
nie
mit
solcher
Begeis-
terung
bei
der
Arbeit
gesehen.
Frank
füllte
Flaschen
mit
Karottensaft,
die
George
abwischte,
etikettierte
und
mit
einem
Preisschild
versah.
Der
Saft-
produzent
steckte
Karotten
bündelweise
in
eine
große
Schälmaschine,
dann
in
den
Häcksler
und
schließlich
in
eine
Hydraulikpresse.
Literweise
floss
der
Karottensaft
heraus,
während
die
Jungen
mit
aufgerissenen
Augen
zusahen
und
ihre
Hände
so
schnell
arbeiteten,
dass
die
Bewegun-
gen
vor
ihren
Augen
verschwammen.
Bisher
existierten
Karotten
für
sie
nur
in
Reihen
mit
ein
paar
Zentimetern
Abstand
in
der
Erde
oder
gebün-
delt
in
Plastikbeuteln.
Diese
Maschinen
fraßen
Karotten
wie
ein
giganti-
scher
Dinosaurier.
Das
Tempo
war
atemberaubend.
Der
Saftproduzent
kannte
seine
Arbeitsabläufe
aus
dem
Effeff,
und
die
Jungen
übernahmen
seinen
Rhythmus.
Es
war
ein
Tanz,
bei
dem
man
Schritt
halten
musste.
Kommandos
wurden
in
knappen
Sätzen
erteilt
und
ausgeführt.
Keine
Zeit
für
Diskussionen
oder
Erklärungen;
echte
Arbeit
-
ein
echtes
Produkt
-
ein
echtes
Klassenzimmer.
Innerhalb
weniger
Minuten
wurden
Säcke
von
Karotten
zu
Saftflaschen
a
85
Cent.
George
sagte:
»Mir
ist
es
egal,
ob
uns
Sam
bezahlt
oder
nicht.
Das
macht
Spaß.«
Drei
Stunden
später
war
ich
dann
fertig,
der
Laden
geöffnet,
und
die
Jungen
hatten
immer
noch
Spaß.
Drei
große
Eimer
mit
trockenem
Karottenmus
standen
vor
der
Tür
zur
Saftküche.
Franks
T-Shirt
war
vom
233
orangefarbenen
Saft
durchtränkt.
George
zeichnete
eine
Kiste
Flaschen
neu
aus,
weil
er
sie
mit
58
Cent
anstatt
85
Cent
etikettiert
hatte.
Kein
Tadel
wegen
des
Fehlers
-
einfach
neu
auszeichnen.
Immerhin
musste
auch
der
Saftproduzent
eine
ganze
Ladung
Karotten
wegwerfen,
die
vor
dem
Schälen
im
Häcksler
gelandet
war.
Menschen
machen
nun
einmal
Fehler.
Leider
sind
sie
an
Schultischen
verboten.
Als
ich
gerade
mein
Frühstück
im
Bus
beendet
hatte,
kamen
beide
mit
jeweils
drei
Dollar
in
der
Hand
herein.
Sie
hatten
in
diesen
drei
Stunden
härter
gearbeitet,
als
ich
es
je
zuvor
bei
ihnen
beobachtet
hatte,
und
sie
waren
geradezu
ekstatisch.
Sie
hatten
neues
Wissen
erworben,
neue
Würde
(immerhin
hatten
sie
den
Tag
gerettet)
und
eigenes
Geld
verdient.
Mein
Lohn
war
es,
sie
dort
zu
sehen.
Eine
Mutter
berichtet:
John
(4)
hat
einen
weiteren
Quantensprung
gemacht.
Wir
sind
Marktgärt-
ner.
Er
hat
um
ein
eigenes
Beet
gebeten
und
es
bekommen.
Es
wurde
(nach
seinen
Anweisungen)
mit
einem
Band
gekennzeichnet.
Im
Treibhaus
züch-
tet
er
die
Radieschenpflanzen,
die
er
später
verkauft.
Dies
alles
gehört
ihm.
Dennoch
versuchen
wir,
ihm
dabei
zu
helfen,
seine
Vorstellungen
und
Ideen
umzusetzen.
Das
bedeutet
auch,
dass
ich
ihm
auf
sein
Bitten
hin
helfe,
seine
Radieschen
zu
verziehen,
weil
er
»zu
müde«
ist.
Als
ich
jedoch
gestern
beständig
Pflanzen
umsetzte,
nahm
er
eine
Gartenhacke
und
hakte
dort,
wo
ihm
dies
notwendig
erschien.
Er
arbeitete
ungefähr
eine
Stunde
lang
hart,
und
zwar
genauso
gut
wie
ich.
Wenn
er
etwas
gut
macht,
lobe
ich
ihn
üblicherweise.
Aber
diesmal
wäre
es
geradezu
lächerlich
überflüssig
gewe-
sen.
Als
würde
ich
meinem
Mann
sagen,
was
für
ein
guter
Junge
er
sei,
weil
er
so
hart
arbeite.
Während
dieser
Zeit
war
John
mir
im
Unternehmen
gleichgestellt.
Ich
war
begeistert.
Eine
Mutter
aus
Manitoba
schreibt:
Einer
der
besten
Augenblicke
in
den
ersten
beiden
euphorischen
Monaten
ohne
Schule
war
eine
Marathonsitzung
in
dem
Biochemielabor,
in
dem
ich
arbeite.
Ich
hatte
ein
48-Stunden-Experiment
in
Gang
gesetzt,
das
mitten
in
der
Nacht
überprüft
werden
musste.
In
der
ersten
Nacht
begleitete
mich
Joel.
Wir
hatten
Schwierigkeiten
mit
einer
der
Maschinen,
einem
Fraktio-
nensammler,
der
die
Teströhrchen
unter
ein
langes
dünnes
Rohr
hält,
das
langsam
das
zu
sammelnde
Material
ausspuckt.
Wir
blieben
bis
fast
fünf
Uhr
früh,
und
Joel
beschäftigte
sich
zumeist
damit,
mit
Hilfe
einer
Stopp-
uhr
die
Tropfenrate
aus
dem
Rohr
zu
prüfen,
die
Bewegungsgeschwindig-
234
keit
der
Röhrchen
und
des
Kontrollstiftes
einer
anderen
Maschine
-
all
diese
Arbeiten
waren
notwendig,
um
die
Aufgabe
zu
erfüllen
-
und
er
genoss
es,
diese
Arbeiten
zu
erledigen.
Wir
verließen
das
Gebäude,
als
die
letzten
Sterne
am
Himmel
ver-
blassten.
Auf
einer
nahe
gelegenen
Weide
grasten
in
völliger
Stille
Schafe
und
Rinder.
Nur
die
Vögel
waren
zu
horen.
Joel
war
erstaunt,
dass
er
tatsächlich
all
die
Nachtstunden
durchgehalten
hatte,
ohne
zu
schlafen.
Ich
dachte
an
all
die
Kinder,
die
nie
dieses
Glücksgefühl
haben,
nur
weil
sie
an
die
Stunden
gebunden
sind,
die
ihnen
von
den
Schulen
vorge-
schrieben
werden.
Wir
schliefen
den
ganzen
Vormittag
und
kehrten
für
die
nächsten
Prü-
fungen
erst
am
Nachmittag
ins
Labor
zurück,
und
dann
wieder
in
der
Nacht
und
am
folgenden
Tag.
Joel
wollte
bis
zum
Ende
dabei
sein,
und
das
war
er
auch.
In
dieser
kurzen
Zeitspanne
lernte
er
die
unterschied-
lichsten
Dinge
über
Volumen-
und
Zeiteinheiten,
Multiplikationen
und
Divi-
sionen,
Brüche,
Lichtabsorption,
Magnete,
Lösungen
und
viele
andere
Dinge
mehr.
Und
das
war
derselbe
Junge,
der
in
der
Schule
den
Mathe-
matikunterricht
gehasst
hatte
und
von
einigen
sogar
als
»langsam«
und
»faul«
bezeichnet
worden
war.
Eine
Mutter
aus
New
Hampshire
schreibt:
T.,
A.
und
ich
...
verdienen
den
Großteil
unseres
Einkommens
durch
Sai-
sonarbeit
auf
Obstplantagen,
indem
wir
gegen
Ende
des
Winters
zwei
Monate
lang
Äpfel
pflücken.
Wir
verlassen
unser
Zuhause
und
arbeiten
an
verschiedenen
Orten.
...
Im
Alter
von
5
Jahren
begann
A.,
aus
eigenem
Antrieb
zu
pflücken.
Sie
drehte
ihre
Regenjacke
um
und
verwendete
die
Kapuze
als
Früchte-
korb.
Sie
war
sehr
stolz
auf
sich.
Sie
arbeitete
den
ganzen
Tag
und
pflückte
drei
Scheffel.
Am
nächsten
Regentag
fabrizierten
wir
für
sie
aus
einem
Müllsack
und
einem
abgeschnittenen
Hosenbein
einen
Viertel-Eimer.
Genau
wie
bei
unseren
Eimern
öffnete
sich
zum
Entleeren
der
untere
Teil
aus
Stoff.
T
baute
für
sie
eine
drei
Meter
lange
Leiter
(er
baut
und
ver-
kauft
Pflückleitern).
Sie
pflückte
an
der
Unterseite
unserer
Bäume
und
wir
zahlten
ihr,
was
wir
pro
Scheffel
vor
Abzug
von
Verpflegung
und
Miete
verdienten.
Heute,
5
Jahre
später,
besitzt
sie
einen
maßgefertigten
Halbeimer
und
eine
fünf
Meter
lange
Leiter.
Sie
arbeitet
an
den
meisten
Tagen
zwei
oder
mehr
Stunden,
pflückt
nach
denselben
Qualitätsstandards
wie
wir
und
erhält
ihre
eigene
Abrechnung.
Und
wenn
wir
mit
der
Crew
unterwegs
sind,
235
bezahlt
sie
ungefähr
die
Hälfte
ihrer
Lebenshaltungskosten
aus
ihrem
Ein-
kommen.
Sie
kann
gut
mit
der
Leiter
umgehen
und
pflückt
so
viel
wie
mög-
lich
an
der
Oberseite
der
Baumkrone.
Wie
viel
Geld
sie
erhalten
soll
und
wie
viel
sie
arbeiten
soll,
hat
zu
eini-
ger
Verwirrung
geführt.
Es
erschien
uns
nicht
richtig,
ihr
weiterhin
mehr
pro
Scheffel
zu
bezahlen,
als
alle
anderen
verdienten,
ohne
etwas
für
die
Auslagen
abzuziehen.
Aber
wenn
wir
ihre
Auslagen
vollständig
abgezogen
hätten,
hätte
sie
überhaupt
nichts
verdient.
So
schlossen
wir
einen
Kom-
promiss.
Geld
zu
verdienen
ist
nicht
ihre
Hauptmotivation,
aber
es
gefällt
ihr,
bezahlt
zu
werden,
und
es
scheint
ihr
gut
zu
tun,
Geld
zu
haben,
das
sie
ausgeben
kann.
Wenn
sie
ihre
Produktion
weiter
steigert,
wird
sie
schon
bald
imstande
sein,
all
ihre
Auslagen
gegenüber
der
Crew
zu
bezah-
len
und
noch
eine
hübsche
Summe
übrig
zu
haben.
In
vielen
armen
Kulturen
tragen
Kinder
mit
ihrem
Einkommen
zum
Gesamteinkommen
der
Familie
bei.
Wir
müssen
genug
verdienen,
um
das
ganze
Jahr
über
davon
leben
zu
können.
Deshalb
ist
es
wahrscheinlich,
dass
sie,
wenn
sie
älter
wird,
auch
während
des
übrigen
Jahres
für
ihre
Auslagen
aufkommen
und
zu
all
den
Dingen
beitragen
wird,
die
wir
gemein-
sam
nutzen.
Bei
uns
ist
es
nicht
Tradition,
dass
Kinder
viel
arbeiten
oder
viel
zum
Familieneinkommen
beitragen.
Und
wir
sind
auch
nicht
so
knapp
bei
Kasse,
dass
unser
Überleben
von
ihrem
Beitrag
abhinge.
Deshalb
entscheiden
wir
uns
im
Zweifelsfall
für
den
üblichen
Weg
(wie
auch
wir
aufgewachsen
sind).
Ich
glaube,
wenn
wir
mit
der
Crew
unterwegs
sind,
arbeitet
sie
größtenteils
aus
eigenem
Antrieb.
Sie
sagt,
sie
will
etwas
ver-
dienen,
um
der
Crew
all
ihre
Auslagen
bezahlen
zu
können.
Ich
halte
nicht
viel
davon,
Kinder
zu
zwingen,
etwas
zu
lernen,
was
sie
nicht
wollen,
aber
ich
halte
viel
davon,
dass
sie
je
nach
ihren
Fähigkeiten
und
den
Bedürfnissen
der
Familie
arbeiten.
Da
Kinder
ohnehin
den
über-
waltigenden
Wunsch
haben,
das
zu
tun,
was
die
älteren
Familienmitglie-
der
tun,
ist
dies
kein
Problem.
Manchmal
weigert
sich
unsere
Tochter
jetzt,
die
eine
oder
andere
Aufgabe
zu
erfüllen
(»das
ist
langweilig«,
»der
oder
die
mussen
es
auch
nicht
tun«).
Aber
wir
bestehen
darauf.
Wenn
du
es
warm
haben
willst,
musst
du
auch
Feuerholz
tragen.
Sie
scheint
zu
erkennen,
dass
dies
nur
fair
ist,
und
lenkt
schnell
ein.
Sie
hilft
auch
beim
Schneiden.
Mittlerweile
besitzt
sie
eine
eigene
Sage
und
kann
mit
etwas
Anleitung
einen
ganzen
Baum
schneiden.
Aber
diese
Aufgabe
ist
schwieriger
zu
erlernen.
Ich
glaube,
das
Leben
in
einer
Arbeitsgruppe
hat
uns
als
Familie
wirklich
gut
getan.
Es
half
mir,
Grenzen
zu
setzen,
und
ermutigte
uns
zu
236
akzeptieren,
dass
wir
auch
Zeit
ohne
einander
verbringen.
Gleichzeitig
haben
wir
Gelegenheit,
auch
zusammen
zu
sein,
wenn
wir
es
brauchen.
Schon
sehr
früh
akzeptierte
A.,
dass
ich
arbeiten
muss,
und
lernte,
sich
selbst
zu
unterhalten.
Ich
glaube,
diese
Art
von
Einsamkeit
ist
für
jeden
wichtig.
Sie
hat
nicht
so
viel
geklammert
und
von
mir
verlangt,
und
ich
lernte
zu
entscheiden,
welche
ihrer
Forderungen
ich
erfüllen
würde.
Bevor
ich
mit
der
Crew
lebte,
hatte
ich
das
Gefühl,
ihr
immer
alles
geben
zu
müs-
sen,
was
sie
wollte.
Indem
ich
in
ihrer
Nähe
arbeitete,
lernte
sie
zu
akzep-
tieren
-
und
profitierte
sogar
davon
-,
dass
sie
manchmal
etwas
selbst
lösen
musste.
Das
führte
dazu,
dass
jeder
von
uns
seine
Eigenständigkeit
stärker
fühlt,
und
dass
wir,
wenn
wir
zusammen
sind,
einander
näher
sind.
Außerdem
harmoniert
unser
Zusammensein
nun
besser
mit
T.s
Lebens-
weise.
Ihre
Einstellung
zur
Arbeit
(ebenso
wie
meine)
hat
stark
von
dieser
Arbeitssituation
profitiert.
Die
meisten
in
der
Crew
arbeiten
größtenteils
gern
und
mit
einer
Begeisterung,
die
ansteckend
ist.
Mit
T.
arbeitet
sie
här-
ter
und
länger
als
mit
mir,
weil
er
es
genießt,
sich
selbst
herauszufordern.
Weil
ich
bei
den
letzten
Arbeitseinsätzen
als
Buchhalterin
fungierte,
hat
sich
auch
ihr
Interesse
an
Mathematik
stark
gesteigert.
Sie
hilft
mir
bei
der
Lohnliste
und
berechnet
das
Nettoeinkommen
jedes
Einzelnen.
Sie
scheint
ein
solides
Grundlagenwissen
im
Lesen
und
in
der
Mathematik
zu
haben.
Auch
wenn
sie
sich
nicht
allzu
häufig
damit
befasst,
verfolgt
sie
beharrlich
ihr
Ziel,
wenn
sie
etwas
wirklich
interessiert.
Ich
antwortete
ihr:
Sie
fragen
sich,
wie
A.
im
Vergleich
zu
anderen
Kindern
ihres
Alters
abschneidet?
Ich
vermute,
dass
ein
Vergleich
sehr
gut
ausfallen
würde.
Vermutlich
ist
sie
klüger,
selbstbewusster,
ernsthafter,
besonnener,
moti-
vierter,
unabhängiger
und
ehrlicher.
'
Menschen
werden
klug,
wenn
sie
sich
ständig
mit
konkreten
Einzel-
heiten
des
Alltaglebens
auseinandersetzen.
Indem
sie
Probleme
lösen,
die
real
und
wichtig
sind,
wo
eine
gute
Antwort
einen
echten
Unterschied
ausmacht,
und
wo
ihnen
das
Leben
und
die
Natur
rasch
sagen,
ob
etwas
gut
oder
schlecht
ist.
Die
Wälder
sind
ein
solcher
Ort,
ebenso
das
Meer
oder
jeder
andere
Ort,
an
dem
echte,
qualifizierte
Arbeit
getan
wird
-
wie
etwa
auf
der
kleinen
Farm,
auf
der
Jud
Jeromes
Tochter
arbeitet,
oder
in
Ihren
Obstplantagen.
Vor
zwei
Jahren
arbeitete
ich
im
Sommer
einige
Zeit
auf
einer
kleinen
Farm
in
Nova
Scotia.
Sein
Besitzer
war
Nachbar
und
Freund
meiner
Freunde,
bei
denen
ich
zu
Besuch
war.
Er
besaß
einen
großen
Garten,
in
237
dem
er
nahezu
seinen
gesamten
Bedarf
an
Gemüse
zog,
ungefähr
fünf
Hektar
Wiese
und
eine
Weihnachtsbaumplantage.
Zusätzlich
hatte
er
ein
kleines
Waldgrundstück,
wo
er
Holz
für
den
Eigenbedarf
und
für
den
Ver-
kauf
schnitt.
Mit
seinen
72
Jahren
erledigte
er
alle
Arbeiten
selbst
mit
Hilfe
von
zwei
Pferden.
Das
Fachwissen,
die
Präzision,
das
Urteilsvermögen
und
die
Wirtschaftlichkeit
seiner
Bemühungen,
die
er
bei
seiner
täglichen
Arbeit
bewies,
waren
bewundernswert.
Der
Freund,
den
ich
besuchte,
ist
selbst
ein
hochintelligenter,
gebildeter
Mann
und
gewiss
keine
Stadtmensch,
son-
dern
ein
echter
Mann
vom
Land,
der
lange
Zeit
einen
Großteil
seiner
Lebensmittel
selbst
erzeugt
hatte
und
sein
Vieh
selbst
geschlachtet,
das
Fleisch
zerlegt,
geselcht
oder
tiefgefroren
hatte.
Und
dennoch
sagte
er
ohne
jede
falsche
Bescheidenheit,
dass
er
mit
etwas
Glück
und
guten
Rat-
schlägen
möglicherweise
in
fünfzehn
oder
zwanzig
Jahren
die
Landwirt-
schaft
so
beherrschen
würde
wie
sein
alter
Nachbar.
LAUBSAMMELN
Wieder
und
wieder
haben
mir
Kinder
bewiesen,
wie
gerne
sie
etwas
Nützliches
tun.
Vor
zwei
Jahren
habe
ich
ein
kleines
Experiment
in
städtischer
Landwirtschaft
begonnen.
Im
Herbst
wird
das
Laub
im
Stadtpark
von
Gärtnern
zu
großen
Haufen
zusammengeblasen
und
später
weggefahren.
Solange
sie
noch
aufgehäuft
sind,
hole
ich
mir
einige
Körbe
davon
und
schichte
das
Laub
im
Hof
hinter
meiner
Sou-
terrainwohnung
auf.
Dann
übergieße
ich
es
täglich
mit
Wasser,
um
damit
die
Würmer
zu
füttern,
die
ich
züchte.
Sobald
das
Laub
eine
dicke
Schicht
auf
der
Erde
bildete,
begann
ich,
es
aufzusammeln.
Frühmorgens
packte
ich
dafür
zwei
Eimer
auf
einen
kleinen
Leiterwagen
und
machte
mich
auf
den
Weg
in
den
Stadtpark,
um
erneut
Laub
zu
holen.
Eines
Morgens
stapelte
ich
mehr
als
ein
Dutzend
Wagenladun-
gen.
Weil
Regen
in
der
Luft
lag,
wollte
ich
noch
einige
Fuhren
machen,
um
vier
weitere
Eimer
zu
füllen,
solange
das
Laub
noch
trocken
war.
Als
ich
den
Stadtpark
erreichte,
sah
ich
vier
Jungen
(zwischen
acht
und
zehn
Jahren,
wie
ich
später
erfuhr),
die
Laub
zusammenharkten
und
in
einen
ausgetrockneten
Teich
warfen,
der
sich
um
ein
kleines
Denkmal
erstreckte.
Als
sie
mich
entdeckten,
kamen
sie
zu
mir
und
fragten,
ob
sie
sich
meine
Eimer
ausleihen
dürften,
um
sie
mit
Blät-
tern
zu
füllen,
weil
das
rascher
ginge,
als
jeweils
nur
einen
Arm
voll
238
zu
nehmen.
Ich
sagte,
dass
dies
zwar
eine
gute
Idee
sei,
aber
ich
die
Eimer
selbst
bräuchte,
weil
ich
sie
mit
Blättern
füllen
und
nach
Hause
fahren
würde.
»Wofur?«,
fragten
sie.
»Um
daraus
Humus
zu
machen«,
sagte
ich.
Darüber
dachten
sie
einen
Augenblick
lang
nach.
Dann
fragten
sie,
ob
sie
sich
die
»Schubkarre«
ausleihen
könnten.
»Sicher«,
sagte
ich,
aber
wenn
meine
Eimer
voll
wären,
würde
ich
sie
wieder
benötigen.
Sie
stimmten
zu
und
zogen
mit
dem
Wagen
davon,
den
sie
dazu
verwendeten,
Laub
in
den
leeren
Teich
zu
transportieren.
Als
ich
fertig
war,
rief
ich
zu
ihnen
hinüber,
und
sie
brachten
mir
den
Wagen
zurück.
Ich
fuhr
die
Eimer
nach
Hause,
schüttete
das
Laub
über
die
Mauer
und
fuhr
für
eine
weitere
Ladung
in
den
Park
zurück.
Diesmal
kamen
die
Jungen,
um
mich
zu
fragen,
ob
sie
mir
helfen
könnten,
indem
sie
einen
Teil
des
Laubes,
das
sie
im
Teich
gesam-
melt
hatten,
in
meine
Eimer
füllten.
Ich
meinte,
dass
noch
genug
Laub
auf
dem
Boden
läge,
und
dass
ich
ihnen
nichts
von
ihrem
scho-
nen
Haufen
wegnehmen
wolle.
Weil
sie
jedoch
darauf
beharrten,
wil-
ligte
ich
ein
und
bedankte
mich.
Während
sie
die
Eimer
füllten,
rechte
ich
noch
mehr
Laub
zusammen.
Nach
wenigen
Minuten
kamen
sie
mit
den
vollen
Eimern
zurück,
redeten
wild
durcheinander
und
stell-
ten
jede
Menge
Fragen.
Als
ich
das
Laub
in
den
Eimern
mit
den
Füßen
zusammenstampfte,
stellten
die
Jungen
erstaunt
fest,
wie
sehr
sich
die
Blätter
verdichten
ließen.
Nun
füllte
ich
die
Eimer
mit
dem
Laub
auf,
das
ich
inzwischen
zusammengerecht
hatte.
Wieder
boten
die
Jungen
ihre
Hilfe
an,
und
ich
willigte
ein.
Während
wir
gemeinsam
arbeiteten,
sagte
ich
ihnen,
dass
ich
das
Laub
benötigte,
um
die
Würmer
zu
füttern,
die
ich
züchtete.
Das
faszinierte
sie.
Wel-
che
Würmer?
Wie
viele
hatte
ich?
Woher
bekam
ich
sie?
Wie
viel
kosteten
sie?
Was
fraßen
sie?
Wie
fütterte
ich
sie?
Wo
hielt
ich
sie?
Warum
tat
ich
es
überhaupt?
Als
die
Eimer
gefüllt
und
auf
den
Wagen
geladen
waren,
fragten
die
Jungen,
ob
sie
mir
helfen
könnten,
sie
nach
Hause
zu
fahren.
Wie-
der
stimmte
ich
zu
und
dankte
ihnen.
Nach
einer
kleinen
Auseinan-
dersetzung
bildeten
sie
ein
Viermannteam,
um
den
Wagen
zu
fah-
ren.
Zwei
schoben
ihn
und
zwei
hielten
ihn
an
den
vorderen
Ecken,
um
ihn
»zu
führen«,
wie
sie
sagten.
Zu
diesem
Zeitpunkt
waren
sie
schon
so
neugierig
auf
die
Blätter
und
die
Würmer,
dass
ich
beschloss,
sie
ihnen
zu
zeigen.
Sie
sagten,
dass
man
ihnen
gesagt
habe,
dass
sie
nur
im
Park
bleiben
dürfen.
Daraufhin
meinte
ich,
dass
ich
nur
wenige
Blöcke
entfernt
wohne
und
gleich
wieder
mit
239
ihnen
zurückkehren
würde,
was
ihren
Müttern
sicher
nichts
ausma-
chen
würde.
So
schoben
sie
den
Wagen
an
die
Mauer,
wo
ich
ihn
ent-
lud.
Einer
der
Jungen
bat
mich,
ihn
hochzuheben,
damit
er
den
Laub-
haufen
im
Hof
sehen
könne.
Ich
tat
es,
und
er
war
erstaunt,
wie
groß
der
Haufen
war.
Bald
schon
kletterten
alle
über
die
Mauer
oder
wur-
den
von
mir
auf
die
Mauer
gehoben,
und
so
sahen
sie
mir
zu,
wie
ich
das
Laub
ablud.
Als
sich
die
Blätter
im
Eimer
verfingen,
half
mir
einer
der
Jungen,
sie
herauszuholen.
Und
die
ganze
Zeit
über
stellten
mir
die
Jungen
Fragen.
Was
ich
tue?
Ich
sagte,
dass
ich
Artikel
und
Bücher
schrieb.
Welche
Art
von
Büchern?
Bücher
über
Kinder
und
Schule
und
so
weiter.
Als
wir
in
den
Hof
gingen,
beharrten
zwei
Jungen
darauf,
die
lee-
ren
Mülleimer
hinunter
zu
tragen,
während
der
dritte
den
Wagen
einige
Stufen
hochzog
-
was
ihn
beträchtliche
Mühe
kostete
-,
um
ihn
zu
verstauen.
Dann
gingen
wir
hinaus,
um
uns
den
Laubhügel
anzusehen.
Ich
fand
einen
Wurm
und
zeigte
ihn
den
Jungen.
Sie
bra-
chen
in
lautes
Geschrei
aus:
»Ihhh!
Wie
schleimig!«
Aber
nach
weni-
gen
Sekunden
wollten
ihn
alle
halten.
Ich
suchte
und
fand
auch
einige
Eier.
Auf
einem
entdeckten
wir
sogar
einen
frisch
geschlüpften
Wurm,
der
kaum
dicker
war
als
ein
Bindfaden.
Die
Jungen
waren
fas-
ziniert,
sprachen
durcheinander
und
stellten
eine
Unmenge
an
Fra-
gen.
Bald
schon
fragten
sie,
ob
jeder
von
ihnen
einen
Wurm
haben
könne.
Sicher
doch,
sagte
ich,
gab
jedem
einen
Wurm
und
ein
wenig
Erde,
in
die
sich
der
Wurm
verkriechen
konnte.
Dann
bedeckte
ich
die
Erde
noch
mit
Blättern
und
steckte
alles
in
einen
Papiersack,
damit
sie
es
besser
tragen
konnten.
Während
wir
zum
Stadtpark
zurückgingen,
fragten
sie
mich,
wie
Würmer
mehr
Würmer
machten.
Ich
erklärte
ihnen,
dass
Würmer
Zwitter
seien,
Männchen
und
Weibchen
gleichzeitig,
und
dass
zwei
beliebige
Würmer
zusammenkommen
und
einander
befruchten
konnten,
worauf
beide
Eier
legen
könnten.
Bald
waren
wir
wieder
bei
dem
Denkmal
und
ihrem
Laubhaufen.
Nachdem
wir
noch
ein
wenig
geplaudert
hatten,
sagte
ich,
dass
es
mir
leid
tue,
aber
dass
ich
nun
nach
Hause
gehen
und
ein
wenig
arbeiten
müsse.
Es
gefiel
mir
gar
nicht,
diese
klugen,
freundlichen,
neugierigen,
begeisterten
und
hilfs-
bereiten
Kinder
zu
verlassen.
Ich
arbeitete
gerne
mit
ihnen
zusam-
men,
zeigte
ihnen
Dinge
und
beantwortete
ihre
Fragen.
Ich
glaube,
es
tat
ihnen
genauso
leid,
mich
zu
verlassen.
Ich
erinnere
mich,
als
sie
den
beladenen
Wagen
(der
ziemlich
schwer
war)
zu
meiner
Wohnung
240
zogen,
sagte
einer
der
Jungen
zu
einem
anderen
-
nicht
zu
mir
-
und
zwar
in
einer
Stimme,
die
man
nicht
vortäuschen
konnte:
»Es
macht
Spaß,
das
zu
tun!«
Alle
stimmten
zu
-
es
machte
wesentlich
mehr
Spaß,
einem
Erwachsenen
bei
einer
ernsthaften
(wenn
auch
myste-
riösen)
Arbeit
zu
helfen,
als
nur
in
einem
Laubhaufen
herumzuspie-
len.
Ich
hoffe,
dass
sie
noch
öfter
Gelegenheit
bekommen,
mit
mir
zu
arbeiten,
oder
mit
einem
anderen
Erwachsenen,
dem
das,
was
er
tut,
wichtig
ist.
Ich
will
gar
nicht
daran
denken,
dass
sie
eines
Tages
zu
gelangweilten,
trotzigen,
wütenden,
destruktiven
Teenagern
wer-
den
könnten,
wie
jene,
die
Tag
für
Tag
am
Parkeingang
in
der
Boyls-
ton
Street
herumhängen.
Einen
Tag
darauf
schrieb
mir
eine
junge
Person:
»Ich
will
gerne
mit
Kindern
arbeiten.«
Solche
Briefe
bekomme
ich
häufig.
Meist
lösen
sie
in
mir
den
Wunsch
aus
zu
sagen:
»Was
Sie
wirklich
meinen
ist,
dass
Sie
gerne
an
Kindern
arbeiten
wollen.
Sie
wollen
Dinge
an
ihnen
tun
oder
für
sie
tun
-
zweifellos
wundervolle
Dinge
-
Dinge,
von
denen
Sie
glau-
ben,
dass
sie
den
Kindern
helfen
werden.
Vor
allem
aber
wollen
Sie
diese
Dinge
tun,
ob
es
den
Kindern
selbst
gefällt
oder
nicht.
Warum
glauben
Sie,
dass
die
Kinder
Sie
so
dringend
benötigen?
Wenn
Sie
wirklich
mit
Kindern
arbeiten
wollen,
warum
suchen
Sie
nicht
eine
wertvolle
Aufgabe,
eine
Arbeit,
die
Sie
um
ihrer
selbst
willen
tun
wol-
len,
und
suchen
dann
nach
Möglichkeiten,
wie
Kinder
-
wenn
sie
dies
wollen
-
mit
Ihnen
zusammenarbeiten
können?«
Der
Unterschied
ist
entscheidend.
Für
diese
Jungen
war
meine
Arbeit
mit
dem
Laub
und
den
Würmern
deshalb
interessant
und
auf-
regend,
weil
es
meine
Arbeit
war,
etwas,
das
ich
für
mich
tat,
nicht
für
sie.
Es
war
nicht
eine
Art
von
»Projekt«,
das
ich
mir
ausgedacht
hatte,
weil
sie
möglicherweise
daran
interessiert
waren.
Ich
habe
nicht
im
Park
Laub
gerecht,
weil
ich
hoffte,
dass
mich
einige
Kinder
sehen
und
sich
mir
anschließen
würden.
Ich
hatte
sie
auch
nie
um
Hilfe
gebeten,
nicht
einmal
mit
dem
kleinsten
Hinweis;
sie
hatten
darauf
beharrt,
mir
zu
helfen.
Ich
habe
lediglich
eines
für
sie
getan
-
was
vielleicht
mehr
ist,
als
viele
Erwachsene
getan
hätten:
Ich
habe
ihnen
gesagt,
dass
sie
mir
gerne
helfen
dürften,
wenn
sie
es
sich
so
sehr
wünschten.
Ich
würde
gerne
sehen,
dass
die
Erwachsenenwelt
allen
Kindern
genau
diese
Möglichkeit
bietet.
241
FREIWILLIGENARBEIT
Eine
12-jährige
schrieb
uns
über
ihre
Freiwilligenarbeit
in
einem
Büro:
Im
Juli
1978
ersuchte
man
meine
Mutter,
im
Büro
eines
Verbandes
für
Geburtsvorbereitung
(Childbirth
Education
Association)
zu
arbeiten.
Damals
hatten
wir
ein
drei
Monate
altes
Baby
namens
C.
Deshalb
bat
mich
meine
Mutter,
ins
Büro
mitzukommen
und
auf
C.
aufzupassen,
während
sie
arbeitete.
Aber
als
ich
kam,
schien
C.
immerzu
zu
schlafen,
außer
wenn
sie
hungrig
war.
So
begann
ich,
kleine
Arbeiten
zu
erledigen.
Mrs.
L.
gab
mir
ein
paar
kleine
Jobs,
und
ihre
Tochter
R.
(die
heute
eine
gute
Freundin
von
mir
ist)
half
mir,
mit
größeren
Aufgaben
klarzukommen.
Sie
brachte
mir
bei,
wie
man
Registrierungspakete
machte.
Selbst
heute
noch
mache
ich
pro
Woche
ungefähr
100
Stück
zu
Hause.
Sie
erklärte
mir,
wie
man
die
Faltmaschine
betätigte,
um
das
Papier
für
die
Registrie-
rungspakete
zu
falten
und
auch
für
die
Memos.
Dabei
hatten
wir
viel
Spaß.
Ich
kann
es
sogar
besser
als
meine
Mutter,
bei
der
sich
immer
wieder
das
Papier
verklemmt.
Ich
lernte
auch,
wie
man
sich
am
Telefon
meldete,
obwohl
es
mir
schwer
fiel,
»Childbirth
Education
Association«
in
einem
Atemzug
auszusprechen,
und
ich
mitunter
Gespräche
trennte,
statt
sie
in
die
Warteschleife
zu
schalten.
Die
Literaturbestellungen
werde
ich
nie
vergessen.
Sie
waren
das
Beste.
Damit
hatten
wir
wirklich
Spaß.
Erst
mussten
wir
die
richtigen
Papiere
finden
und
abzählen.
Dann
machte
es
jede
Menge
Spaß,
die
Rechnungen
zu
schreiben
und
die
Umschläge
zu
adressieren.
R.
und
ich
wussten
genau,
welche
Broschüren
auf
Lager
waren
und
welche
nicht,
so
dass
wir
derartige
Fragen
besser
beantworten
konnten
als
unsere
Mütter.
Am
Ende
des
Tages
musste
ich
auch
die
Postabrechnung
machen.
Dafür
versuchte
ich
immer,
Mrs.
L’s
Rechenmaschine
zu
verwenden,
aber
mitunter
musste
ich
die
Summe
auch
im
Kopf
zusammenrechnen.
Dann
gefiel
es
mir
weniger.
Aber
nicht
alles
war
Arbeit;
mitunter
spielten
R.,
ihr
Bruder
und
ich
auch
ein
Spiel
oder
gingen
in
die
Bibliothek.
Ich
freute
mich
wirklich
darauf,
ins
Büro
zu
kommen.
Aber
schon
bald
kam
der
schlechte
Teil.
Ich
musste
wieder
in
die
Schule
gehen.
Doch
sobald
ich
meinen
Stundenplan
hatte,
schickte
ich
eine
Notiz
mit
allen
Tagen,
an
denen
ich
schulfrei
hatte
und
ins
Büro
kommen
konnte.
Jetzt
warte
ich
auf
die
Sommerferien,
damit
ich
wieder
im
Büro
aus-
helfen
kann.
242
Vor
nicht
allzu
langer
Zeit
bekamen
wir
so
viele
Briefe
von
Lesern
der
Zeitschrift
Growing
Without
Schooling,
die
uns
über
Homeschooling
befragten,
dass
wir
nicht
alle
beantworten
konnten.
Daraufhin
bat
ich
unsere
Leser
um
Unterstützung.
Viele
boten
uns
ihre
Hilfe
an,
unter
anderem
die
Mutter
von
Lea,
einem
Kind
mit
Down-Syndrom.
Sie
fragte,
ob
es
in
Ordnung
sei,
wenn
Lea
die
Briefe,
die
sie
getippt
hatte,
(handschriftlich)
mit
der
Adresse
auf
den
Umschlägen
versähe.
Ich
sagte
erfreut
zu
und
schickte
ihnen
einen
Packen
mit
Briefen,
die
getippt
und
mit
säuberlich
adressierten
Umschlägen
zuruckkamen.
Dann
schickte
ich
ihnen
einen
noch
größeren
Stapel
Briefe
aus
dem
ganzen
Land,
die
wir
zwar
schon
beantwortet
hatten,
die
aber
für
den
Versand
noch
nach
Staaten
geordnet
werden
mussten.
Leas
Mutter
schrieb
mir
daraufhin
Folgendes:
...
Lea
war
begeistert
von
dem
gesamten
Projekt
und
tief
beeindruckt,
dass
sie
auf
dem
Anschreiben
mit
ihrem
Namen
angesprochen
wurde.
Sie
über-
nahm
das
Sortieren
und
Ablegen
mit
großer
Freude.
Ich
hatte
nicht
erwähnt,
dass
dies
ebenfalls
Teil
unseres
»Programms«
war,
denn
ich
hatte
die
Schule
immer
wieder
zu
überreden
versucht,
etwas
»Reales«
zu
tun.
Aber
sie
ließen
sie
weiterhin
das
Alphabet
auf
Papier
malen,
anstatt
ihr
Karteikarten,
Rezepte,
Broschüren
usw.
zu
geben,
wie
ich
es
wollte.
Ohne
jeglichen
Erfolg.
So
hatten
wir
dieses
Jahr
mit
unseren
Plänen
begonnen.
Ich
hatte
für
sie
mehrere
Aktenordner
vorbereitet,
für
jeden
Kurs
und
jede
geplante
Aktivität
einen,
in
die
sie
Rezepte,
Broschüren
und
anderes
Mate-
rial
abheftete.
Außerdem
bewahren
wir
auf
diese
Weise
auch
ihre
Unter-
lagen
für
Geld
auf,
für
arithmetische
Aufgaben,
Sätze
usw.
Weil
ich
zudem
meine
Tage
ein
wenig
strukturieren
will
und
eine
chronische
Listenschrei-
berin
bin,
haben
wir
auch
für
sie
Tagespläne
ausgearbeitet
(damit
sie
ihre
Aufgaben
erledigen
kann,
ohne
mich
immer
wieder
zu
fragen,
was
sie
wirk-
lich
genießt
-
ich
meine,
die
Unabhängigkeit
dabei).
Wenn
diese
Tagespläne
über
die
übliche
Routine
hinausgehen,
kommen
sie
ebenfalls
in
die
Ordner.
So
war
sie
dieses
System
bereits
gewohnt.
Sie
bastelte
Ordner
(wobei
ich
ihr
beim
Auflisten
der
Staaten
mit
ihren
verschiedenen
Abkürzungen
half).
In
der
ersten
Runde
unterstrich
ich
die
Staaten
auf
den
Briefen.
Bei
der
zweiten
Runde
sah
ich
sie
nur
durch,
um
sicher
zu
gehen,
dass
sie
tatsächlich
eine
lesbare
Adresse
hatten.
Ich
unterstrich
sie
jedoch
nicht
mehr
-
das
machte
sie
schon
selbst.
Auf
jeden
Fall
liebt
Lea
die-
sen
Job
und
kann
es
gar
nicht
abwarten,
damit
zu
beginnen,
selbst
noch
am
Abend.
All
dies
ist
für
Lea
ideal
-
es
ist
eine
Arbeitserfahrung
und
243
zusätzlich
setzt
sie
sich
auseinander
mit
der
Ablage,
dem
Alphabet,
den
Namen
der
Staaten,
deren
Abkürzungen
usw.
-
und
dies
alles
ohne
for-
melle
»Anweisungen«.
Sie
tut
es
einfach.
Das
ist
einfach
perfekt,
auch
wenn
es
besonders
für
sie
ein
schwieriger
Weg
war.
[Anmerkung
des
Autors:
in
einem
späteren
Brief
erzählt
diese
Mutter,
dass
Lea
einen
bezahlten
Halbtagsjob
gefunden
hat.]
244
11
Homeschooling
in
den
USA
P
Bei
der
Überarbeitung
dieses
Buches
habe
ich
erneut
festgestellt,
dass
es
sich
bei
diesem
Werk
nicht
nur
um
einen
polemischen
und
prak-
tischen
Leitfaden
zum
Thema
Homeschooling
handelt,
sondern
auch
um
einen
groß
angelegten
Versuch,
die
politischen
und
gesetzlichen
Themen
anzusprechen,
mit
denen
Homeschooler
Anfang
der
80er
konfrontiert
waren
-
und
vermutlich
auch
heute
noch
sind
und
in
der
Zukunft
sein
werden.
Holt
beschreibt,
wie
notwendig
Verbündete
sind:
Wie
Schulen
und
Homeschooler
zum
Wohl
der
Gesellschaft
zusammenarbeiten
kön-
nen,
und
wie
auch
unterschiedliche
Gruppen
zusammenarbeiten
können,
selbst
wenn
sie
in
Bezug
auf
Bildung
verschiedene
Ansichten
vertreten
...
Einige
Leser
erschraken
angesichts
von
Holts
ausführlichen
rechtlichen
Erklärungen,
obwohl
Holt
durch
die
Erläuterungen
der
bestehenden
Schwierigkeiten
zwischen
Homeschooling
und
Gerichten
das
Gesetz
ent-
mystifizieren
und
keineswegs
die
Öffentlichkeit
verängstigen
wollte.
Er
wollte
den
Menschen
das
Gesetz
näher
bringen
und
verwendete
in
der
Originalausgabe
viel
Zeit
darauf,
die
einzelnen
nationalen,
bun-
desstaatlichen
und
lokalen
Gerichtsentscheide
zu
beschreiben,
die
sich
mit
dem
Recht
auf
Homeschooling
befassen.
Als
John
Holt
das
Buch
Teach
your
own
schrieb,
bewegte
sich
Homeschooling
in
einer
Grauzone
innerhalb
des
Gesetzes.
Entgegen
anders
lautenden
Gerüchten
gab
es
nie
Statuten,
die
Homeschooling
in
irgendeinem
Bereich
der
USA
verboten.
Normalerweise
wurden
Home-
schooler
nur
dann
vor
Gericht
gebracht,
wenn
sie
sich
über
die
Gesetze
zur
Schulpflicht
hinweggesetzt
hatten
oder
ihnen
eine
Vernachlässigung
ihrer
Bildungspflicht
gegenüber
dem
Kind
angelastet
wurde,
nicht
aber
wegen
Homeschooling.
In
einigen
Staaten
gibt
es
keine
Gesetze
zu
245
Homeschooling,
andere
haben
vernünftige
Gesetze
und
wieder
andere
haben
restriktive
Gesetze.
Auch
wenn
es
Unstimmigkeiten
darüber
gibt,
wie
Homeschooling
aussehen
soll
und
wie
man
es
in
den
einzelnen
Staaten
beschreibt,
ist
es
überall
gesetzlich
erlaubt,
die
eigenen
Kinder
zu
unterrichten,
auch
wenn
man
es
nicht
explizit
als
»Homeschooling«
bezeichnet.
In
Alabama
kann
man
zum
Beispiel
nur
dann
Homeschooling
betrei-
ben,
wenn
man
eine
Lehrerausbildung
vorweist
oder
sein
Zuhause
als
Kir-
chenschule
betreibt.
Viele
Familien
lassen
thr
Zuhause
als
Kirchenschule
registrieren
oder
schreiben
einfach
andere
Familien
in
ihren
Kirchen-
schulen
ein,
weil
derartige
Schulen
von
sämtlichen
in
Alabama
gültigen
staatlichen
Ausbildungsanforderungen
befreit
sind,
allerdings
unter
der
Bedingung,
dass
eine
Schuleintragung
stattfindet
und
dass
Anwesen-
heitsformulare
ausgestellt
werden.
2008:
Kalifornisches
Gericht
hebt
Homeschooling-Limitierung
auf
(Einschub
des
deutschen
Hrsg.)
(Recht
galt
nur
fiir
Kinder
mit
pädagogisch
qualifizierten
Eltern)
Ein
großer
Sieg
für
Tausende
von
Homeschooling-Familien
in
Kalifornien
und
US-weit
war
die
revidierte
Rechtsprechung
eines
kalifornischen
Beru-
fungsgerichts
am
8.
August
2008,
dass
Eltern
in
der
Tat
das
Recht
haben,
ihre
Kinder
in
Homeschooling-Modellen
lernen
zu
lassen,
auch
wenn
sie
keine
Lehr-
befugnis
oder
-qualifikation
haben.
Das
aus
drei
Richtern
bestehende
Gremium
erhielt
noch
im
Februar
natio-
nale
Aufmerksamkeit
und
Kritik,
als
es
urteilte,
dass
»Eltern
verfassungsgemäß
kein
Recht«
hätten,
ihre
Kinder
selbst
zu
unterrichten.
Die
Entscheidung
wurde
auf
Basis
eines
80Jährigen
Gesetzes
in
der
kalifornischen
Rechtsprechung
gefällt.
Jedoch
sei,
so
das
Gremium
nun
am
8.
August,
in
den
Jahrzehnten
seit
diesem
Gesetz
auch
Homeschooling
implizit
in
der
Rechtsprechung
als
legal
akzeptiert
worden.
»Wir
...
stellen
fest,
dass
die
kalifornischen
Rechtsgrundsätze
Homeschoo-
ling
als
eine
Art
privater
Schulbildung
erlaubens,
schrieben
die
Richter
in
ihrem
einstimmigen
Urteil.
Im
Februar
des
Jahres
lautete
die
richterliche
Entscheidung
in
einem
spe-
ziellen
Fall
noch,
dass
Eltern
thre
Kinder
nur
dann
selbst
unterrichten
dürf-
ten,
wenn
sie
»ein
gültiges
Staatsexamen
fiir
den
Unterricht
des
betreffenden
Jahrgangs«
haben.
Etwas,
was
viele,
wenn
nicht
sogar
die
meisten
Eltern
nicht
besitzen.
Im
März
verkündete
das
Gericht,
es
würde
den
Fall
revisionieren,
246
nachdem
der
Gouverneur
von
Kalifornien,
Arnold
Schwarzenegger,
die
ur-
sprüngliche
Entscheidung
heftig
kritisiert
und
eine
Gesetzesänderung
ange-
kündigt
hatte
für
den
Fall,
dass
der
Beschluss
nicht
korrigiert
werde.
Ebenso
der
Staatsschulminister
Jack
O’
Connell,
der
sagte,
er
unterstütze
die
Rechte
der
Homeschooler.
Am
8.
August
stellte
das
Gericht
nun
fest,
dass
Homeschooling
im
Jahre
1929
zwar
aus
den
Landesgesetzen
verbannt
wurde
und
dass
auch
1953
und
1961
in
Rechtsprechungen
»bestätigt«
worden
sei,
dass
Kinder
nur
mit
aus-
gebildeten
Tutoren
unterrichtet
werden
dürften.
Seitdem
aber
seien
die
Grundsätze
durch
die
Rechtsauslegung
überholt
worden,
dass
Homeschooling
legal
sei,
urteilte
nun
das
Rechtsgremium.
Quelle:
BP
News
Network
(USA)
am
09.08.2008
Wie
Holt
anmerkt
und
der
semantische
Stepptanz
der
Bildungsgesetze
zeigt,
sind
sich
weithin
nicht
einmal
die
Schulen
selbst
bewusst,
dass
die
Familie
das
Recht
hat,
die
Ausbildungsform
ihrer
Kinder
selbst
zu
wählen.
Heute
ist
die
Situation
weniger
verwirrend
als
zu
der
Zeit,
als
Holt
die
Originalausgabe
von
Teach
Your
Own
verfasste.
Einige
von
Holts
Beob-
achtungen
zu
dem
Thema,
wie
man
um
sein
Recht
auf
Homeschooling
kämpfen
und
dieses
erhalten
soll,
sind
heute,
wo
wir
in
das
21.
Jahr-
hundert
eintreten,
jedoch
noch
wichtiger,
als
damals,
als
er
sie
erstmals
niederschrieb.
Charter-Schulen,
Fernunterricht
und
verschiedenste
Arten
von
Ein-
zelunterricht
und
Bildungsdiensten
lassen
die
Grenze
zwischen
Zuhause
und
Schule,
zwischen
schulisch
erworbenen
und
auferschulischen
Diplo-
men,
zwischen
Lernen
durch
Engagement
und
gemeinnütziger
Arbeit
verschwimmen.
Das
Positive
daran
ist
die
Vielzahl
flexibler
Möglichkei-
ten,
die
diese
Dienste
Homeschoolern
bieten
können.
Das
Negative
daran
ist,
dass
viele
dieser
Optionen
mit
schulischen
Ideen
verbunden
sind,
die
festlegen,
wann,
was
und
wie
Kinder
lernen
sollen.
Listen
und
Lehrpläne,
was
wann
gelernt
werden
soll,
dominieren
ohnehin
schon
unsere
Schulen.
Und
je
mehr
wir
Regulatoren
gestatten,
auch
unser
Zuhause
in
Schulen
zu
verwandeln
-
indem
wir
denselben
Listen
und
Lehrplänen
folgen,
bewertet
und
auf
dieselbe
Weise
zur
Verantwortung
gezogen
werden
-
umso
unwahrscheinlicher
wird
es,
dass
wir
etwas
ande-
res
ausprobieren
als
das,
was
uns
das
Gesetz
und
die
Schulrichtlinien
für
unsere
Kinder
vorgeben.
Zu
den
größten
rechtlichen
Herausforderungen
des
Homeschoolings
im
nächsten
Jahrhundert
wird
es
zählen,
diese
Bildungsform
eigenständig
247
zu
erhalten
und
vor
anderen
Formen
von
privater
oder
öffentlicher
Bil-
dung
zu
schützen.
Nicht
nur
zum
Wohl
der
Familie
und
der
Privatsphäre,
sondern
auch,
um
den
Lehrern
und
Schülern
in
der
Schule
eine
Mög-
lichkeit
offen
zu
halten:
nämlich
die
Möglichkeit
zu
»unschoolen«
und
einen
Lernprozess
zu
durchlaufen,
der
nicht
dem
üblichen
Schulalltag
gleicht.®®
EINE
ZWEIFELHAFTE
ANKLAGE
Wir
haben
bereits
darüber
geschrieben,
dass
Schulen
behaupten,
nur
sie
allein
seien
imstande,
Kinder
zu
unterrichten.
Zumeist
stellen
sie
diese
Behauptung
uneingeschränkt
auf.
Wenn
sie
jedoch
vor
Gericht
angeklagt
werden,
weil
sie
nicht
getan
haben,
was
sie
behaupten,
dass
nur
sie
allein
es
tun
können,
werden
sie
plötzlich
sehr
bescheiden.
Ein
sehr
aufschlussreicher
Artikel
über
das
Fehlverhalten
eines
Lehrers
erschien
in
der
Zeitschrift
der
amerikanischen
Lehrerverei-
nigung
American
Educator.
Ein
Auszug
davon
besagt
Folgendes:
Im
Jahr
1972
brachten
die
Eltern
eines
Absolventen
des
öffentlichen
Schul-
systems
in
San
Francisco
eine
Klage
über
500
000
Dollar
gegen
den
Schulbezirk
ein,
weil
ihr
Sohn
nach
einem
regelmäßigen
Schulbesuch
von
insgesamt
13
Jahren
nicht
imstande
war
zu
lesen.
Während
seiner
Schuljahre
war
er
den
für
den
Fall
zusammengestell-
ten
Informationen
zufolge
immer
im
Mittelfeld
seiner
Klasse,
erhielt
durch-
schnittliche
Zensuren
und
war
auch
nie
in
etwas
verwickelt,
das
zu
größe-
ren
disziplinären
Maßnahmen
Anlass
gegeben
hätte.
Die
Eltern
behaup-
teten,
dass
sie
während
der
Jahre,
die
ihr
Sohn
die
öffentliche
Schule
besuchte,
in
ihren
Versuchen
behindert
wurden,
Informationen
über
den
Fortschritt
ihres
Sohnes
zu
erhalten.
Stattdessen
hätten
ihnen
Schulmit-
arbeiter
und
Lehrer
versichert,
dass
er
sich
auf
dem
Niveau
seines
Jahr-
gangs
befände.
Kurz
nachdem
der
Jugendliche
seinen
Abschluss
gemacht
hatte,
wurde
er
von
Fachleuten
einem
Lesetest
unterzogen,
bei
dem
sich
he-
rausstellte,
dass
der
Junge
im
Lesen
nur
dem
Stand
der
fünften
Schul-
stufe
entsprach
...
Das
Berufungsgericht
des
Staates
Kalifornien
wies
die
Klage
der
Eltern
zurück,
dass
das
Schulsystem
es
vernachlässigt
habe,
ihren
Sohn
auszubilden.
Das
Gericht
erklärte,
dass
es
für
jede
Person
unmöglich
sei
248
—-
vor
allem
aber
für
die
Gerichte
-
Richtlinien
zu
erstellen
für
»ange-
messene«
akademische
Schemata,
die
sämtliche
Schulen
und
Lehrer
befolgen
müssen.
»Im
Gegensatz
zu
Aktivitäten
auf
dem
Highway
oder
dem
Markt,
ermög-
licht
es
die
Klassenmethodik
nicht,
allgemein
annehmbare
Standards
für
Sorge,
Ursache
oder
Verletzung
dieser
festzulegen.
Die
Pädagogik
selbst
ist
überladen
mit
unterschiedlichen,
einander
widersprechenden
Theorien
darüber,
wie
und
was
ein
Kind
lernen
soll,
und
jeder
Laie
kann
und
wird
auch
im
Allgemeinen
seine
eigenen
emphatischen
Ansichten
zu
dem
Thema
haben«,
heißt
es
in
der
Stellungnahme
des
Gerichts.
Selbstverständlich
hat
das
Gericht
mit
dieser
Meinung
Recht.
Aber
was
wird
dann
aus
der
von
den
Schulen
ständig
aufgestellten
Behauptung,
dass
nur
sie
allein
wüssten,
wie
man
Kinder
unterrich-
tet?
Eltern,
die
mit
Schulen
in
Konflikt
stehen,
könnte
es
eine
Hilfe
sein,
diese
Worte
der
kalifornischen
Richter
zu
zitieren.
’)
Dasselbe
Thema
kam
erneut
zur
Sprache.
Diesmal
in
England.
Im
Oktober
2001
klagten
die
Eltern
der
19-jährigen
Katherine
Norfolk
das
Hurstpierpoint
College
auf
»entgangenen
Verdienst,
Beeinträchtigung
der
Berufsaussichten
und
persönliches
Leid«,
weil
sie
von
ihrem
Lateinpro-
fessor
schlecht
unterrichtet
wurde.
Der
erste
Satz,
der
über
diesen
Fall
in
The
Guardian
erschien,
spiegelt
die
beträchtlichen
Ängste
der
Schulen
bei
diesem
Thema
wider:
Schulleiter
von
Privatschulen
mahnten
Eltern
gestern,
keine
Klage
einzubrin-
gen,
wenn
ihre
Kinder
enttäuschende
Prüfungsergebnisse
erzielten.
Und
dies,
nachdem
bekannt
geworden
war,
dass
eine
Schule
in
Sussex
von
der
Familie
einer
Musterschülerin,
die
in
Latein
keine
Bestnote
erhalten
hatte,
auf
150
000
Pfund
verklagt
worden
war.
Die
Sorge
ist
meiner
Meinung
nach
unbegründet.
Dennoch
verweist
sie
auf
eine
beträchtliche
Unsicherheit
seitens
der
Schulen.
Wie
Holt
anmerkte,
würden
die
Gerichte
nicht
zulassen,
dass
die
Schulen
in
dieser
Sache
unterliegen,
und
dies
aus
einer
Vielzahl
von
Gründen.
Ich
glaube,
dass
sich
die
Öffentlichkeit
in
der
Frage
der
Verletzung
der
Berufspflicht
durch
Lehrer
augenblicklich
auf
die
Seite
der
Schulen
stellen
würde.
So
las
ich
zum
ersten
Mal
von
dem
Norfolk-Fall
in
einer
Humor-Kolumne,
in
der
echte
Nachrichten
unter
dem
Titel
»News
of
the
Weird«
(Bizarre
Nachrichten)
vorgestellt
werden,
was
nur
zeigt,
wie
ernst
die
Öffentlich-
249
keit
diese
Klage
nimmt.
Aber
Holts
Grundaussage,
dass
selbst
teure
Schu-
len
nicht
garantieren
können,
dass
sie
wissen,
wie
man
Kinder
am
besten
unterrichtet,
wird
von
Erziehungswissenschaftlern
zweckdienlich
igno-
riert.
Sie
beharren
darauf,
die
unqualifizierten,
nicht
diplomierten
Unschooling-Eltern
hätten
keine
Ahnung,
wie
sie
ihre
Kinder
angemessen
unterrichten
miissten.
Vielleicht
verraten
uns
diese
Erziehungsexperten
dann
mal
ihr
Geheimnis?®®
ALLGEMEINE
GERICHTSSTRATEGIE
Wie
Justice
Cardozo
in
seinem
überaus
wertvollen
Buch
The
Nature
of
the
Judicial
Process
(Das
Wesen
von
Gerichtsprozessen)
heraus-
strich,
berücksichtigen
Richter
bei
ihren
Entscheidungen
eine
Reihe
von
Dingen:
Rechtsphilosophie
und
rechtliche
Grundsatze,
rechtli-
che
Prazedenzfalle,
den
Willen
der
Gesetzgebung,
wie
er
im
Gesetz-
buch
ausgedrückt
wird,
und
die
möglichen
oder
wahrscheinlichen
gesellschaftlichen
Auswirkungen
ihrer
Entscheidungen.
Wie
wir
bis-
her
gezeigt
haben,
wurden
Eltern,
die
Klage
gegen
eine
Schule
ein-
brachten,
weil
ihr
Kind
dort
nichts
gelernt
hatte,
vor
Gericht
abge-
wiesen,
weil
sich
rasch
eine
Flut
von
Klagen
ergeben
konnte,
welche
die
Schulen
ruinieren
wurden.
Wir
können
mit
Sicherheit
annehmen,
dass
die
Gerichte
in
absehbarer
Zukunft
keine
Entscheidungen
tref-
fen
werden,
die
ihrer
Meinung
nach
zu
einer
Zerschlagung
des
offent-
lichen
Schulsystems
und
einer
Beendigung
des
Pflichtschulwesens
führen
würden.
Wenn
wir
derartig
weitreichende
Entscheidungen
anstreben,
werden
wir
abgewiesen
werden.
Deshalb
müssen
wir,
wenn
wir
spezifischere
Entscheidungen
erreichen
wollen,
oder
wenn
wir
über
Fälle
sprechen,
die
wir
mögli-
cherweise
gewinnen
werden,
sorgsam
darauf
achten,
in
der
Öffent-
lichkeit
nicht
lautstark
damit
zu
prahlen
und
den
»Untergang
des
Pflichtschulwesens«
zu
verkünden.
Erstens
wären
derartige
Prahle-
reien
unsinnig,
denn
selbst
wenn
die
Gerichte
durch
ein
Wunder
das
Pflichtschulwesen
abschafften,
würde
es
eine
wütende
Mehrheit
der
Bevölkerung
rasch
wieder
errichten,
wenn
nötig
sogar
durch
eine
Ver-
fassungsänderung.
Zweitens
würden
derartige
Prahlereien
unsere
Chancen
beträchtlich
schmälern,
auch
in
spezifischen
Fällen
von
den
Gerichten
eine
Entscheidung
zu
unseren
Gunsten
zu
erhalten.
Drit-
tens
verängstigen
derartige
Prahlereien
häufig
die
Schulen,
die
250
ohnehin
schon
angstlicher
sind,
als
es
sein
müsste,
und
die
wir
schon
aus
Eigeninteresse
beschwichtigen
sollten.
>)
Man
sollte
nicht
unterschätzen,
wie
wichtig
Holts
wiederholter
Rat-
schlag
ist,
»wie
ein
Richter
zu
denken«,
sobald
man
beabsichtigt,
vor
Gericht
zu
gehen.
Ich
habe
bereits
einige
Homeschooler
erlebt,
die
sich
mit
einer
mageren
rechtlichen
Strategie
entschlossen,
die
Pflichtschulge-
setze
herauszufordern,
indem
sie
darauf
vertrauten,
dass
die
Richter
auf
grund
des
gesunden
Menschenverstands
»das
schon
irgendwie
einsehen«
und
zugunsten
des
Homeschoolings
und
gegen
das
Pflichtschulsystem
entscheiden
würden.
Richter
ziehen
es
jedoch
vor,
enge,
fallspezifische
Entscheidungen
zu
treffen,
wie
Holt
immer
wieder
hervorhob.
Wenn
ich
von
einem
Rechtsfall
hore
im
Stil
von:
»Wenn
wir
gewinnen,
wird
das
ein
großer
Sieg
fiir
die
Homeschooling-Bewegung«,
zucke
ich
zusammen;
nach
zweiundzwanzig
Jahren
auf
diesem
Gebiet
habe
ich
sehr
wohl
Siege
in
unserer
staatlichen
Gesetzgebung
fiir
das
Homeschooling
gesehen,
aber
noch
mehr
Niederlagen
und
Pattsituationen
als
eindeutige
Siege
vor
Gericht.
Richter
scheinen
Schule
und
Bildung
als
wichtiges
Instrument
in
ihrem
Sortiment
an
Loésungsmoglichkeiten
zu
betrachten,
und
Home-
schooler
werden
-
wie
überzeugend
ihre
jeweiligen
Fille
auch
sein
mögen
-
Richter
nicht
davon
abbringen,
das
Schulwesen
als
disziplinire
Maß-
nahme
anzusehen
und
darauf
zu
vertrauen.
Wie
Holt
sagt:
»Ich
sehe
keinen
Sinn
darin,
den
Behörden
direkt
gegeniiberzutreten,
wenn
ich
1thnen
auch
ausweichen
kann.«
Nur
wenn
es
nicht
mehr
möglich
ist
auszuweichen,
dann
ist
es
oft
besser,
sich
an
die
Gesetzgeber
des
jeweiligen
Bundesstaates
zu
wenden,
als
bei
Gericht
eine
Klage
einzubringen.
Holts
Stellungnahme
zur
Gesetzgebung
und
seine
Beschreibung
einer
Anhörung,
die
im
Weiteren
folgen,
sind
Beispiele
dafür,
wie
solche
Aktionen
fiir
Homeschooler
positiv
ausgehen
kénnen.
€€
STRATEGIEN
ZUR
GESETZGEBUNG
Anfang
der
80er
Jahre
wurde
ich
vom
Bildungsausschuss
des
Repréa-
sentantenhauses
von
Minnesota
eingeladen,
bei
Anhorungen
aus-
zusagen,
die
sie
uber
Hausunterricht
und
Privatschulen
abhielten.
Ich
sagte,
dass
ich
gerne
dazu
bereit
sei,
und
schickte
ihnen
vorab
eine
Erklarung
meiner
Position.
Was
ich
diesem
Ausschuss
sagte,
könnte
sich
bei
jeder
anderen
gesetzgebenden
Behörde
-
sei
es
251
eines
Bundesstaates
oder
einer
Provinz
-
die
sich
mit
Homeschoo-
ling
auseinandersetzt,
ebenfalls
als
nützlich
erweisen.
Das
Statement
lautete:
Da
die
Zeit
kurz
ist,
sollten
wir
sie
nicht
mit
Diskussionen
darüber
ver-
geuden,
ob
öffentliche
Schulen
gute
Arbeit
leisten.
Eine
derartige
Ausein-
andersetzung
lässt
sich
hier
nicht
lösen.
x
*
*
Gestatten
Sie
mir,
meine
Position
kurz
zusammenzufassen:
1.
Sowohl
kurzfristig
als
auch
langfristig
ware
es
im
Interesse
der
Schulen
und
der
allgemeinen
Öffentlichkeit
günstig,
wenn
die
Schulen
die
wachsende
Homeschooling-Bewegung
nicht
als
Bedrohung
betrachteten,
sondern
als
Moglichkeit
und
potenziellen
Aktivposten,
und
ihr
nicht
Wider-
stand
entgegensetzten,
sondern
sie
im
größtmöglichen
Rahmen
unter-
stutzten.
2.
Auch
fur
die
Gesetzgebung
ware
es
gunstig,
wenn
sie
in
samtlichen
Bildungsgesetzen,
die
sie
verabschiedet,
sehr
stark
das
Recht
der
Eltern,
ihre
eigenen
Kinder
zu
unterrichten,
betonte
und
unterstutzte,
und
wenn
sie
es
den
Schulen
erleichterte,
sie
bei
diesen
Bemuhungen
zu
unter-
stutzen.
3.
Den
gegenteiligen
Versuch
zu
unternehmen,
das
heißt,
es
den
Men-
schen
schwerer
oder
unmoglich
zu
machen,
ihre
eigenen
Kinder
zu
unter-
richten,
ware
ein
schwerer
bildungspolitischer,
rechtlicher
und
politischer
Fehler.
Was
hat
das
Gesetz
zu
alledem
zu
sagen?
Hierbei
mussen
wir
anmer-
ken,
dass
»das
Gesetz«
nicht
nur
aus
Gesetzen
und
Statuten
besteht,
sondern
auch
aus
der
Art
und
Weise,
wie
die
Gerichte
diese
Gesetze
inter-
pretieren.
Gemäß
den
wiederholten
Gerichtsentscheidungen
gibt
es
hier
(wie
an
vielen
anderen
Orten
auch)
einen
Konflikt
zwischen
den
verfassungsmafig
geschutzten
Rechten
der
Eltern
und
den
ebenfalls
geschutzten
Rechten
der
Staaten.
Die
Gerichte
haben
in
unzahligen
Entscheidungen
bestatigt,
dass
ver-
schiedene
Staaten
im
Rahmen
der
ihnen
Ubertragenen
Polizeibefugnisse
fordern
durfen,
dass
alle
Kinder
eine
Ausbildung
erhalten,
und
dass
sie
dadurch
das
Recht
haben,
Gesetze
zur
Schulpflicht
zu
erlassen
und
durch-
zusetzen.
252
Der
U.
S.
Supreme
Court
(Oberste
Gerichtshof
der
USA)
hat
jedoch
ebenfalls
festgehalten,
erst
in
Pierce
gegen
Society
of
Sisters,
und
später
in
Farrington
gegen
Tokushige,
dass
der
Staat
zwar
fordern
darf,
dass
alle
Kinder
eine
Ausbildung
erhalten,
dass
er
aber
nicht
bestimmen
darf,
dass
alle
Kinder
auf
dieselbe
Weise
ausgebildet
werden
müssen,
und
dass
im
Gegensatz
dazu
Eltern
das
verfassungsmäßig
geschützte
Recht
hätten,
für
ihre
Kinder
eine
Ausbildung
zu
wählen,
die
mit
ihren
Prinzipien
und
Glaubensgrundsätzen
übereinstimmt.
Anders
ausgedrückt
besitzt
der
Staat
weder
das
Monopol
auf
Bildung,
noch
auf
Schulen
oder
Methoden.
Die
Eltern
haben
ein
Recht
zu
wählen,
und
dies
nicht
nur
bei
Nebensäch-
lichkeiten,
sondern
auch
in
den
wichtigen
Fragen.
Nachfolgende
Entscheidungen
staatlicher
Gerichte
unter
anderem
in
Illinois,
New
Jersey,
Massachusetts
und
lowa
haben
festgelegt,
dass
sich
dieses
Recht
der
Eltern,
die
Ausbildung
ihrer
Kinder
zu
kontrollieren,
auch
auf
das
Recht
erstreckt,
sie
selbst
zu
unterrichten.
In
zumindest
einem
Staat
haben
die
Gerichte
festgelegt,
dass
die
Beweispflicht,
ob
die
Eltern
fähig
sind,
ihre
Kinder
zu
unterrichten,
nicht
bei
den
Eltern
liegt,
sondern
dass
es
im
Gegenteil
die
Pflicht
des
Staates
sei
nachzuweisen,
dass
die
Eltern
nicht
dazu
imstande
sind.
*
*
*
Einige
weitere
rechtliche
Punkte
sollten
hier
hervorgehoben
werden:
1.
Die
Gerichte
haben
nur
aus
einem
einzigen
Grund
daran
festgehal-
ten,
den
Staaten
das
Recht
zuzugestehen,
Kinder
zu
einer
Ausbildung
zu
zwingen:
Kinder
seien
ohne
Ausbildung
nicht
geeignet,
einen
Arbeitsplatz
zu
finden
und
wurden
dadurch
der
Allgemeinheit
zur
Last
fallen.
Daraus
folgt,
dass
die
Staaten
nur
unter
diesem
einen
Aspekt
ein
bestimmtes
Aus-
bildungsprogramm
-
sei
es
von
den
Eltern
oder
einer
Privatschule
-
als
unzulanglich
erachten
durfen.
Die
Gerichte
haben
zum
Beispiel
nie
erklart,
dass
die
Schulpflicht
notwendig
sei,
damit
alle
Kinder
ein
»Sozialleben«
hätten.
Dies
ist
ein
positiver
Nebeneffekt
-
sofern
es
überhaupt
ein
posi-
tiver
Effekt
ist.
Deshalb
dürfen
die
Staaten
ein
Bildungsprogramm
auch
nicht
ausschließen,
weil
es
den
Schülern
kein
adaquates
Sozialleben
ermogliche.
In
diesem
Bereich
haben
die
Staaten
kein
Recht,
hier
sind
die
Rechte
der
Eltern
vorrangig.
2.
Ein
Kammergericht
in
Massachusetts
hat
jungst
festgehalten,
dass
das
Recht
der
Eltern
auf
Unterrichtung
ihrer
Kinder
nicht
nur
im
ersten
und
vierzehnten
Zusatz
zur
Verfassung
verankert
ist,
sondern
auch
im
neunten.
253
3.
Ein
Bezirksgericht
in
Kentucky
erklärte
in
einer
Entscheidung,
die
später
vom
obersten
Gerichtshof
des
Staates
bestätigt
wurde,
dass
ein
Staat
zum
Beispiel
erst
dann
fordern
dürfe,
dass
alle
potentiellen
Lehrer
einen
Fachabschluss
vorweisen
müssten,
wenn
er
Beweise
vorlegen
kann,
aus
denen
hervorgeht,
dass
Lehrer
mit
Fachabschluss
besser
unterrichten
als
Lehrer
ohne
Fachabschluss.
Wortwörtlich
hieß
es
in
der
Gerichtsent-
scheidung,
dass
der
Staat
nicht
imstande
war,
»auch
nur
die
Spur«
eines
solchen
Beweises
vorzulegen.
Was
höchstwahrscheinlich
auch
keinem
anderen
Staat
gelingen
wird.
Für
das
Gegenteil
ließen
sich
jedoch
jede
Menge
Beweise
finden.
So
beschäftigen
die
selektivsten,
anspruchsvolls-
ten
und
erfolgreichsten
Privatschulen,
in
welche
die
reichsten
und
gebildetsten
Menschen
ihre
Kinder
schicken,
kaum
bis
überhaupt
keine
Lehrer,
die
eine
Lehrerbildungsanstalt
besucht
oder
ein
Diplom
in
Pädago-
gik
erworben
haben.
4.
Als
1972
in
San
Francisco
Eltern
die
Schule
verklagten,
weil
ihr
Sohn
nach
13
Jahren
Schulbesuchs
nur
auf
dem
Stand
der
fünften
Schulstufe
lesen
konnte,
wies
das
Berufungsgericht
des
Staates
Kalifornien
die
Klage
ab,
indem
es
erklärte:
»Im
Gegensatz
zu
Aktivitäten
auf
dem
Highway
oder
dem
Markt,
ermöglicht
es
die
Klassenmethodik
nicht,
allgemein
annehm-
bare
Standards
für
Sorge,
Ursache
oder
Verletzung
dieser
festzulegen.
Die
Pädagogik
selbst
ist
überladen
mit
unterschiedlichen,
einander
wider-
sprechenden
Theorien
darüber,
wie
und
was
ein
Kind
lernen
soll
...«
Es
fol-
~
gerte
daraus,
dass
es
niemandem
möglich
sei,
Richtlinien
zu
erstellen
für
»angemessene«
akademische
Standards,
die
von
sämtlichen
Schulen
und
Lehrern
befolgt
werden
müssen.
Wie
können
Schulen,
wenn
sie
wegen
Nachlässigkeit
angeklagt
werden,
sich
damit
verteidigen,
wie
es
in
diesem
Fall
geschehen
ist,
indem
sie
behaupten,
niemand
wüsste
in
Wirklichkeit,
wie
Kinder
unterrichtet
werden
sollten,
und
im
nächsten
Atemzug
behaup-
ten,
dass
sie
die
Einzigen
seien,
die
es
wüssten?
Wenn
die
Gesetzgebung
versucht,
den
Eltern
das
Recht,
ihre
eigenen
Kin-
der
zu
unterrichten,
zu
verwehren
oder
auch
nur
unangemessen
zu
beschränken,
werden
diese
Gesetze
gewiss
in
den
bereits
überlasteten
Gerichten
angefochten
werden
und
nicht
standhalten.
*
*
*
Moglicherweise
hat
man
Ihnen
aber
das
Gegenteil
gesagt,
dass
derartige
Gesetze
nicht
notwendig
seien,
um
die
öffentlichen
Schulen
zu
»retten«.
Die
254
|
Zahl
jener
Eltern,
die
ihre
Kinder
aus
der
Schule
nehmen
wollen,
um
sie
zu
Hause
zu
unterrichten,
ist
gering
-
und
wird
es
auch
bleiben,
selbst
wenn
eine
Genehmigung
einfach
zu
erreichen
wäre.
Denn
nicht
viele
Menschen
genießen
die
Gesellschaft
ihrer
Kinder
so
sehr,
oder
wollen
ihren
Interes-
sen
und
Sorgen
so
viel
Aufmerksamkeit
schenken,
oder
wollen
so
viel
Ver-
antwortung
für
ihre
Entwicklung
übernehmen.
Dort,
wo
Schulen
vor
Gericht
gegangen
sind,
um
Eltern
davon
abzu-
halten,
ihre
Kinder
selbst
zu
unterrichten,
sagten
sie
dem
Gericht,
dass
dieses,
falls
es
zugunsten
der
Eltern
entschiede,
eine
»wahre
Flut
auslö-
sen«
werde,
»einen
negativen
Präzedenzfall
schaffen«
und
»einen
Erdrutsch
in
Gang
setzen«
werde.
Nirgendwo
haben
sich
diese
düsteren
Prophezei-
ungen
bewahrheitet,
nicht
einmal
in
jenen
Gemeinden,
in
denen
die
Eltern,
die
jeweils
viel
Publicity
bekamen,
ihren
Fall
gewonnen
haben.
Wenn
sich
die
öffentlichen
Schulen
tatsächlich
selbst
retten
wollen,
sofern
sie
überhaupt
in
echter
Gefahr
sind,
wäre
wohl
der
beste
Ansatz,
erst
einmal
jene
Probleme
zu
lösen,
die
sie
bereits
innerhalb
der
Mauern
ihrer
Schulgebäude
haben.
Bei
der
Suche
nach
geeigneten
Lösungsmög-
lichkeiten
für
diese
Probleme
könnten
sie
vielleicht
von
jenen
Menschen
etwas
über
effektive
Lernmethoden
erfahren,
die
ihre
Kinder
selbst
unter-
richten.
Zusätzlich
könnten
sie
Hilfe
von
vielen
jener
Kinder
erhalten,
die
sich
freiwillig
entschließen,
auf
Teilzeitbasis
für
bestimmte
Aktivitäten,
die
sie
besonders
interessieren,
zur
Schule
zu
gehen
-
wie
dies
auch
heute
schon
der
Fall
ist.
Das
Beispiel
dieser
unabhängigen,
eigenmotivierten
Schüler
könnte
einen
mächtigen
Effekt
auf
die
anderen
Schüler
haben
und
auf
die
Schulen
im
Allgemeinen.
Dem
geltenden
Recht
von
Minnesota
zufolge
besitzen
die
Schulauf-
sichtsgremien
das
uneingeschränkte
Recht,
Eltern
zu
gestatten,
ihre
Kin-
der
zu
Hause
zu
unterrichten,
sofern
sie
dies
wünschen.
Kurz
gesagt,
genügt
das
geltende
Recht,
so
wie
es
festgelegt
ist,
um
Homeschooling
zu
erlauben.
Auch
wenn
das
Gesetz
lokalen
Schulbezirken
und
Strafver-
folgungsbehörden
gestattet,
nach
eigenem
Ermessen
jede
Familie
zu
ver-
folgen,
die
versucht,
ihre
Kinder
zu
Hause
zu
unterrichten,
sind
sie
nicht
dazu
verpflichtet,
und
dies
aus
zumindest
drei
Gründen:
1.
Nach
geltendem
Recht
können
die
Schulbezirke
die
Schulanwesenheit
nach
eigenen
Wünschen
definieren.
Innerhalb
vieler
Gerichtsbezirke
haben
Schulbezirke
verschiedene
Fernstudienprogramme,
Volontariats-
oder
Praktikumsprogramme
eingerichtet,
sowie
Programme,
die
erfordern,
dass
Schüler
in
andere
Städte
oder
Staaten
reisen.
Ebenfalls
sind
Schulen
seit
255
Generationen
imstande,
den
Kindern
von
im
Ausland
lebenden
oder
rei-
senden
Familien,
oder
solchen,
die
aus
beruflichen
Gründen
im
Inland
rei-
sen
(z.B.
Familien
einer
Zirkus-
oder
Theatertruppe)
gültige
akademische
Zeugnisse
auszustellen.
Niemand
hat
je
die
Behauptung
aufgestellt,
oder
könnte
in
diesem
Sinn
eine
Behauptung
aufrechterhalten,
dass
diese
Schulen
die
staatlichen
Gesetze
zur
Schulpflicht
in
irgendeiner
Weise
ver-
letzten.
Auch
sind
diese
Schulen
nicht
verpflichtet,
ihre
Definition
von
Schulanwesenheit
gegenüber
einer
anderen
staatlichen
Behörde
zu
ver-
teidigen.
In
dieser
Hinsicht
sind
sie
berechtigt,
nach
eigenem
Ermessen
zu
handeln.
2.
Nach
geltendem
Recht
sind
die
Schulbezirke
bzw.
der
Staat
berech-
tigt,
Privatschulen
nach
eigenen
Vorstellungen
zu
definieren.
Zum
Glück
ist
es
nicht
erforderlich,
dass
die
Lehrer
von
Privatschulen
über
ein
Fachdi-
plom
verfügen
müssen.
Es
wird
lediglich
gefordert,
dass
die
»allgemein-
bildenden
Zweige«
in
englischer
Sprache
unterrichtet
werden.
Was
die
Lehrstunden
anbelangt,
hat
es
keinen
Sinn,
dass
öffentliche
Schulen
jenen
Kindern,
die
üblicherweise
eine
öffentliche
Schule
besuchen
und
aufgrund
einer
Krankheit
oder
eines
Unfalls
nicht
imstande
sind,
dem
Unterricht
beizuwohnen,
standardmäßig
einen
Tutor
nach
Hause
schicken,
damit
sie
in
ihren
schulischen
Leistungen
nicht
zurückfallen.
Denn
wie
viel
Zeit
diese
Tutoren
mit
den
Kindern
verbringen,
variiert
von
Bezirk
zu
Bezirk.
Meine
eigene,
begrenzte
Untersuchung
hat
ergeben,
dass
der
Zeitraum
zwischen
einem
Minimum
von
eineinhalb
Stunden
pro
Woche
bis
zu
einem
Maxi-
mum
von
vier
Stunden
pro
Woche
liegt.
Es
wäre
für
die
Legislative
inter-
essant,
die
Schulpraxis
in
dieser
Hinsicht
im
gesamten
Staat
zu
prüfen.
Viele
Familien,
die
das
Lehrmaterial
von
Fernschulorganisationen
ver-
wenden,
haben
mir
berichtet,
dass
ihre
Kinder
imstande
sind,
das,
was
die
Fernschule
als
schulische
Wochenaufgabe
bezeichnet,
innerhalb
weni-
ger
Stunden
zu
erledigen.
3.
Nach
geltendem
Recht
ist
die
Schulaufsichtsbehörde
berechtigt,
ein
Kind
von
der
Schulanwesenheitspflicht
zu
befreien,
wenn
es
»aufgrund
seines
körperlichen
oder
geistigen
Zustands
nicht
in
der
Lage
ist,
die
Schule
zu
besuchen,
oder
nicht
bereit
ist
zu
lernen
...«
Es
ist
unbestritten,
dass
viele
Kinder
in
der
Schule
schlechte
Leistungen
erbringen,
durchfal-
len
oder
die
Schule
ganz
abbrechen,
weil
sie
gelangweilt
sind;
weil
es
ihnen
in
der
Schule
nicht
gestattet
ist,
auf
ihrem
Niveau
zu
lernen;
weil
die
Schule
keine
Programme
anbietet,
die
ihren
speziellen
Interessen,
Fähig-
keiten
und
Bedürfnissen
entsprechen;
oder
weil
sie
durch
die
konkur-
renzbetonte
bzw.
bedrohliche
Atmosphäre
in
der
Schule
und
im
Klassen-
256
zimmer
daran
gehindert
werden,
ihre
Kapazitäten
voll
auszuschöpfen.
In
derartigen
und
anderen
Fällen
könnten
wir
uns
vorstellen,
dass
es
recht-
lich
zulässig
und
pädagogisch
klug
wäre,
wenn
Schulen
Eltern
solcher
Kin-
der,
sofern
diese
dies
wünschen,
das
Recht
zugestehen,
ihre
Kinder
in
einer
Art
und
Weise
auszubilden,
die
besser
harmoniert
mit
ihren
Inter-
essen,
Temperamenten
und
Lernstilen,
so
dass
bessere
Ergebnisse
erzielt
werden.
Das
geltende
Gesetz
gesteht
Schulaufsichtsbehörden
dieses
Recht
zu
und
verpflichtet
sie
nicht,
einer
höheren
Autorität
für
etwaige
Ausnahmen
Rechenschaft
abzulegen.
Kurz
gesagt,
ist
das
Gesetz
imstande,
Eltern
zu
gestatten,
ihre
Kinder
zu
unterrichten
-
und
sollte
meiner
Ansicht
nach
diese
Möglichkeit
stärker
hervorheben
-
ohne
dass
dafür
eine
Gesetzesänderung
notwendig
wäre.
Erst
wenn
es
die
Absicht
der
Legislative
ist,
den
Hausunterricht
deutlich
zu
erschweren,
oder
gar
zu
verbieten,
sind
Gesetzesänderungen
erforderlich.
Wenn
die
Legislative
das
Recht
der
Eltern,
ihre
Kinder
selbst
zu
unter-
richten,
zu
bestätigen
wünscht
-
während
sie
gleichzeitig
ihr
verfas-
sungsmäßiges
Recht
ausübt,
indem
sie
sicherstellt,
dass
alle
Kinder
eine
Ausbildung
erhalten,
könnte
sie
Resolutionen
ausgeben,
die
mehr
oder
weniger
Folgendes
besagen:
1.
Es
ist
nicht
die
Absicht
des
Pflichtschulgesetzes
dieses
Staates,
Eltern
das
Recht
zu
verweigern,
für
ihre
Kinder
eine
Ausbildung
zu
wählen,
die
mit
ihren
innersten
Wünschen
und
Prinzipien
harmoniert,
einschließlich
des
Rechts,
ihre
Kinder
zu
Hause
zu
unterrichten,
sofern
sie
dies
wünschen.
2.
Noch
ist
es
die
Absicht
dieser
Legislative,
Schulbehörden
zu
autori-
sieren,
Schülern,
die
unter
ihre
Gerichtsbarkeit
fallen,
einen
einheitlichen
Lehrplan
und
einheitliche
Lehr-
bzw.
Bewertungsmethoden
aufzuerlegen.
Unter
Fachleuten
und
Laien
gleichermaßen
gibt
es
weitreichende
und
legi-
time
Meinungsunterschiede
über
die
Gegenstände,
in
denen
Kinder
unter-
richtet
werden
sollen,
die
zu
verwendenden
Lehrmaterialien
und
über
die
Bewertungsmethoden
für
diesen
Unterricht
und
diese
Art
des
Lernens.
Und
diese
Meinungsunterschiede
wird
es
auch
in
Zukunft
geben.
Nur
wenn
wir
eine
breite
Palette
an
Ausbildungsmethoden
gestatten
und
unterstüt-
zen,
können
wir
durch
diese
Erfahrungsfülle
lernen,
unsere
Kinder
wir-
kungsvoller
zu
unterrichten.
Es
ist
Absicht
der
Legislative,
eine
derartige
Vielfalt
zu
gestatten
und
zu
fördern.
3.
Anstelle
von
detaillierten
Richtlinien,
die
Homeschooling
regulieren,
oder
der
Errichtung
spezieller
administrativer
Körperschaften
zu
diesem
257
Zweck,
würden
wir
es
vorziehen,
wenn
man
den
lokalen
Schulbezirken
die
Verantwortung
überträgt,
nach
pflichtgemäßem
Ermessen
Homeschoo-
ling-Familien
zu
betreuen
und
unterstützend
zu
begleiten,
stets
unter
Berücksichtigung
des
oben
angeführten
allgemeinen
Ziels.
Ich
darf
nochmals
darauf
hinweisen,
dass,
auch
wenn
die
Legislative
der-
artige
oder
gleichlautende
Resolutionen
verabschiedet,
viel
Zeit
vergehen
wird,
bis
ebenso
viele
Kinder
zu
Hause
unterrichtet
werden,
wie
derzeit
in
den
Schulen
unserer
Großstädte
täglich
dem
Unterricht
unerlaubt
fern-
bleiben.
Wenn
die
Legislative
beabsichtigt,
auch
in
Zukunft
Homeschooling
im
Vergleich
zum
heutigen
Zustand
nicht
zu
erschweren,
wäre
es
klug,
in
ein
Gesetz
das
aufzunehmen,
was
zumindest
ein
Gericht
in
Nebraska
durch
eine
Entscheidung
bereits
bestätigte:
Dass
die
Gesetze,
die
sich
mit
Ver-
nachlässigung
befassen,
nicht
als
Bestandteil
der
Gesetze
über
die
Schul-
pflicht
zu
betrachten
sind,
und
dass
eine
Anklage
wegen
Vernachlässi-
gung,
und
die
mögliche
Folge
der
Entfernung
des
Kindes
aus
der
Aufsicht
der
Eltern,
nicht
als
natürliche
und
legitime
Strafe
dafür
verstanden
wird,
dass
die
Kinder
keine
anerkannte
Schule
besuchen,
oder
sich
weigern,
dies
zu
tun.
Hierzu
einige
Überlegungen:
1.
Schulleute
könnten
behaupten,
dass
eine
derartig
ernste
Drohung
not-
wendig
sei,
um
zu
garantieren,
dass
die
Schulpflicht
wahrgenommen
wird.
Dies
verstößt
jedoch
gegen
ein
Grundprinzip
des
allgemeinen
Rechts,
das
möglicherweise
nirgendwo
explizit
festgelegt,
aber
allgemein
anerkannt
wird,
dass
die
Strafe
für
ein
Vergehen
im
Verhältnis
zu
diesem
Vergehen
stehen
muss.
Ausgehend
von
diesem
Prinzip
dürfte
zum
Beispiel
eine
Gemeindeverwaltung
Falschparken
nicht
mit
einer
Gefängnisstrafe
ahn-
den,
mit
der
Begründung,
dass
die
sichere
Erfüllung
des
Gesetzes
ohne
diese
schwere
Strafe
nicht
möglich
sei.
2.
Als
die
Legislative
die
Gesetze
verabschiedete,
die
es
dem
Staat
ermöglichen,
im
Fall
einer
Vernachlässigung
Kinder
aus
der
Obhut
ihrer
Eltern
zu
entfernen,
dachte
sie
an
Kinder,
die
hungern,
nackt
gehalten
werden,
grausam
geschlagen
und
gefoltert
werden,
in
Schränke
einge-
sperrt
oder
an
Möbelstücke
gekettet
werden.
Sie
dachte
nicht
an
Kin-
der
von
gewissenhaften,
hingebungsvollen
Eltern,
deren
einziges
Ver-
brechen
darin
besteht,
dass
sie
nicht
einverstanden
sind
mit
der
Art
von
Ausbildung,
welche
die
lokalen
Schulen
bieten.
Diese
Eltern
mit
echten
Kindesmisshandlern
in
einen
Topf
zu
werfen,
wie
es
die
Schulen
schon
258
oft
getan
haben,
ist
eine
schwerwiegende
Pervertierung
des
Gesetzes
und
der
Gerechtigkeit.
3.
Zusätzlich
ist
anzumerken,
dass
selbst
Menschen,
die
schwerwie-
gende
Verbrechen
begangen
haben
-
wie
Körperverletzung,
schweren
Diebstahl,
Totschlag
und
sogar
Mord
-,
nicht
automatisch
das
Sorgerecht
für
ihre
Familien
entzogen
wird.
Sobald
derartige
Kriminelle
ihre
Strafe
verbüßt
haben,
warten
ihre
Familien
und
Kinder
auf
sie,
sofern
sie
dies
wollen.
Zu
sagen,
dass
gewalttätige
Kriminelle
sehr
wohl
fähig
sind,
ihre
Kinder
großzuziehen,
aber
Menschen,
die
ihre
Kinder
zu
Hause
unterrich-
ten
wollen,
nicht,
ist
erneut
eine
Pervertierung
der
Gerechtigkeit.
Es
muss
einmal
kategorisch
gesagt
werden,
dass
mit
den
Gesetzen
etwas
grundlegend
falsch
wäre,
wenn
es
tatsächlich
so
wäre
(was
ich
bezweifle),
dass
die
Einhaltung
des
Gesetzes
über
die
Schulpflicht
nur
durch
schwere
und
grausame
Strafen
durchgesetzt
werden
kann
-
wobei
diese
Strafen
liebevolle
Eltern
wohl
am
härtesten
treffen.
Im
Namen
der
Gerechtigkeit
und
Billigkeit
sollten
in
jedem
Fall
die
Durchsetzung
dieser
Gesetze,
ebenso
wie
die
Festlegung
oder
Vorwegnahme
der
Argumente,
welche
Ausbildung
für
Kinder
die
beste
sei,
aus
den
Händen
der
Schulen
genom-
men
werden.
In
meiner
Stellungnahme
an
den
Ausschuss
schlug
ich
vor,
dass
die
Legislative
einige
einfache,
allgemeine
Resolutionen
verabschieden
sollte,
falls
sie
Hausunterricht
tatsächlich
fördern
und
unterstützen
wolle.
Nach
der
Anhörung
schrieb
ich
in
einem
Brief
an
den
Verwal-
tungsassistenten,
dass
meiner
Meinung
nach
auch
eine
Resolution
des
Bildungsausschusses
selbst
-
anstelle
der
gesamten
Legisla-
tive
-
genügen
würde.
Wenn
die
Schulbezirke
lediglich
eine
Rück-
versicherung
wünschen,
dass
sie
vom
Gesetz
her
nicht
gezwungen
sind,
alle
Homeschooling-Familien
zu
verfolgen,
würde
ein
diesbe-
zügliches
Statement
des
Ausschusses
vermutlich
als
Bestätigung
ausreichen.
Die
Anhörungen
selbst
waren
sehr
interessant.
Bei
der
Eröffnung
der
Anhörungen
verwies
der
Vorsitzende
des
Ausschusses
darauf,
dass
einige
Schulbezirke
die
Legislative
ersucht
hatten,
das
Gesetz
Zu
»bereinigen«.
Was
unter
dieser
»Bereinigung«
zu
verstehen
sei,
wurde
schon
bald
klar.
Zwei
Zeugen,
wovon
einer
Bezirksschulauf-
seher
und
der
andere
ein
Bezirksanwalt
war,
erzählten
von
den
Schwierigkeiten,
auf
die
sie
stießen,
als
sie
versuchten,
einige
Fami-
259
lien
zu
verfolgen,
zu
verhaften
bzw.
ihnen
die
Kinder
zu
entziehen,
deren
Wunsch
es
war,
ihre
Kinder
zu
Hause
zu
unterrichten.
Ihre
For-
derung
an
den
Ausschuss
lautete:
»Entweder
ihr
schreibt
diese
Gesetze
um
und
erklärt
detailliert,
was
eine
Privatschule
ist
und
was
nicht,
damit
wir
diese
Leute
leichter
und
schneller
verfolgen
und
verurteilen
können,
oder
ihr
hebt
die
Gesetze
über
die
Schulpflicht
gänzlich
auf.«
Zweifellos
fordern
auch
Schulleute
aus
vielen
anderen
Staaten
ihre
Legislative
auf,
entweder
keine
Ausnahmen
von
der
Schulpflicht
zuzulassen
(ausgenommen
vielleicht
bei
reichen
Leuten),
oder
die
Idee
gänzlich
aufzugeben.
In
meiner
Aussage
gab
ich
mein
Bestes,
um
den
Ausschuss
davon
zu
überzeugen,
dass
wir
gar
nicht
vor
dieser
Wahl
stehen.
Mei-
nem
schriftlichen
Statement
fügte
ich
nur
noch
diese
Punkte
hinzu:
(1)
In
immer
mehr
Rechtsfällen,
in
denen
die
Familien
ihren
Fall
sorg-
fältig
vorbereitet
haben,
z.B.
einen
detaillierten
Lehrplan
ausgear-
beitet,
Zitate
von
Fachleuten
für
Pädagogik
beigefügt
und
relevante
Gerichtsaussprüche
vorgelegt
haben,
sprächen
sich
die
Gerichte
immer
häufiger
zu
ihren
Gunsten
aus.
(2)
Die
Tendenz
zu
familien-
zentrierter
Bildung
sei
Teil
einer
wachsenden
landesweiten
Bewegung
zu
mehr
Autarkie
und
geringerer
Abhängigkeit
von
großen
Institutio-
nen,
einer
Bewegung,
die
von
mehreren
Standpunkten
aus
betrach-
tet
als
gesund
und
bewundernswert
betrachtet
werden
könnte,
und
die
auf
jeden
Fall
weiterwachsen
werde.
(3)
Der
Versuch,
gegen
Homeschooling-Familien
hart
vorzugehen,
würde
die
Zahl
und
Kom-
plexität
der
Rechtsfälle
bei
Gericht
nicht
verringern,
sondern
steigern.
In
diesem
Zusammenhang
hatte
der
junge
Bezirksanwalt
irgend-
wann
entrüstet
gesagt,
dass
eine
Familie
lediglich
die
Bibel
als
Lehr-
buch
verwende.
Ich
fragte
ihn,
ob
es
seiner
Meinung
nach
für
ihn
leichter
werden
würde,
wenn
er
bei
Gericht
und
vor
einem
Richter
argumentierten
müsste,
wie
gut
sich
eine
Bibel
als
Lehrbuch
eigne.
Ich
fügte
hinzu,
dass
es
wohl
nicht
allzu
schwierig
sei,
stichhaltig
zu
beweisen,
dass
die
Bibel
ein
wesentlich
besseres
Lehrbuch
sei
als
so
manches,
das
in
den
Schulen
verwendet
wird.
Wolle
er
sich
tatsäch-
lich
auf
solche
Auseinandersetzungen
einlassen?
Sein
Gesichtsaus-
druck
bei
meiner
Frage
deutete
auf
ein
klares
Nein
hin.
Ich
sagte
dem
Ausschuss
auch,
dass
er
sich
darüber
im
Klaren
sein
müsse,
dass
diejenigen,
die
heute
aus
den
verschiedensten
Gründen
ihre
Kinder
aus
der
Schule
nehmen,
um
sie
zu
Hause
zu
unterrichten,
dies
auch
weiterhin
tun
werden,
unabhängig
davon,
wel-
260
che
Gesetzesänderungen
die
Legislative
beschließen
werde.
Sie
wer-
den,
solange
sie
können,
vor
Gericht
kämpfen,
verzögern,
behindern
und
Berufung
einlegen,
wenn
es
sein
muss
auch
jahrelang.
Und
wenn
sie
schlussendlich
mit
dem
Rücken
zur
Wand
stehen,
werden
sie
ein-
fach
in
einen
anderen
Bezirk
übersiedeln,
oder
den
Bundesstaat
ver-
lassen.
Sie
werden
nur
eines
nicht
tun:
ihre
Kinder
wieder
zur
Schule
schicken.
Ist
es
ein
derartiges
Ergebnis
wirklich
wert,
all
die
Zeit,
die
Energie
und
das
Geld
der
Steuerzahler
aufzuwenden,
um
einen
Kampf
auszufechten,
der
von
vornherein
verloren
ist?
Als
der
Schulaufseher
über
die
schlechte
Publicity
sprach,
die
sein
Bezirk
erhalten
hatte,
während
er
eine
Familie
verfolgte,
meinte
er
irgend-
wann:
»Selbst
wenn
wir
gewinnen,
verlieren
wir.«
Wollen
die
Schulen
und
der
Staat
tatsächlich
diese
Art
von
Publicity
bekommen?
Eines
der
Ausschussmitglieder
stellte
mir
eine
Frage,
die
ich
in
der
einen
oder
anderen
Form
bei
fast
jeder
Versammlung
höre.
Sie
lautet
etwa
folgendermaßen:
»Was
würden
Sie
mit
einer
Familie
tun,
die
selbst
nichts
weiß,
die
nicht
will,
dass
ihre
Kinder
etwas
wissen,
und
die
ihre
Kinder
nur
aus
der
Schule
nimmt,
um
ihre
Arbeitskraft
auszubeuten
usw.?«
Ich
erinnerte
sie
an
eine
alte
Rechtsmaxime,
mit
der
sie
gewiss
vertraut
waren:
Schwierige
Fälle
führen
zu
schlechter
Rechtsspre-
chung.
Ich
argumentierte,
wenn
wir
unsere
Gesetze
so
festlegten,
dass
sie
auch
den
schlechtesten
hypothetischen
Fall
abdecken
-
was
wir
nur
allzu
häufig
tun
-
erhalten
wir
Gesetze,
die
lang,
schwer-
fällig
und
schwierig
bis
gar
nicht
durchsetzbar
sind,
und
vermutlich
eher
gute
Menschen
davon
abhalten,
Gutes
zu
tun,
als
schlechte
Menschen,
Schlechtes
zu
tun.
Vermutlich
gäbe
es
tatsächlich
Fami-
lien,
die
den
schlimmsten
Vorstellungen
entsprechen,
aber
diese
seien
wohl
die
letzten
auf
Erden,
die
daran
interessiert
sind,
ihre
Kin-
der
zu
Hause
zu
unterrichten.
Im
Gegenteil
sind
sie
nur
allzu
begie-
rig,
die
Kinder
wieder
aus
dem
Haus
zu
haben,
sobald
das
Ende
der
Schulferien
naht:
»Gott
sei
Dank,
dass
die
Ferien
vorüber
sind.
Ich
kann
es
nicht
erwarten,
dass
diese
verdammten
Kinder
wieder
in
die
Schule
gehen«.
Die
Ausschussmitglieder
lächelten.
Offenbar
kann-
ten
sie
solche
Leute.
Abschließend
meinte
ich,
dass
der
Macht
der
Regierungen
Gren-
zen
gesetzt
seien,
die
sie
nicht
überschreiten
dürften,
wollten
sie
nicht
ihre
Glaubwürdigkeit
verlieren.
Man
hatte
in
den
USA
schon
ein-
mal
versucht,
eine
gute
Sache
durchzusetzen,
weil
man
der
Ansicht
261
war,
dass
es
für
uns
als
Land
besser
sei,
wenn
niemand
Alkohol
tränke.
Aber
das
edle
Experiment
scheiterte,
weil
es
dem
Volk
nicht
gefiel,
dass
die
Regierung
ihre
Nase
so
tief
in
sein
Privatleben
steckte,
und
sich
weigerte,
diesem
Gesetz
zu
gehorchen.
Die
einzige
Folge
waren
ein
gewaltiger
Anstieg
der
Korruption
innerhalb
der
Regierung
und
eine
allgemeine
Missachtung
des
Gesetzes.
Soweit
ich
den
Gesichtern
und
Fragen
der
Ausschussmitglieder
entnehmen
konnte,
waren
sie
sehr
an
dem
interessiert,
was
ich
sagte,
und
sind
auch
darauf
eingegangen.
Nur
ein
Mitglied
wirkte
durch
meine
Worte
deutlich
verärgert
und
bedroht.
Die
letzte
Frage
stellte
der
Vorsitzende
selbst:
»Meinen
Sie
damit,
dass
wir
das
Gesetz
in
keiner
Weise
abändern
müssen,
wenn
wir
den
Menschen
gestat-
ten
wollen,
ihre
Kinder
zu
Hause
zu
unterrichten?«
Ich
versicherte
ihm,
dass
ich
genau
das
meinte.
Falls
noch
ein
Mitglied
des
Ausschusses
an
dem
zweifelte,
was
ich
gesagt
hatte,
dass
immer
mehr
Menschen
entschlossen
seien,
ihre
Kinder
nach
ihren
Ansichten
zu
unterrichten,
so
wirkte
die
nächste
Zeugin
vermutlich
endgültig
überzeugend.
Sie
vertrat
eine
Vereinigung
für
christliche
Erziehung
und
prangerte
in
ihrer
Aussage
die
öffentlichen
Schulen
heftig
an
(was
ich
sorgfältig
vermieden
hatte).
Im
Vergleich
zu
ihr
muss
ich
überaus
sanft
und
vernünftig
gewirkt
haben.
Ich
möchte
gern
davon
ausgehen,
dass
am
Ende
der
Anhörung
zumindest
einige
Ausschussmitglieder
dachten:
»Vielleicht
hat
Holt
Recht.
Vielleicht
wollen
wir
doch
nicht
die
nächsten
zehn
Jahre
damit
verbringen,
gegen
diese
Art
von
Leuten
anzukämpfen.
Vielleicht
ist
es
klüger,
sie
sich
selbst
zu
überlassen
und
stattdessen
alles
zu
unternehmen,
um
unsere
Schulen
zu
verbessern.«
Für
Min-
nesota
und
jeden
anderen
Staat
wäre
dies
der
klügere
Weg.
262
12
Die
ersten
Schritte
zum
freien
Lernen
VON
PATRIK
FARENGA
»WIE
FUNKTIONIERT
HOMESCHOOLING?«
Es
gibt
so
viele
Varianten,
wie
es
freilernende
Kinder
gibt.
Denn
das,
was
dem
einen
Kind
geholfen
hat,
Lesen
oder
Rechnen
zu
lernen,
trifft
nicht
automatisch
auf
ein
anderes
Kind
zu.
Deshalb
funktioniert
Homeschoo-
ling
für
jeden
anders
...
Die
Erfahrung
zeigt,
dass
viele
Eltern
gern
so
anfangen
zu
unterrichten,
wie
sie
selbst
unterrichtet
wurden,
und
zu
vor-
gegebenem
Unterrichtsstoff
und
Lehrmitteln
greifen.
Nach
und
nach
pas-
sen
sie
dann
ihre
Lehrprogramm
den
Interessen
und
Fähigkeiten
ihrer
Kinder
an.
Wenn
sie
sich
dann
allmählich
von
Schulbüchern
lossagen
und
sich
normalen
Sachbüchern
und
echter
Lebenserfahrung
zuwenden,
nehmen
sie
oft
auch
die
Hilfe
anderer
Mentoren
aus
ihrer
Umgebung
in
Anspruch.
Manche
Familien
wollen
einfach
die
»Schule
zu
Hause«
haben
und
richten
sich
nach
offiziellen
Lehrplänen,
wobei
sie
nur
uner-
wünschten
Stoff
auslassen.
Meine
Frau
und
ich
betreiben
Homeschooling
lieber
nach
Holts
Lehr-
und
Lernprinzipien,
was
auch
»Unschooling«
genannt
wird.
Die
meisten
Familien
entwickeln
sich
von
der
»Schule
zu
Hause«
hin
zum
»Unschooling«,
jedoch
in
unterschiedlichem
Tempo
und
mit
unterschiedlicher
Konsequenz.
Wie
letztendlich
Homeschooling
für
Sie
aussehen
soll,
können
nur
Sie
selbst
entscheiden,
aber
keine
Ent-
scheidung
ist
unumstößlich.
Sicher
können
Sie
eine
Hausschule
einrichten
mit
Stundenplänen
und
einer
Unterrichtsgestaltung
wie
in
der
Regelschule.
Aber
solch
eine
263
Kopie
von
Schule
könnte
Sie
und
Ihre
Kinder
einengen.
Vielleicht
wech-
seln
Sie
auch
wie
viele
mir
bekannte
Homeschooler
zwischen
vorge-
schriebenem
Unterricht
und
situationsbedingtem
Lernen,
was
entspann-
ter
und
individueller
gestaltet
werden
kann.
Dabei
sollten
Sie
wissen,
dass
Homeschooling
nicht
bedeutet,
dass
Ihre
Kinder
den
ganzen
Tag
zu
Hause
bleiben
müssen
und
nur
von
ihren
Eltern
und
mit
Lehrmaterial
ler-
nen.
Wir
planen
zum
Beispiel
mehrmals
in
der
Woche
für
unsere
Kinder
Zeit
ein,
die
sie
mit
ihren
Freunden
verbringen,
die
nicht
unbedingt
nur
Homeschooler
sein
müssen,
und
wir
helfen
uns
gegenseitig.
Meine
Frau
leitete
zum
Beispiel
jeden
Mittwochabend
in
unserem
Haus
für
acht
Kin-
der
-
sieben
Homeschooler
und
ein
Freund,
der
zur
öffentlichen
Schule
ging
-
das
sehr
beliebte
Treffen
des
»Detektivklubs«.
Im
Gegenzug
betei-
ligten
sich
unsere
Kinder
an
Ausflügen,
Theater-
und
Musikgruppen,
die
von
anderen
Homeschooling-Eltern
geleitet
wurden.
Wir
haben
für
unsere
Töchter
Möglichkeiten
gefunden,
sie
an
Unterrichtsstunden
und
Veran-
staltungen
teilnehmen
zu
lassen,
die
von
Museen,
Büchereien,
Kirchen,
Sportvereinen
und
Tanzschulen
veranstaltet
werden.
In
manchen
Staaten
können
die
Kinder
sogar
an
bestimmten
Unterrichtstunden
der
öffentli-
chen
Schulen
teilnehmen;
einen
Versuch
1st
das
sicherlich
auch
für
Sie
wert.
Manche
Homeschooling-Gruppen
haben
Listen
mit
Mitgliedern,
die
bereit
sind,
als
Hauslehrer
oder
Gesprächspartner
von
Kindern
zu
fungieren,
die
besonderes
Interesse
für
thre
Fachgebiete
haben.
Das
Wichtigste
ist,
dass
Ihre
Kinder
beim
Homeschooling
Zeit
haben,
selbst
zu
forschen
und
über
die
Dinge
nachzudenken.
Kinder,
die
selbst
etwas
herausgefunden
haben,
um
ihre
eigenen
Ziele
zu
erreichen,
werden
dieses
Wissen
nie
wieder
verlieren
und
können
darauf
aufbauen.
Wenn
Ihr
Kind
zum
Beispiel
mehr
über
Archäologie
lernen
möchte,
und
Sie
wissen
nichts
darüber
(und
interessieren
sich
auch
überhaupt
nicht
dafür),
dann
können
Sie
ihm
Zugang
zu
Büchern
und
anderem
Material
verschaffen.
Eine
engagierte
Bibliothekarin
in
Ihrer
örtlichen
Bücherei
kann
zu
einer
äußerst
wertvollen
Verbündeten
werden
...
Als
wir
nach
jahrelangem
Leben
in
einer
Wohnung
in
unser
eigenes
Haus
zogen,
gefiel
es
unserer
damals
sechsjährigen
Tochter
Lauren
beson-
ders
gut,
dass
sie
im
neuen
Garten
hinterm
Haus
graben
konnte.
Sie
ent-
deckte
einen
ungewöhnlichen,
runden
Stein
und
zeigte
ihn
meiner
Frau
Day.
Day
dachte,
es
könnte
vielleicht
eine
Musketenkugel
aus
der
Kolo-
nialzeit
sein,
was
eine
Welle
von
Lektüre
und
Unterhaltungen
über
die
Kolonialzeit,
Waffen
und
Archäologie
ausléste.
Day
fand
heraus,
dass
nicht
weit
von
unserem
Haus
entfernt
auf
einem
Gelände
aus
der
Kolo-
264
nialzeit
eine
Ausgrabung
durchgeführt
wurde,
und
es
gelang
ihr,
für
Lau-
ren
einen
Tag
zu
vereinbaren,
an
dem
sie
auf
dem
Gelände
mithelfen
durfte.
Man
muss
nicht
glauben,
alles
wissen
zu
müssen,
um
seinem
Kind
helfen
zu
können.
Noch
einmal:
Homeschooling
muss
nicht
wie
Unter-
richt
in
einer
regulären
Schule
ablaufen
und
Sie
müssen
sich
nicht
wie
ein
typischer
Lehrer
verhalten.
Im
Gegenteil:
Sie
können
auch
auf
Ihnen
nicht
vertrauten
Gebieten
gemeinsam
mit
ihren
Kindern
forschen.
Madalene
Axford
Murphy
aus
Pennsylvania
schreibt,
wie
sie
das
bei
ihrem
Sohn
bewerkstelligt
hat:
Sehr
früh
stieß
unser
Sohn
Christian
in
Naturwissenschaften
und
Mathematik
an
unsere
Grenzen.
Dabei
wurde
schnell
offensichtlich,
dass
diese
Bereiche
in
seinem
Leben
eine
entscheidende
Rolle
spielen
würden.
Anfänglich
erweiterte
ich
begeistert
mein
eigenes
Wissen
und
lernte
mit
ihm
zusammen,
aber
bald
hatte
ich
weder
die
Zeit
noch
das
Interesse
daran,
mit
ihm
Schritt
zu
halten.
Wir
gingen
auf
unterschiedliche
Weisen
mit
dieser
Situation
um.
Wir
fanden
fur
Christian
eine
Astronomiegruppe,
an
der
er
einen
Abend
im
Monat
teilnahm.
Er
stellte
fest,
dass
eines
der
Griindungsmitglieder
in
unse-
rem
Ortlichen
Naturwissenschaftszentrum
ein
zwolfteiliges
Seminar
über
Astro-
nomie
fur
Erwachsene
gab.
Auf
Empfehlung
eines
der
dortigen
Naturwissen-
schaftler
(einem
seiner
Freunde)
durfte
er
daran
teilnehmen,
obwohl
er
erst
elf
Jahre
alt
war.
Am
ersten
Abend
kam
er
mit
etwa
zehn
eng
bedruckten
Textsei-
ten
nach
Hause,
die
er
bis
zum
nächsten
Mal
lesen
sollte.
Dies
sollte
kein
seich-
ter,
netter
Wiederholungskurs
von
Mythen
über
Sternkonstellationen
werden,
in
dem
hie
und
da
ein
paar
Fakten
über
Planeten
etc.
eingestreut
wurden
-
nein:
Es
war
eine
Veranstaltung
auf
hohem
wissenschaftlichen
Niveau,
ein
uneingeschrankter
Einstiegskurs
in
die
technische
Astronomie.
Ich
war
darüber
besorgt,
Christian
nicht.
Er
wiihlte
sich
durch
die
Texte
und
war
enttäuscht,
als
der
Kurs
vorbei
war.
Hatte
er
alles
verstanden?
Nein,
genauso
wenig
wie
viele
der
teilnehmenden
Erwachsenen,
aber
Begriffe
wie
»Parallaxe«
und
»Gradient«
gehorten
fortan
zu
seinem
aktiven
Wortschatz,
und
er
wusste
eine
Menge
mehr
über
Teleskope
und
die
Wissenschaft
der
Astronomie
als
je
zuvor.
Eine
andere
Gruppe,
genauer
gesagt
die
Audubon
Society,
verhalf
ihm
zum
Einblick
in
die
Biologie
...
Als
sie
zur
Weihnachtszeit
ihre
jährliche
Vogelzih-
lung
veranstaltete,
nahmen
Christian
und
ich
daran
teil
...
Die
Zählung
war
kein
großer
Erfolg.
Die
Vögel
hielten
sich
bei
eiskaltem
Regen
verborgen,
und
ich
kam
zu
der
Erkenntnis,
dass
ihre
Intelligenz
diesbezüglich
der
menschlichen
überlegen
war
...
Der
größte
Erfolg
dieser
Aktion
war
die
Freundschaft,
die
sich
zwischen
Christian
und
einem
Biologen
namens
Bob
entwickelte.
Bob
lud
Christian
zu
|
265
anderen
Vogelzählungen
ein
und
nahm
ihn
in
den
letzten
beiden
Jahren
zu
fünfstündigen,
von
der
Regierung
unterstützten
Vogelerkundungen
mit.
Christian
kann
jetzt
sehr
gut
Vögel
identifizieren
und
arbeitet
daran,
sie
noch
besser
an
ihren
Stimmen
erkennen
zu
können.
Im
darauffolgenden
Sommer
fand
Christian
heraus,
dass
er
ehrenamtlich
in
dem
Fischforschungslabor
arbeiten
konnte,
wo
Bob
beschäftigt
war,
und
verbrachte
dort
jede
Woche
zwei
volle
Arbeitstage
...
Christian
hat
viel
über
Labortechniken
gelernt
und
darüber,
dass
exakte
Resultate
viel
mühsame
Arbeit
erfordern
...
Alle
diese
Biologieaktivitäten
fanden
zu
der
Zeit
statt,
zu
der
Christian
sonst
vermutlich
die
High
School
besucht
hätte,
also
zu
einer
Zeit,
zu
der
Homeschooling-Eltern
und
manchmal
auch
die
Kinder
etwas
nervös
werden,
ob
sie
nicht
vielleicht
doch
den
traditionellen
Weg
gehen
sollten,
besonders
wenn
die
Kinder
anschließend
eine
Hochschule
oder
Universität
besuchen
wol-
len.
Christian
entschied
sich,
seine
Wissenslücken
in
Naturwissenschaften
mit
Hilfe
von
Fachliteratur
zu
füllen,
und
Aktivitäten,
wie
ich
sie
gerade
beschrie-
ben
habe,
waren
eine
hilfreiche
und
nützliche
Verbindung
zur
Realität.
Carla
Stein
aus
Massachusetts
schreibt:
Ich
nahm
51
Blätter
Papier
und
schrieb
auf
jedes
Blatt
eine
Zahl
von
0
bis
50.
Diese
legten
wir
dann
nebeneinander
auf
den
Fußboden
in
Kurven
und
Schlei-
fen
um
die
Möbel
herum,
so
dass
sie
aussahen
wie
das
Brettspiel
»Candy
Land«
...
Dann
hüpften
wir
den
so
entstandenen
Pfad
entlang,
wobei
wir
mal
nur
auf
die
geraden,
mal
nur
auf
die
ungeraden
oder
mal
nur
auf
die
Zahlen
treten
durften,
die
durch
3,
4,
5,
usw.
teilbar
sind
...
Das
sorgte
für
viel
Spaß,
beson-
ders
wenn
wir
weiter
als
möglich
mussten.
Dann
bekam
jeder
ein
Stofftier
und
musste
versuchen,
dieses
auf
die
richtigen
Zahlenfelder
zu
werfen,
was
natür-
lich
nicht
immer
gelang
und
mit
großem
Gejohle
einherging.
Sue
Smith-Heavenrich
aus
New
York
schreibt:
Vor
einiger
Zeit
führten
meine
Kinder
»Mathe
vor
dem
Frühstück«
ein
-
eine
Art
Spiel,
bei
dem
sie
sich
gegenseitig
Fragen
stellen,
während
ich
Müsli
und
Saft
hole.
Coulter
(7
Jahre
alt)
fragte
zum
Beispiel:
»Wie
viel
ist
ein
Toby
plus
ein
Toby?«
Unserer
vierjahriger
Toby
antwortete:
»Acht!«.
»Nein«,
sagte
Coulter.
»Wie
viel
1st
ein
Toby
plus
ein
Toby?«
»Acht!«
antwortete
Toby
lauter
und
mit
mehr
Nachdruck.
Plötzlich
dämmerte
es
mir,
das
er
recht
hatte
-
jedenfalls
was
sein
Alter
anbetraf.
Da
waren
für
ihn
zwei
Tobys
so
viel
wie
2
x
4,
also
8.
Darum
fragte
ich
ihn,
ob
für
ihn
ein
Toby
4
Jahre
bedeutete.
»Ja«,
antwortete
Toby.
Darauf-
266
hin
stellten
sie
Gleichungen
mit
dem
Alter
ihrer
Freunde
auf:
»1
Joe
(9)
-
1
Kate
(7)
+
1
Isabell
(6)
=
2
Toby
(8)«
und
so
weiter.
Ich
frage
mich,
wie
oft
»falsche
Antworten«
in
Wahrheit
richtige
Antwor-
ten
sind,
wenn
man
die
Frage
anders
versteht.
Wenn
Mathematik
zum
Ziel
hat,
Beobachtungen
dieser
Welt
mit
Symbolen
zu
bezeichnen,
dann
sollten
wir
unse-
ren
Kindern
die
Zeit
geben,
in
diese
Sprache
der
Mathematik
hineinzuwachsen
und
sie
zu
entdecken.
Als
sie
anfingen
zu
sprechen,
haben
wir
auch
nicht
von
thnen
gefordert,
jedes
Wort
korrekt
auszusprechen
oder
gar
die
Grammatik
richtig
anzuwenden.
Darum
glaube
ich,
dass
auch
mathematisches
Denken
sich
auf
ganz
natürliche
Weise
entwickeln
muss.
Ich
habe
als
Kind
Mathematik
gehasst.
Ich
erinnere
mich
daran,
wie
mein
Vater
jeden
Abend
nach
dem
Essen
mit
mir
die
Karten
mit
den
Rechenaufga-
ben
durcharbeitete.
Ich
hatte
immer
Angst,
die
falsche
Antwort
zu
geben.
So
kam
es,
dass
ich
zwar
immer
besser
lesen,
sprechen
und
schreiben
konnte,
meine
mathematischen
Kenntnisse
jedoch
nicht
zunahmen,
obwohl
ich
mich
durch
ein
Ubungsbuch
nach
dem
anderen
quilte.
Ich
hitte
meine
Schwester
nie
am
Frihstiickstisch
gefragt
»Wie
viel
ist
1
Sue
plus
1
Sue?«.
Ich
ging
jeder
Art
von
Mathematik
aus
dem
Weg
und
war
(wie
meine
Mutter
sagte)
der
festen
Meinung,
ich
sei
»Mathesthenikerin«.
Vielleicht
»lehre«
ich
auch
deswegen
meine
Kinder
nicht
Mathematik.
Wir
lösen
unsere
Aufgaben,
machen
Zahlenspiele
und
nutzen
Mathematik
als
Hilfs-
mittel
in
unserem
täglichen
Leben.
Heute
sortieren
wir
Kartoffeln
fir
den
Markt
und
wiegen
sie.
Daraus
entstehen
alle
möglichen
interessanten
Mathe-
matikaufgaben.
Das
Gewicht
der
Schüssel,
in
der
wir
die
Kartoffeln
wiegen,
betrug
250
Gramm.
Manchmal
bekommen
wir
eine
Schüssel
voller
Kartoffeln,
die
etwa
3,75
Kilo
wiegt.
Ich
habe
den
Kindern
noch
keine
Bruchrechnung
beigebracht,
aber
Coulter
fand
auch
so
heraus,
wie
viel
die
Kartoffeln
wogen
und
gab
verschiedene
Gewichte
hinzu,
um
auf
das
Ergebnis
zu
kommen.
Sein
Kommentar
war:
»Mensch,
Mom,
das
macht
Spaß!
Wann
graben
wir
wieder
Kartoffeln
aus?«
In
anderen
Veröffentlichungen
zum
Thema
Homeschooling
in
der
großen,
ständig
wachsenden
Anzahl
von
Homeschooling-Literatur
finden
Sie
noch
mehr
Informationen,
wie
Homeschooling
in
den
Familien
funk-
tiontert
und
wie
Sie
den
für
Ihre
Familie
passenden
Weg
finden
können.
Denken
Sie
immer
daran,
dass
Sie
nicht
vor
eine
Klasse
von
dreißig
Kindern
stehen,
sondern
es
nur
-
wie
schon
seit
vielen
Jahren
-
mit
Ihren
eigenen
Kindern
zu
tun
haben.
Die
Dynamik
eines
Schulunterrichts
ist
völlig
anders
als
die
der
helfenden
Begleitung
beim
Homeschooling.
Ihre
267
Kinder
verbringen
so
viel
Zeit
mit
Ihnen,
dass
ihre
Fragen
natürlich
und
den
ganzen
Tag
über
aufkommen
können.
Wie
alle
Eltern
wissen,
stellen
kleine
Kinder
ihre
Fragen
ständig
und
überall,
wenn
es
ihnen
nicht
abgewöhnt
wurde.
Nur
weil
viele
Menschen
ihre
Kinder
in
die
Schule
oder
den
Kindergarten
schicken,
heißt
das
nicht,
dass
das
dafür
aus-
gebildete
Personal
den
Wissenshunger
der
Kinder
besser
stillen
kann
als
»unqualifizierte«
Eltern.
|
In
dem
Buch
Young
Children
Learning
wird
eine
britische
Studie
beschrieben,
die
Tonbandaufnahmen
mit
Unterhaltungen
von
Eltern
aus
der
Arbeiterklasse
mit
ihren
vierjihrigen
Kindern
mit
denen
verglichen
hat,
die
Erzieherinnen
in
Kindertagesstitten
mit
vierjahrigen
Kindern
geführt
hatten.
Es
zeigt
sich,
dass
die
zuhause
betreuten
Kinder
unzih-
lige
Fragen
zu
den
unterschiedlichsten
Dingen
stellten
und
keine
Hem-
mungen
hatten,
neue
Wörter
oder
Konzepte
zu
lernen.
Die
von
qualifi-
zierten
Piadagoginnen
betreuten
Kinder
hatten
weniger
breit
gefacherte
Ideen
und
stellten
sehr
viel
weniger
Fragen.
Das
Washingtoner
Homeschooling-Forschungsprojekt
The
Relati-
onship
of
Selected
Input
Variables
to
Academic
Achievement
among
Washington’
s
Homeschoolers
(Das
Verhältnis
von
selektierten
Lernin-
halten
zu
akademischen
Erfolgen
von
Washingtons
Homeschoolern)
von
John
Wartes
beschiftigte
sich
mit
Homeschooling-Kindern,
die
teilweise
von
Eltern
mit
staatlich
anerkannter
Lehramtsbefugnis
ausgebildet
wor-
den
waren
und
teilweise
von
Eltern
ohne
diese
Qualifikation.
Beide
Grup-
pen
wiesen
keinerlei
Unterschiede
im
Lernergebnis
auf,
und
der
Bericht
kommt
zu
dem
Ergebnis,
dass
»der
Kontakt
mit
einem
ausgebildeten
Leh-
rer
keine
unerlissliche
Voraussetzung
fiir
akademische
Erfolge
ist.
Politi-
sche
Entscheidungen,
die
einen
Kontakt
mit
einem
qualifizierten
Lehrer
zur
Bedingung
von
Homeschooling
machen,
werden
von
diesen
For-
schungsergebnissen
nicht
gestiitzt.«
Viele
Privatschulen
verlangen
von
ihrem
pädagogischen
Personal
keine
staatlich
anerkannte
Lehrerausbildung,
sondern
legen
größeren
Wert
auf
Lehrer,
die
ein
gutes,
fundiertes
Wissen
in
threm
Fach
mitbringen.
Warum
legen
diese
Schulen
keinen
so
großen
Wert
auf
eine
Lehrerausbildung?
Weil
sie
wissen,
dass
die
Freude
am
Unterrichten,
die
Liebe
und
Begeiste-
rung
fiir
den
Unterrichtsstoff
und
Verantwortung
fiir
die
Kinder
nicht
nur
bei
qualifizierten
Lehrern
zu
finden
sind.
Dasselbe
gilt
für
Homeschooling.
Fernschulen
bieten
seit
Jahrzehnen
Fernstudienkurse
für
im
Ausland
lebende
Amerikaner
und
Homeschooler
an.
Alaska
gründete
ein
Fern-
studienzentrum,
das
Centralized
Correspondence
Study
Programm
268
(CCS),
das
ebenfalls
seit
Jahrzehnten
existiert.
Der
Staat
verschickt
ein
Fernstudienprogramm
an
Eltern,
die
das
Material
dann
gemeinsam
mit
ihren
Kindern
durcharbeiten.
Es
hat
in
all
diesen
Jahren
keinerlei
Anzei-
chen
dafür
gegeben,
dass
zu
Hause
unterrichtete
Kinder
mit
diesen
Pro-
grammen
weniger
gut
gelernt
hätten
als
ihre
in
Schulen
unterrichteten
Altersgenossen
in
Alaska
oder
anderswo
auf
der
Welt.
Homeschooling
ermöglicht
Lernen
in
einem
anderen
als
dem
von
der
Schule
vorgeschrieben
Tempo,
da
Sie
und
Ihre
Kinder
unendlich
viel
Zeit
haben,
sich
die
Dinge
auf
differenziertere
Weise
zu
erarbeiten,
als
in
der
von
der
Schule
vorgeschriebenen
Art,
was
natürlich
zu
unterschied-
lichen
Ergebnissen
führt.
Manche
Eltern
richten
sich
streng
nach
dem
offiziellen
Lehrplan,
während
beispielsweise
meine
Frau
und
ich
nicht
die
Rolle
von
Aufsehern
einnehmen
wollen,
die
für
die
strenge
Einhaltung
von
Lehrplänen
sorgen;
wir
fördern
unsere
Kinder
einfach
nur
nach
unse-
ren
Möglichkeiten
und
versuchen,
gute
Eltern
zu
sein.
In
seinem
Buch
Das
Verschwinden
der
Kindheit
schreibt
Neil
Postman,
wie
sich
die
nach
einem
Schulkonzept
organisierte
Kindesentwicklung
abspielte:
...
Indem
sie
aufeinander
aufbauende
Schulbücher
schrieben
und
Schulklassen
nach
Jahrgängen
einteilten,
teilten
die
Schulmeister
die
Kindheit
sozusagen
in
verschiedene
Stufen
ein.
Unsere
Meinung,
was
ein
Kind
lernen
kann
oder
ler-
nen
sollte,
und
in
welchem
Alter
das
zu
geschehen
hat,
gründet
sich
weitest-
gehend
auf
dem
Konzept
von
Lehrplanabfolgen,
sozusagen
auf
dem
Konzept
von
zu
erfüllenden
Voraussetzungen...
Es
geht
darum,
dass
die
Beherrschung
des
Alphabets
und
all
der
anderen
Fähigkeiten
und
ein
vorgeschriebener
Wissenstand
nicht
einfach
nur
einem
Lehr-
plan
zu
folgen
hat,
sondern
dass
mit
diesem
Lehrplan
die
Kindesentwicklung
vor-
geschrieben
wird.
Indem
sie
das
Konzept
einer
Hierarchie
von
Wissen
und
Fähig-
keiten
erstellten,
haben
die
Erwachsenen
die
Kindesentwicklung
strukturiert.
Homeschooler,
die
diese
Strukturierung
der
Kindesentwicklung
nicht
anwenden,
entdecken,
dass
Kinder
auf
unterschiedlichste
Weise
lernen.
Manche
Homeschooler
lernen
zum
Beispiel
erst
im
Alter
von
zehn
oder
elf
Jahren
lesen,
andere
viel
früher.
Schulkinder
müssen
in
der
Regel
spä-
testens
in
der
dritten
Klasse
lesen
können
oder
können
dem
in
jeder
höhe-
ren
Stufe
vermehrt
von
Büchern
bestimmten
Unterricht
nicht
mehr
fol-
gen;
aber
wenn
man
diese
behördlichen
Vorschriften
ignoriert,
wird
es
etwas
deutlicher,
dass
Kinder
in
sehr
viel
mehr
Alterstufen
gut
lesen
ler-
nen
konnen,
als
es
die
Schule
erlaubt.
Eine
1999
veroffentlichte
Studie
Educating
Children
at
Home
von
Alan
Thomas
zeigt
auf,
dass
viele
269
Homeschooler
erst
im
Alter
von
zehn
oder
elf
Jahren
lesen
lernen,
was
aber,
»soweit
es
nachgewiesen
werden
konnte,
keine
negative
Auswirkung
auf
die
intellektuelle
Entwicklung
oder
den
Selbstwert
hatte
oder
gar
zu
Analphabetentum
führte.«
Die
»späten«
Leser
holten
schnell
auf
und
überholten
beim
Lesen
nicht
selten
ihre
zur
Schule
gehenden
Altersge-
nossen.
Dr.
Thomas
weist
außerdem
darauf
hin,
dass
im
Gegensatz
zu
Schulkindern
im
selben
Alter,
»diese
Spätleser
genauso
wie
die
meisten
anderen
zu
Hause
lernenden
Kinder
anschließend
äußerst
große
Freude
am
Lesen
hatten.«
ERSTE
SCHRITTE
Grob
gesagt
vollzieht
sich
der
Start
ins
Homeschooling
in
drei
Schritten:
1.
Studieren
Sie
die
Gesetze
und
Vorschriften
Ihres
Landes.
Um
die
Gesetze
und
Vorschriften
Ihres
Landes
zu
erfahren,
nehmen
Sie
am
besten
Kontakt
mit
anderen
Homeschoolern
in
Ihrer
Umgebung
auf.
Sie
verfügen
meist
über
Informationsmaterial,
besonders
über
Gesetze
und
Vorschriften.
Im
Anhang
finden
Sie
Organisationen
und
Initiativen,
die
Sie
unterstützen
können.
Den
genauen
Gesetzestext
mit
juristischen
Hintergrundinformationen
Ihres
Landes
finden
Sie
im
Internet.
Home-
schooling-Gruppen
sind
nicht
nur
eine
gute
Informationsquelle
für
Gesetze
und
Regulierungen,
sondern
auch
eine
gute
Hilfe,
um
sofort
andere
Menschen
zu
treffen,
die
im
selben
Boot
sitzen,
und
um
über
die
entsprechenden
regionalen
Aktivitäten
zu
erfahren.
Sie
organisieren
Tref-
fen,
Ausflüge
oder
was
auch
immer
den
betroffenen
Familien
gefällt.
2.
Stellen
Sie
einen
eigenen
Lehrplan
auf.
Aus
meiner
Sicht
brauchen
Sie
keinen
vorgefassten
Lehrplan,
um
erfolgreich
Homeschooling
zu
praktizieren.
Sie
können
Ihren
eigenen
Lehrplan
erstellen,
der
auf
Philosophie
und
Bildung
Ihrer
Familie
basiert
und
den
sie
jederzeit
nach
Bedarf
verändern
können.
Sie
brauchen
nicht
gegen
Bildungsautorititen
anzutreten.
Viele
Privatschulen
haben
Unter-
richtspldne,
die
sich
grundsätzlich
von
denen
öffentlicher
Schulen
unter-
scheiden.
In
Waldorfschulen,
die
sich
auf
die
Philosophie
von
Rudolf
Steiner
stützen,
lernen
die
Kinder
erst
dann
zu
lesen,
wenn
sie
ihren
letz-
ten
Augenzahn
verloren
haben.
Zu
dem
Zeitpunkt
sind
die
Kinder
oft
alter,
als
die
Kinder
in
öffentlichen
Schulen,
wenn
sie
lesen
lernen.
Andere
Alternativschulen
arbeiten
überhaupt
nicht
nach
festgelegten
Lehrplinen
-
und
die
brauchen
Sie
auch
nicht.
Nutzen
Sie
Ihre
regionalen
Moglich-
270
keiten:
Büchereien,
Museen,
historische
Stätten,
Betriebe,
Behörden,
Umweltzentren
etc.
Ziehen
Sie
Erwachsene
hinzu,
die
eine
besondere
Fähigkeit
weitergeben
und
Fragen
beantworten
können.
Erlauben
Sie
Ihren
Kindern,
diesen
Menschen
bei
deren
Arbeit
zuzuschauen
oder
zu
helfen.
Denken
Sie
an
all
die
Aktivitäten,
die
zum
täglichen
Leben
gehören:
Briefschreiben,
Umgang
mit
Geld,
Messen
von
Gegenständen
und
Vorgängen,
Beobachtungen
in
der
Natur,
das
Gespräch
mit
älteren
Menschen
usw.
Dies
sind
nur
einige
wenige
Möglichkeiten,
wie
Home-
schooler
Schreiben,
Mathematik,
Naturwissenschaften
und
Geschichte
lernen
können.
Wenn
Sie
sich
mit
anderen
Homeschoolern
unterhalten,
werden
Sie
von
weiteren
Möglichkeiten
erfahren.
Einige
Eltern
legen
größten
Wert
darauf,
beim
Homeschooling
streng
nach
Lehrplan
vorzugehen.
Dieser
kann
heute
per
Internet
für
jedes
Land
problemlos
eingesehen
werden.
Ich
empfehle
jedoch,
diesen
Lehrplan
nur
als
groben
Leitfaden
zu
betrachten.
Einer
der
größten
Vorteile
des
Home-
schooling
besteht
ja
gerade
darin,
nicht
so
streng
vorgehen
zu
müssen
wie
die
Schulen,
also
auch
nicht
nach
demselben
Lehrplan.
Auch
für
Lehrmaterialien
brauchen
Sie
nicht
mehr
Geld
auszugeben,
als
Sie
sowieso
für
die
Interessen
und
Aktivitäten
Ihres
Kindes
aufwenden
würden.
Homeschooler
nutzen
oft
Büchereien
und
andere
kostenlose
oder
kostengünstige
Quellen
an
ihrem
Wohnort
und
tauschen
Unterlagen
und
Fähigkeiten
untereinander
oder
mit
anderen
Menschen
aus.
Ältere
Homeschooler
halten
ehrenamtliche
Hilfe
für
eine
gute
Möglichkeit,
von
Erwachsenen
außerhalb
ihrer
Familie
zu
lernen,
und
das
ist
oft
weniger
teuer,
als
kostspieligen
Unterricht
zu
nehmen
oder
hochwertige
Aus-
rüstungen
zu
kaufen.
3.
Erfreuen
Sie
sich
an
Ihrer
Familie.
Vergessen
Sie
bei
all
Ihren
Bemühungen
nicht
Thre
Familie.
Es
ist
leicht,
Lehrer
zu
ersetzen,
aber
nicht
die
Eltern.
Einige
verausgaben
sich
in
ihrem
Bestreben,
zu
manchen
Zeiten
»professionelle«
Lehrer
und
zu
anderen
Zeiten
mitfiihlende
Eltern
zu
sein.
Das
Umschalten
zwischen
diesen
beiden
Rollen
kann
zu
einer
Last
werden.
Seien
Sie
Ihren
Kindern
einfach
ständig
liebende
Eltern.
Unsere
Kinder
zu
unterrichten
und
ihnen
beim
Lernen
zu
helfen
gehört
zum
Elternsein
dazu.
Leider
scheinen
wir
das
zu
vergessen,
wenn
wir
die
Kinder
zur
Schule
schicken.
Wir
müssen
beim
Homeschooling
nicht
das
Verhalten
und
die
Techniken
von
Lehrern
übernehmen
-
außer
in
Situationen,
in
denen
wir
das
ausdrücklich
tun
wollen.
Wenn
Sie
im
Wald
spazieren
gehen
wollen,
einfach
weil
es
ein
herrlicher
Tag
1st,
dann
tun
Sie
das.
Der
Lehrplan
kann
warten.
Vielleicht
271
entdecken
Sie
in
den
Wäldern
etwas,
was
Sie
zum
Unterrichtsgegenstand
machen
wollen,
vielleicht
wird
es
aber
auch
nur
ein
schöner
Spaziergang.
Wenn
Ihr
Kind
an
einem
Tag
ein
spannendes
Buch
zu
Ende
lesen
möchte,
statt
seine
Aufgaben
zu
machen,
dann
können
Sie
ihm
das
erlau-
ben.
Die
Aufgaben
kann
es
später
machen.
Beim
Homeschooling
können
wir
unsere
eigenen
Ziele
setzen
und
unsere
eigenen
Stundenpläne
erstel-
len.
Machen
Sie
sich
frei
vom
Diktat
der
Lehrpläne
und
genießen
Sie
die
Zeit,
die
Sie
als
Familie
gemeinsam
verbringen
können.
Versuchen
Sie
auch
nicht,
sich
mit
anderen
Homeschooling-Familien
zu
vergleichen.
Jede
Familie
ist
anders.
Manche
Familien
-
besonders
in
ländlichen
Gebieten
-
haben
einen
langsameren
Lebensrhythmus
und
weniger
Gelegenheiten,
Museen,
Kulturveranstaltungen
oder
ähnliches
zu
besuchen.
Diese
Familien
haben
dafür
andere
Vorteile.
Aber
auch
einigen
Stadt-Homeschoolern
mag
ein
langsamerer
Lebensrhythmus
lie-
ber
sein
als
anderen,
die
ein
sehr
aktives
Leben
führen.
Homeschooler
müssen
nicht
an
jeder
nur
erdenklichen
Aktivität
teilnehmen.
VORGEHENSWEISEN
BEIM
HOMESCHOOLING
Homeschooling
verändert
sich
ständig
und
passt
sich
sowohl
den
Bedürf-
nissen
des
lernenden
Kindes
an,
als
auch
allen
besonderen
Umständen,
die
in
der
Familie
auftreten
können
(Krankheiten,
ein
neues
Baby,
ver-
änderte
Arbeitszeiten
für
einen
Ehepartner
usw.).
Verplanen
Sie
Ihr
»Schuljahr«
nicht
bis
ins
Detail,
aber
gerade
zu
Beginn
kann
eine
Art
Plan
oder
Ideensammlung
sehr
hilfreich
sein.
Sie
als
Eltern
sollten
Ihre
Vorgehensweise
beim
Homeschooling
unter-
einander
abstimmen,
und
das
nicht
nur,
um
die
diesbezüglichen
Fragen
von
Skeptikern
beantworten
zu
können,
sondern
auch,
um
nicht
selbst
gleich
aus
der
Fassung
zu
geraten,
wenn
nicht
alles
nach
Plan
läuft.
Auch
sollten
Sie
sich
darüber
im
Klaren
sein,
wo
Sie
weltanschaulich
stehen.
Dann
können
Sie
auch
gegenüber
ablehnend
eingestellten
Schulvertretern
Ihre
Vorgehensweise
offensiv
vertreten.
Der
Begriff
»Homeschooling«
ist
sehr
flexibel
und
beinhaltet
keine
bestimmte
Methode;
eine
zu
Beginn
des
Jahres
getroffene
Entscheidung
ist
nicht
unwiderrufbar.
Sie
können
-
und
werden
es
sehr
wahrscheinlich
auch
-
die
Dinge
in
ihrem
Verlauf
ändern
und
den
Umständen
anpassen.
Sie
werden
auch
viele
Gelegenhei-
ten
haben,
aus
Ihren
Fehlern
zu
lernen,
jedenfalls
ist
es
uns
bei
unserem
eigenen
Homeschooling
so
ergangen.
Lernen
bedeutet,
Fehler
zu
machen!
272
Varianten
außerschulischen
Lernens
|
1.
Hausunterricht
Eltern,
die
sich
für
diesen
Weg
entscheiden,
machen
sich
meist
keine
Sorgen
darüber,
warum
ihre
Kinder
bestimmte
Dinge
in
einem
bestimm-
ten
Alter
lernen
müssen;
sie
wollen
ihren
Kindern
einfach
das
beibringen,
wovon
sie
glauben,
dass
sie
es
lernen
sollten
-
oder
gemäß
den
Vorgaben
des
jeweiligen
Lehrplans
müssten.
Familien
mit
dieser
Erziehungsphilo-
sophie
arbeiten
meist
nach
den
entsprechenden
Schulbüchern
und
Lehr-
plänen.
Der
Lehrplan
bestimmt,
was
und
wann
unterrichtet
wird,
die
Eltern
erstellen
fest
stehende
Stundenpläne,
und
das
Wissen
der
Kinder
wird
regelmäßig
überprüft,
um
festzustellen,
ob
sie
auch
»auf
dem
Stand«
sind.
Eine
Variante
stellt
das
projektorientierte
Lernen
dar,
das
auf
ein
bestimmtes
Thema
aufbaut
und
mehrere
Fachbereiche
gleichzeitig
abdeckt.
Mit
dem
Erntedankfest
können
Sie
zum
Beispiel
Geschichte
(die
Zeit
der
Pilgerviter),
Biologie
(welche
Nahrung
die
Pilgerviter
anbauten),
Medizin
(wie
die
Pilgerviter
z.
B.
Krankheiten
behandelten)
und
Mathe-
matik
(wie
viel
Land
jede
Person
bei
der
Plymouth
Plantation
bekommen
konnte)
abhandeln.
2.
Freilernen
Diese
Vorgehensweise
wird
auch
interessengerechtes,
kindorientiertes,
natürliches,
organisches,
informelles,
eklektisches
(aus
verschiedenen
Quellen
schopfendes),
freies
oder
selbstbestimmtes
Lernen
genannt.
In
jungster
Zeit
wird
mit
»Unschooling«
oder
Freilernen
zunehmend
Home-
schooling
ohne
festen
Lehrplan
assoziiert.
Ich
definiere
es
als
eine
Vor-
gehensweise,
die
den
Kindern
so
viel
Lernfreiheit
in
dieser
Welt
einräumt,
wie
deren
Eltern
bequem
ertragen
können.
Diese
müssen
sich
also
nicht
verbiegen
in
dem
Bemühen,
jemand
anderes
-
z.B.
ein
professioneller
Lehrer
-
zu
werden,
der
sein
Wissen
nach
einem
bestimmten
Plan
in
das
Gefäß
Kind
schiittet.
Diese
Eltern
leben
und
lernen
einfach
zusammen
mit
ihren
Kindern,
beantworten
Fragen
und
verfolgen
Interessen,
wenn
diese
auftauchen.
Formelle
Unterweisungen
werden
nur
auf
ausdrückli-
ches
Verlangen
seitens
der
Kinder
erteilt.
So
lernen
wir
alle,
bevor
wir
in
die
Schule
gehen
und
so
lernen
wir
weiter,
wenn
wir
die
Schule
wieder
verlassen
und
ins
Arbeitsleben
treten.
So
kann
zum
Beispiel
das
Interesse
eines
Kindes
an
Autos
dazu
führen,
dass
es
herausfinden
will,
wie
der
Motor
funktioniert
(Naturwissenschaften),
wie
und
wann
das
Auto
273
gebaut
wurde
(Geschichte
und
Ökonomie)
und
welche
Umweltauswir-
kungen
es
hat
(Ökologie).
Das
Kind
wird
vielleicht
Texte
lesen,
Kurse
besuchen
oder
an
Projekten
teilnehmen,
aber
der
entscheidende
Unter-
schied
zum
formellen
Lernen
besteht
darin,
dass
diese
Aktivitäten
vom
Lernenden
selbst
gewählt
und
freiwillig
verfolgt
werden.
Freilernen
ist
-
in
Ermangelung
einer
besseren
Bezeichnung
(bis
die
Menschen
»Leben«
als
festen
Bestandteil
des
Lernens
verstehen)
-
die
natürlichere
Art
zu
lernen.
Das
heißt
jedoch
nicht,
dass
Freilerner
nicht
auch
an
traditio-
nellem
Unterricht
teilnehmen
oder
lehrplanmäßiges
Hilfsmaterial
nut-
zen
können,
wenn
sie
sich
eigenständig
dafür
entscheiden.
Lesen
und
Quadratgleichungen
sind
keine
»natürlichen«
Prozesse,
aber
Freilerner
lernen
sie
trotzdem,
wenn
sie
es
für
sinnvoll
erachten
und
nicht,
weil
sie
ein
bestimmtes
Alter
erreicht
haben
oder
von
einer
beliebigen
Autorität
dazu
verdonnert
werden.
Darum
ist
es
durchaus
nicht
ungewöhnlich,
wenn
Achtjährige
Astronomie
lernen
oder
Zehnjährige
gerade
erst
anfan-
gen
zu
lesen.
Die
beiden
oben
beschriebenen
Ansätze
(Hausunterricht
und
Frei-
lernen)
schließen
sich
nicht
gegenseitig
aus,
obwohl
es
für
manche
Eltern
unvorstellbar
ist,
ihren
Kindern
freizustellen,
was
sie
lernen
wollen,
so
wie
es
für
manche
Freilerner-Eltern
unvorstellbar
wäre,
nach
einem
Lehr-
plan
vorzugehen.
Sie
selbst
müssen
das
tun,
womit
es
Ihnen
gut
geht.
Genau
wie
Ihre
Kinder
werden
auch
Sie
lernen
und
sich
ändern,
wenn
Sie
mehr
Erfahrung
mit
außerschulischem
Lernen
haben.
Sie
können
mit
einem
Paket
Schulbücher
und
»lehrergeprüften
Lehrplänen«
(so
nennen
manche
Herausgeber
tatsächlich
ihr
Material)
anfangen,
und
wenn
Sie
sich
damit
nicht
wohl
fühlen,
zum
projektorientierten
Lernen
oder
zum
Freilernen
wechseln.
Sie
können
auch
je
nach
Fähigkeiten
Ihrer
Kinder
und
Ihrer
eigenen
Flexibilität
beides
praktizieren.
Vielleicht
beginnen
Sie
mit
einem
festen
Programm
und
lockern
es
dann
nach
und
nach,
oder
Sie
beginnen
mit
völlig
freiem
Lernen
und
finden
Ihr
Kind
irgendwann
in
einen
festen
Stundenplan
für
Musik-
und
Sprachunterricht
eingebun-
den
und
als
pflichtbewusstes
Vereinsmitglied.
Sie
können
auch
gemeinsam
mit
Ihren
Kinder
einen
festen
Jahresplan
aufstellen.
Susan
Jaffer
aus
Pennsylvania
schrieb
uns
dazu:
Letztes
Jahr
stellte
ich
meinen
Töchtern
zu
Beginn
des
Sommers
eine
meines
Erachtens
beiläufige
Frage:
»Was
würdet
ihr
diesen
Sommer
über
gerne
lernen?«
Sie
antworteten
mir
ohne
lange
nachzudenken,
und
das
kam
dabei
heraus:
Suzanne
(8)
wollte
mehr
erfahren
über
Geschichten,
Gedichte,
Naturwissen-
schaften,
Mathematik,
Kunst,
Musik,
Bücher,
Menschen,
Pflanzen,
Tiere,
Orte,
274
Nahrung,
Farben,
Felsen,
Babys,
Autos,
Augen
und
Elektrizität.
Gillion
(6)
interessierte
sich
für
Samen,
Knochen,
Pflanzen,
Bücher,
Evolution,
Dinosau-
rier
und
Experimente.
Ich
nehme
fast
an,
dass
es
daran
lag,
dass
ich
sie
im
Sommer
gefragt
hatte,
als
sie
frei
waren
von
einengenden
Schulfächern.
Ich
war
jedenfalls
verblüfft,
dass
sie
so
viele
Themen
im
Kopf
hatten,
ihre
Listen
bereits
fertig
waren
und
sie
nur
auf
die
entsprechende
Frage
warteten
...
Mir
gefällt
Susans
Erklärung
für
die
breit
gestreuten
Interessen
ihrer
Kin-
der:
Sie
waren
»frei
von
den
Einengungen
der
Schulfächer«.
Das
erinnert
mich
an
einen
Kommentar,
den
ich
über
Grace
Llewellyn
hörte,
die
frei-
lernende
Teenager
unterstiitzt.
Grace
schrieb
in
einem
Brief
in
GWS
über
ein
Mädchen,
das
seinen
Vater
nach
der
Bezeichnung
fiir
einen
Menschen
gefragt
hatte,
der
»Wale
studiert«
hat.
Die
Antwort
lautete
»Meeresbiologe«,
und
um
ein
solcher
zu
werden,
miisse
man
das
College
besuchen.
Doch
Grace
zeigte
auf,
dass
Meeresbiologie
nur
einer
der
Wege
fur
Kinder
und
Erwachsene
ist,
mit
Walen
zu
arbeiten.
Die
Familie
könnte
thre
Tochter
auch
darin
unterstützen,
sich
als
Künstlerin,
Musi-
kerin,
Nautikerin
oder
Naturforscherin
mit
Walen
zu
beschäftigen.
Dies
ist
ein
sehr
wichtiger
Aspekt,
an
den
Sie
sich
erinnern
sollten,
wenn
Ihre
Kinder
bei
ihren
Studien
frustriert
sind
und
einen
anderen
Weg
suchen,
sich
mit
einem
Thema
zu
beschäftigen.
Seltsamerweise
stellen
manchmal
Eltern,
die
bei
der
Ausbildung
ihrer
Kinder
alternative
Wege
gehen,
fest,
dass
ihre
Kinder
sich
konventionelle
Lehrpläne
wünschen
und
Freude
an
ihnen
haben.
Ein
vierzehnjihriges
Mädchen
wünschte
sich
für
thr
Homeschooling
unbedingt
ein
fertiges
Lernprogramm
und
nervte
damit
ihre
diesbezüglich
erfahrene
Mutter,
die
bei
keinem
ihrer
anderen
Kinder
Lehrpläne
benutzt
hatte.
Sie
einigten
sich
schließlich
darauf,
es
mit
einem
solchen
Programm
zu
versuchen,
und
das
Mädchen
gedieh
damit
prächtig.
Cindy
Gaddis
bringt
diesen
Aspekt
sehr
gut
auf
den
Punkt,
wenn
sie
schreibt:
Ich
bezeichne
mich
selbst
als
Freilerner-Mutter,
obwohl
meine
Tochter
Abbey
Schulbücher
liebt
und
mein
Sohn
Adam
die
meisten
Dinge
nur
auf
eine
sehr
strukturierte
Weise
lernen
kann.
Ich
sage
das,
weil
ich
ihre
Lernbedürfnisse
respektiere
und
ihnen
helfe
so
zu
lernen,
wie
es
für
sie
am
besten
ist.
Ich
würde
auch
einen
älteren
Homeschooler,
der
sich
für
eine
strukturiertere
Lernme-
thode
entscheidet,
einen
Freilerner
nennen,
weil
er
seine
Fähigkeiten
respek-
tiert,
in
jeder
Entwicklungsstufe
seines
Lebens
zu
wissen,
was
er
braucht.
275
Kinder,
die
bereits
eine
Zeit
lang
die
Schule
besucht
haben,
fühlen
sich
für
gewöhnlich
von
der
vielen
Freiheit
überwältigt,
die
das
Lernen
zu
Hause
mit
sich
bringt.
Es
1st
wichtig,
dass
sich
die
Kinder
nach
und
nach
an
die
wiedergewonnene
Freiheit
gewöhnen
können,
indem
ihnen
mehr
Zeit
und
Raum
gegeben
wird.
Susannah
Sheffer
schreibt
zu
diesem
Aspekt
in
GWS:
...
Irgendwann
lässt
das
Bedürfnis
nach
solch
einer
Verschnaufpause
nach,
und
die
Kinder
sind
wieder
bereit
für
neue
Aktivitäten
und
Interessen,
woraufhin
es
sogar
schwierig
sein
kann
zu
entscheiden,
wo
man
anfangen
soll.
Um
meinen
Kindern
bei
diesem
Prozess
zu
helfen,
erstellte
ich
drei
Listen.
Eine
mit
offensichtlichen
Selbstverständlichkeiten,
eine
weitere
Liste
mit
Din-
gen,
die
man
jetzt
schon
gerne
tun
möchte,
dafür
aber
noch
Hilfe
benötigt
und
eine
dritte
Liste
für
spätere
Aktivitäten.
Für
mich
liegt
der
Wert
dieser
Listen
darin,
dass
sie
den
Kindern
zeigen:
(1)
dass
sie
bereits
lohnenswerte
Dinge
tun
und
nicht
für
alles
und
jedes
Hilfe
von
außen
benötigen;
(2)
dass
es
gleichzeitig
völlig
in
Ordnung
ist,
in
manchen
Bereichen
Hilfe
zu
brauchen
und
eine
Liste
mit
Dingen
zu
haben,
die
man
tun
möchte,
aber
noch
nicht
weiß,
wie;
(3)
dass
es
ebenfalls
in
Ordnung
ist,
man-
che
Dinge
zurückzustellen.
Das
mag
besonders
für
die
Kinder
wichtig
sein,
die
mit
bestimmten
Fächern
in
der
Schule
schlechte
Erfahrungen
gemacht
haben
und
auf
die
es
sich
positiv
auswirkt,
wenn
sie
feststellen,
dass
sie
in
ihrer
neuen
Situation
die
Dinge
selbst
in
die
Hand
nehmen
können.
Die
vierzehnjährige
Marianne
legte
zum
Beispiel
großen
Wert
darauf,
Aufsatzschreiben
auf
die
dritte
Liste
zu
setzen,
weil
sie
in
der
Schule
damit
sehr
unerfreuliche
und
ent-
mutigende
Erfahrungen
gemacht
hatte,
und
selbst
die
Kontrolle
zu
haben,
hieß
für
sie:
»Ich
entscheide,
mich
damit
jetzt
nicht
zu
beschäftigen.«
Mariannes
zweite
Liste
war
die
längste,
und
das
wird
wohl
bei
den
meisten
Kindern
so
sein.
Letztendlich
ist
dies
die
wichtigste
Liste,
denn
aus
dieser
erwach-
sen
Ideen
und
Pläne.
Dabei
ist
es
wichtig
zu
merken,
dass
vieles
von
dem,
was
man
bereits
tut,
bildenden
Wert
hat
(in
der
Schule
bekommen
die
Kinder
keine
Anerkennung
für
das,
was
sie
freiwillig
und
begeistert
von
sich
aus
verfolgen).
Aber
es
ist
fur
einen
frisch
gebackenen
Homeschooler
(oder
Langzeit-Home-
schooler,
der
etwas
verändern
möchte)
genauso
wichtig
zu
merken,
dass
es
in
Ordnung
ist,
Hilfe
in
Anspruch
zu
nehmen.
Angenommen,
ein
Teenager
hat
den
unbestimmten
Wunsch,
etwas
mit
Tieren
tun
zu
wollen,
weiß
aber
nicht
genau
was,
so
könnte
das
auf
die
zweite
Liste
geschrieben
werden.
Wenn
alle
Listen
fer-
tig
sind,
sollte
man
sich
zusammensetzen
und
jeden
Punkt
genauer
unter
die
Lupe
nehmen:
Um
welche
Art
von
Tieren
handelt
es
sich?
Welche
Art
von
Hilfe
bräuchten
wir,
um
den
Wunsch
zu
erfüllen?
Und
so
weiter.
276
Dasselbe
gilt
für
eher
schulische
Themen.
Angenommen
der
Homeschooler
sagt:
»Ich
möchte
mit
den
anderen
Kinder
Schritt
halten,
die
in
der
Schule
Algebra
lernen,
aber
ich
bin
mir
nicht
sicher,
ob
ich
das
allein
regelmäßig
schaffe.«
Nun,
das
ist
OK.
Was
könnte
dir
dabei
helfen?
Sollten
wir
nach
einem
anderen
Erwachsenen
Ausschau
halten,
der
mit
dir
arbeiten
würde?
Hättest
du
Lust,
dich
regelmäßig
mit
einem
anderen
Homeschooler
zusammenzusetzen,
der
Algebra
lernt?
Willst
du
eines
der
vielen
guten
PC-Programme
für
Mathe-
matik
benutzen?
Oder
würde
dir
ein
Stundenplan
helfen,
damit
du
daran
erin-
nert
wirst,
dass
du
jede
Woche
etwas
dafür
tun
möchtest?
Manchmal
bedauern
die
Menschen,
dass
es
beim
Homeschooling
keine
festen
Zeiten
und
Verabredungen
gibt,
denn
die
Unbegrenztheit
des
Homeschoolings
ist
für
Kinder,
die
schon
einige
Jahre
zur
Schule
gegan-
gen
sind,
sehr
ungewohnt
-
keine
Schulglocke,
keiner,
der
sagt,
dass
jetzt
Mathematik
dran
ist.
Und
es
stimmt,
dass
wir
betonen
wollen,
auf
wel-
che
Weise
Homeschooling
den
Kindern
ermöglicht,
sich
alles
zunutze
zu
machen
...
Aber
indem
wir
die
Vorteile
und
die
Weise
betonen,
in
der
sich
Homeschooling
von
der
Schule
unterscheidet,
vergessen
wir
manch-
mal,
dass
der
wichtigste
Vorteil
und
Unterschied
darin
besteht,
dass
man
beim
Homeschooling
selbst
die
Verantwortung
trägt
fiir
seine
eigenen
Stundenpline,
Verabredungen
und
Treffen.
Jede
Familie
und
jedes
Kind
ist
anders,
weshalb
die
eine
Methode
nicht
unbedingt
auch
bei
allen
anderen
Kindern
funktionieren
wird.
Neben
der
Liebe
für
Ihr
Kind
benötigen
Sie
nur
noch
Vertrauen
in
sich
selbst,
dass
Sie
Ihren
Kindern
helfen
können
zu
lernen,
sowie
das
Ver-
trauen
in
Ihre
Kinder,
dass
diese
auf
ihre
ganz
eigene
Weise
lernen
kon-
nen.
Sie
müssen
nicht
so
lehren,
wie
Sie
es
gewohnt
sind.
Viele
Home-
schooling-Familien
haben
nicht
nur
gutes
Lernmaterial
und
Bücher,
womit
die
Kinder
selbst
lernen
konnen,
sondern
sie
finden
auch
Tutoren.
Das
können
neben
ausgebildeten
Lehrern
genauso
gut
Menschen
sein,
die
prak-
tische
Erfahrung
auf
dem
Gebiet
haben,
das
Ihr
Kind
lernen
möchte.
Als
Eltern
nehmen
Sie
eine
Rolle
ein,
die
sich
grundsitzlich
von
der
Lehrerrolle
in
der
Schule
unterscheidet.
Sie
sind
mehr
Helfer,
»Fragensteller«,
Reisebe-
gleiter,
Generalunternehmer
und
Berater
denn
Ausbilder,
der
Lektionen
erteilt.
Eltern
von
Homeschoolern
lernen,
fiir
thre
Kinder
Lernmöglich-
keiten
aufzuspiiren.
Sie
werden
sehr
geschickt
im
Aufbau
von
Netzwerken
mit
Hilfe
örtlicher
Interessensgruppen,
»gelber
Seiten«,
Zeitungen
und
loka-
ler
Aushidnge.
Eltern
müssen
nicht
die
einzigen
Lehrer
ihrer
Kinder
sein.
277
Einige
Homeschooling-Eltern
gründen
Vereine
oder
Lerngruppen
rund
um
die
Interessensgebiete
ihrer
Kinder
und
veranstalten
regelmäßige
Tref-
fen
an
privaten
oder
öffentlichen
Orten.
Manche
bieten
ihre
Fachkennt-
nisse
im
Tausch
gegen
Geld
oder
andere
Leistungen
an,
andere
verlangen
gar
keine
Bezahlung.
Meine
Frau
und
ich
kennen
eine
alleinerziehende
Mutter,
die
gegen
eine
geringe
Bezahlung
Kinder
bei
sich
zu
Hause
in
Mathematik
unterrichtet.
Eine
andere
Mutter
bietet
zehn
Homeschoo-
lern
zweimal
wöchentlich
kostenlosen
Literaturunterricht
an.
Beide
Müt-
ter
sind
übrigens
ehemalige
Lehrerinnen!
Ein
als
Grafiker
tätiger
Vater
bietet
einmal
pro
Woche
bei
sich
zu
Hause
einen
Kunstkurs
an,
um
seine
Liebe
zur
Kunst
mit
seinen
Söhnen
und
deren
Freunden
zu
teilen.
Wenn
ganz
normale
Menschen
auf
ihr
eigenes
Potential
zurückgreifen,
können
sie
sehr
gute
Lehrer
sein,
indem
sie
ihre
eigenen
Interessen
mit
anderen
Kindern
teilen.
Manche
Homeschooler
gründen
eigene
Zentren,
in
denen
Home-
schooler
auf
die
dort
gesammelten
Hilfsmittel
und
Ressourcen
zurück-
greifen
können.
Im
englischen
London
gründete
Leslie
Barson
bei
sich
zu
Hause
den
»Otherwise
Club«
(»Auf-andere-Weise-Verein«),
wo
Kinder
zu-
sammen
an
Projekten
ihrer
Wahl
arbeiten
können.
Als
ihre
Kinder
älter
und
der
Verein
größer
wurde,
wollte
Leslie
Barson
ihr
Heim
wieder
für
sich
haben.
Sie
fand
ein
Gemeindezentrum,
wo
sich
ihre
Gruppe
an
zwei
Tagen
in
der
Woche
für
eine
geringe
Miete
treffen
konnte.
Also
wurde
ein
Mitgliedsbeitrag
erhoben,
und
dem
Verein
wurde
die
Gemeinnützigkeit
zuerkannt.
Sie
schreibt:
Der
Verein
bietet
Raum
für
Workshops
und
Familienaktivitäten.
Wir
haben
drei
regelmäßige
Workshops
-
Drama,
Töpferei
und
Naturwissenschaft
für
jiin-
gere
Kinder
-,
und
wir
veranstalten
viele
andere
Aktivitäten.
Wir
hatten
in
der
Vergangenheit
Folkloretanz-Workshops,
Besuch
von
Polizeihunden
und
ihren
Führern
sowie
Vorträge
von
Mathematik-,
Bildungs-
und
Gesundheitsfachleu-
ten.
In
jüngster
Vergangenheit
wurde
afrikanisches
Trommeln
auf
sieben
ver-
schiedenen
Niveaus
angeboten
sowie
ein
Workshop
über
Shakespears
Som-
mernachtstraum,
zu
dem
auch
der
anschließende
Besuch
einer
Theatervorstel-
lung
gehörte.
Der
»Otherwise
Club«
betreibt
eine
kleine
Cafeteria,
in
der
wir
hausgemachte
vegetarische
Gerichte,
sowie
Kaffee
und
Kuchen
verkaufen.
Sie
ist
zu
einem
Treffpunkt
der
Gemeinde
geworden,
und
wir
verdienen
damit
noch
etwas
Geld.
Außerdem
betreiben
wir
eine
kleine
Leihbücherei
für
alternative
Ausbildung
und
stellen
Informationen
über
Aktivitäten
und
Ausstellungen
in
London
zur
Verfügung.
278
Andere
Homeschooler
finden
vor
Ort
Kurse
und
Angebote
in
Museen,
historischen
Sehenswürdigkeiten,
Gemeindezentren
und
Sportvereinen.
In
Boston
bieten
das
Harvard
University’
s
Peabody
Museum
und
das
Boston
Museum
of
Science
Kurse
für
Homeschooler
an.
Außerdem
gibt
es
heute
immer
mehr
Kurse
im
Internet
-
bis
hin
zum
Schulabschluss
weiterführender
Schulen.
Öffentliche
Büchereien
und
Volkshochschu-
len
bieten
ebenfalls
eine
reiche
Auswahl
an
Fortbildungsprogrammen
an.
Die
Teilnahme
an
all
den
genannten
Angeboten
ist
weder
Pflicht,
noch
wird
sie
benotet.
Die
Teilnehmer
bekommen
das,
was
sie
in
jede
die-
ser
Aktivitäten
einbringen,
und
sollten
sie
nicht
in
diesen
Einrichtungen
lernen
wollen,
wird
das
weder
negativ
vermerkt
noch
bestraft.
Sie
können
jederzeit
wieder
zurückkehren
und
lernen,
was
sie
brauchen
und
aufneh-
men
können,
oder
sie
können
neue
Möglichkeiten
erschließen.
Eltern
und
Kinder
errichten
somit
in
ihrer
Gemeinde
weder
eine
neue
Schule
mit
Pflichtunterricht,
noch
gründen
sie
alternative
Schulen.
Sie
schaffen
lediglich
Alternativen
zur
herkömmlichen
Schule.
Wir
dürfen
nicht
vergessen,
dass
einige
Kinder
auch
zu
Hause
Alter-
nativen
brauchen,
denn
nicht
jede
Familie
ist
ausreichend
motiviert,
mit
ihren
Kindern
so
zu
arbeiten,
wie
ich
Homeschooling
hier
beschreibe.
In
der
Regel
ist
für
die
meisten
Kinder
die
Schule
-
neben
ihrem
Zuhause
-
der
einzig
mögliche
Aufenthaltsort,
auch
wenn
sie
oft
kein
guter
Ort
für
die
Kinder
ist.
Wenn
weder
das
Zuhause
noch
die
Schule
eine
sicheres
und
förderliches
Umfeld
für
Kinder
bieten,
dann
sind
die
oben
beschriebenen
Einrichtungen
so
auszubauen,
dass
sie
diese
Kinder
auch
auffangen
können.
Indem
wir
diese
Möglichkeiten
weiter
ausbauen,
um
es
Kindern
und
Teenagern
zu
ermöglichen,
die
reale
Welt
zu
erforschen
oder
in
ihr
als
Lehrlinge
zu
agieren,
helfen
wir
ihnen
zu
lernen,
was
sie
brauchen,
um
in
ihrem
Leben
zurecht
zu
kom-
men.
Kinder
lernen
so
auch,
mit
anderen
zusammenzuarbeiten,
um
eine
Arbeit
zu
erledigen,
und
eine
ungeliebte
Arbeit
aufzugeben,
um
sich
eine
geeignetere
zu
suchen.
Diese
Fähigkeiten
werden
in
der
Schule
nicht
nur
nicht
gelehrt,
sie
existieren
dort
nicht
einmal.
Hier
wird
der
Kon-
kurrenzkampf
eingeübt,
um
bessere
Zensuren
zu
bekommen
als
die
anderen,
und
man
wird
bestraft,
wenn
man
seinen
Wissensvorsprung
mit
diesen
teilt.
Man
lernt,
seinen
Job
nicht
aufgeben
zu
können,
auch
wenn
man
ganz
offensichtlich
für
manche
Kurse
in
der
Schule
weder
die
nötige
Leistungsfähigkeit
noch
das
Interesse
mitbringt
und
lieber
etwas
anderes
tun
möchte.
279
Nicht
alle
Aktivitäten
beinhalten
auf
den
ersten
Blick
einen
Lerninhalt,
was
aber
nicht
heißt,
dass
diese
Aktivitäten
nicht
für
die
Kin-
der
wichtige
Lernerfahrungen
beinhalten.
Spielen
ist
die
»Arbeit«
der
Kinder,
und
sie
brauchen
Fantasiespiele
nicht,
um
der
realen
Welt
zu
entkommen,
sondern
um
in
sie
hineinzuwachsen.
Wenn
sie
Doktor,
Feuerwehrmann,
Polizist
oder
Soldat
spielen,
erforschen
sie
mit
ihrer
Vorstellungskraft
diese
Rollen.
Als
meine
eigenen
Kinder
klein
waren,
spielten
sie
oft
Schule!
Die
Menschen
ziehen
ihr
ganzes
Leben
lang
Vorteile
aus
ihren
Spielphasen,
und
manche
finden
oder
erschaffen
Erwachsenenarbeit,
die
ihren
Ursprung
in
den
Spielen
ihrer
Kindheit
hat.
Die
Schule
steht
allzu
oft
im
Widerspruch
zum
spontanen
Spiel
der
Kinder,
ein
im
Rhythmus
von
Prüfungen
und
Standardisierungen
sich
verstärkender
Trend,
und
die
Familien
bewegen
sich
im
Takt
der
pro-
fessionalisierten
nachschulischen
Programme.
Homeschooler
müssen
ihren
Kindern
keine
Daumenschrauben
anlegen,
damit
sie
lernen;
es
besteht
absolut
keine
Notwendigkeit,
zu
Hause
Schulpraktiken
anzu-
wenden.
LERNERFOLGE
DOKUMENTIEREN
Es
gibt
für
Homeschooler
zwei
Arten
von
Nachweisen:
eine,
die
seitens
der
Behörden
verlangt
wird
und
eine
auf
freiwilliger
Basis.
Natürlich
kön-
nen
sich
diese
Aufzeichnungen
überschneiden,
aber
im
Grunde
sind
es
sehr
unterschiedliche
Dokumentationsarten.
Behörden
stellen
unter-
schiedliche
Forderungen
an
die
Homeschooler,
ihrer
Nachweispflicht
nachzukommen.
Als
Eltern
müssen
Sie
also
erst
einmal
herausfinden,
was
genau
die
Behörden
von
Ihnen
erwarten.
Egal
welche
Anforderungen
an
Sie
gestellt
werden,
Sie
werden
Wege
finden,
sie
zu
erfüllen,
ohne
im
Behördensumpf
zu
versinken
oder
sich
unnötig
zu
sorgen,
wie
viel
Ihre
Kinder
schaffen.
In
jedem
Fall
werden
Sie
wie
viele
andere
Eltern
fest-
stellen,
dass
Sie
selbst
auf
irgendeine
Art
und
Weise
Nachweis
führen
wol-
len
-
zu
Ihrer
eigenen
Beruhigung
und
um
voller
Freude
die
Entwick-
lung
Ihres
Kindes
zu
dokumentieren
-
so
wie
Eltern
schon
immer
einige
der
Zeichnungen,
Geschichten
und
Basteleien
ihrer
Kinder
aufgehoben
haben.
Katharine
Houk,
eine
erfahrene
Homeschoolerin
aus
New
York,
schrieb
an
GWS
über
mehrer
Möglichkeiten,
wie
man
Nachweise
führen
kann:
280
Zu
Beginn
eines
jeden
Homeschooler-Treffens
werden
häufig
Fragen
über
das
Führen
von
Nachweisen
gestellt.
Für
diejenigen
unter
uns,
die
interessenorien-
tiert
und
vielschichtig
vorgehen,
sind
die
vierteljährlichen
Berichte
zur
Vorlage
bei
der
Schulbehörde
eine
wahre
Herausforderung,
weil
erwartet
wird,
dass
Ler-
nen
in
Fächer
eingeordnet
wird.
Als
unsere
Familie
im
Staat
New
York
mit
Homeschooling
anfing,
waren
die
»Home
Instruction
Regulations«
noch
nicht
in
Kraft.
Homeschooling
war
erlaubt
und
wurde
von
jeder
Schulbehérde
nach
den
Richtlinien
des
Erzie-
hungsministeriums
unterschiedlich
gehandhabt
...
In
unserem
Bezirk
gab
es
lediglich
eine
Checkliste,
die
in
regelmäßigen
Abständen
ausgefüllt
werden
musste.
Trotzdem
habe
ich
damals
täglich
die
Lernaktivitäten
meiner
Kinder
notiert,
obwohl
es
nicht
offiziell
verlangt
wurde.
Ich
war
fasziniert
von
ihren
Lernfortschritten,
und
es
macht
mir
großen
Spaß,
all
diese
wundervollen
Dinge,
die
sie
taten,
zu
dokumentieren.
Meistens
lernten
sie
bei
ihren
Spielen,
und
sie
spielten
intensiv,
glücklich
und
stundenlang.
Ich
machte
es
mir
zur
Aufgabe,
ihre
Aktivitäten
zu
übersetzen,
sowie
unsere
Unterhaltungen
und
Erfahrungen
in
eine
Form
zu
bringen,
die
in
die
Spalten
meiner
Dokumenta-
tion
passten.
Als
dann
später
die
Nachweispflicht
an
Hand
von
Lehrplinen
eingeführt
wurde,
war
der
Ubergang
fiir
uns
leicht.
Wir
hatten
ja
bereits
Buch
gefiihrt.
Es
gibt
zwar
die
Bestimmung,
dass
Homeschooler
eine
Art
Anwesenheitsnachweis
(!)
erbringen
müssen,
aber
keine
Vorschriften,
wie
der
Nachweis
aussehen
muss.
Ich
wusste
jedoch,
dass
mir
eine
regelmäßige
Dokumentation
unserer
Akti-
vititen
bei
der
späteren
Zusammenstellung
der
Nachweise
helfen
würde.
Ich
hatte
mich
bereits
daran
gewöhnt
und
es
bereitete
mir
große
Freude,
über
die
Lernerfolge
meiner
Kinder
zu
berichten.
Ich
hatte
für
jedes
Kind
ein
Ringbuch
angelegt.
Im
vorderen
Teil
heftete
ich
Seiten
ab,
die
wie
ein
Stundenplan
aussahen,
weil
ich
den
einzelnen
Wochen-
tagen
bestimmte
Themengebiete
zuordnete.
Samstag
und
Sonntag
schrieb
ich
auch
mit
auf,
weil
Lernen
kein
Wochenende
kennt.
Auf
anderen
Seiten
führte
ich
Berichte
über
Ausflüge,
klebte
Fotografien
ein
und
heftete
andere
Unter-
lagen
ab.
Das
war
uns
nicht
nur
eine
gute
Hilfe,
auch
die
Kinder
schauten
später
gern
hinein,
lachten
über
ihre
ersten
Schreibversuche
und
schwelgten
in
Erinnerungen
über
Ausflüge
und
andere
Aktivitäten
früherer
Jahre.
Mit
zunehmendem
Alter
der
Kinder
wurde
ich
es
leid,
ihre
Lernfortschritte
in
Themenbereiche
zu
kategorisieren.
Lernen
ist
ein
allumfassender
Prozess,
und
daher
wire
es
mühsam,
ihn
künstlich
aufzuteilen.
Darum
fügte
ich
linierte
Blätter
bei,
auf
denen
ich
täglich
vermerkte,
was
an
einem
Tag
getan
worden
war.
Zum
Ende
eines
jeden
Monats
schrieb
ich
dann
thematische
Zusammen-
281
fassungen.
Wenn
dann
der
vierteljährliche
Bericht
geschrieben
werden
musste,
konnte
ich
darauf
zurückgreifen.
Jetzt,
da
meine
Kinder
sehr
viel
älter
sind
(12
und
15
Jahre),
muss
ich
nicht
mehr
allein
Buch
führen.
Sie
sind
beim
Lernen
so
selbstständig
und
ich
habe
so
viel
zu
tun,
dass
ich
ihre
Aktivitäten
oft
nicht
mitbekomme
und
nicht
weiß,
welche
Bücher
sie
lesen.
Ich
schreibe
zwar
ab
und
zu
Dinge
auf,
die
mir
auffallen
und
von
denen
ich
meine,
sie
sollten
festgehalten
werden,
aber
ich
bitte
die
Kinder,
ihre
eigenen
Aufzeichnungen
zu
machen.
So
respektiere
ich
ihre
Pri-
vatsphäre
und
sie
dokumentieren
ihrer
Aktivitäten
selbst.
Wenn
der
offizielle
Bericht
geschrieben
werden
muss,
gewähren
sie
uns
Einblick
in
die
Teile
ihrer
Aufzeichnungen,
die
sie
für
erwähnenswert
erachten.
Die
Privatsphäre
unserer
Kinder
ist
uns
zwar
sehr
wichtig,
doch
kann
sie
nicht
immer
respektiert
werden,
wenn
die
Schulbehörde
einfach
alles
wissen
will,
was
unsere
Kinder
erleben.
Ich
kenne
einige
Familien,
die
für
den
offiziellen
Bericht
bestimmten
Nach-
weise
getrennt
von
ihren
sonstigen
Aufzeichnungen
abheften
...
Eine
wie
auch
immer
geartete
Dokumentation
wird
Ihnen
nicht
nur
helfen,
die
verlangten
Berichte
zu
verfassen
und
die
Vorgaben
zu
erfüllen,
sie
stellt
auch
eine
schöne
Chronik
der
Entwicklung
Ihres
Kindes
dar.
BEWERTUNGEN
John
Holt
schreibt
im
letzten
Kapitel
über
den
Wert
von
Feedback
anstelle
von
Bewertungen.
Darum
will
ich
mich
hier
auf
den
Hinweis
beschränken,
den
Holt
in
seinem
Buch
What
Do
I
Do
Monday?
(Kinder
lernen
selbstständig
-
oder
gar
nicht(s))
gibt.
Er
schreibt
dort
über
den
Sinn
von
Bewertungen
außerhalb
konventioneller
Schulen:
Bei
der
hier
beschriebenen
Art
des
Lernens
ist
weder
Raum
noch
Bedarf
für
konventionelle
Prüfungen
und
Bewertungen.
Kinder
beschäftigen
sich
mit
The-
men,
die
sie
jetzt
interessieren
und
nicht
vielleicht
in
unbekannter,
ferner
Zukunft.
...
Wie
sinnvoll
ist
eine
Durchschnittsnote
im
Englischunterricht?
Ermitteln
wir
die
Durchschnittsnote
eines
seriösen
Schriftstellers,
indem
wir
seine
besten
Arbeiten
mit
seinen
schlechtesten
vergleichen?
Wenn
ich
eine
Prüfungsaufgabe
vergebe,
und
der
Schüler
löst
sie
schlecht,
dann
zeigt
das
lediglich,
dass
es
die
falsche
Aufgabe
war,
bei
der
er
seine
Fähigkeiten
nicht
zeigen
konnte.
Die
Lösung
liegt
darin,
eine
große
Auswahl
und
Möglichkeiten
zu
bieten,
um
zu
schreiben,
zu
lesen
und
zu
reden,
damit
jeder
die
Chance
hat,
seine
besten
Talente
zu
zeigen
...
282
Nicht
nur
die
Benotung
an
sich
ist
dumm,
sondern
die
Absicht,
eine
ganze
Klasse
durch
einen
Lehrplan
zu
führen,
als
säßen
alle
Kinder
im
selben
Zug.
Kinder
lernen
die
Dinge
nicht
zur
selben
Zeit,
nicht
gleich
leicht
und
nicht
gleich
schnell.”
Viele
Homeschooler
sind
an
Hochschulen
zugelassen
worden
oder
haben
auch
ohne
Hochschulabschluss
wertvolle
Arbeit
gefunden.
Den
Ergeb-
nissen
von
Studien
zufolge
geht
es
erwachsenen
Homeschoolern
persön-
lich
und
finanziell
gut,
und
die
Liste
von
Hochschulen,
die
Home-
schooler
aufnehmen,
wird
ständig
länger.
Homeschooler
bewerben
sich
an
Hochschulen
wie
jeder
andere
Student
auch,
nur
dass
sie
ihre
Bewerbungsunterlagen
selbst
zusammen-
stellen
und
auflisten
müssen,
was
sie
getan
haben,
um
ihre
Qualifikation
für
ein
Hochschulstudium
unter
Beweis
zu
stellen,
die
jeder
andere
Stu-
dent
ebenfalls
nachweisen
muss,
um
aufgenommen
zu
werden.
Es
gibt
mehrere
Bücher,
Websites
und
Internetforen,
die
sich
mit
der
Hoch-
schulzulassung
für
Homeschooler
befassen.
Homeschooling-Teenager
können
manchmal
an
sogenannten
»dual-
enrollment«-Programmen
(doppelte
Einschreibung)
teilnehmen,
die
von
ihren
lokalen
High
Schools
angeboten
werden.
Statt
High-School-Kurse
zu
besuchen,
können
entsprechend
qualifizierte
Teenager
im
Rahmen
die-
ses
Programms
College-Kurse
ihrer
Gemeinde
besuchen.
Wenn
jedoch
die
Schule
nicht
kooperativ
ist,
können
sie
sich
direkt
an
das
College
ihrer
Gemeinde
wenden
und
versuchen,
am
Unterricht
teilzunehmen,
der
ihnen
einen
entsprechenden
Abschluss
ermöglicht.
Unsere
heute
sech-
zehnjährige
Tochter
Lauren
hat
an
zwei
Colleges
in
unserer
Umgebung
am
Biologie-
und
Physikunterricht
teilgenommen,
wobei
der
Biologie-
unterricht
übrigens
nur
Homeschoolern
im
High-School-Alter
angeboten
wurde.
Lauren
wird
also
unter
Beweis
stellen
können,
dass
sie
auf
College-
Niveau
arbeiten
kann,
und
das
auf
sehr
viel
konkretere
Art
und
Weise,
als
viele
ihrer
Altersgenossen
es
tun
können,
die
nur
einen
High-School-
Abschluss
haben.
Außerdem
gibt
es
zum
Beispiel
von
der
Clonlara
School
-
neben
zahlreichen
anderen
-
herausgegebene
Lernprogramme
für
zu
Hause,
die
auf
einen
High-School-Abschluss
-
und
damit
auch
die
Qualifikation
für
eine
College-Zulassung
-
vorbereiten.
Überdies
stellen
Homeschooler
nicht
nur
die
herkömmliche
Mei-
nung
in
Frage,
dass
alle
Kinder
die
Schule
besuchen
müssen,
sondern
bezweifeln
auch,
dass
das
College
für
Teenager
der
beste
Ort
ist,
um
als
283
Erwachsene
erfolgreich
zu
werden.
Viele
berühmte
Persönlichkeiten,
die
Homeschooler
waren
oder
keinen
College-Abschluss
in
der
Tasche
hatten,
haben
wertvolle
Beiträge
für
die
Gesellschaft
geleistet.
Zu
ihnen
gehören
zum
Beispiel
Susan
B.
Anthony,
Pearl
S.
Buck,
Andrew
Carne-
gie,
Thomas
Edison,
Winston
Churchill,
Charles
Dickens,
Michael
Fara-
day,
Benjamin
Franklin,
Jane
Goodall,
Alex
Haley,
Patrick
Henry,
Eric
Hoffer,
Claude
Monet,
General
George
Patton,
Bertram
Russell,
Harry
S.
Truman,
Woodrow
Wilson,
Gloria
Steinem,
Mark
Twain
und
die
Bri-
der
Wright.
Um
ein
wertvolles
Mitglied
der
Gesellschaft
zu
werden
und
unsere
Kultur
zu
bereichern,
muss
man
weder
Schule
noch
College
besuchen.
In
diesem
Kapitel
habe
ich
zu
zeigen
versucht,
wie
Homeschooling
sich
von
Grund
auf
vom
herkömmlichen
Schulunterricht
unterscheidet.
Wenn
Sie
erst
einmal
die
Ressourcen
(siehe
dazu
auch
den
Anhang)
erkundet
haben,
mit
Ihren
Kindern
über
das
Lernen
sprechen
und
sich
mit
anderen
Homeschooler
treffen,
werden
Sie
schnell
selbst
herausfin-
den,
wie
ein
Thema
Sie
zum
nächsten
führt,
und
Sie
werden
entdecken,
dass
Sie
ganz
nebenbei
Ihren
eigenen
»Lehrplan«
aufgestellt
haben.
Wich-
tig
1st
jetzt
nur,
es
auch
zu
tun.
Genießen
Sie
die
Zeit
mit
Ihren
Kindern,
und
der
Rest
ergibt
sich
von
selbst.
284
13
Reaktion
der
Schule
DER
WERT
DER
ZUSAMMENARBEIT
Wie
sollten
Schulen
auf
Eltern
reagieren,
die
ihre
Kinder
zu
Hause
unterrichten
wollen?
Schon
angesichts
ihrer
ureigenen
Interessen
-
Imagepflege
in
der
Öffentlichkeit,
Erhalt
von
Budgets
und
Jobs
-
wären
Schulen
gut
beraten,
eher
zu
helfen,
als
zu
verhindern.
Wie
wir
gesehen
haben,
setzen
viele
schulische
Institutionen
Homeschooling-Familien
auch
heute
noch
mit
allen
erdenklichen
Mit-
teln
unter
Druck,
was
bis
hin
zum
versuchten
Eingriff
in
das
Sorge-
recht
führen
kann.
Diese
Institutionen
scheinen
zu
fürchten,
dass
auf
einmal
alle
Familien
ihre
Kinder
zu
Hause
unterrichten
wollen
und
alle
Schulen
somit
überflüssig
werden.
Angesichts
ihrer
derzei-
tigen
Probleme
und
ihres
miserablen
öffentlichen
Ansehens
sind
diese
Sorgen
zwar
verständlich,
jedoch
völlig
unrealistisch.
Selbst
unter
optimalen
Rahmenbedingungen
ist
es
unwahrscheinlich,
dass
innerhalb
einer
Generation
mehr
als
10
Prozent
der
Familien
mit
Kin-
dern
im
schulpflichtigen
Alter
diese
zu
Hause
unterrichten
würden.
Die
meisten
Kinder
im
schulpflichtigen
Alter
würden
immer
noch
eine
Schule
besuchen.
Die
Zahl
der
Eltern,
die
sich
so
viel
Zeit
und
Mühe
machen
wollen,
die
Fragen
ihrer
Kinder
zu
beantworten
und
ihnen
auf
jede
erdenkliche
Weise
zu
helfen,
ihr
Potential
zu
entdecken
und
zu
entfalten,
wird
nicht
so
rasant
wachsen.
Denn
es
ist
nicht
in
erster
Linie
die
Schulpflicht,
welche
die
meisten
Kinder
in
der
Schule
hält,
sondern
die
Tatsache,
dass
fast
niemand
die
Kinder
anderswo
haben
will.
285
Eine
vorherrschende
Meinung
lautet:
»Wenn
wir
den
Eltern
gestatten,
ihre
Kinder
zu
Hause
zu
unterrichten,
werden
alle
Reichen
ihre
Kinder
aus
der
Schule
nehmen,
und
wir
werden
nur
noch
arme
Kinder
zu
unterrichten
haben.«
Man
könnte
fragen:
»Nun,
was
wäre
so
schlimm
daran?
Dann
sind
die
Lehrer
wenigstens
imstande,
die-
sen
armen
Kindern
ihre
ungeteilte
Aufmerksamkeit
zu
schenken.«
Tatsache
ist
aber,
dass
nur
wenige
Homeschooling-Familien
der
rei-
chen
Oberschicht
zuzurechnen
sind.
Soweit
ich
es
aus
Briefen
beur-
teilen
kann,
verfügen
Homeschooling-Eltern
üblicherweise
über
ein
durchschnittliches
bis
leicht
unterdurchschnittliches
Einkommen.
Möglicherweise
ist
die
Mehrheit
von
ihnen
aufs
College
gegangen,
aber
viele
sind
es
auch
nicht.
Viele
von
ihnen
entschließen
sich
aus
den
unterschiedlichsten
Gründen
zu
einem
relativ
einfachen
Leben
in
einer
Kleinstadt
oder
auf
dem
Land.
Viele
interessieren
sich
für
Homeschooling,
weil
sie
sich
eine
Privatschule
nicht
leisten
könnten,
selbst
wenn
es
eine
ihnen
genehme
in
ihrer
Umgebung
gibt.
Die
Rei-
chen
werden
vermutlich
auch
weiterhin
ihre
Kinder
in
bestausge-
stattete
private
Eliteschulen
stecken.
Homeschooling
stellt
also
keine
ernsthafte
Bedrohung
für
das
Schulwesen
dar,
eher
schon
der
momentane
Geburtenrückgang,
von
dem
anzunehmen
ist,
dass
er
weiter
fortschreiten
und
sich
die
Zahl
schulpflichtiger
Kinder
somit
weiterhin
verringern
wird.
Niemand
kann
die
Zukunft
vorhersagen,
und
vielleicht
werden
sich
in
den
nächsten
Jahrzehnten
wieder
mehr
Menschen
für
Kinder
entscheiden.
Aber
anhand
dessen,
was
wir
über
die
diesbezügliche
Motivation
junger
Leute
wissen,
wollen
diese
-
wenn
überhaupt
noch
-
immer
weniger
Kinder
haben,
meist
nur
eines
oder
zwei.
Sie
sind
zutiefst
besorgt
um
ihre
eigene
wirtschaftliche
Zukunft
sowie
über
die
steigenden
Kosten
für
das
Aufziehen
und
die
Ausbildung
von
Kindern.
Abgesehen
davon
sind
immer
mehr
weiße
und
nicht-weiße
Eltern
bestrebt,
sofern
es
ihnen
möglich
ist,
ihre
Kinder
in
Privat-
schulen
unterzubringen.
In
den
amerikanischen
Großstädten
sind
immer
mehr
Schüler
an
Bekenntnisschulen
weder
katholisch
noch
weiß.
Eine
Mutter
aus
Chicago
schreibt,
dass
ihr
Sohn
das
einzige
weiße
Kind
in
solch
einer
Schule
sei.
Fundamentalistische
Kir-
chenschulen
schießen
in
allen
Teilen
des
Landes
wie
Pilze
aus
dem
Boden.
Ihre
Bedeutung
hat
nach
jahrelangem
Rückgang
wieder
rapide
zugenommen,
und
es
besteht
kein
Grund
zu
der
Annahme
einer
Trendwende.
286
99
Trotz
der
beträchtlichen
Kosten
von
Privatschulen
hat
der
Zustrom
zu
diesen
im
letzten
Jahrzehnt
-
vor
allem
unter
den
in
den
USA
leben-
den
sogenannten
Minderheiten
-
mit
der
Wachstumsrate
der
öffentlichen
Schulen
Schritt
gehalten.
Der
Website
des
Council
on
American
Private
Education
ist
Folgendes
zu
entnehmen:
»Für
Schüler
katholischer
Schu-
len
werden
durchschnittlich
2178
Dollar
verlangt,
für
Schüler
anderer
Bekenntnisschulen
durchschnittlich
2915
Dollar.
Im
Vergleich
dazu
beträgt
das
durchschnittliche
Schulgeld
nicht
konfessionell
gebundener
Privatschulen
6631
Dollar
...
[Von
1992-1999]
hat
die
Zahl
der
Einschrei-
bungen
an
Privatschulen
um
10,6
Prozent
zugenommen
...«66
Zusätzlich
sehen
zumindest
öffentliche
Schulen
eine
Gefahr
in
den
Voucher-Plänen.
Im
Rahmen
dieser
Pläne
würden
die
verschiedenen
Regierungen
Bildungsgeld
nicht
den
Schulen
geben,
sondern
direkt
den
Eltern
in
Form
von
Krediten,
die
diese
verwenden
können,
um
ihre
Kinder
in
die
von
ihnen
gewünschte
private
oder
öffentliche
Schule
zu
geben.
Auf
diese
Weise
können
es
sich
viel
mehr
Eltern
leisten,
ihre
Kinder
in
Privatschulen
zu
geben
oder
selbst
eine
Schule
zu
gründen,
was
auch
vermehrt
geschieht.
Wahrscheinlich
werden
demnächst
in
den
meisten
Staaten
Voucher-Pläne
in
der
einen
oder
anderen
Art
beschlossen.
’)
Voucher-Pline
sind
heute
viel
leichter
zugänglich
als
1981,
als
Holt
darüber
schrieb,
und
sie
werden
auch
heute
noch
von
den
Schulen
ange-
fochten.
Am
27.
Juni
2002
entschied
der
U.S.
Supreme
Court
(Oberster
Gerichtshof
der
USA),
dass
Bildungsvoucher
verfassungsgemäß
sind.
Damit
hat
sich
Holts
Prognose
bewahrheitet.
Allerdings
wurden
Voucher
als
Mechanismus
für
die
Schulwahl
in
vielerlei
Hinsicht
von
der
Charter-
Schul-Bewegung
eingeholt,
die
es
noch
nicht
gab,
als
Holt
zu
diesem
Thema
schrieb.
[Anm.
d.
dt.
Hrsg.:
Diese
öffentlichen,
an
keine
Konfes-
sion
gebundenen
Schulen
sind
von
den
traditionellen
Regulierungen
des
Schulsystems
ausgenommen.
Sie
sind
ihrem
Auftraggeber
(meist
dem
Schuldistrikt)
und
den
Bürgern
verpflichtet.
Sie
müssen
staatlich
geprüfte
Lehrer
einstellen
und
an
staatlichen
Prüfungen
zur
Sicherung
des
Bil-
dungsstands
teilnehmen.
Charter
Schools
beruhen
auf
einem
Vertrag
(»charter«)
zwischen
dem
Schulmanagement
und
der
Schulbehörde,
des-
wegen
kann
man
1m
Deutschen
auch
von
»Vertragsschulen«
sprechen.]
Einerseits
glaube
ich,
dass
Holt
das
Konzept
der
Charter-Schulen
begrüßt
hätte,
wenn
auch
nicht
in
ihrer
heutigen
amerikanischen
Praxis,
287
wo
Charter-Schulen
allzu
oft
durch
Regierungsfinanzierung
zu
gering-
fligig
veränderten
Varianten
der
staatlichen
Pflichtschulen
geworden
sind.
In
Bildung
in
Freiheit
schlägt
Holt
Eltern
vor,
wenn
möglich
eigene
Schulen
zu
errichten,
und
spricht
oft
über
das
dänische
Schulmodell
als
Beispiel
dafür,
wie
sich
dies
auch
in
großem
Rahmen
umsetzen
ließe.
In
Dänemark
werden
nicht
nur
kleine,
von
Eltern
betriebene
Schulen
gestat-
tet,
und
dies
schon
seit
Jahren,
sondern
sie
auch
mit
öffentlichen
Mit-
teln
gefördert,
wenn
bestimmte
Kriterien
erfüllt
werden.
Diese
kleinen,
in
Zusammenarbeit
mit
einigen
wenigen
gleichgesinnten
Lehrern
geführ-
ten
Familienschulen,
die
über
einen
flexiblen
Lehrplan
und
öffentliche
Unterstützung
verfügen,
wie
es
sie
so
häufig
als
»kleine
Schulen«
in
Däne-
mark
gibt,
sind
in
den
USA
wesentlich
schwerer
zu
errichten.
Massa-
chusetts
gestattet
zwar
seit
1995
die
Errichtung
von
Charter-Schulen,
seitdem
wurden
jedoch
nur
42
gegründet.
Angesichts
der
drohenden
Budgetkürzungen
fordern
die
öffentlichen
Schulen
nun,
dass
in
den
nächsten
zwei
Jahren
keine
weiteren
Charter-Schulen
mehr
finanziert
werden.
Offenbar
gibt
es
jedoch
ein
Interesse
an
Charter-Schulen
und
auch
Unterstützung
-
denn
in
Massachusetts
warten
derzeit
11000
Schüler
auf
einen
Platz,
während
gegenwärtig
15
000
Schüler
eine
solche
Schule
besuchen.
Die
rasche
Verbreitung
von
Charter-Schulen
wird
jedoch
von
verschiedener
Seite
gebremst.
Ich
habe
von
einigen
wenigen
Charter-Schulen
gehört,
die
in
den
USA
von
Eltern
errichtet
wurden
und
geführt
werden.
Allerdings
sind
es
nicht
viele.
In
ihrer
Do-it-yourself-Manier
warten
einige
Homeschooler
nicht
darauf,
dass
ihnen
der
Staat
Zuschüsse
und
Bewilligungen
erteilt,
um
die
Art
von
Cafeteria-Schule
zu
gründen,
die
sie
sich
wünschen:
Sie
packen
zu
und
tun
es
selbst.
In
einem
Artikel
mit
dem
Titel
»Home-
schooled
Away
from
Home«
berichtete
die
Washington
Post
über
die-
sen
Trend,
bei
dem
»Eltern
in
Lernkooperativen
zusammenarbeiten,
mit-
unter
im
eigenen
Zuhause,
aber
in
steigendem
Maß
auch
in
leer
stehen-
den
Kirchen-
und
Gemeindegebiuden«.
Dies
könnte
ein
neuer
Trend
sein
für
Menschen,
die
der
Methode
»Schule
zu
Hause«
folgen.
Aber
wie
Sie
bereits
gelesen
haben,
schrieb
schon
John
Holt
über
diese
Clubs
und
Kooperationen,
die
Freilerner
fiir
sich
geschaffen
und
seit
Jahren
genützt
haben.
Die
Ängste
der
Schulbehérden,
dass
Homeschooler
ihnen
Finanz-
mittel
entziehen
könnten,
um
eigene
Schulen
zu
errichten,
sind
einfach
übertrieben:
Homeschooler
sind
entschlossen,
sich
zu
schaffen,
was
sie
brauchen,
und
zwar
unabhängig
von
Regierungszuschüssen.
Die
Schulen
würden
besser
daran
tun,
Vereinbarungen
mit
Homeschoolern
anzustre-
288
ben
statt
sie
zu
vergraulen,
vor
allem
angesichts
der
vielen
kostenlosen
und
kostenpflichtigen
Lernmöglichkeiten
außerhalb
der
Schule.
Hingegen
streben
privatwirtschaftlich
orientierte
Schulen
-
auch
Fernschulen
-
nach
Charterverträgen
und
öffentlichen
Finanzmitteln.
Derartige
Bestrebungen
müssten
die
öffentlichen
Schulen
wesentlich
stär-
ker
beunruhigen
als
Eltern,
die
in
ihrer
unmittelbaren
Wohnumgebung
Lernkooperationen
für
ihre
Kinder
aufbauen
wollen.
Öffentliche
Schulen
könnten
unter
der
wachsenden
Zahl
motivierter
Eltern,
die
sich
für
Homeschooling
interessieren,
wichtige
Verbündete
finden,
sofern
sie
mit
ihnen
zusammenarbeiten.
Wie
Holt
betont,
sollte
der
Kampf
gegen
Homeschooler
für
öffentliche
Schulen
kein
großes
Thema
sein,
solange
sie
drängenderen
Bedrohungen
gegenüberstehen;
Kooperation
wire
fiir
die
Gesellschaft,
die
Schulen
und
die
Homeschooler
wesentlich
fruchtbarer.€¢
Offentliche
Schulen
haben
Grund
genug,
sich
wegen
vieler
Probleme
zu
sorgen,
allerdings
nicht
wegen
Homeschooling.
Wenn
sie
sich
dagegenstellen,
haben
sie
wenig
zu
gewinnen,
aber
viel
zu
verlieren
von
dem
geringen
Rest
an
Vertrauen
in
der
Offentlichkeit.
Ein
Beispiel:
Eine
talentierte
klassische
Konzertmusikerin,
Leh-
rerin
und
Dirigentin
übersiedelte
in
eine
Kleinstadt
im
Norden
von
Minnesota.
Ihre
jüngste
Tochter
übte
eigenständig
fur
eine
Karriere
als
professionelle
Geigerin
und
hatte
schon
auf
professionellem
Niveau
konzertiert.
Weil
die
Schule
kein
Spezialprogramm
für
Musik
anbot
und
das
Mädchen
seiner
Klasse
in
den
akademischen
Fächern
zwei
bis
drei
Jahre
voraus
war,
beschloss
die
Mutter,
sie
aus
der
Schule
zu
nehmen
und
zu
Hause
zu
unterrichten.
Die
Schule
bezeich-
nete
das
von
der
Mutter
zu
Hause
durchgeführte
Bildungsprogramm
als
unangemessen
und
brachte
sie
vor
Gericht,
wo
sie
in
erster
Instanz
unterlag.
In
der
nächsten
Instanz
erhielt
die
Mutter
jedoch
Recht.
Diese
Geschichte
wurde
landesweit
mit
große
Sympathie
für
die
Mutter
und
die
Familie
in
den
Zeitungen
verbreitet.
In
Providence/Rhode
Island
wollten
Peter
und
Brigitta
Van
Daam,
beide
intelligent
und
gut
gebildet,
ihre
Tochter
aus
der
öffentlichen
Schule
nehmen.
Sie
fragten
die
Schulbehörden
nach
dem
geeigne-
ten
Procedere.
Diese
erklärte
ihnen
wiederholt
(vielleicht
aus
Unwis-
senheit),
dass
es
dafür
weder
geeignete
Formulare
noch
überhaupt
eine
Regelung
gäbe
-
was
nicht
den
Tatsachen
entspricht.
Als
die
Familie
schließlich
-
erschöpft
durch
das
Hin
und
Her
-
begann,
ihr
289
Kind
zu
Hause
zu
unterrichten,
leitete
die
Schule
rechtliche
Schritte
gegen
sie
ein
und
bewirkte,
dass
die
gesamte
Familie
verhaftet
und
ins
Gefängnis
gesteckt
wurde.
Die
Van
Daams
haben
viel
Mühe
auf
sich
genommen,
um
ihren
Fall
in
die
Öffentlichkeit
und
die
Medien
zu
bringen.
Als
sie
von
der
Polizei
abgeholt
wurden,
waren
alle
drei
großen
TV-Stationen
mit
Kameras
vor
Ort.
Kurz
darauf
konnten
Mil-
lionen
von
Amerikanern
in
zumindest
einer
landesweiten
TV-Sendung
zusehen,
wie
diese
offensichtlich
intelligenten
und
verantwortungs-
bewussten
Eltern
mit
ihren
offensichtlich
intelligenten
Kindern
ins
Gefängnis
gebracht
wurden.
Derartige
Taten
lassen
die
Schulen
nur
arrogant,
rücksichtslos,
grausam
und
dumm
erscheinen.
Es
ist
nicht
notwendig,
weitere
Bei-
spiele
zu
zitieren,
von
denen
es
jede
Menge
gibt.
In
schwierigen
Zei-
ten
wie
diesen
kann
sich
die
Schule
nicht
noch
mehr
derart
nega-
tive
Publicity
leisten.
Die
öffentliche
Meinung
hinsichtlich
des
momen-
tanen
Bildungssystems
vollzieht
ohnehin
eine
Kehrtwende.
Seit
ihrer
Gründung
haben
die
öffentlichen
Schulen
nahezu
unbegrenztes
öffentliches
Vertrauen
genossen.
Auch
wenn
die
Menschen
sie
in
Details
kritisierten,
stimmten
fast
alle
darin
überein,
dass
offentli-
che
Schulen
uneingeschränkt
notwendig
seien.
Der
Gedanke
eines
wirkungsvollen
Regierungsmonopols
im
Bereich
Bildung
wurde
nahezu
ungefragt
akzeptiert.
Jetzt
plötzlich
glauben
immer
weniger
Menschen,
dass
die
Regierung
diese
Monopolstellung
haben
sollte,
und
viele
fragen
sich
allmählich,
ob
der
Staat
überhaupt
in
das
Schul-
wesen
eingreifen
sollte.
Zwar
wird
behauptet,
es
sei
immer
noch
eine
Minderheit,
die
sich
gegen
Schulen
stelle,
und
das
vor
allem
aus
Gründen,
die
außerhalb
der
Schulen
lägen.
Bis
zu
einem
gewissen
Grad
mag
das
wahr
sein.
Die
heutige
Anti-Schule-Stimmung
ist
eindeutig
Teil
einer
weitrei-
chenden
Reaktion
auf
alle
Monopolisierungstendenzen,
insbeson-
dere
der
des
Staates.
Ein
anderer
Teil
ist
die
Angst
der
Menschen
vor
wirtschaftlichem
Niedergang,
Jobverlust
und
steigenden
Ölprei-
sen.
In
welchem
Maß
die
Schulen
für
diesen
plötzlichen
Stim-
mungsumschwung
gegen
sie
verantwortlich
sind,
ist
unerheblich.
Der
Meinungsumschwung
ist
erfolgt
und
verfestigt
sich.
In
einer
sol-
chen
Zeit
kann
es
sich
das
Schulsystem
eigentlich
nicht
leisten,
sich
durch
unbesonnenes
Vorgehen
zusätzlich
Feinde
zu
machen
sowie
Zeit
und
Öffentliche
Gelder
dafür
aufzuwenden,
Eltern
Schwierigkei-
ten
zu
bereiten,
die
ihre
Kinder
selbst
unterrichten
wollen.
290
Aber
das
ist
nur
die
negative
Seite
des
Bildes.
Denn
ich
will
hier
vor
allem
betonen,
dass
Schulen
viele
wirklich
wertvolle
Dinge
gewin-
nen
könnten,
wenn
sie
in
vollem
Umfang
mit
Homeschoolern
zusam-
menarbeiteten.
Gestatten
Sie
mir,
einige
davon
(nicht
nach
ihrer
Wichtigkeit
geordnet)
hier
anzusprechen:
FORSCHUNG
Schulen
benötigten
schon
immer
Möglichkeiten,
um
das
Lernen
zu
erforschen.
Hiermit
meine
ich
nicht
jenes
Forschen
mit
Experimen-
talgruppen,
Kontrollgruppen,
Statistiken,
usw.,
wie
es
üblicherweise
verstanden
wird,
sondern
jene
Art,
die
ich
während
all
meiner
Jahre
als
Klassenlehrer
unternommen
habe,
in
denen
ich
beständig
neue
Unterrichtsmethoden
ausprobierte
und
verbesserte.
Diese
Art
der
Forschung,
die
Lehrer
in
ihren
eigenen
Klassenzimmern
durchführen
und
die
vorrangig
auf
Erfahrung
und
weniger
auf
Experimenten
basiert,
ist
die
einzige
Art,
die
das
Unterrichten
deutlich
verbessern
wird.
Für
Lehrer
in
Schulen
ist
es
jedoch
nahezu
unmöglich,
derartige
Forschungen
durchzuführen.
Wenn
die
in
Schulen
»erprobten«
Metho-
den
-
wie
zum
Beispiel
etwas
auswendig
zu
lernen
-
nicht
funktio-
nieren,
was
ja
allgemein
üblich
ist,
so
ist
die
Öffentlichkeit
bereit,
die
Schüler
dafür
verantwortlich
zu
machen.
Findet
jedoch
eine
»neue«
Methode
Anwendung,
die
nicht
zum
gewünschten
Resultat
führt,
so
weist
die
Öffentlichkeit
Schule
und
Lehrern
die
Schuld
dafür
zu.
Daraus
folgt
die
Regel:
Um
Schwierigkeiten
zu
vermeiden,
bleibt
man
bei
den
alten
Methoden,
selbst
wenn
sie
nicht
funktionieren.
Wollen
Schulen
also
wirkliche
Grundlagenforschung
betreiben,
wofür
die
Allgemeinheit
bezahlen
soll,
stehen
sie
unter
großem
Druck,
möglichst
rasch
Resultate
zu
erzielen,
wie
zum
Beispiel
durch
bessere
Testergebnisse.
Selbst
bei
national
finanzierten
Langzeit-
programmen
erhielten
Schulen
nur
selten
drei
Jahre
Zeit,
um
neue
Lehrmethoden
-
mit
positivem
Resultat
-
zu
erproben;
meist
muss-
ten
sie
schon
innerhalb
von
einem
oder
zwei
Jahren
Ergebnisse
vor-
weisen.
Wahre
Grundlagenforschung
kann
also
nicht
stattfinden.
Es
Kindern
über
einen
längeren
Zeitraum
hinweg
selbst
zu
überlassen,
wann
und
in
welchem
Tempo
sie
lesen
lernen,
hat
somit
keine
Chance.
Ein
mir
bekannter,
völlig
normal
begabter
Junge
erhielt
diese
291
Wahlfreiheit.
Er
lernte
erst
im
Alter
von
acht
Jahren
lesen,
indem
er
es
sich
selbst
beibrachte.
Als
er
jedoch
drei
Jahre
später
von
einer
Schule
getestet
wurde,
zeigte
sich,
dass
er
im
Lesen
bereits
auf
dem
Niveau
der
zwölften
Schulstufe
war.
In
einem
dieser
Kurzzeitfor-
schungsprojekte
wäre
dieser
Junge
einfach
als
Analphabet
in
die
Sta-
tistik
eingegangen
und
hätte
somit
»bewiesen«,
dass
man
Kindern
diese
Wahlfreiheit
nicht
selbst
überlassen
kann.
Aus
all
diesen
Gründen
können
wir
vermutlich
nur
von
Eltern,
die
ihre
Kinder
selbst
unterrichten,
erwarten,
echte
und
grundlegende
Langzeitforschungsergebnisse
über
das
Lernen
zu
erhalten,
und
zwar
über
die
Art
und
Weise
und
das
Ausmaß
des
Unterrichtens,
das
für
das
Lernen
am
förderlichsten
ist,
und
über
die
Nützlichkeit
ver-
schiedener
Methoden
und
Lehrmaterialien.
Sie
können
es
sich
leis-
ten,
geduldig
zu
sein
und
lange
auf
Ergebnisse
zu
warten;
sie
haben
ihre
Arbeit
selbst
in
der
Hand
und
können
ihre
Methoden
nach
ihren
Wünschen
abwandeln;
sie
können
Beobachtungen
aus
nächster
Nähe
durchführen;
sie
sind
frei
von
sämtlichen
routinemäßigen
Ablenkungen
großer
Schulen,
und
sie
sind
nur
an
Ergebnissen
inter-
essiert,
nicht
an
Entschuldigungen.
Von
diesen
Menschen
und
ihrer
Arbeit
könnten
alle
Schulen,
von
denen
viele
heute
unter
stark
ein-
geschränkten
Bedingungen
arbeiten
müssen,
eine
Menge
lernen.
Lassen
Sie
uns
zunächst
definieren,
was
sie
nicht
lernen
wer-
den.
Sie
werden
nicht
erfahren,
dass
dies
oder
jenes
die
beste
Methode
ist,
um
lesen,
schreiben
und
rechnen
zu
erlernen;
oder
dass
dies
die
besten
Bücher
für
Kinder
sind
oder
jenes
der
beste
Lehr-
plan
für
eine
bestimmte
Schulstufe
ist;
oder
dass
dieses
Fachgebiet
immer
in
einer
bestimmten
Reihenfolge
unterrichtet
werden
sollte.
Homeschooler
werden
die
Schulen
nicht
das
lehren,
was
sie
am
mei-
sten
wissen
wollen,
nämlich
was
der
einzige
und
beste
Weg
ist,
um
etwas
zu
tun.
Stattdessen
wird
deutlich
werden,
dass
es
diesen
»ein-
zigen
und
besten
Weg«
nicht
gibt,
und
dass
es
Zeit-
und
Energiever-
schwendung
ist,
danach
zu
suchen;
dass
Kinder
(wie
auch
Erwach-
sene)
auf
unterschiedlichste
Weise
lernen;
das
jedes
Kind
auf
die
Art
am
besten
lernt,
die
es
am
meisten
interessiert,
begeistert
und
befriedigt;
und
dass
es
Aufgabe
der
Schule
sein
sollte,
den
Lernen-
den
eine
möglichst
breite
Palette
an
Optionen
im
Hinblick
darauf
zu
bieten,
was
und
wie
gelernt
wird.
Wenn
Eltern
berichten,
dass
ihre
Kinder
gerne
Bücher
über
Astronomie,
Architektur,
Anthropologie,
Flugzeuge,
Atome,
Raketen,
Raumfahrt
oder
Mikroben
lesen,
und
292
gerne
mit
Buntstiften,
Computern,
Puzzles,
Geigen,
Schreibmaschi-
nen,
Gartengeräten,
Kassettenrekordern
usw.
arbeiten,
dann
ist
dies
ein
Hinweis
darauf,
dass
diese
Bücher
und
Materialien
in
den
Schu-
len
vorhanden
sein
sollten,
nicht
damit
alle
Kinder
sie
benützen,
son-
dern
jene
Kinder,
die
dies
wünschen.
Darüber
hinaus
können
Homeschooler
den
Schulen
noch
weitere
wichtige
und
allgemeine
Prinzipien
über
das
Unterrichten
und
das
Ler-
nen
vermitteln.
Derzeit
gibt
es
allerdings
noch
so
wenige
Homeschoo-
ler,
dass
ihre
Erfahrungen
von
konventionellen
Pädagogen
noch
immer
als
nicht
aussagefähig
abgestempelt
werden.
Wenn
die
Zahl
der
Home-
schooler
wächst,
wird
es
auch
den
erbittertsten
Widersachern
schwer
fallen,
diese
Erkenntnisse
zu
ignorieren.
Wenn
wir
auf
zehntausende
Kinder
verweisen
können
-
wozu
wir
im
Lauf
der
Zeit
sicher
in
der
Lage
sein
werden
-,
die
selbständig
zu
einem
selbst
gewählten
Zeitpunkt
und
in
ihrem
Tempo
lesen
gelernt
haben
und
die
wenige
Jahre
später
im
Lesen
den
meisten
Schulkindern
ihrer
Altersklasse
weit
voraus
sind,
so
wird
dies
gewiss
auch
auf
die
Schulen
selbst
große
Auswir-
kung
haben.
All
jene,
die
in
den
Schulen
diese
Richtung
einschlagen
wollen,
werden
dadurch
ermutigt,
während
es
den
anderen
schwerer
fallen
wird,
sich
diesen
Erfahrungen
zu
widersetzen.
FEEDBACK
Wir
können
unsere
Aufgaben
nur
dann
besser
erfüllen,
wenn
wir
wissen,
wie
gut
wir
sie
jetzt
erfüllen.
Experimente
haben
dies
immer
wieder
bewiesen.
Wenn
wir
das
Gewicht
von
Gegenständen
abschät-
zen
und
nie
erfahren,
ob
unsere
Schätzungen
zu
gering
oder
zu
hoch
sind,
werden
wir
keine
Fortschritte
machen.
Aber
wenn
wir
bei
jedem
Mal
erfahren,
ob
und
um
wie
viel
wir
zu
hoch
oder
zu
niedrig
ge-
schätzt
haben,
bessern
wir
uns
rasch.
Wenn
Sie
auf
ein
Ziel
schie-
Ben,
aber
nicht
sehen
können,
wohin
Ihre
Schüsse
gegangen
sind,
können
Sie
Ihre
Treffsicherheit
nicht
steigern.
Einer
der
Gründe,
warum
es
Schulen
und
Lehrern
normalerweise
so
schwer
fällt,
sich
in
ihrer
Arbeit
zu
bessern,
besteht
darin,
dass
sie
von
ihren
Schülern
zu
wenig
Feedback
bekommen
-
zu
wenig
auf-
richtige
Informationen
über
die
Unterrichtsqualität.
Ein
guter
Freund
von
mir,
der
ein
ausgezeichneter,
erfolgreicher
und
insgesamt
sehr
glücklicher
Student
an
einer
führenden
Universität
war,
erzählte
mir
293
einmal,
dass
er
und
seine
Freunde
nie
mit
ihren
Professoren
disku-
tieren
würden
oder
gar
streiten,
weder
im
Lehrsaal
noch
in
Form
einer
Korrespondenz.
Er
meinte:
»Man
hat
nur
dann
eine
sichere
Chance
auf
eine
Eins,
wenn
man
das
sagt,
wovon
man
glaubt,
es
entspre-
che
der
Meinung
des
Professors.
Selbstverständlich
musst
du
es
in
eigene
Worte
verpacken,
damit
er
deine
Absicht
nicht
errät.«
Seit
damals
haben
sich
viele
andere
Collegestudenten
in
Gesprächen,
Briefen
oder
Büchern
gleichlautend
darüber
geäußert.
Professoren,
die
von
sich
glauben,
es
sei
ihre
Bestimmung,
Unwissenden
die
Wahrheit
zu
verkünden,
stört
es
vielleicht
gar
nicht,
wenn
ihre
Stu-
denten
so
handeln,
andere
hingegen
beträchtlich.
Denn
diese
haben
sich
entschlossen
zu
unterrichten,
um
mit
Studenten
fruchtbare
Dis-
kussionen
über
ein
Thema
zu
führen,
dass
sie
alle
interessiert,
und
sind
enttäuscht,
wenn
ihnen
die
Studenten
nur
nach
dem
Munde
reden,
um
gute
Zensuren
zu
bekommen.
Sie
haben
es
satt,
stets
die-
selben
Fragen
zu
hören:
»Was
müssen
wir
tun,
um
in
diesem
Kurs
eine
gute
Zensur
zu
bekommen?
Werden
wir
dafür
verantwortlich
gemacht?
Kommt
dieses
oder
jenes
beim
Examen
dran?«
Solche
Fra-
gen
vertreiben
einige
gänzlich
aus
der
Welt
des
Unterrichtens.
Während
ich
eine
fünfte
Schulstufe
unterrichtete,
lernte
ich
end-
lich,
was
meine
schwierigste
und
härteste
Aufgabe
war:
Meinen
Schülern
zu
helfen,
keine
Angst
vor
mir
und
voreinander
zu
haben,
nicht
zu
bluffen,
zu
schwindeln
und
mich
nicht
auf
die
Probe
zu
stel-
len.
Erst
wenn
sie
sich
in
der
Klasse
wohl
genug
fühlten,
um
wirklich
ganz
sie
selbst
zu
sein,
konnten
sie
ihre
wahren
Interessen
und
Stär-
ken
offenbaren,
ebenso
ihre
Ängste
und
Schwächen.
Erst
dann
|
konnte
ich
daruber
nachdenken,
wie
ich
auf
ihren
Starken
aufbauen
und
ihre
Schwachen
umgehen
oder
uberwinden
konnte.
All
dies
benötigte
Zeit
und
Geduld.
Einige
erzählten
mir
lange
Zeit
nicht,
dass
sie
nicht
wussten,
wie
ein
bestimmtes
Problem
zu
lösen
sei,
oder
wie
etwas
gemeint
war,
was
ich
ihnen
gesagt
oder
an
die
Tafel
geschrie-
ben
hatte.
Einige
sagten
es
mir
nie,
weil
sie
nie
ihre
Maske
ablegten.
Um
unsere
Arbeit
als
Lehrer
gut
zu
erledigen,
benotigen
wir
Schuler,
die
keine
Angst
vor
uns
haben,
um
uns
zu
sagen,
was
sie
denken,
wissen
oder
nicht
wissen.
Moglicherweise
gibt
es
heute
schon
einige
dieser
Schuler
in
unseren
Schulen,
aber
noch
nicht
genug
-
wir
brauchen
noch
viel
mehr.
Und
wir
werden
mehr
derartige
Schuler
haben,
sobald
Kinder,
die
außerhalb
der
Schule
lernen,
aus
freien
Stücken
fur
ausgewählte
Kurse
in
die
Schule
kommen.
294
AUTORITÄT
UND
FÜHRUNGSQUALITÄTEN
Weil
Schulen
das
Wesen
natürlicher
Autorität
nicht
begreifen,
stecken
sie
in
einer
Autoritätskrise.
Ihre
aufgezwungene
Autorität
bricht
mehr
und
mehr
zusammen,
aber
das
ist
die
einzige
Autorität,
die
sie
ken-
nen.
Ihnen
fällt
die
Vorstellung
schwer,
mit
Kindern
zu
tun
zu
haben,
die
Lehrer
nicht
im
Geringsten
fürchten
und
ihnen
keine
Gelegenheit
bieten,
ihnen
Angst
einzujagen.
Durch
Worte
allein
wird
sich
das
nicht
ändern.
Die
Schulen
werden
erst
von
jenen
Kindern
etwas
über
natür-
liche
Autorität
lernen,
für
die
sie
tatsächlich
eine
natürliche
Autorität
sind.
Das
sind
jene
Kinder,
die
zur
Schule
gehen,
weil
sie
dies
wollen,
um
ein
Lehrmittel
für
ihre
eigenen
Zwecke
zu
nutzen.
Von
ihnen
wer-
den
sie
viel
über
jene
Führungsqualitäten
erfahren,
welche
die
Schu-
len
so
dringend
benötigen.
Als
Lehrer
einer
fünften
Schulstufe
dachte
ich
viel
über
pädago-
gische
Führungsqualitäten
nach.
Lange
Zeit
wusste
ich
nicht,
was
damit
gemeint
war.
Allmählich
erkannte
ich,
dass
die
Atmosphäre
und
der
Geist
meiner
Klassen
vor
allem
von
den
Schülern
selbst
bestimmt
wurden,
und
dies
zumeist
von
zweien
oder
dreien,
die
unabhängig
von
ihren
schulischen
Leistungen
und
ihrem
Verhalten
tatsächlich
die
realen
Anführer
waren.
Von
den
fünf
Klassen,
die
ich
in
der
fünften
Stufe
unterrichtete
und
die
ich
alle
mochte,
war
die
letzte
die
weitaus
beste
-
die
interessanteste
und
aktivste
und
die,
die
mir
am
meisten
Spaß
bereitete
und
die
für
die
Kinder
am
wert-
vollsten
war.
Nach
üblichen
Standards
wäre
sie
wohl
eine
der
schlechtesten
gewesen;
nur
drei
Kinder
waren
wirklich
gute
Schüler,
und
mehr
als
die
Hälfte
der
Klasse
hatte
ernste
akademische
bzw.
emotionale
Probleme.
Was
diese
Klasse
zur
besten
machte,
waren
die
zwei
Kinder,
die
sie
(ohne
es
zu
wissen
oder
zu
versuchen)
führten.
Das
eine
Kind
war
ein
farbiger
Junge,
der
bei
weitem
genialste
Schüler,
den
ich
je
unterrichtet
habe.
Er
war
nicht
nur
schulisch
gese-
hen
klug,
sondern
lebensklug,
in
jeder
Weise
klug.
Das
andere
Kind,
ein
Mädchen,
war
eine
ebenso
gute
Anführerin.
Sie
hatte
keine
wohl-
habenden
Eltern,
war
außergewöhnlich
fantasievoll
und
künstlerisch
veranlagt
und
besaß
auch
diese
Klugheit
für
die
reale
Welt.
Nicht
nur
ihre
offensichtliche
Wachsamkeit,
Fantasie,
Neugier,
Fröhlich-
keit,
gute
Laune
und
ihr
Interesse
an
vielen
Dingen
machte
es
zu
einem
wahren
Vergnügen,
mit
diesen
beiden
Kindern
zusammen
zu
295
sein
und
übte
einen
so
mächtigen
Einfluss
auf
die
anderen
Kinder
aus,
sondern
auch
ihre
Energie,
Vitalität,
Selbstachtung,
ihr
Mut
und
-
vor
allem
-
ihre
echte
Unabhängigkeit.
Sie
mussten
nicht
gedrängt
oder
überredet
werden,
um
etwas
zu
tun.
Und
sie
hatten
auch
kein
Interesse
daran,
mit
mir
ihr
Spielchen
zu
treiben
oder
mir
Widerstand
entgegenzusetzen
nach
dem
altbekannten
Schülermotto:
»Sie
kön-
nen
mich
nicht
zwingen,
das
zu
tun.«
Zweifellos
half
ihnen
auch
die
Tatsache,
dass
ich
-
im
Gegensatz
zu
vielen
anderen
Erwachsenen
—-
jene
Qualitäten,
die
sie
an
sich
selbst
am
meisten
schätzten,
offen-
sichtlich
auch
genoss
und
schätzte.
Aber
ich
habe
ihre
Qualitäten
nicht
hervorgebracht,
sie
haben
sie
selbst
in
die
Klasse
mitgebracht.
Was
ohne
diese
Kinder
ein
schlimmes
Jahr
hätte
werden
können,
wurde
zum
interessantesten
und
aufregendsten
Jahr,
das
ich
je
in
einem
Klassenzimmer
verbracht
habe.
Einige
wenige
solche
Kinder
können
in
einer
Klasse
-
oder
gar
in
einer
gesamten
Schule
-
vieles
bewirken.
Sie
bestimmen
in
wesentlich
stärkerem
Maß
den
Ton
in
einer
Schule
als
jeder
Direktor
oder
Lehrer.
Wenn
sich
andererseits
gerade
die
Kinder
mit
der
meis-
ten
Energie,
Fantasie
und
Courage
ständig
der
Schule
widersetzen,
und
wenn
die
»braven«
offensichtlich
jene
sind,
die
aus
Angst
keine
eigene
Position
beziehen,
werden
die
meisten
Kinder
die
Outlaws
bewundern
und
beneiden,
auch
wenn
sie
es
nicht
wagen
würden,
sie
nachzuahmen.
Niemand
kann
dann
an
solch
einem
Ort
Ordnung,
Autorität
oder
Disziplin
bewahren.
In
meiner
fünften
Schulstufe
waren
die
Kinder,
die
am
meisten
bewundert
wurden,
keine
Chaoten.
Gleichzeitig
waren
diese
beiden
Anführer
meilenweit
davon
entfernt,
Speichellecker
des
Lehrers
zu
sein.
Wenn
ihnen
etwas
im
Unterricht
nicht
gefiel,
oder
wenn
sie
etwas
anderes
wollten
oder
der
Meinung
waren,
dass
ich
ungerecht
war,
sagten
sie
es
mir.
Aber
dies
hatte
nichts
mit
der
Frage
zu
tun,
wer
der
Boss
war.
In
unserer
Beziehung
ging
es
um
etwas
anderes.
Sie
waren
auf
vielfache
Weise
an
der
Welt
interessiert,
und
ich
wusste
mehr
über
die
Welt
als
sie.
So
nutzten
sie
mein
Wissen
für
sich
und
wir
genossen
einander.
Auch
diese
Klasse
hatte
ihren
Anteil
an
Kin-
dern,
die
nach
dem
Motto
vorgingen:
»Sie
können
mich
zu
nichts
zwingen«.
Wenn
sie
dabei
wirklich
lustig
waren,
was
mitunter
geschah,
lachten
die
anderen
Kinder
mit
ihnen,
so
wie
ich
es
tat.
Aber
sie
wurden
nicht
bewundert,
weil
sie
Widerstand
leisteten.
Die
anderen
Kinder
empfanden
ihre
Possen
oft
als
ablenkend
und
296
störend,
denn
sie
hatten
Besseres
zu
tun.
Wichtig
und
bewunderns-
wert
war
es,
So
lebendig,
wachsam,
aktiv,
neugierig
und
engagiert
zu
sein
wie
diese
Anführer.
Die
Klassendisziplin,
die
aus
dieser
Art
von
Gefühl
hervorgeht,
unterscheidet
sich
wie
Tag
und
Nacht
von
einer,
wo
die
Kinder
einander
sagen:
»Wenn
du
das
tust,
sage
ich
es
dem
Lehrer
und
du
bekommst
Ärger.«
Diese
Art
des
Umgangs
ist
nicht
nur
viel
angenehmer,
sondern
auch
dauerhafter.
Solche
Kinder,
deren
Handlungen
nicht
von
Angst
geprägt
sind,
benötigt
die
Schule
dringend,
und
wenn
auch
nur
als
Beispiel
für
die
anderen.
Diese
Kinder
werden
der
Schule
nicht
nur
eine
andere
Einstellung
gegenüber
der
Welt
vermitteln
(sie
ist
interessant
und
aufregend),
über
sich
(sie
sind
unabhängig
und
kompetent)
und
über
die
Schule
(sie
ist
nützlich),
sondern
sie
zeigen
auch
Interessen,
die
weit
über
die
TV-Shows
des
Vorabends
hinausgehen.
Von
diesen
Interessen
werden
auch
die
anderen
Kinder
einige
aufnehmen.
Mein
oben
erwähnter
farbiger
Schüler
der
5.
Stufe
»unterrichtete«
die
anderen
Kinder
seiner
Klasse
wesentlich
nachhaltiger
als
ich.
Indem
sie
ihn
bewunderten,
sprachen
sie
auch
so
viel
wie
möglich
mit
ihm
(was
ich
gestattete),
und
lernten
aus
diesen
Gesprächen
eine
Menge.
Auf
dieselbe
Weise
werden
Homeschooling-Kinder,
wenn
sie
denn
freiwillig
die
Schule
besuchen,
viele
neue
Ideen,
Fertigkeiten,
Aktivitäten
und
Lehrmaterialien
einbringen,
um
sie
mit
den
ande-
ren
Kindern
zu
teilen.
Selbst
wenn
diese
Kinder
nur
einen
geringen
Prozentsatz
der
Schüler
ausmachen,
werden
sie
die
Schule
verän-
dern
und
sie
zu
einem
freundlicheren
und
interessanteren
Ort
machen.
II
Unsere
drei
Homeschool-Téchter
haben
mehrmals
auf
Teilzeit-
und
Vollzeitbasis
in
öffentliche
und
private
Schulen
gewechselt
und
diese
wie-
der
verlassen.
Auch
wenn
ich
jetzt
nicht
wie
ein
aufschneiderischer
Vater
klingen
will,
haben
meine
Mädchen
sowohl
von
ihren
Lehrern
als
auch
von
anderen
Schülern
Komplimente
dafür
erhalten,
dass
sie
ihr
Spiel,
ihre
Klassen
und
die
Arbeit
mit
anderen
Kindern
mit
Energie
erfüllt
und
dabei
Flihrungsqualititen
bewiesen
haben.
Ich
kenne
viele
andere
Homeschool-
Eltern,
die
dasselbe
berichten
kénnen.
Soviel
zu
den
Angsten,
Home-
schooling
lasse
die
sozialen
Kompetenzen
verkiimmern!
Häufig
wird
Schule
von
der
Schulverwaltung
als
Alles-oder-Nichts-Option
angeboten.
Die
Möglichkeiten,
die
Schule
freiwillig
auf
Teilzeitbasis
zu
besuchen,
werden
demnach
weniger
durch
den
mangelnden
Wunsch
der
Kinder
297
beschränkt
als
durch
die
Bürokratie.
Aber
wie
unsere
Erfahrungen
und
die
vieler
Homeschooler
zeigen,
funktioniert
eine
Schulmischform
für
alle
Beteiligten
ausgezeichnet,
ohne
komplizierte
Finanzierungsmodelle,
Rege-
lungen
und
Vorschriften.
¢¢
GELD,
OFFENTLICHKEIT
UND
KLIENTEN
Schulen
haben
haufig
aus
finanziellen
Grunden
Angst
vor
Home-
schooling.
Die
meisten
Schulen
erhalten
finanzielle
Hilfe
vom
Staat
-
je
nach
Schulerzahl.
Dieser
Zuschuss
macht
oft
einen
betrachtli-
chen
Teil
des
Schulbudgets
aus.
Wenn
die
Schulen
jedoch
mit
Home-
schoolern
kooperieren
und
diese
fur
die
von
ihnen
gewahlten
Akti-
vitaten
zur
Schule
kommen,
konnen
sie
der
Gesamtschulerschaft
hinzugerechnet
werden,
was
positive
Auswirkungen
auf
die
Finan-
zierung
der
Schule
hat.
Es
gibt
keinen
rechlichten
Grund,
warum
ein
Schulbezirk,
der
sich
zu
einer
Kooperation
mit
einer
Homeschool-Familie
entschließt,
deren
Kinder
nicht
als
Schulbesucher
eintragen
sollte,
selbst
wenn
sie
nicht
100
Prozent
der
Unterrichtszeit
anwesend
sind.
Ich
kenne
kein
Gesetz,
dass
»Anwesenheit«
ausschließlich
auf
die
körperliche
Anwesenheit
im
Schulgebäude
begrenzt.
Schließlich
verbringen
viele
Schüler
im
Rahmen
von
Projekttagen
und
Praktika
ihren
Tag
nicht
in
Schulgebäuden,
sondern
in
verschiedenen
öffentlichen
Einrichtun-
gen
oder
privaten
Betrieben.
Niemand
käme
auf
die
Idee,
diese
Rege-
lung
verstieße
gegen
die
Schulpflicht;
es
wäre
völlig
absurd.
Daher
gibt
es
auch
keinen
Grund,
warum
eine
Schule
ein
unter
ihrer
Aufsicht
zu
Hause
lernendes
Kind
nicht
als
ordentlichen
Schüler
führen
sollte.
Sie
könnte
sogar
behaupten,
dass
es
nicht
nur
legal,
sondern
auch
moralisch
gerechtfertigt
ist,
die
entsprechenden
Finanzmittel
für
einen
Homeschooler
anzunehmen,
weil
dieses
Kind
in
gewisser
Weise
sogar
mehr
individuelle
Aufmerksamkeit
erhält
als
Vollzeitschüler.
Schulen
haben
also
keinen
Grund,
Homeschooler
als
eine
finanzielle
Bedrohung
zu
betrachten.
Eine
Kooperation
mit
Homeschool-Familien
kann
den
Schulen
sogar
zu
einer
verbesserten
Außendarstellung
verhelfen,
die
diese
nur
allzu
gerne
hätten.
Während
eines
Auftritts
in
einer
TV-Talkshow
erwähnte
ich
kurz,
dass
die
Schulen
von
Barnstable/Massachusetts
umfassend
mit
einer
Homeschool-Familie
kooperierten,
so
dass
298
deren
Kinder,
wann
immer
sie
wollten,
zur
Schule
gehen
und
an
von
ihnen
gewünschten
Aktivitäten
teilnehmen
konnten.
Diese
kurze
Erwähnung
brachte
und
beschert
dem
Schulbezirk
nach
wie
vor
zahl-
reiche
Anfragen,
einige
davon
sogar
aus
anderen
Bundesstaaten
und
alle
in
überaus
wohlwollendem
Ton.
Wie
viele
andere
auch
fühlen
sich
Schulleute
wohl
bei
dem
Gedanken,
an
der
Spitze
einer
Reform-
bewegung
zu
stehen,
neue
Wege
zu
beschreiten
und
von
anderen
in
dieser
Rolle
gesehen
zu
werden.
Eine
Kooperation
mit
Homeschool-
Familien
ist
für
eine
Schule
eine
einfach
und
authentische
Art
und
Weise,
sich
in
diese
Rolle
zu
versetzen
und
somit
eine
überaus
posi-
tive
Außendarstellung
zu
erlangen.
Holts
Frage
findet
auch
bei
mir
noch
Nachhall,
wenn
ich
beob-
achte,
wie
sich
öffentliche
Schulen
ein
um
das
andere
Mal
selbst
ins
Bein
schießen
bei
dem
Versuch,
Homeschooling
einzudimmen.
Jahrelang
durften
lokale
Schulbezirke
in
Massachusetts
Homeschooler
in
ihrer
Anwesenheitsliste
führen
und
fiir
sie
Zuschüsse
empfangen.
Auch
die
Homeschooler
aus
Massachusetts
waren
damit
im
Großen
und
Ganzen
einverstanden,
denn
die
Schulen,
die
diese
Zuschüsse
bekamen,
waren
oft
gerne
bereit,
Homeschoolern
zu
gestatten,
an
Kursen
teilzunehmen
oder
andere
Schuleinrichtungen
zu
nutzen.
Eine
Familie
aus
Boston
erhielt
per
E-Mail
eine
gültige
Anwesenheitsbescheinigung
fiir
ihren
Sohn,
der
nie
auch
nur
einen
Fuß
in
seine
zuständige
Schule
gesetzt
hatte,
aber
dessen
Name
auf
der
Anwesenheitsliste
der
Schule
erschien,
um
den
Zuschuss
zu
bekommen.
Die
Situation
erreichte
vor
ein
paar
Jahren
einen
Hohepunkt,
als
der
Schulamtsleiter
von
Uxbridge/Massachusetts
anbot,
einen
Teil
des
Anwesenheitszuschusses,
den
er
für
Homeschooler
erhielt,
den
betroffenen
Familien
direkt
zukommen
zu
lassen,
um
einen
Teil
ihrer
Bildungskosten
damit
abzudecken.
Derartige
Arrangements
sind
nicht
ungewöhnlich.
In
den
letzten
Jahren
haben
Schulbezirke
in
Kalifornien
und
Washington
Homeschoolern
Steuergutschriften,
finanzielle
Anreize
und
schulische
Lehrmittel
angeboten,
als
Gegenleistung
dafür,
dass
die
Schulen
die
Homeschooler
in
ihre
Independent
Study
Programs
oder
andere
Arten
von
Voll-
oder
Teilzeit-Schulprogrammen
einschreiben
dürfen.
1996
entschloss
sich
jedoch
das
Bildungsministerium
des
Staates
Massachusetts,
Homeschooler
hinauszudrängen;
eine
neue
Bestimmung
untersagte,
Homeschooler
in
der
Anwesenheitsliste
einer
Schule
zu
führen
und
dafür
finanzielle
Zuwendungen
zu
erhalten.
Dieser
Zug
hat
die
Alles-
oder-Nichts-Mentalität
vieler
Schuladministratoren
in
Massachusetts
299
bestärkt.
Dennoch
arbeiten
einige
wenige
Superintendenten
immer
noch
offen
mit
Homeschoolern
zusammen
und
zeigen,
wie
leicht
es
ist,
in
gutem
Licht
zu
stehen
und
die
Ausbildung
aller
Kinder
in
ihren
Bezirken
zu
unterstützen.
;
Aufgrund
der
rückläufigen
Geburtenrate
werden
Schulen
in
jedem
Fall
immer
mehr
Schüler
verlieren.
Um
im
Geschäft
zu
bleiben,
müs-
sen
sie
also
neue
»Kundenkreise«
erschließen.
Viele
sehen
die
Lösung
darin,
die
Schulpflicht
früher
beginnen
zu
lassen,
die
tägliche
Unterrichtsdauer
auszuweiten
und
den
Kindergartenbesuch
zur
Pflicht
zu
erheben;
einige
Lehrergewerkschaften
haben
sogar
vorge-
schlagen,
dass
die
Schulpflicht
bereits
im
Alter
von
zwei
oder
drei
Jahren
beginnen
soll.
Gleichzeitig
sprechen
Pädagogen
viel
über
eine
ziemlich
düstere
Idee
namens
Mandatory
Continuing
Education
(verpflichtende
Weiterbildung).
Wenn
sie
diese
Idee
durchsetzen
kön-
nen,
bedeutet
es,
dass
immer
mehr
Menschen,
die
jahrelang
zur
Schule
gegangen
sind,
um
einen
Job
zu
bekommen,
weiterhin
zur
Schule
gehen
müssen,
um
diesen
Job
zu
behalten.
Dies
ist
der
falsche
Ansatz.
Diese
Idee
hätte
vielleicht
in
einer
Zeit
gegriffen,
als
alle
bis
auf
ein
paar
Spinner
hinter
den
Schulen
standen,
oder
als
die
Menschen
noch
davon
überzeugt
waren,
dass
jedes
zusätzliche
Jahr,
das
sie
in
der
Schule
zubrächten,
automatisch
ein
höheres
Gehalt
bedeutete.
Aber
heute
greift
diese
Vorstellung
nicht
mehr
angesichts
der
rückläufigen
Wirtschaftsentwicklung,
in
der
sogar
Universitätsabschlüsse
von
Jahr
zu
Jahr
weniger
wert
sind.
Wenn
Schulen
überleben
und
wieder
aufblühen
wollen,
wie
es
einige
gut
verstehen,
müssen
sie
in
zunehmendem
Maß
zu
Orten
werden,
die
Schüler
besuchen,
weil
sie
es
wollen
und
weil
sie
wissen,
dass
sie
hier
interessante
Dinge
erfahren
und
tun
können.
Bisher
wird
diese
Ansicht
nur
von
wenigen
Menschen
geteilt.
Selbst
wenn
sie
Schulen
vom
Prinzip
her
unterstützen,
teilen
mir
Hunderte
von
Eltern
mit,
von
denen
viele
selbst
gute
Schüler
und
Stu-
denten
waren,
dass
ihre
schlimmsten
Angstträume
immer
noch
mit
der
Schule
zusammenhängen,
oder
dass
sie
sich
noch
heute
beim
Betreten
eines
Schulgebäudes
innerlich
verkrampfen
und
schweißnasse
Hände
bekommen.
Hingegen
vermitteln
andere
Orte
-
z.B.
Konzerthallen,
Sportplätze,
Theater,
Parks
etc.
-
den
meisten
Menschen
ein
gutes
Gefühl,
sobald
sie
diese
betreten.
Für
ihr
eigenes
Überleben
benötigen
Schulen
Menschen,
die
sich
in
ihnen
wohlfühlen.
300
Einige
Schulbezirke
verstehen
dies
nur
allzu
gut.
Hier
ein
paar
Worte
aus
der
Broschüre
»Declining
Enrollments«
(Rückläufige
Regis-
trierungszahlen),
das
vom
Center
for
Community
Education
Deve-
lopment
der
Schulen
des
Distrikts
Santa
Barbara
veröffentlicht
wurde:
Wenn
Schulen
abseits
der
Gemeinschaft
bestehen,
erheben
sie
sich
wie
Denkmäler
...
wie
eine
Erinnerung
der
Bürger
an
die
unangenehme
Ver-
gangenheit
ihrer
eigenen
Schulzeit
...
als
Symbole
für
etwas,
gegen
das
man
in
Zukunft
stimmen
wird
...
sie
stehen
leer
da,
unbenützt,
wirt-
schaftlich
unbrauchbar
und
bewirken
eine
weitere
Segmentierung
und
Fragmentierung
der
Gesellschaft.
Die
andere
Seite
der
Medaille
ist
eine
Schule,
die
integraler
Bestandteil
der
Gesamtressourcen
der
Gemein-
schaft
ist.
Es
gibt
natürlich
auch
die
schon
beinahe
klassische
Geschichte,
dass
man
ein
Gebäude
so
unentbehrlich
macht,
dass
die
Schulaufsichts-
behörde
nicht
einmal
über
eine
Schließung
nachdenkt.
Als
die
Direktorin
der
Fairlington
Elementary
School
in
Arlington/Virginia
bei
der
Zahl
der
Schuleinschreibungen
einen
Rückgang
von
440
auf
225
bemerkte,
gab
sie
zunächst
einen
Teil
der
Räumlichkeiten
an
einen
Kindergarten,
lud
dann
die
Vereine
dazu
ein,
die
Schule
für
einige
ihrer
Programme
zu
nützen,
und
reservierte
einen
zusätzlichen
Raum
für
eine
Seniorengruppe.
Ein
Gemeindetheater
und
verschiedene
andere
lokale
Organisationen
nütz-
ten
ebenfalls
schon
bald
die
Einrichtungen
der
Schule.
Binnen
kurzer
Zeit
verstummten
die
Überlegungen,
die
Schule
zu
schließen,
und
es
wurden
sogar
Stimmen
laut,
ob
nicht
eine
Erweiterung
erforderlich
wäre.
TRAINING
FÜR
LEHRER
Mit
der
Zeit
könnte
die
Homeschool-Bewegung
zumindest
für
die
innovativeren
Lehrerbildungsanstalten
als
Trainingsmöglichkeit
für
Lehrer
sehr
nützlich
werden.
Im
Lauf
der
Jahre
haben
mich
Professoren
derartiger
Lehrerbil-
dungsanstalten
immer
wieder
gefragt,
wie
die
Ausbildung
der
Leh-
rer
zu
verbessern
sei.
Bis
vor
Kurzem
lautete
meine
Antwort:
Solange
wir
unter
Lehrerbildung
verstehen,
dass
wir
junge
Leute
aufs
Col-
lege
schicken,
um
pädagogische
Kurse
zu
besuchen,
können
wir
die
Ausbildung
nicht
weniger
schädlich
machen,
als
sie
derzeit
ist.
Junge
Menschen,
die
auf
diese
Weise
ausgebildet
wurden,
gehen
mit
der
301
Überzeugung
in
die
Klasse,
dass
sie
viel
über
Kinder,
das
Lernen
und
das
Unterrichten
wissen,
während
sie
in
Wirklichkeit
fast
nichts
wissen
-
was
ich
auch
sagen
würde,
wenn
ich
selbst
diese
Lehrer-
bildungskurse
leiten
würde.
Menschen,
die
auf
diese
Weise
ausge-
bildet
worden
sind,
haben
nichts
in
ihrem
Kopf
als
Worte.
Sie
wissen
über
Kinder
und
das
Unterrichten
nicht
mehr,
als
Menschen,
die
ihr
ganzes
Leben
in
der
Wüste
oder
im
Dschungel
verbracht
haben,
über
schneebedeckte
Berge
wissen
-
nämlich
nur
vom
Hörensagen
oder
aus
Büchern.
Wir
können
nicht
eine
komplexe
Erfahrung
in
Worte
fassen
und
diese
Erfahrung
jemandem
weitergeben,
der
sie
nicht
gemacht
hat.
Nicht
einmal
die
allerbeste
Beschreibung
von
Bergen
oder
von
Kindern
-
auch
nicht
in
Form
von
Fotos
oder
kunstvoll
animierten
Filmen
-
kann
ein
Ersatz
dafür
sein,
echte
Berge
zu
sehen
und
auf
ihnen
herumzuklettern
oder
mit
echten
Kindern
zu
arbeiten.
Weil
angehenden
Lehrern
in
Ihrer
Ausbildung
nur
Theorie
ver-
mittelt
wird,
fehlt
ihnen
in
der
Regel
jeglicher
Praxisbezug.
Wenn
solche
Studenten
erstmals
als
Lehrer
ein
Klassenzimmer
betreten,
kommen
sie
sozusagen
mit
einem
Bogen
selbstklebender
Etiketten
herein:
»Minderbegabt,
hochbegabt,
lernbehindert,
hirngeschädigt,
verhaltensauffällig,
emotional
gestört,
kulturell
benachteiligt«
usw.
Anstatt
sich
in
der
Klasse
umzusehen
und
langsam
zu
lernen,
diese
Erfahrung
auf
eigene
Weise
zu
beschreiben
und
zu
beurteilen,
suchen
sie
nach
Kindern
und
Ereignissen,
denen
sie
die
vorbereite-
ten
Etiketten
aus
ihrer
Kartei
aufkleben
können.
Weil
sie
glauben,
dass
sie
ein
Kind,
das
sie
mit
einem
Etikett
versehen,
auch
verste-
hen,
beschließen
sie
rasch,
dass
Billy
ein
»Minderbegabter«
ist
und
Susie
eine
typische
Dies
und
Thomas
ein
typischer
Das.
Selbst
wenn
die
Etiketten
stimmten,
wäre
dies
schlimm
genug.
Selbst
wenn
das
Wort
»Minderbegabter«
etwas
Reales
und
Wichtiges
beschriebe,
anstatt
nur
die
Diskrepanz
zwischen
den
Resultaten
zweier
unter-
schiedlicher
Kinder
bei
Tests
hervorzuheben
(was
beides
nicht
viel
wert
ist),
würde
es
viele
Arten
»Minderbegabter«
geben
und
viele
Arten
von
»Minderleistung«.
Aber
viele
Lehrer,
die
mit
dieser
Art
der
augenblicklichen
Diagnose
zufrieden
sind,
nehmen
sich
nicht
die
Zeit,
tiefer
Einblick
zu
nehmen,
oder
sie
wissen
nicht,
wie
sie
dies
tun
sollen.
Und
so
werden
diese
willkürlich
und
unbedacht
verteilten
Etiketten
Teil
des
offiziellen
Schulberichts
der
Kinder
und
bestimmen
in
hohem
Maß
ihre
zukünftige
Entwicklung.
302
All
diese
Fehler
und
Mängel
innerhalb
der
Lehrerbildung
lassen
sich
nicht
verbessern,
indem
man
den
zukünftigen
Lehrern
während
des
Studiums
einige
»Unterrichtspraktika«
in
einer
normalen
Schul-
klasse
abverlangt.
Diese
Praktika
bestehen
zumeist
darin,
den
ver-
antwortlichen
Lehrer
zu
beobachten
und
ihm
bei
untergeordneten
Aufgaben
zur
Hand
gehen.
Nur
selten,
und
dann
auch
unter
Aufsicht
des
examinierten
Lehrers,
gestattet
man
den
künftigen
Lehrern,
ein
oder
zwei
eigene
»Einheiten«
zu
unterrichten.
Zu
erwarten,
dass
irgendjemand
durch
solche
Methoden
lernt,
wie
man
unterrichtet,
ist
etwa
so
wahrscheinlich,
wie
von
einem
Kind
zu
erwarten,
dass
es
Auto
fahren
lernt,
wenn
es
auf
Papas
Schoß
sitzt
und
das
Lenkrad
festhält,
während
dieser
steuert.
Wenn
ich
in
meiner
fünften
Schulstufe
mitunter
mit
Lehramts-
anwärtern
zusammenarbeitete,
übergab
ich
ihnen
die
gesamte
Klasse.
Ich
verließ
dazu
auch
den
Raum,
nicht
ohne
den
Schülern
vorher
zu
sagen,
dass
der
Praktikant
nun
der
Boss
sei
und
sie
seinen
Anweisungen
zu
folgen
hätten.
Allerdings
wussten
sowohl
die
Kinder
als
auch
die
Lehramtsanwärter,
dass
in
Wirklichkeit
ich
der
Boss
war.
Immerhin
verhängte
ich
die
notwendigen
Strafen
und
war
darüber
hinaus
zuständig
für
die
Zensuren,
die
wahren
und
wirksamsten
Belohnungen
oder
Strafen.
Ihr
Schicksal
als
Schüler
der
fünften
Schulstufe
lag
in
meinen
Händen,
nicht
in
denen
der
Praktikanten.
Ich
hatte
das
Ruder
in
der
Hand.
Ob
der
reguläre
»kooperative«
Lehrer
während
dieses
Unter-
richtspraktikums
im
Klassenzimmer
anwesend
ist
oder
nicht,
es
wird
jeweils
ein
Bericht
gefordert,
aus
dem
der
Lehrer
den
jeweiligen
Unterrichtablauf
ersehen
kann.
Weil
jedoch
jeder
Lehramtsanwärter
von
seinem
Anleiter
gute
Beurteilungen
benötigt,
wird
er
in
dieser
kurzen
Praxiszeit
keine
Methoden
anwenden,
die
dem
Lehrer
nicht
gefallen.
Er
wird
nicht
daran
denken,
wie
er
die
Schüler
bestmöglich
unterstützen
kann,
sondern
wie
er
die
bestmögliche
Beurteilung
bekommt.
Abgesehen
davon
erhalten
Lehramtsanwärter
so
selten
und
so
kurz
Gelegenheit
zu
unterrichten,
dass
sie
keine
Möglichkeit
zum
Ausprobieren
anderer
oder
verbesserter
Lehrmethoden
finden.
Das
Lehrerpraktikum
ist
größtenteils
Augenwischerei
und
Täuschung.
Es
bietet
den
Studenten
einen
sehr
kurzen
Einblick
in
ein
echtes
Klassenzimmer,
und
ermöglicht
es
den
Lehrerbildungsanstalten,
zukünftigen
Arbeitgebern
gegenüber
behaupten
zu
können,
dass
ihre
Absolventen
über
»Felderfahrung«
verfügen.
Das
ist
auch
schon
alles.
303
Wesentlich
hilfreicher
wäre
es,
Lehramtsanwärter
auf
den
Unter-
richt
im
Klassenzimmer
vorzubereiten,
indem
sie
echte
Klassen
in
echten
Schulen
unterrichten,
und
nebenbei
Raum
und
ausreichend
Zeit
haben,
um
ihre
Arbeit
mit
anderen
neuen
Lehrern
zu
bespre-
chen,
die
sich
in
derselben
Situation
befinden.
Mitunter
(aber
nicht
ständig)
könnten
diese
Gespräche
auch
in
Gesellschaft
eines
ver-
ständnisvollen,
erfahreneren
Lehrers
stattfinden.
Neben
diesen
Dis-
kussionen
könnten
die
neuen
Lehrer
Bücher
über
das
Unterrichten,
über
Kinderpsychologie
usw.
lesen
und
diskutieren
sowie
nach
Ideen
suchen,
die
ihnen
helfen,
ihre
Erfahrungen
zu
begreifen
und
ihre
Lehrmethode
zu
verbessern.
Sie
würden
ermutigt
werden,
diese
Bücher
kritisch
zu
lesen
und
nicht
passiv.
Vielleicht
könnten
sie
auf
Basis
ihrer
Erfahrungen,
ihrer
Diskussionen
und
ihrer
Lektüre
auch
eigene
Leitfäden
und
Bücher
schreiben.
Auf
diese
Weise
würden
uns
mehr
Fachbücher
über
Lehrmethoden
im
Klassenzimmer
zur
Verfü-
gung
stehen,
die
von
Menschen
geschrieben
sind,
die
tatsächlich
und
erst
kürzlich
im
Klassenzimmer
gearbeitet
haben.
Aber
selbst
wenn
wir
die
Art
und
Weise,
wie
wir
Lehrer
einstellen
und
ausbilden,
verändern,
werden
sie
beim
Unterrichten
in
einer
Pflichtschule
nicht
viel
über
das
Lernen
selbst
erfahren.
Meine
eigene
Arbeit
als
Lehrer
begann
auf
die
oben
beschriebene
Weise.
Ich
begann,
ohne
jede
formelle
Ausbildung
zu
unterrichten.
Erst
nach-
dem
ich
schon
mehrere
Jahre
unterrichtet
hatte,
las
ich
Bücher
über
Pädagogik.
Ich
hatte
viel
Zeit
und
Gelegenheit,
um
mit
anderen
jun-
gen
Lehrern
über
unsere
jeweiligen
Probleme
zu
sprechen,
und
viele
dieser
Gespräche
mit
meinem
Freund
und
Kollegen
Bill
Hull
wurden
zum
Nährboden,
auf
dem
mein
ersten
Buch
entstand.
In
meinen
ersten
Jahren
im
Klassenzimmer
erfuhr
ich
jedoch
nicht
viel
darüber,
wie
Kinder
lernen,
sondern
wie
sie
sich
gegen
das
Lernen
wehren.
Ich
erfuhr
nicht,
wie
sie
forschen
und
der
Welt
einen
Sinn
entlocken,
son-
dern
wie
sie
raffinierte
Strategien
ausheckten,
um
den
Gefahren
der
Schule
zu
entgehen,
dem
Schmerz
und
der
Scham
darüber,
etwas
nicht
zu
wissen,
nicht
recht
zu
haben
und
nicht
zu
bestehen.
Was
ich
über
das
echte
Lernen
im
besten
und
tiefsten
Sinn
des
Wortes
lernte,
stammte
teils
aus
meiner
Erfahrung
als
Erwachsener
beim
Erlernen
einer
Sprache,
eines
Musikinstruments
oder
einer
Sportart,
aber
vor
allem
durch
Beobachtung
und
gemeinsames
Spiel
mit
Babys
und
Kleinkindern
im
Haus
ihrer
Eltern.
Erst
als
ich
allmählich
begriff,
unter
welchen
Bedingungen
Menschen
am
besten
304
lernen,
verstand
ich,
was
im
Klassenzimmer
und
in
meinem
eige-
nen
Unterricht
schief
lief.
Indem
ich
beobachtete,
wie
ein
menschli-
ches
Wesen
-
zum
Beispiel
ein
Kleinkind
-
auf
kraftvollste
Art
lernt,
wenn
es
erstaunliche
und
stets
einzigartige
Entdeckungen
macht
und
die
Sprache
erobert,
verfügte
ich
über
einen
Maßstab,
den
ich
mit
allen
anderen
Lehr-
und
Lernerfahrungen
vergleichen
konnte.
Es
gibt
keine
bessere
Art,
menschliches
Lernen
zu
begreifen,
als
die
genaue
Beobachtung
von
Babys
und
Kleinkindern
in
jenen
Jah-
ren,
in
denen
sie
lernen
zu
stehen,
zu
gehen
und
zu
sprechen,
und
es
gibt
keinen
besseren
Beobachtungsort
als
ihr
Zuhause,
und
zwar
nicht
als
Lehrer
oder
distanzierter
Wissenschaftler,
sondern
als
auf-
merksames,
Anteil
nehmendes
und
liebevolles
Mitglied
der
Familie.
Die
Erfahrung,
als
ältere
Schwester
oder
älterer
Bruder
in
einer
Fami-
lie
mit
kleinen
Kindern
zu
leben,
wäre
für
all
jene
unendlich
wertvoll,
die
gerne
als
Pädagogen
arbeiten
würden.
Abgesehen
vom
eigentli-
chen
Unterrichten
ist
es
die
einzige
Erfolg
versprechende
Trainings-
methode
.
Wenn
ich
in
die
Zukunft
blicke,
sehe
ich
bereits
den
Tag,
an
dem
zumindest
eine
bestimmte
Anzahl
von
Lehramtsanwartern
als
Teil
ihrer
Ausbildung
eine
derartige
Erfahrung
macht.
Selbstverständlich
sind
noch
einige
Probleme
zu
lösen.
Die
Familien
müssten
eine
Bezahlung
erhalten,
nicht
nur
für
die
Kosten
und
die
Mühe,
einen
Studenten
zu
beherbergen
und
zu
verköstigen,
sondern
auch
als
faire
Abgeltung
für
den
wichtigen
Dienst,
den
sie
leisten.
Ein
derartiges
Praktikum
sollte
aber
nicht
obligatorisch
sein;
es
sollte
nur
jenen
Stu-
denten
gestattet
werden,
die
glauben,
etwas
Wichtiges
lernen
zu
kön-
nen,
wenn
sie
bei
einer
Familie
mit
kleinen
Kindern
leben.
Lehrer-
bildungsinstitute
müssten
für
ein
derartiges
Praktikum
großzügig
akademische
Leistungsbescheinigungen
erteilen.
Allerdings
dürften
sie
von
den
Studenten
nicht
zu
viele
Dokumentationen
und
Berichte
verlangen,
denn
die
Studenten
sollen
sich
ja
nicht
als
Reporter
in
der
Familie
aufhalten,
sondern
als
deren
Mitglieder.
Sie
können
zudem
nicht
mit
kleinen
Kindern
spielen
und
gleichzeitig
Notizen
machen.
Sämtliche
Pädagogikprofessoren,
denen
es
wichtig
ist,
durch
Stapel
von
Papieren
zu
beweisen,
dass
ihre
Studenten
etwas
lernen,
sollten
von
einem
solchen
Programm
ausgeschlossen
werden.
Ich
hätte
nicht
einmal
die
Hälfte
aus
meinen
Erfahrungen
im
Zusammenleben
mit
Kleinkindfamilien
gelernt,
wenn
man
von
mir
gefordert
hätte,
darüber
Berichte
zu
verfassen.
Wenn
ich
etwas
niederschrieb
-
was
305
ich
oft
genug
tat
-,
dann
nur,
weil
ich
im
Nachhinein
erkannte,
dass
ich
etwas
so
Interessantes
gesehen
hatte,
dass
ich
sicher
sein
wollte,
mich
später
daran
erinnern
und
mit
anderen
austauschen
zu
können.
Studenten
und
Familien
müssten
übereinkommen,
in
welchem
Ausmaß
sich
die
als
Familienmitglieder
lebenden
Studenten
den
Familiengepflogenheiten
und
-ritualen
anpassen
müssten,
bei-
spielsweise
hinsichtlich
der
zu
leistenden
Mitarbeit
im
Haushalt.
Vie-
len
Familien
würde
es
nicht
gefallen,
wenn
ein
Student
in
ihrem
Zuhause
etwas
tut,
was
sie
ihren
eigenen
Kindern
nicht
erlauben
würden.
Auch
hier
müssen
vorab
klare
Regelungen
getroffen
werden.
Es
müssen
also
die
richtigen
Familien
gefunden
werden,
die
ihre
Kinder
selbst
in
höchstem
Maße
schätzen
und
ihnen
vertrauen,
sie
respektieren
und
ihnen
mit
Vergnügen
beim
Lernen
zusehen
sowie
bei
Bedarf
Hilfestellung
leisten.
Hier
könnte
die
Homeschooling-
Bewegung
sehr
nützlich
sein
für
die
Schulen.
Menschen,
die
ihre
Kin-
der
zu
Hause
unterrichten,
oder
es
gerne
täten,
oder
auch
nur
darü-
ber
nachdenken,
sind
mit
ziemlicher
Sicherheit
Menschen,
die
ihre
Kinder
mit
liebevollem
Respekt
behandeln
und
sie
dazu
ermutigen,
die
Welt
auf
ihre
Weise
zu
erforschen.
Dieses
Training
könnte
nicht
nur
für
Lehrer
wertvoll
sein,
sondern
auch
für
künftige
Psychologen,
Psychiater,
Therapeuten,
Sozial-
arbeiter
und
andere,
die
mit
Kindern
arbeiten.
Junge
Leute
könnten
den
Wunsch
haben,
für
eine
Weile
eine
derartige
Erfahrung
zu
machen,
um
sich
auf
eigene
Kinder
vorzubereiten.
Wir
hören
oft
genug,
dass
es
für
junge
Leute
sinnvoll
wäre,
einen
Kurs
in
»Eltern-
schaft«
zu
absolvieren.
Sechs
Monate
in
einer
Familie
mit
kleinen
Kindern
zu
leben,
wäre
wesentlich
wertvoller
als
jeder
Kurs.
9)
Während
ich
von
Fällen
weiß,
wo
junge
Erwachsene
bei
Home-
school-Familien
lebten
im
Austausch
gegen
Hilfe
beim
Lernen
und
Beauf-
sichtigung,
und
auch
von
Anthropologen
und
Erziehungswissenschaft-
lern,
die
ber
Homeschooling-Familien
lebten,
habe
ich
noch
nie
davon
gehört,
dass
zukünftige
Lehrer
von
den
Lehrerbildungsinstituten
ermutigt
worden
wiren,
ein
wenig
Zeit
aufzuwenden,
um
auf
diese
Weise
mehr
uber
kleine
Kinder
zu
erfahren.
Das
Internet
und
das
wachsende
Ange-
bot
an
Homeschooling-Ressourcen
sowohl
auf
lokaler
als
auch
staatlicher
Ebene
können
jedoch
all
jenen
Studenten
eine
große
Hilfe
sein,
die
daran
interessiert
sind
zu
erfahren,
wie
Kinder
außerhalb
der
Schule
lernen.¢¢
306
SCHLUSSFOLGERUNGEN
Nachdem
ich
meine
Ansicht
darüber
geäußert
habe,
warum
es
für
Schulen
klug
wäre,
Homeschooling-Familien
voll
und
ganz
zu
unter-
stützen,
möchte
ich
noch
zwei
Dinge
klarstellen.
Erstens
behaupte
ich
nicht,
dass
sich
alle
Schulprobleme
schnell
lösen
lassen,
indem
die
Schulen
Homeschooling
unterstützen.
Für
die
gegenwärtigen
Schul-
probleme
gibt
es
keine
schnellen
Lösungen.
Die
Schulen
sind
über
viele
Jahre
hinweg
in
ihre
heutige
schlechte
Situation
gekommen,
und
selbst
nachdem
sie
verstanden
haben
werden,
wie
und
warum
dies
so
geschehen
ist,
wird
es
viele
Jahre
dauern,
das
Tief
zu
überwinden.
Zweitens
betrachte
ich
Homeschooling
nicht
als
Vehikel
zur
Lösung
schulischer
Probleme.
Ich
wünsche
mir,
dass
Homeschooling
nach
und
nach
mithelfen
kann,
die
Misere
im
Schulwesen
zu
überwinden.
Aber
die
ist
nicht
der
Grund,
warum
ich
Homeschooling
favorisiere;
es
ist
aus
sich
selbst
heraus
eine
wichtige
und
erstrebenswerte
Idee.
Nun
wiederhole
ich
noch
einmal
den
Gedanken,
mit
dem
ich
die-
ses
Buch
begann:
Es
ist
ein
schwer
wiegender
Fehler
zu
glauben,
Lernen
sei
eine
vom
restlichen
Leben
abgetrennte
Aktivität,
und
Men-
schen
könnten
am
besten
an
Orten
lernen,
wo
nichts
anderes
als
eben
das
getan
wird.
Es
ist
ein
ebenso
großer
Fehler
anzunehmen,
dass
Unterrichten,
die
Hilfestellung
beim
Lernen
sowie
die
Weiter-
gabe
von
Wissen
und
Fähigkeiten
nur
von
ausgewählten
Spezialisten
bewerkstelligt
werden
kann.
Wenn
wir
das
Lernen
und
das
Unter-
richten
in
der
Schulbox
verschließen,
wie
wir
das
heute
tun,
erhalten
wir
keinen
wirkungsvolleren
Unterricht
und
kein
besseres
Lerner-
gebnis
in
der
Gesellschaft,
sondern
das
Gegenteil.
Was
die
Menschen
klug,
neugierig,
wachsam,
aufmerksam,
kom-
petent,
selbstbewusst,
einfallsreich
und
ausdauernd
macht
-
und
damit
intelligent,
im
besten
und
umfassendsten
Sinn
des
Wortes
-,
ist
nicht
der
Zugang
zu
mehr
Lernorten,
Lehrmitteln
und
Lehrern,
sondern
die
Fähigkeit,
in
ihrem
Leben
eine
breite
Vielfalt
interes-
santer
Dinge
tun
zu
können,
die
es
ihnen
ermöglichen,
ihre
Erfin-
dungsgabe,
ihre
Fähigkeiten
und
ihr
Urteilsvermögen
herausfordern,
und
die
sich
sichtbar
auf
ihr
eigenes
Leben
und
das
der
Menschen
in
ihrer
Umgebung
auswirken.
Es
ist
toricht
zu
glauben,
dass
wir
durch
»Ausbildung«
eine
Gesellschaft
bekommen,
in
der
-
unabhän-
gig
von
der
niedrigen
Qualität
der
Arbeit
-
die
Qualität
des
Lernens
und
der
Intelligenz
hoch
bleibt.
Menschen,
die
einen
langweiligen
307
und
sinnentleerten
Job
machen,
werden
jenseits
dieses
Jobs
kaum
ein
aktives,
interessantes
und
produktives
Leben
führen.
Die
Wahr-
scheinlichkeit
ist
größer,
dass
sie
sich
vor
dem
Fernsehapparat
auf
die
Couch
fallen
lassen
und
ihrem
farblosen
Alltagsleben
entfliehen,
indem
sie
in
ein
Fantasieleben
flüchten
und
sich
für
eine
Weile
vor-
stellen,
so
reich,
schön,
sexy,
mächtig,
fröhlich,
aktiv
und
erfolgreich
zu
sein
wie
die
Stars
auf
dem
Bildschirm.
Ich
habe
den
Begriff
»Homeschooling«
verwendet,
um
einen
Pro-
zess
zu
beschreiben,
bei
dem
Kinder
in
der
Welt
aufwachsen
und
lernen,
ohne
in
die
Schule
zu
gehen
(oder
nur
ab
und
zu),
weil
sich
dieser
Begriff
mittlerweile
allgemein
etabliert
hat.
In
einem
wichti-
gen
Sinn
ist
er
jedoch
irreführend.
Das
Wichtigste
und
Wertvollste
am
eigenen
Zuhause
als
Basis
für
die
Entwicklung
der
Kinder
in
die-
ser
Welt
ist
nicht
ein
Zuhause,
das
besser
ist
als
die
Schule,
sondern
dass
dieses
Zuhause
überhaupt
keine
Schule
ist.
Es
ist
kein
von
der
übrigen
Welt
abgeschnittener
Ort,
wo
nichts
anderes
geschieht
als
»Lernen«.
Das
Zuhause
ist
eine
natürliche,
organische,
zentrale,
fun-
damentale
und
menschliche
Einrichtung,
von
der
wir
mit
Fug
und
Recht
behaupten
können,
dass
sie
die
Grundlage
für
alles
gesell-
schaftliche
Leben
darstellt.
Wir
können
uns
menschliche
Gesell-
schaften
ohne
Schulen,
Fabriken,
Bibliotheken,
Museen,
Kranken-
häuser,
Straßen,
Legislativen,
Gerichte
und
jede
andere
Art
von
Insti-
tutionen
vorstellen,
die
in
unserem
modernen
Leben
so
unverzicht-
bar
erscheinen.
Sollten
wir
uns
eines
Tages
entschließen
oder
dazu
gezwungen
sein,
ohne
all
dies
zu
leben,
so
können
wir
uns
jedoch
keine
Gesellschaft
vorstellen
ohne
ein
Zuhause,
selbst
wenn
die-
ses
Zuhause
nur
ein
Zelt,
eine
Holzhütte
oder
eine
Höhle
sein
sollte.
Damit
möchte
ich
sagen,
dass
unsere
vorrangigen
Bildungspro-
bleme
nicht
dadurch
gelöst
werden
können,
dass
wir
unser
Zuhause
an
die
Schulen
angleichen.
Wenn
überhaupt,
sollten
wir
dafür
Sorge
tragen,
dass
unsere
Schulen
weniger
wie
Schulen
wirken.
Die
Aktivität,
die
ich
in
diesem
Buch
zu
beschreiben
versuchte,
lässt
sich
besser
als
Freilernen
bezeichnet.
Wie
immer
man
sie
nennt,
sie
wird
sich
schneller,
einfacher,
weniger
schmerzhaft
und
produktiver
durchführen
lassen,
wenn
die
Schulen
kooperationsbe-
reit
sind,
anstatt
Widerstand
zu
leisten.
In
den
letzten
Kapiteln
wollte
ich
begründen,
warum
eine
derartige
Kooperation
nicht
einfach
großzügig,
sondern
eher
klug
wäre
-
wie
einige
bereits
in
die
Tat
umgesetzte
Beispiele
demonstrieren.
308
Als
mich
John
Merrow
für
das
National
Public
Radio
interviewte,
sagte
ich
ihm,
warum
Schulen
gut
daran
täten,
Homeschooling
zu
unterstützen.
Er
fragte
daraufhin:
»Sind
Sie
nicht
ein
wenig
naiv?«
Nun,
das
wäre
ich
sicher,
wenn
ich
glaubte,
dass
bereits
im
nächsten
Jahr
eine
große
Zahl
von
Schulbezirken
derartige
Kooperationen
in
die
Tat
umsetzen
werden.
Zunächst
erwarte
ich
nicht,
dass
viele
die-
sen
Weg
beschreiten
werden.
Aber
der
Weg
ist
da
für
all
jene,
die
bereit
sind,
ihn
zu
gehen.
Noch
ist
die
Liste
unterstützender
Schul-
bezirke
kurz.
Aber
wie
die
Homeschool-Bewegung
selbst
wird
sie
wei-
terwachsen,
weil
Homeschooling
sinnvoll
ist
und
funktioniert.
9
1991
wurde
auch
ich
von
John
Merrow
von
National
Public
Radio
interviewt;
ich
gehörte
zu
einem
Ausschuss
von
Fachleuten,
die
zusam-
mengekommen
waren,
um
über
die
»neue
Homeschool-Bewegung«
zu
diskutieren.
Wir
waren
»neu«,
weil
wir
nunmehr
Unterstützungssysteme,
Anerkennung
und
Erfolgsstorys
hatten
-
und
weil
eine
ganze
Generation
von
Homeschoolern
bereits
aufgewachsen
und
in
die
Arbeitswelt
oder
ins
College
eingetreten
war,
seit
Merrow
im
Jahr
1981
John
Holt
inter-
viewt
hatte.
Mittlerweile
gibt
es
schon
bedeutend
mehr
Homeschooler
und
kooperative
Schulbezirke.
Auch
wenn
die
Liste,
die
wir
bei
Holt
Asso-
ciates
führen,
nie
über
zwanzig
hinausging,
die
öffentlich
als
kooperati-
ver
Schulbezirk
mit
der
Möglichkeit
zu
Homeschooling
genannt
werden
wollten,
gibt
es
noch
viele
weitere
Bezirke,
die
auf
der
Liste
stehen
könn-
ten,
es
aber
aus
verschiedenen
Griinden
nicht
wollen.
Zum
Beispiel
erwies
sich
unser
eigener
lokaler
Schulbezirk
in
Medford/Massachusetts
als
kooperativ,
indem
er
unseren
Kindern
gestattete,
bestimmte
Kurse
der
Grundschule
zu
besuchen.
Dennoch
fordert
der
Schulbezirk
die
örtlichen
Immobilienmakler
nicht
auf,
Medford
als
einen
fiir
Homeschooling
auf-
geschlossenen
Ort
anzupreisen.
Wie
ich
schon
früher
erwähnte,
werben
Schulen
1m
Staat
Washing-
ton
aktiv
um
Homeschool-Familien
fiir
thre
unabhängigen
Studienpro-
gramme.
In
Washington
geht
man
heute
in
der
Kooperation
fast
schon
einen
Schritt
zu
weit;
Homeschooling
wird
von
einigen
Schulen
als
von
der
Regierung
betreutes
»Schule-zu-Hause«Programm
angeboten,
wo
die
Schüler
als
Austausch
für
die
Freiheit
auflerschulischen
Lernens
Lehr-
bücher,
Computer
sowie
andere
Lernmaterialien
und
-hilfen
für
den
häus-
lichen
Unterricht
bekommen.
Während
es
sogar
beträchtliche
und
durch-
aus
gerechtfertigte
Kontroversen
hinsichtlich
des
Übermaßes
an
Koope-
ration
zwischen
den
Schulen
und
Homeschoolern
gibt,
lässt
sich
nicht
309
leugnen,
dass
dies
nun
zumindest
an
der
amerikanischen
Westküste
zum
Trend
geworden
ist.
Sowohl
die
Schulen
als
auch
die
Homeschooler
müs-
sen
Vorsicht
walten
lassen,
wenn
sie
sich
in
diese
Grauzone
hineinbewe-
gen,
wo
das
Familienleben
von
Homeschoolern
von
der
Schule
und
ihren
Forderungen
dominiert
werden
könnte,
und
dies,
obwohl
die
Kinder
phy-
sisch
nicht
einmal
in
einer
öffentlichen
Schule
anwesend
sind.
1983
schrieb
Holt
für
das
Pädagogenjournal
Phi
Delta
Kappan
einen
Artikel
mit
dem
Titel:
»Schools
and
Homeschoolers:
A
Fruitful
Part-
nership.«
Viele
seiner
Gedanken
aus
diesem
letzten
Kapitel
finden
sich
auch
in
diesem
Essay
wieder,
der
deutlich
aufzeigt,
dass
es
viel
mehr
zu
gewinnen
gibt,
wenn
öffentliche
Schulen
mit
Homeschoolern
zusam-
menarbeiten,
statt
diese
zu
ignorieren
oder
zu
bekämpfen.
Zu
derselben
Ansicht
gelangt
Susannah
Sheffer
in
ihrer
Sammlung
von
Holts
Briefen
A
Life
Worth
Living:
Während
der
letzten
Jahre
seines
Leben
sammelte
er
[Holt]
Material
und
machte
Notizen
für
einen
Ordner
mit
der
Aufschrift
»School
Reform
Book«.
Offenbar
war
er
immer
noch
überzeugt,
sich
zu
diesem
Thema
äußern
zu
sol-
len.
Auch
wenn
er
vorgeblich
schon
vor
Jahren
den
Gedanken
aufgegeben
hatte,
die
Schulen
zu
reformieren,
und
sogar
die
bewusste
Entscheidung
getroffen
hatte,
nichts
mehr
verändern
zu
wollen,
was
sich
nicht
verändern
ließe,
hat
er
anscheinend
nie
die
Hoffnung
aufgegeben,
dass
die
notwendigen
Schritte
gesetzt
würden,
sobald
der
Weg
deutlich
genug
aufgezeigt
war.
Holt
starb
1985.
Zu
früh,
um
noch
zu
sehen,
wie
sich
die
Homeschool-
Bewegung
so
weit
entwickelte,
dass
man
ihr
auf
den
Titelseiten
von
Times,
Newsweek
und
der
New
York
Times
Platz
einräumt
und
sie
regelmäßig
am
Ende
der
Sommerferien
als
»Zurlick-zur-Schule«-Thema
im
Fernsehen
auftaucht.
Ich
glaube,
John
wusste,
dass
die
Homeschooling-Bewegung
wachsen
würde,
ungeachtet
aller
Versuche
seitens
der
Schulen
und
Politi-
ker,
sie
aufzuhalten.
Aber
ich
glaube,
dass
er
nicht
wusste,
wie
schnell
sie
in
der
Bevölkerung
allgemein
Akzeptanz
finden
würde.
So
stellte
man
1985
in
einer
Gallup-Erhebung
die
Frage,
ob
Homeschooling
für
die
USA
gut
oder
schlecht
sei.
73
Prozent
äußerten
sich
ablehnend.
Im
September
1997
war
der
negative
Stimmanteil
auf
59
Prozent
gesunken.“
Als
die
Meinungsforscher
fragten,
ob
Homeschooler
Zugang
zu
den
Dienstlei-
stungen
der
öffentlichen
Schulen
haben
sollten
-
wie
z.B.
Förderunter-
richt,
Fahrunterricht
oder
außerschulische
Aktivitäten
-,
reichte
die
Zustimmung
von
72
bis
92
Prozent.
Auf
die
Frage,
ob
Homeschooler
»sämtliche
bundesstaatlichen
und
nationalen
Leistungstests
ablegen
soll-
310
ten,
die
auch
von
Schülern
öffentlicher
Schulen
gefordert
werden«,
stimm-
ten
92
Prozent
der
Befragten
zu.
Die
Homeschooler
sollten
diese
öffentliche
Haltung
beachten
und
mit
offenen
Augen
an
entsprechende
Situationen
herangehen:
Wenn
Homeschooler
mit
Schulen
zusammenarbeiten
wollen,
werden
sie
wie
Schulen
beurteilt
werden,
was
die
Möglichkeiten
für
Experimente
und
Forschung
zu
Hause
limitiert.
Während
dieses
Thema
öffentlich
diskutiert
wird
und
sich
die
wichtigsten
Schattierungen
zeigen,
hoffe
ich,
dass
wir
das
sehen
werden,
was
John
weiter
vorne
in
diesem
Buch
schrieb:
dass
die
Stärke
des
Homeschoolings
darin
liegt,
sich
vollständig
von
der
öffentli-
chen
Schule
zu
unterscheiden,
statt
bloß
eine
verbesserte
Version
der
öffentlichen
Schule
zu
sein.
Homeschooling
hat
sich
während
der
letzten
zwanzig
Jahre
ohne
offene
Unterstützung
durch
das
Bildungssystem
er-
folgreich
entwickelt;
und
wenn
die
Homeschooling-Bewegung
nun
in
eine
neue
Phase
steigender
Akzeptanz
durch
die
Öffentlichkeit
eintritt,
wie
diese
Umfrage
aufzeigt,
muss
die
Homeschooling-Bewegung
bedeutend
klügere
Entscheidungen
treffen,
vor
allem
im
Hinblick
auf
den
gewaltigen
Vorteil,
wenn
die
Schulen
mit
ihr
kooperieren,
statt
sie
zu
bestimmen.
Zudem
verpackten
die
Meinungsforscher
ihre
Fragen
so,
als
wäre
Homeschooling
lediglich
eine
andere
Form
von
öffentlicher
Schulbil-
dung,
was
zu
beträchtlicher
Verwirrung
führt.
Indem
die
Meinungsfor-
scher
nicht
darauf
verwiesen,
dass
Homeschooling
in
vielen
Staaten
nach
den
Regelungen
von
Privatschulen
betrieben
wird,
und
somit
von
bun-
desstaatlichen
und
nationalen
Lehrplänen
und
Tests
ausgenommen
sind,
setzten
sich
diese
Meinungsforscher
über
wichtige
Themen
einfach
hin-
weg.
Zum
Beispiel
wurde
bereits
vielfach
dokumentiert,
dass
Privatschu-
len
und
Homeschooling
großartige
Leistungen
erbringen,
obwohl
die
Jugendlichen
keine
nationalen
Tests
ablegen
und
eine
breite
Palette
von
Lehrplänen,
Methoden
und
Philosophien
zur
Anwendung
kommt.
Dies
ist
ein
essenzieller
Punkt,
der
vollkommen
untergeht
in
den
Gesprächen
über
hohe
Standards,
Tests
und
Nachweise.
Wie
Holt
gegen
Ende
dieses
Buches
so
gut
hervorhebt,
ist
Ausbildung
nicht
alles.
Der
verstorbene
bri-
tische
Komiker
Spike
Milligan
sagte
es
so:
»Ausbildung
ist
nicht
alles.
Zunächst
einmal
1st
sie
kein
Elefant.«
Unsere
Kinder
vermuten,
dass
die
Schule
nicht
so
wichtig
ist
für
ihre
Zukunft,
wie
die
Behörden
behaupten,
und
dass
Erfolg
wesentlich
stär-
ker
von
anderen
Faktoren
abhängt
als
von
Testergebnissen.
Wie
schon
zuvor
in
diesem
Buch
angemerkt,
hat
sich
dadurch
Ernüchterung
breit-
gemacht.
So
wie
sich
in
Japan
Kinder
einfach
weigern,
zur
Schule
zu
311
gehen,
tun
dies
auch
Kinder
in
den
USA,
und
zwar
ungeachtet
des
gesell-
schaftlichen
Drucks,
in
der
Schule
gute
Leistungen
zu
erbringen.
John
Amos
Comenius
(1592-1670)
wird
aufgrund
seiner
Arbeit
als
»Vater
der
modernen
Pädagogik«
bezeichnet.
Er
versuchte
schon
damals,
die
Schule
an
die
Kinder
anzupassen
und
sie
somit
für
die
Kinder
inter-
essant
zu
machen
(wird
sich
eine
solche
Reform
je
durchsetzen?).
Sein
Motto
lautete:
»Die
vollständige
Kunst,
alle
Menschen
alles
perfekt
zu
lehren.«
Im
17.
Jahrhundert,
als
nur
wenige
Menschen
lesen
konnten
und
das
menschliche
Wissen
begrenzt
erschien,
könnte
dies
vernünftig
geklun-
gen
haben.
In
unserer
heutigen
Welt,
in
der
das,
was
wir
wissen
und
nicht
wissen,
jedes
Mal
zunimmt,
wenn
im
Internet
eine
neue
Homepage
ein-
gestellt,
ein
neues
Buch
veröffentlicht,
eine
neue
Spezies
entdeckt
oder
eine
alte
ausgelöscht
wird,
oder
wenn
neue
Bilder
eines
Forschungssatel-
liten
unseren
Planeten
erreichen,
erscheint
diese
Vision
etwas
weit
herge-
holt.
Dennoch
halten
unsere
Schulen
an
Comenius’
Ansicht
unbeirrt
fest.
Homeschooler
erschaffen
ein
neues
Ethos
für
Bildung:
»Alles
zu
ler-
nen,
was
ich
zu
einem
bestimmten
Zeitpunkt
brauche
und
wünsche.«
Wie
John
Holt
und
ich
in
diesem
Buch
aufzuzeigen
versuchen,
schließt
diese
Haltung
hohe
Standards,
gute
Beurteilungen
und
Unterstützung
durch
Erwachsene
nicht
aus.
Allerdings
setzt
sie
den
einzelnen
Lernenden
in
eine
neue
Beziehung
zu
diesen
Elementen.
Diese
neue
Beziehung
basiert
auf
dem
persönlichen
Einsatz
beim
Lernen,
nützlichem
Feedback
und
Geduld.
Wie
ich
zu
Beginn
dieses
Buches
sagte,
ist
es
möglich,
Fuß-
ballspieler
und
Pferde
mit
Erniedrigung
und
Strafe
zu
trainieren,
aber
bes-
ser
geht
es
ohne
diese
Techniken.
Und
die
Vorteile
eines
körperlich
und
emotional
weniger
schmerzvollen
Lernprozesses
wirken
sich
langfristig
nicht
nur
günstig
auf
das
Individuum
aus,
sondern
auf
die
Gesellschaft
in
ihrer
Gesamtheit.
Ungeachtet
der
bedeutenden
Leistungen
in
ihren
Fachgebieten
wer-
den
Lehrer
wie
John
Holt,
John
Gagliardi
und
Monty
Roberts
von
unse-
ren
heutigen
Bildungspolitikern
und
Schulexperten
oft
als
»nachgiebig«
bezeichnet.
Im
Gegensatz
zu
diesen
drei
Lehrerpersönlichkeiten
hat
unsere
heutige
Bildungspolitik
nur
wenig
Freundlichkeit
und
Geduld
zu
bieten
und
zieht
Zuckerbrot
und
Peitsche
vor.
Doch
wie
Holt
und
viele
andere
Lehrer,
Eltern
und
Bildungsforscher
bemerkt
haben,
bringt
die
heutige
Pädagogik
bei
den
meisten
Studenten
nur
ein
höchst
oberfläch-
liches
Verständnis
für
die
Lehrinhalte
hervor.
Frei
nach
Holt
besteht
in
dieser
Pädagogik
der
Unterschied
zwischen
einem
guten
und
einem
312
schlechten
Schüler
nur
darin,
dass
der
gute
Schüler
darauf
achtet,
sich
das
Gelernte
so
lange
zu
merken,
bis
der
Test
vorüber
ist.
In
seinem
ersten
und
bekanntesten
Buch
Aus
schlauen
Kindern
werden
Schüler
-
Von
dem,
was
in
der
Schule
verlernt
wird
erklärte
Holt
detailliert,
wie
wahres
Lernen
-
jenes
Lernen,
das
länger
anhält
als
bis
zu
einem
bestimmten
Test
und
das
wir
ein
Leben
lang
nutzen
und
ausbauen
-
durch
Angst
gehemmt
wird.
Dennoch
erhöhen
wir
die
Versagensangst
in
unseren
Schu-
len,
weil
wir
es
für
das
beste
Mittel
halten,
»gute
Bürger«
hervorzubrin-
gen,
was
der
wichtigste
rechtliche
Grund
ist,
warum
die
Gesellschaft
Kin-
der
zum
Schulbesuch
zwingt.
Homeschooler
beweisen
jedoch,
dass
gute
Bürger
auch
außerhalb
der
Schule
und
auf
unterschiedlichste
Weisen,
die
von
den
Schulen
abgelehnt
werden,
heranwachsen
können.
Unabhängig
von
der
Art
der
Ausbildung
gibt
es
keine
Garantie,
dass
jemand
tatsächlich
etwas
gelernt
hat,
auch
wenn
er
Tests
bestanden
und
Diplome
erworben
hat.
Erwachsene
verlangen
fortwährend
von
Kindern,
Daten
abzuspeichern,
die
ihnen
im
Moment
nichts
nützen,
was
die
Kluft
zwischen
schulischem
Lernen
und
echtem
Leben
nur
vergrößert
und
die
Glaubwürdigkeit
verringert.
In
einem
häufig
wiederholten
psychologi-
schen
Experiment
hat
man
beispielsweise
die
»Bill
of
Rights«
[zehn
Zusatzartikel
zur
Verfassung
der
Vereinigten
Staaten]
ohne
eben
diese
Überschrift
an
Passanten
ausgehändigt
und
sie
gebeten,
dieses
Doku-
ment
zu
unterzeichnen,
was
die
meisten
Erwachsenen
ablehnten,
weil
es
ihnen
zu
gefährlich
erschien.
Vor
wenigen
Jahren
sorgte
ein
Dokumen-
tarfilm
mit
dem
Titel
A
Private
Universe
für
Aufregung:
Der
Film
zeigt
einen
Reporter,
der
frisch
gebackene
Absolventen
der
Harvard-Univer-
sität
fragt,
ob
sie
ihm
erklären
können,
warum
es
auf
der
Erde
verschie-
dene
Jahreszeiten
gibt;
keiner
der
Befragten
konnte
dies
zufriedenstel-
lend
erklären.
Aus
einer
Gallup-Umfrage
aus
dem
Jahr
1993
ging
hervor,
dass
jeder
siebte
Erwachsene
die
USA
auf
einer
physikalischen
Landkarte
nicht
identifizieren
konnte.
Jeder
Vierte
wusste
nicht,
wo
der
Pazifik
liegt.
Vor
kurzem
absolvierte
ein
Redakteur
des
Boston
Globe
die
neue
staat-
liche
High-School-Abschlussprüfung
MCAS;
er
schaffte
den
sprachli-
chen
Teil,
fiel
jedoch
in
Mathematik
durch.
Daraus
folgerte
er,
dass
die
Prüfung
gerecht
sei,
weil
er
seit
langem
wüsste,
dass
er
schlecht
in
Mathe-
matik
sei.
Allerdings
erwähnte
er
nicht,
dass
er
niemals
ohne
High-
School-Abschluss
Redakteur
beim
Boston
Globe
geworden
wäre,
oder
dass
thn
seine
mangelnden
Mathematikkenntnisse
in
keiner
Weise
daran
hinderten,
ein
fähiger
Autor
und
»guter
Bürger«
zu
sein.
Die
Annahme,
dass
man
nur
durch
die
erfolgreiche
Ablegung
einer
Reihe
von
Prüfun-
313
gen
ein
guter
Bürger
oder
ein
umfassend
gebildetes
Individuum
wird,
ist
falsch.
Während
der
Staat
unbedingt
sicherstellen
möchte,
dass
alle
Kinder
eine
Ausbildung
erhalten,
ist
es
ihm
durch
die
Verfassung
untersagt,
den
Kindern
eine
bestimmte
Ausbildungsform
aufzuzwingen.
Er
muss
somit
Alternativen
zur
Schule
zulassen,
in
der
Bandbreite
von
privaten
Schulen
bis
hin
zu
freiem
Lernen
ohne
Schule.
Die
Art
der
Bildung
verändert
jedoch
das
Selbstverständnis
von
Bürgern
ohne
große
Diskussion.
In
einem
unveröffentlichten
Gespräch
mit
Studenten
im
Jahr
1971
bemerkte
John
Holt:
Thomas
Jefferson
betrachtete
Ausbildung
als
notwendiges
Hilfsmittel,
um
das
zu
werden,
was
er
als
Bürger
bezeichnete.
Unter
dem
Begriff
»Bürger«
verstand
er
jedoch
nicht
das,
was
wir
heute
als
»Steuerzahler«
oder
»Konsumenten«
bezeichnen.
Ein
Bürger
zeichnete
sich
dadurch
aus,
dass
er
sich
Gedanken
darüber
machte,
wie
er
sich
»in
die
Gesellschaft
einfügt«.
Er
war
der
Schöpfer
und
Former
der
Gesellschaft.
Er
nahm
den
höchsten
Rang
in
der
Republik
ein;
die
öffentlich
Bediensteten
waren
seine
Bediensteten,
nicht
seine
Bosse
und
Herrscher.
Heute
wird
ein
Bürger
nur
noch
als
»angestellter
Konsument«
betrachtet.
So
ist
es
auch
bei
Bildungspolitikern
beliebt,
Kinder
als
»Ressourcen«
zu
bezeichnen,
die
entwickelt
werden
müssen,
statt
sie
als
Individuen
zu
betrachten,
die
gefördert
werden
wollen.
Es
1st
auch
schwierig
sich
vor-
zustellen,
wie
Schüler
und
Lehrer
zu
Bürgern
werden
sollen,
welche
»die
Gesellschaft
schaffen
und
formen«,
wenn
so
viel
Zeit
dafür
aufgewendet
wird,
die
Kinder
so
zu
»formen«,
dass
sie
den
Anforderungen
von
zwölf
oder
mehr
Jahren
Schulbesuch
entsprechen.
Wie
Ivan
Illich
hervorhob,
war
Comenius
auch
Alchemist.
Seine
Suche
nach
dem
Stein
der
Weisen,
dem
Geheimnis,
das
Blei
in
Gold
ver-
wandeln
würde,
wird
heute
als
aussichtloses
Streben
betrachtet.
Dennoch
hielt
diese
Suche
über
Jahrhunderte
an
und
reizte
Tausende
mit
ihrem
Ver-
sprechen.
Dasselbe
gilt
für
Comenius’
Traum
von
der
»vollständigen
Kunst,
alle
Menschen
alles
perfekt
zu
lehren«,
zu
dem
auch
viele
der
besten
Denker
in
Politik
und
Wissenschaft
verleitet
werden.
Es
ist
eine
Illusion,
eine
nationale
Identität
zu
formen,
die
auf
der
erzwungenen
Erfahrung
basiert,
um
Zensuren
zu
wetteifern
und
dieselben
Dinge
zur
selben
Zeit
und
in
derselben
Weise
zu
lernen.
Wie
Holt
in
seinen
bisher
veröffentlichten
Büchern
betonte,
ist
diese
Vision
von
Ausbildung
keine
zunächst
gute
Idee,
die
sich
zu
einer
schlechten
entwickelt
hat,
sondern
314
eine
von
Anfang
an
verrückte.
Wir
lernen
in
unterschiedlicher
Geschwin-
digkeit,
auf
unterschiedliche
Art
und
aus
unterschiedlichen
Gründen.
Ebenso
unzutreffend
wäre
die
Behauptung,
es
wäre
unerheblich,
ob
ein
Schüler
eine
Pflichtschule
in
Beverly
Hills
(Kalifornien)
besucht
oder
in
der
New
Yorker
Bronx!
Um
eine
nationale
Identität
zu
erschaffen,
gibt
es
andere
gemein-
same
Erfahrungen
und
Projekte,
die
wir
hervorheben
und
verwenden
können,
anstelle
unserer
heutigen,
aufgrund
unserer
Ausbildung
ungleich
verteilten
Möglichkeiten.
Wir
könnten
argumentieren,
Fernsehen,
Inter-
net
und
andere
Massenmedien
hätten
unseren
Schulen
die
Rolle
des
Schöpfers
einer
nationalen
Identität
entrissen.
Ich
tröste
mich
jedoch
mit
vielen
mir
bekannten
Familien,
die
den
Einfluss
der
Massenmedien
in
ihrem
Leben
reduziert
haben
und
sich
bemühen,
ihre
Kinder
auch
so
zu
guten
Bürgern
zu
erziehen.
Mir
sind
etliche
Familien
bekannt,
wo
Eltern
und
Kinder
gemeinsam
gesellschaftspolitisch
und
kulturell
aktiv
sind.
Ich
kenne
Maler,
Keramiker,
Bühnendichter,
Schriftsteller,
Poeten,
Musiker
und
andere
Künstler,
die
Kindern
gestatten,
sie
bei
ihrem
schöp-
ferischen
Tun
zu
beobachten;
einige
wirken
sogar
als
Tutoren
und
bezie-
hen
Kinder
direkt
in
kreative
Aktionen
ein.
Es
gibt
Bauunternehmer,
Elektriker,
Rechtsanwälte,
Geistliche,
Bibliothekare,
Professoren
und
viele
andere
Berufstätige,
die
ihre
Kinder
mit
zur
Arbeit
nehmen,
und
zwar
nicht,
weil
sie
für
einen
bestimmten
Tag
keine
Kinderbetreuung
gefun-
den
haben,
sondern
um
zur
Bildung
ihrer
Kinder
beizutragen.
Man
könnte
mehr
Gelegenheiten
schaffen,
wo
Erwachsene
und
Kinder
eine
gemeinsame
Arbeit
ausführen
und
über
ihr
Leben
sprechen,
oder
wo
sie
auf
ihre
Weise
forschen
und
spielen
können,
ohne
direkte
Kontrolle
all
ihrer
Interaktionen
durch
Erwachsene
(jedoch
mit
der
ständigen
Mög-
lichkeit,
Hilfe
von
Erwachsenen
anzufordern).
Dies
sind
nur
einige
Mög-
lichkeiten,
wie
wir
unser
Leben
auch
außerhalb
der
Schule
miteinander
gestalten
können.
Während
die
Homeschooling-Bewegung
in
den
letzten
zwanzig
Jah-
ren
stark
gewachsen
ist
und
immer
mehr
Einfluss
auf
die
Öffentlichkeit
hat,
scheinen
die
meisten
Schulbehörden
noch
immer
entschlossen
zu
sein,
sie
zu
bekämpfen
oder
zu
ignorieren.
Die
National
Education
Asso-
ciation,
die
Parent
Teacher
Association
und
die
National
Association
of
Elementary
School
Principals
stellen
sich
auch
weiterhin
6ffentlich
gegen
Homeschooling,
wie
sie
es
seit
Jahren
tun.
Allerdings
halten
sie
nicht
Schritt
mit
der
öffentlichen
Meinung,
den
sich
verändernden
Technolo-
gien,
Familien-
und
Arbeitsmodellen,
und
auch
nicht
mit
den
umfang-
315
reichen
und
hervorragenden
Forschungsarbeiten,
welche
die
typischen
Unterrichts-
und
Lehrmethoden
in
den
Schulen
in
Frage
stellen.
Zum
Glück
müssen
Sie
nicht
darauf
warten,
dass
sich
diese
Organisationen
oder
die
Schulen
verändern,
um
ihr
Kind
heute
beim
Lernen
zu
beglei-
ten:
Sie
können
Ihrem
Kind
ermöglichen,
eigenständig
und
auch
ohne
Schule
zu
lernen.
¢¢
316
Anmerkungen
1
Ross
Atkin,
»Unorthodox
Coach
Gets
Results.«
The
Christian
Science
Monitor,
23.
September,
1994,
S.
13.
2
Monty
Roberts,
Der
mit
den
Pferden
spricht.
Bastei
Lübbe,
Bergisch
Gladbach
1997,
S.
87-88.
3
Susannah
Sheffer,
A
Life
Worth
Living:
Selected
Letters
of
John
Holt.
(Columbus:
The
Ohio
State
University
Press,
1990)
S.
55.
4
S.
Bielick,
K.
Chandler
und
S.
P.
Broughman.
Homeschooling
in
the
Uni-
ted
States:
1999
(NCES
2001-033).
(U.S.
Department
of
Education,
Washington,
D.C.:
National
Center
for
Education
Statistics,
2001),
S.
1.
5
Leon
Lynn,
»Language-Rich
Home
and
School
Environments
Are
Key
to
Reading
Success:
Children
learn
some
of
their
most
important
reading
lessons
at
the
dinner
table,
according
to
a
groundbreaking
study.«
Har-
vard
Education
Letter,
Juli/August
1997.
6
Barbara
Meltz,
»Family
Mealtime
Can
Nourish
Your
Children’s
Minds.
«
Boston
Globe,
21.
September
2000,
S.
H3.
7
Susannah
Sheffer,
A
Sense
of
Self:
Listening
to
Homeschooled
Adoles-
cent
Girls
(Portmouth,
NH:
Heinemann/Boynton/Cook,
1995),
S.
64.
8
»Corporal
Punishment
in
Schools«,
American
Academy
of
Pediatrics,
Band
106,
Nr.
2,
August
2000,
S.
343
9
Nachrichtenartikel,
gesammelt
von
World
Corporal
Punishment
Research,
www.corpun.com.
»Paddling
in
US
schools«,
Februar
2002,
Corpun
Archive.
10
»Life
is
Too
Hard,
Say
Children
Aged
Four.«
The
London
Times,
16.
Juni
1999,
S.
12.
11
http://Home.kyodo.co.jp,
10.
August
2001.
12
Boston
Globe,
24.
November
2001,
Editorialseite.
13
The
Shell
Poll,
Band
1,
Thema
4,
Sommer
1999,
S.
1.
14
The
Wakefield
Observer,
3.
August
2001,
S.
1.
15
Greg
Toppo,
»NEA
Offers
Homicide
Insurance«.
Associated
Press,
11.
Januar
2002.
16
2008
wurden
etwa
4
Prozent
aller
Kinder
in
den
USA
zu
Hause
unter-
richtet,
und
ihre
Zahl
wachst
standig
weiter.
Dies
deutet
darauf
hin,
dass
immer
mehr
Eltern
daran
glauben,
dass
Kinder
imstande
sind,
ohne
Zwang
von
außen
zu
lernen.
317
17
U.S.
Department
of
Justice,
Office
of
Juvenile
Justice
and
Delinquency
Prevention,
Juvenile
Justice
Bulletin,
September
2001,
S.
2.
18
GWS
97,
Januar/Februar
1994,
S.
30-31.
19
Boston
Globe,
7.
Januar
2002,
S.
B12.
20
Northeastern
University
Center
of
Labor
Market
Studies,
veröffentlicht
im
Boston
Globe,
20.
Dezember
2001,
S.
1.
21
Rebecca
Smithers,
»Poor
A-Levels
Leads
Family
to
Sue.«
The
Guardian,
2.
Oktober
2001,
www.guardian.co.uk/Archive.
22
John
Holt,
What
Do
|
Do
Monday?,
Portsmouth,
NH:
Heinemann,
1995,
SS.
223-224
23
Rosalind
S.
Helderma,
»Home-Schooled
Away
from
Home:
Parents
Form
Academies
to
Support
One
Another«,
Washington
Post,
26.
Marz
2002,
S.
BO1
24
Susannah
Sheffer,
A
Life
Worth
Living:
Selected
Letters
of
John
Holt
(Columbus:
The
Ohio
State
University
Press,
1990),
S.
10-11.
25
»The
31st
Annual
Phi
Delta
Kappa/Gallup
Poll
of
the
Public's
Attitudes
toward
the
Public
Schools.«
Phi
Delta
Kappan
81,
1.
September
1999,
S.
41-56.
318
ANHANG
Für
die
deutsche
Ausgabe
des
Buches
wurde
der
Anhang
überarbeitet
und
teil-
weise
völlig
neu
gestaltet.
Wir
möchten
hier
vor
allem
auf
die
für
Homeschoo-
ling
in
Deutschland
und
Europa
relevanten
Publikationen
und
Organisationen
hinweisen.
Für
die
deutsche
Ausgabe
wurde
die
Liste
daher
um
die
für
Deutsch-
land
und
Europa
relevanten
Publikationen
ergänzt
und
auf
spezielle
Informatio-
nen,
die
für
Homeschooling
in
den
USA
wichtig
sind,
verzichtet;
diese
können
aber
beim
Verlag
angefordert
werden.
DIE
HERAUSGEBER
Anhang
A
Ausgewählte
Bibliographie
Soweit
auf
Deutsch
erschienen,
ist
der
deutsche
Titel
aufgeführt
(Originaltitel
in
Klammern).
In
Ausnahmefällen
wurde
eine
adäquate
Veröffentlichung
des
Autors
in
deutscher
Sprache
aufgeführt.
Bildung
und
Gesellschaft
Appleton,
Matthew
(2001):
Summerhill
-
Kindern
ihre
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zurückgeben:
Demokratie
und
Selbstregulation
in
der
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Baltmannsweiler:
Schneider-Verlag
Hohengehren.
(A
Free
Range
Childhood:
Self-Regulation
at
Summerhill
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Relief:
The
Culture
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American
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University
of
Massachusetts
Press.
Axline,
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(1990):
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Die
wunderbare
Entfaltung
des
menschlichen
Wesens.
Bern/Munchen:
Scherz.
(Dibs
in
search
of
Self).
Berg,
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(1970):
Education
and
Jobs:
The
Great
Training
Robbery.
Praeger.
Berry,Wendell:
-
Leben
mit
Bodenhaftung.
Stücken:
Degreif
Verlag,
2000.
-
Home
Economics.
North
Point
Press,
1987.
-
Life
Is
a
Miracle:
An
Essay
Against
Modern
Superstition.
Counterpoint
Press,
2001.
319
Betts,
Roland
(1978):
Acting
Out.
Little:
Brown.
Braunmühl,
Ekkehart
von
(2006,
Neuauflage):
Antipädagogik.
Studien
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Abschaffung
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Erziehung.
Leipzig:
tologo
Verlag.
Brown,
Jerry
(1998):
Dialogues.
Berkeley
Hills.
Cardozo,
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(1921):
The
Nature
of
the
Judicial
Process.
Yale
University
Press.
Cayley,
David
(1992):
In
den
Flüssen
nördlich
der
Zukunft.
Letzte
Gespräche
tuber
Religion
und
Gesellschaft
mit
Ivan
Illich.
Munchen:
Beck.
(Ivan
lllich:
In
Conversation)
Georges
Dennison:
Lernen
und
Freiheit.
Aus
der
Praxis
der
First
Street
School.
Frankfurt
a.
Main:
Marz
Verlag.
(The
Lives
of
Children:
The
Story
of
the
First
Street
School.)
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Find
and
Understand
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The
Naked
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Heinemann/Boynton/Cook.
Gatto,
John
Taylor:
-
Verdummt
noch
mal!
-
Dumbing
us
down.
Bremen:
Genius
Verlag,
2009.
(Dumbing
us
down:
The
hidden
curriculum
of
compulsory
schooling)
-
A
Different
Kind
of
Teacher.
Berkeley
Hills,
2000.
-
The
Exhausted
School:
Bending
the
Bars
of
Traditional
Education.
Berkeley
Hills
Books,
2002.
-
The
Underground
History
of
American
Education:
A
Intimate
Investigation
into
the
Problem
of
Modern
Schooling.
Oxford
Village
Press,
2001.
Gillmour,
David:
Unser
allerbestes
Jahr.
Frankfurt
a.
Main:
Fischer,
2009
Goodman,
Paul:
-
Aufwachsen
im
Widerspruch.
Darmstadt:
Darmstädter
Blatter,
1971.
(Growing
up
absurd,
1960)
-
Anarchistisches
Manifest.
Munster/Wetzlar:
Verlag
Buchse
der
Pandora,
1977.
(Drawing
the
line.
The
Political
Essays
of
Paul
Goodman)
-
Das
Verhängnis
der
Schule.
Bodenheim:
Athenaeum-Verlag,
1975.
Greenberg,
Daniel
(2004):
Endlich
frei!
Leben
und
Lernen
an
der
Sudbury
Valley
School.
Leipzig:
tologo
Verlag.
(Free
at
last,
1987)
Hentig,
Hartmut
von
(1972):
Cuernavaca
oder
Alternativen
zur
Schule.
Stuttgart:
Klett
Verlag.
Herndon,
James:
—-
Die
Schule
überleben.
Stuttgart:
Klett
Verlag,
1972.
(How
to
survive
in
your
native
land).
-
The
Way
It
Spozed
to
Be.
Heinemann/Boynton/Cook,
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Hirsch,
E.
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What
Every
First
Grader
Needs
to
Know.
Delta.
Holt,
John
Caldwell:
—-
Zum
Teufel
mit
der
Kindheit.
Wetzlar:
Verlag
Buchse
der
Pandora,
1977.
(Escape
from
childhood)
-
Freiheit
ist
mehr:
Von
den
Grenzen
schulischer
Erziehung.
Ravensburg:
Maier,
1974.
(Freedom
and
Beyond)
320
-
Aus
schlauen
Kindern
werden
Schüler.
Von
dem,
was
in
der
Schule
ver-
lernt
wird.
Weinheim:
Beltz,
2004.
(How
children
fail,
1964)
-
Wie
kleine
Kinder
schlau
werden.
Selbstständiges
Lernen
und
Denken
im
Alltag.
Weinheim:
Beltz,
2001.
(How
children
learn,
1964)
-
Instead
of
education.
Helping
people
to
do
things
better,
1976.
—-
Kinder
lernen
selbstständig
-
oder
gar
nicht(s).
Weinheim:
Beltz,
1999.
(What
do
|
do
Monday?,
1995)
-
Wozu
überhaupt
Schule?
Ravensburg:
Maier,
1975.
(What
do
|
do
Monday?,
1995)
—
Instead
of
Education.
Helping
people
to
do
things
better.
Sentient
Publications,
2003.
—-
Learning
All
the
Time.
Perseus,
1990.
—-
Never
Too
Late.
Perseus,
1991.
—
The
Underachieving
School.
Pittman,
1969.
Illich,
Ivan:
-
Entschulung
der
Gesellschaft.
Munchen:
Kosel,
1971.
-
Selbstbegrenzung:
Eine
politische
Kritik
der
Technik.
Reinbek
bei
Ham-
burg:
Rowohlt.
(Tools
for
convivality,
1974)
-
Schulen
helfen
nicht.
Uber
das
mythenbildende
Ritual
der
Industrie
gesellschaft.
Reinbek
bei
Hamburg:
Rowohlt.
(Celebration
of
awareness,
1972)
—
In
the
Mirror
of
the
Past:
Lectures
and
Addresses,
1978-1990.
Boyars,
1992.
-
Shadow
Work.
Boyars,
1981.
Kohl,
Herbert
(1978):
Growing
with
Your
Children.
Little,
Brown.
Klemm,
Ulrich:
-
Lernen
ohne
Schule.
Argumente
gegen
Verschulung
und
Verstaatlichung
von
Bildung.
Hrsg.:
Verein
zur
Förderung
einer
sozialpolitischen
Arbeit,
2001,
20009.
Lipson,
Greta
(1988):
Everyday
Law
for
young
Citizens.
Good
Apple.
Mercogliano,
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(1998):
Making
It
Up
as
We
Go
Along:
The
Story
of
the
Albany.
Free
School.
Heinemann/Boynton/Cook.
Mintz,
Jerry:
Keine
Hausaufgaben
und
den
ganzen
Tag
Pause.
Leipzig:
tologo,
2008
Postman,
Neil:
Das
Verschwinden
der
Kindheit.
Frankfurt
a.
Main:
Fischer.
(The
Disappearance
of
Childhood,
1982).
Pousset,
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(2000):
Schafft
die
Schulpflicht
ab!
Warum
unser
Schulsystem
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verhindert.
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The
End
of
Obscenity.
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Travels
Around
America.
Walker
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Co.
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Parental
Involvement
and
the
Political
Principle:
Why
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Existing
Governance
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Schools
Should
Be
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statt
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VTR.
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Krise
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Insult
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-
Joining
the
Literacy
Club:
Further
Essays
into
Education.
Heinemann,
1988.
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Reading
without
Nonsense.
Teacher’
s
College
Press,
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Education
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the
Rise
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the
Corporate
State.
Beacon
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Stern,
Andre:
...
und
ich
war
nie
in
der
Schule.
Munchen:
Zabert
Sandmann,
2009
Stern,
Bertrand:
-
Schluss
mit
Schule!
Das
Menschenrecht
sich
frei
zu
bilden.
Leipzig:
tologo,
2006
-
Sehr
verehrte
Frau
Bundesministerin
für
das
deutsche
Schulwesen.
Leipzig:
tologo,
2009
Treu,
Hans-Eckbert
(1989):
Zwangsanstalt
Schule
-
Dressur
zum
Einheits-
menschen.
Olten:
Walter.
Menschliche
Psychologie
und
Entwicklung
Armstrong,
Thomas:
-
Das
Märchen
vom
ADHS-Kind:
50
sanfte
Möglichkeiten,
das
Verhalten
Ihres
Kindes
ohne
Zwang
und
ohne
Pharmaka
zu
verbessern.
Paderborn:
|
Junfermann,
2002.
(The
Myth
of
A.D.D.
Child:
50
Ways
to
Improve
your
Child’
s
Behaviour
and
Attention
Span
without
drugs,
labels
or
cercion).
-
In
Their
Own
Way:
Discovering
and
Encouraging
Your
Child’
s
Personal
Learning
Style.
Tarcher,
1988.
Bateson,
Greogory
(1985):
Okologie
des
Geistes.
Anthropologische,
psycholo-
gische,
biologische
und
epistemologische
Perspektiven.
Frankfurt
am
Main:
Suhrkamp.
(Steps
to
an
Ecology
of
Mind).
Breggin,
Peter:
—
@Giftige
Psychiatrie.
Heidelberg:
Carl
Auer,
1996
(Toxie
Psychiatry).
—
Talking
Back
to
Ritalin:
What
Doctors
Aren’
t
Telling
You
about
Stimulants
and
ADHD.
Perseus,
2001.
Csikszentmihalyi,
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(1992):
Flow
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Das
Geheimnis
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Glücks.
Stuttgart:
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Munchen:
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Intelligence)
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Psychologische
Essays.
Köln:
Edition
Humanistische
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(Nature
heals).
Greenspan,
Stanley
(2008):
Starke
Kinder:
Die
10
Eigenschaften,
die
Ihr
Kind
erfolgreich
und
glücklich
machen.
Weinheim/Basel:
Beltz.
(Great
Kids).
322
Grossman,
Klaus
E.
und
Karin:
Bindung
und
menschliche
Entwicklung.
(2003)
und
Bindung
-
das
Gefüge
psychischer
Sicherheit.
(2004).
Stuttgart:
Klett.
Hartmann,
Thom
(2004):
ADHS
als
Chance
begreifen.
Nennen
wir
es
das
Edison-Gen.
Lübeck:
Schmidt-Römhild.
Healy,
Jane
(1998):
Failure
to
Connect:
How
Computers
Affect
Our
Children’
s
Minds
-
for
Better
and
Worse.
Simon
&
Schuster.
Huther,
Gerald
/
Bonney,
Helmut
(
2002):
Neues
vom
Zappelphilipp.
ADS/ADHS
verstehen,
vorbeugen
und
behandeln.
Dusseldorf:
Walter.
Juul,
Jesper
(2001):
Das
kompetente
Kind.
Reinbek
bei
Hamburg:
Rowohlt.
|
Kohn,
Alfie:
—-
No
Contest:
The
Case
Against
Competition.
Mariner,
1992.
-
Punished
by
Rewards:
The
Trouble
with
Gold
Stars,
Incentive
Plans,
A’
s,
Praise,
and
Other
Bribes.
Houghton
Mifflin,
1993.
—
The
Schools
Our
Children
Deserve.
Mariner,
2000.
Langer,
Ellen:
—-
Aktives
Denken:
Wie
wir
geistig
auf
der
Hohe
bleiben.
Reinbek
bei
Hamburg:
Rowohlt,
1991.
(Mindfulness).
-
Kluges
Lernen:
Sieben
Kapitel
uber
kreatives
Denken
und
Handeln.
,
Reinbek
bei
Hamburg:
Rowohlt,
2001.
(The
Power
of
Mindful
Learning).
Liedloff,
Jean
(1980):
Auf
der
Suche
nach
dem
verlorenen
Glück.
Gegen
die
Zerstörung
unserer
Glücksfähigkeit
in
der
frühen
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München:
Beck.
(The
Continuum
Concept.
Allowing
Human
Nature
to
Work
Successfully).
Neufeld,
Gordon
(2006):
Unsere
Kinder
brauchen
uns!
Die
entscheidende
Bedeutung
der
Kind-Eltern-Bindung.
Bremen:
Genius.
Sacks,
Peter
(1999):
Standardized
Minds:
The
High
Price
of
America’s
Testing
Culture
and
What
We
Can
Do
to
Change
It.
Perseus.
Schrag,
Peter
und
Divok,
Diane
(1975):
The
Myth
of
the
Hyperactive
Child.
Pantheon.
Shinn,
Millicent
(1985):
The
Biography
of
a
Baby.
Addison-Wesley.
Spitzer,
Manfred:
—-
Geist
im
Netz.
Modelle
fur
Lernen,
Denken
und
Handeln.
Berlin/Heidelberg:
Spektrum
Akademischer
Verlag,
2000
-
Lernen
-
Gehirnforschung
und
die
Schule
des
Lebens.
Berlin/Heidelberg:
Spektrum
Akademischer
Verlag,
2002
Stallibrass,
Alison
(1989):
The
Self-Respecting
Child:
Development
through
Spontaneous
Play.
Addison-Wesley.
Thorwart,
Solveig
C
(2008):
Abenteuer
Leben!
Gegenwartigkeit
und
Liebe
im
Familienalltag.
Winsen
(Luhe):
Anahita-Verlag.
Tizard,
Barbara,
und
Hughes,
Martin
(
1984):
Young
Children
Learning.
Harvard
University
Press.
Winnicott,
Donald.
W.:
-
Vom
Spiel
zur
Kreativität.
Stuttgart:
Klett,
1973.
-
Reifungsprozesse
und
fördernde
Umwelt.
Munchen:
Kindler,
1974.
Wolkewitz,
Dirk
(2003):
Mein
Kind
hat
ADHS.
Betroffene
Kinder
verstehen
und
besser
mit
ihnen
umgehen
lernen.
Marburg
an
der
Lahn:
Francke.
323
Homeschooling
-
deutsch
Barson,
Seslie
Safran
(Hrsg.)
(2006):
Selbstbestimmtes
Lernen
und
Bildung
ohne
Schule:
eine
europäische
Perspektive.
Nottingham:
Educational
Heretics
Press.
Braunmühl,
Ekkehart
von
(2006):
Zeit
für
Kinder.
Leipzig:
tologo.
Edel,
Jan
(2007):
Schulfreie
Bildung.
Münster:
Edition
Octopus.
Heimrath,
Johannes
(1991):
Tilmann
geht
nicht
zur
Schule
-
eine
erfolgreiche
Schulverweigerung.
Wolfrathshausen:
Drachen-Verlag.
Hunt,
Jan:
-
Mensch
Kind.
Kleine
Personen
-
große
Gefühle.
Winsen
(Luhe):
Anahita
Verlag,
2007.
(The
Natural
Child:
Parenting
from
the
heart).
—-
Das
Freilerner-Buch
-
Beobachtungen
zum
Leben
ohne
Schule.
Winsen
(Luhe):
Anahita
Verlag,
2009.
(The
Unschooling
Manual)
Keller,
Olivier
(1999):
Denn
mein
Leben
ist
Lernen
-
wie
Kinder
aus
eigenem
Antrieb
die
Welt
erforschen.
Freiamt:
Mit
Kindern
wachsen-Verlag.
Leuffen,
Renata
(1993):
Natürlich
ohne
Schule
leben.
Eine
Kid-Streitschrift
gegen
den
Schulzwang
in
Deutschland.
Bonn:
Kid
Verlag.
Llewellyn,
Grace
(2007):
Das
Teenager
Befreiungs
Handbuch.
Glücklich
und
erfolgreich
ohne
Schule.
Bremen:
Genius.
(The
Teenage-Liberation
Hand-
book.
How
to
quit
school
and
get
a
real
life
and
education.)
Mayer,
Thomas
und
Schirrmacher,
Thomas
(Hrsg.)(2004):
Wenn
Kinder
zu
Hause
zur
Schule
gehen.
Hamburg:
VTR.
Mohsennia,
Stefanie
(2004):
Schulfrei:
Vom
Lernen
ohne
Grenzen.
Winsen
(Luhe):
Anahita
Verlag.
Neubronner,
Dagmar
(2008):
Die
Freilerner
-
Unser
Leben
ohne
Schule.
Bremen:
Genius.
Pflüger,
Georg
(2004).
Lernen
als
Lebensstil.
Die
Herausforderung
der
Home-
school-Bewegung.
Neu-Ulm:
AG
SPAK
Bucher.
Homeschooling
-
englisch:
Albert,
David.
-
And
the
Skylark
Sings
with
Me.
Adventures
in
Homeschooling
and
Com-
munity-based
Education.
New
Society
Press/Holt
Associates,
1999.
-
Homeschooling
and
the
Voyage
of
Self-Discovery.
Common
Courage
Press,
2003.
Blumenfeld,
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and
12
Young
People
Share
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Homeschooling
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Made
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Their
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Communities:
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Berufswünsche
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Judith,
and
Melissa
Morgan:
—-
Educational
Travel
on
a
Shoestring.
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on
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Shoe
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Berichte
unter:
www.homeschooling.de
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www.netzwerk-bildungsfreiheit.de
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Rundbrief
der
Initiative
fur
selbstbestimmtes
Lernen.
Kontakt:
www.bvnl.de
unerzogen
Magazin.
Leipzig:
Tologo.
www.unerzogen-magazin.de
natürlich
lernen.
Leipzig:
Tologo.
www.tologo.de/natuerlich-lernen
327
ANHANG
B
Fernschulen
für
den
deutschsprachigen
Raum
Clonlara
Schule
Deutschland
Dachauer
Straße
37,
80335
München
Tel.:
089
/
23513608
www.clonlara.de
Deutschsprachiges
Programm
der
Clonlara
School.
Unterstutzung
fur
Homeschooling-Familien.
Deutsche
Fernschule
e.
V.
Frankfurter
Str.
69,
35578
Wetzlar
Tel.:
06441
/
921892
df@deutsche-fernschule.de
-
www.deutsche-fernschule.de
Christlich
geprägt,
Unterstützung
deutscher
Familien
im
Ausland.
Staatlich
anerkannt.
Flex-Fernschule
Christophorus-Jugendwerk,
79206
Breisach-Oberrimsingen
Tel.:
07664
/
50540
-
www.flex-fernschule.de
Vorbereitung
auf
Haupt-
und
Realschulabschlüsse.
IIS
-
Institut
für
Lernsysteme
GmbH
Doberaner
Weg
20,
22143
Hamburg
Tel.:
040
/
67570
177
-
www.ils.de
Schulabschlüsse,
Lehrgänge,
Weiterbildung
im
Fernstudium.
Philadelphia-Schule.
Freies
christliches
Heimschulwerk.
Grabettstr.
48,
57080
Siegen
Tel.:
0271
/
387431
-
www.philadelphia-schule.de
Christlich
geprägte
Fernschule,
Unterrichtshilfen.
Web-Individualschule
Bochum
Hermannshöhe
7c,
D-44789
Bochum
Tel.:
0234
/
29879962
|
www.web-individualschule.de
Lernmaterialien,
Vorbereitung
auf
Haupt-
und
Realschulabschluss.
328
ANHANG
C
Homeschooling-Organisationen
und
Web-Links
Deutschland:
Netzwerk
Bildungsfreiheit,
ein
Zusammenschluss
mehrerer
nationaler
und
internationaler
Organisationen,
Vereine
und
Wissenschaftler
gegen
den
in
Deutschland
noch
immer
praktizierten
Schul(besuchs)zwang:
www.netzwerk-bildungsfreiheit.de
Informationsportal
fur
Schuler,
Eltern
und
Lehrer:
www.bildunginfreiheit.de
Lernen
ist
Leben,
Bundesverband
Natürlich
Lernen!
e.V.:
www.bvnl.de
Schulbildung
in
Familieninitiative
e.V.:
Der
bundesweit
agierende
Verein
ver-
folgt
satzungsgemaf
zwei
Hauptzwecke:
Die
Förderung
ausgewählter
Pro-
jekte
schulfreier
Schulbildung
in
Initiative
von
Familiengemeinschaften
und
daneben
entsprechende
Offentlichkeitsarbeit
in
jeder
Form.
(www.sfev.de)
Selbsthilfegruppe
»Bildungsinitiative
Zukunft«
www.bi-z.de
Bildung
und
Erziehung
in
Familien:
Ein
Zusammenschluss
von
Homeschool-
familien
aus
Baden-Wurttemberg:
www.homeschool.de
Schulunterricht
zu
Hause
e.V.
Rechtshilfeorganisation
fur
die
Anerkennung
von
Homeschooling
in
Deutschland,
unterstützt
von
HSLDA
(Homeschooling
Legal
Defense
Association,
USA,
ca.
80
000
Mitglieder):
www.schuzh.de
Homeschooling
in
Deutschland:
Das
wohl
umfangreichste
Informationsportal
fur
Homeschooling
in
deutscher
Sprache.
Alle
Aspekte
rund
um
schulfreie,
subjektbestimmte
Bildung
im
Schulalter,
auch
im
weltweiten
Vergleich,
werden
beleuchtet.
Dabei
wird
der
international
gebrauchliche
Begriff
»Homeschooling«
verwendet,
der
auf
diesen
Seiten
alle
Formen
der
Schul-
bildung
ohne
regelrechten
Schulbesuch
meint
und
zu
vereinen
sucht.
(www.homeschooling.de)
Lernen
in
Freiheit:
www.herrschaftsfrei-lernen.de.vu
Initiative
deutscher
Hausschulfamilien:
www.hausunterricht.org
Deutsche
Fernschule
www.deutsche-fernschule.de
FFH
-
Families
for
Homeschooling.
Europäische
Vereinigung
zur
Unterstützung
deutscher
Familien:
www.ffh-europ-verein.eu
329
Europa
Europäisches
Forum
für
Bildungsfreiheit
(effe):
www.effe-eu.org
Clonlara
Europa:
www.clonlara.eu
European
Democratic
Education
Community
www.eudec.org
Learning
Freely
Networks:
www.learningfreely.net
Belgien
-
Area
Christian
Homeschooling
Group:
http://www.freewebs.com/shapehomeschool
Danemark:
-
Hlemmeundervisning:
www.hjemmeundervisning.dk
Frankreich:
-
Les
enfants
d’
abord:
www.lesenfantsdabord.org
(auch
Englisch)
Großbritannien:
-
Learning
Unlimited:
www.learning-unlimited.org
-
Home
Education
www.home-education.org.uk
-
Home
Service:
www.home-service.org
-
The
Otherwise
Club
www.education-otherwise.org
-
Home
Education
Advisory
Service:
www.heas.org.uk
Holland:
-
www.lereninvrijheid.nl
-
Nederlandse
Vereniging
voor
Thuisonderwijs:
www.nvvto.nl
Irland:
-
Das
irische
Home
Education
Networks:
www.henireland.org
Italien:
-http://groups.msn.com/HomeschoolingFamiliesinitaly
Norwegen:
-
Hlemme
Undervisningen:
home.online.no/~hunwww
Osterreich:
-
Netzwerk
fur
Hausunterricht:
www.unsereschulen.at
Schweiz:
-
Bildung
zu
Hause
Schweiz
e.V:
www.bildungzuhause.ch
-
Home
Education
Network
of
Geneva:
www.heng.nyonweb.ch
Spanien:
-
Asociacion
para
la
Libre
Educacion,
Spanien:
www.educacionlibre.org
Tschechien:
-Uckme
se
doma:
www.volny.cz/domvzd
Ungarn:
-
http://otthonoktatas.lap.hu
330
International
American
Homeschool
Association
(AHA):
www.americanhomeschoolassociation.org
(USA)
Home
School
Legal
Defense
Association:
www.hslda.org
(USA)
National
Home
Education
Research
Institute:
www.nheri.org
(USA)
National
Home
Education
Network:
www.nhen.org
(USA)
Home
Education
Association
Inc.
www.hea.asn.au
(Australien)
The
Canadian
Homeschool
Resource
Page:
www.flora.org/homeschool.ca
(Kanada)
Andere
Organisationen
Die
folgenden
Organisationen
und
ihre
Publikationen,
deren
Themen
Bildung
und
Erziehung
sind,
konnen
Ihnen
ggf.
eine
Hilfe
sein.
Bundesverband
Freier
Alternativschulen
e.V.
Brandenburger
Str.
5,
34131
Kassel
Tel.:
0561
/
3161778
-
www.freie-alternativschulen.de
La
Leche
Liga
Deutschland
e.V.
Gesellenweg
13,
32427
Minden
Telefon:
0571
/
48946
-
www.lalecheliga.de
Deutschsprachiges
Liedloff-Continuum-Netzwerk:
www.continuum-concept.de
Kratz.
Die
KinderRAchTsZAnker,
Berlin:
http://www.kraetzae.de
Internationale
Akademie
fur
innovative
Padagogik,
Psychologie
und
Okonomie
gGmbH
der
FU
Berlin,
Prof.
Dr.
Manfred
Liebel
www.ina.fu-berlin.de
Sudbury-Schulen
in
Deutschland:
www.sudbury.de
Institut
für
Bildungsforschung
und
Bildungsrecht
e.V.
Prof.
Dr.
Frank-Rudiger
Jach,
Verfassungsrechtler
Salzweg
22,
30952
Ronnenberg
Tel.:
05109
/
516261
-
www.institut-ifbb.de
Prof.
Dr.
Dr.
Manfred
Spitzer,
Transferzentrum
fur
Neurowissenschaften
und
Lernen,
Universitat
Ulm
Vera
F.
Birkenbihl,
Institut
fur
gehirn-gerechtes
Arbeiten:
www.birkenbihl-insider.de
Kinder
haben
Rechte
e.V.
-
Bremen:
www.kinderrechte.de
Familie
ist
Zukunft
e.V.
-
www.familie-ist-zukunft.de
Freinet-Kooperative
e.V.
-
www.freinet-kooperative.de
Montessori-Dachverband
Deutschland
:www.montessori-deutschland.de
Bund
der
freien
Waldorfschulen:
www.waldorfschule.info
Lernen
ohne
Angst
e.V.:
www.lernen-ohne-angst.de
Institut
fur
Wertwirtschaft:
www.wertewirtschaft.org
331
Englischsprachig
Open
Connections:
Freedom
to
learn
and
create:
www.openconnections.org
Aware
Parenting
Institute:
www.awareparenting.com
Coalition
for
Self
Learning:
http://www.creatinglearningcommunities.org/
The
Alternative
Education
Resource
Organization
AERO.
Jerry
Mintz:
www.educationrevolution.org
The
Teacher’
s
Web:
www.teacherweb.com
Home
Schooling
(Methods,
Planning,
Resources,
Organisations):
www.myhomeschoolingweb.com
Homeschool
World:
www.home-school.com
Resources
for
Christian
Homeschooling
Families:
www.titus2.com
ePals
-
die
weltweit
größte
Online-Klassengemeinschaft:
www.epals.com
Weitere
Informationen
im
Internet
Heutzutage
treffen
Homeschooler-Familien
vor
allem
uber
das
Internet
auf
Gleichgesinnte.
In
einschlägigen
Foren,
auf
verschiedenen
Blogs
und
in
Mailinglisten
werden
alle
moglichen
Aspekte
des
Homeschooling
diskutiert.
Unsere
Auswahl
kann
da
nur
Anregungen
geben:
Informationsportal
Bildungsfreiheit:
www.bildunginfreiheit.de
Informationszentrum
Leben
ohne
Schule:
www.leben-ohne-schule.de
www.homeschooling.de
www.netzwerk-bildungsfreiheit.de
www.menschenskinder2000.de
www.unerzogen.de
www.bildungsfreiheit.org
www.diefreilerner.eu
BLOGS
http://bildungsfreiheit.worldpress.com
Ubersicht:
http://mehr-ohne-schule.blogspot.com
332
ANHANG
D
Lernmaterialien
Die
nachstehende
Auflistung
basiert
auf
den
von
Stefanie
Mohsennia
für
die
Clonlara
Schule
Deutschland
zusammengestellten
Empfehlungen
für
Kinder
und
Jugendliche.
Ergänzt
für
dieses
Buch
von
Luise
Fuchs.
Einige
Buchemp-
fehlungen
basieren
auch
auf
den
Hinweisen
in
Grace
Llewellyns
Teenager-
Befreiungshandbuch
bzw.
deren
Bearbeitung
und
Ergänzung
von
Richard
Krutisch
(siehe
auch
seine
Seite
www.polyhistoricum.de).
Diese
Liste
erhebt
natürlich
keinen
Anspruch
auf
Vollständigkeit,
sondern
soll
nur
mögliche
Ein-
stiegswege
aufzeigen.
Jüngere
Kinder
Allgemein
-
Der
Kinderbrockhaus
-
Löwenzahn
Kinderlexikon
-
Mein
großes
Buch
des
Wissens
Einstieg
ins
Lesen
und
Schreiben
-
Robischon,
Rolf:
Ich
kann
schreiben
und
lesen
-
Peikert,
Marlit:
Spielabenteuer
mit
Jim
Knopf
Ansonsten
einfach
drauflos
schreiben
lassen
(Einkaufslisten,
Notizen,
Straf-
zettel,
usw.),
mit
Wörtern
spielen,
viel
vorlesen
und
selber
lesen
lassen,
woran
das
Kind
Spaß
hat.
Lektüre
für
Kinder
ab
5
Berg,
Christian:
Tamino
Pinguin
Bond,
Michael:
Ein
Bär
mit
Namen
Paddington
Brender,
Irmela:
War
mal
ein
Lama
in
Alabama
Ende,
Michael:
Jim
Knopf
und
Lukas
der
Lokomotivführer
Fuchs,
Thomas:
Der
Vogel
Kakapo
Kaut,
Ellis:
Meister
Eder
und
sein
Pumuckl
Kruse,
Max:
Geschichten
vom
Urmel
Langen,
Annette:
Briefe
von
Felix
/
Neue
Briefe
von
Felix
/
Abenteuerliche
Briefe
von
Felix
333
Lindgren,
Astrid:
Die
Kinder
aus
Bullerbü,
Gesamtausgabe
Lindgren,
Astrid:
Die
Kinder
aus
der
Krachmacherstrasse
Lobel,
Arnold:
Das
große
Buch
von
Frosch
und
Kröte
Maar,
Paul:
Das
kleine
Känguru
und
seine
Freunde
Merz,
Christine:
Das
große
Buch
von
Lea
Wirbelwind
Milne,
Alan
Alexander:
Pu
der
Bär
Nordqvist,
Sven:
Aufruhr
im
Gemüsebeet
/
Eine
Geburtstagstorte
für
die
Katze
/
Wie
Findus
zu
Pettersson
kam
Pfister,
Marcus:
Mats
und
die
Streifenmäuse
Pfister,
Marcus:
Mats
und
die
Wundersteine
Preußler,
Otfried:
Hörbe
mit
dem
großen
Hut
Timm,
Uwe:
Die
Zugmaus
Ullrich,
Hortense:
Leanders
Mutprobe
Lektüre
für
Kinder
ab
8
Avi:
/m
Düsterwald
/Im
Bau
der
Füchse
/
Im
finstren
Biberbau
/
Im
Dschungel
der
Großstadt
Biermann,
Franziska:
Herr
Fuchs
mag
Bücher
!
Blacker,
Terence:
Zauberhafte
Miss
Wiss
Boie,
Kirsten:
Sommer
im
Mowenweg
Broger,
Achim:
Mein
24.
Dezember
+
Hörbuch
Chidolue,
Dagmar:
Millie
in
New
York
Degre,
Tippi:
Tippi
aus
Afrika
DelLaFontaine,
Jean:
Fabeln
Dillner,
Sabine:
Der
schönste
Sommer
von
allen
Ebbertz,
Martin:
Der
kleine
Herr
Jaromir
Funke,
Cornelia:
Emma
und
der
blaue
Dschinn
Funke,
Cornelia:
Greta
und
Eule,
Hundesitter
+
Horbuch
Gelberg,
Hans-Joachim:
Großer
Ozean
Guggenmos,
Josef:
Was
denkt
die
Maus
am
Donnerstag?
Hartling,
Peter:
Das
war
der
Hirbel
Hauff,
Wilhelm:
Kalif
Storch
Heidenreich,
Elke:
Nero
Corleone
+
Horbuch
Heine,
Helme:
Freunde
Jansson,
Tove:
Die
Mumins,
Eine
drollige
Gesellschaft
Kastner,
Erich:
Das
doppelte
Lottchen
/
Die
Konferenz
der
Tiere
/
Die
Schildburger
/
Till
Eulenspiegel
Kindermann,
Barbara:
Faust
-
nach
Johann
Wolfgang
von
Goethe
/
Gotz
von
Berlichingen
-
nach
Johann
Wolfgang
von
Goethe
/
Kleider
machen
Leute
-
nach
G.
Keller
/
Nathan
der
Weise
/
Romeo
und
Julia
-
nach
Shakespeare
/
Wilhelm
Tell
Kruse,
Max:
Der
Lowe
ist
los
Leffler,
Silke:
Das
Fabelbuch
von
Aesop
bis
heute
Lindgren,
Astrid:
Ferien
auf
Saltkrokan
/
Mio,
mein
Mio
/
Pippi
Langstrumpf
334
Moser,
Erwin:
Ein
Käfer
wie
ich
Nilsson,
Per:
Für
immer
Milena
Osborne,
Mary
Pope:
Das
magische
Baumhaus
Pearson,
Maggie:
Geschichten
aus
Nah
und
Fern
Preußler,
Otfried:
Die
kleine
Hexe/
Der
kleine
Wassermann
/
Räuber
Hotzenplotz
Schwarz,
Annelies:
Meine
Oma
lebt
in
Afrika
Smola,
Hedwig:
Märchen
aus
Tausendundeiner
Nacht
Spyri,
Johanna:
Heidi,
Lehr-
und
Wanderjahre
Wölfel,
Ursula:
Fliegender
Stern
Englisch
Dralle,
Annette:
PONS
Express
Wörterbuch
Englisch
Simpson,
Stuart:
Nessie,
Englisch
für
Kinder
Weinhold,
Angela:
/ch
lerne
Englisch
Wilkes,
Angela:
Meine
ersten
Wörter
und
Sätze,
Englisch
PONS:
Englisch
-
Ein
Kinderspiel
Rudolph,
Annet:
Englisch
lernen
mit
Nick
und
Nelly
Richardson,
Karen:
Zebra
Toast
on
Monday
Harvey,
Ken:
Fliegend
Englisch
lernen
Richardson,
Karen:
Feste
feiern
-
Englisch
lernen
Rosenbaum,
Monika:
Pickadill
&
Poppadom
Schultze,
Miriam:
Didgeridoo
und
Känguru
QO’
Sullivan,
Jean:
PONS
Singlish,
Englisch
durch
Kinderlieder
Casimir,
Roswitha:
Schone
englische
Kinderlieder,
mit
CD
Jocker,
Detlev:
Start
English
with
a
Song,
mit
CD
|
Englisch
Lesen
und
Horen
Hargreaves,
Roger:
Mr.
Happy
Finds
a
Hobby
Wormell,
Chris:
The
animal
train
Brown,
Ken:
The
scarecrow’s
hat
Amery,
Heather:
Farmyard
Tales
Thomas,
Patricia:
Stand
back,
said
the
elephant,
...
Numeroff,
Laurea
Joffe:
If
you
give
a
mouse
a
cookie
big
book
Cooke,
Trish:
So
much
de
Beer,
Hans:
Little
Polar
Bear
Finds
a
Friend
Pfister,
Marcus:
Milo
and
the
Mysterious
Island
Pfister,
Marcus:
Milo
and
the
Magical
Stones
Langen,
Annette:
Letters
from
Felix:
A
Little
Rabbit
on
a
World
Tour
with
Envelope
Felix
Explores
Planet
Earth
/
Felix
Travels
Back
in
Time
Kimmel,
Eric
A.:
Anansi
Goes
Fishing
Lobel,
Arnold:
Frog
and
Toad
Are
Friends
Brisley,
Joyce
Lankester:
Milly-Molly-Mandy
Stories
Osborne,
Mary
Pope:
Dinosaurs
Before
Dark
335
Mathematik
*
Anregungen
für
Eltern:
Wunderlich,
Gabriele:
Wo
Kinder
rechnen
lernen
Bares,
Hannelore:
Zeit
erfahren,
strukturieren
und
messen
*
für
Kinder:
Dahl,
Kristin:
Wollen
wir
Mathe
spielen?
Hille,
Astrid:
Wie
viel
ist
viel?
/
Wohin
läuft
die
Zeit?
Mathematik
bärenstark,
1.
-
bis
4.
Schuljahr
Hatt,
Werner:
Ruck-Zuck!
Mathetraining,
EURO,
1.
-
3.
Schuljahr
Grabis,
Bettina:
Pettersson
und
Findus,
Erstes
Rechnen
...
Krick,
Manfred:
Logico
Trainer,
Übungsbücher
Vogel,
Heinz:
mini
LÜK,
Übungshefte
Naturwissenschaften
(Biologie,
Astronomie,
etc.)
Biermann,
Christoph:
Christophs
Experimente
Sagnier,
Christine:
Wissenschaften
Mallett,
Dagmar:
Entdeckungsreise
mit
Fleurus
durch
die
Wissenschaften
Dutilleul,
Helene:
Entdeckungsreise
mit
Fleurus
in
die
Natur
Der
Kinder-Brockhaus
Tiere
Das
große
Tierlexikon
Clausen,
Marion:
Apfelbaum
und
Weidentraum
Björk,
Christina:
Linnea
und
die
schnellste
Bohne
der
Stadt
Bull,
Jane:
Gärtnern
für
Kids
Bergmann,
Heide:
Mein
kleiner
bunter
Garten
VanCleave,
Janice:
Eine
Reise
in
deinen
Körper
Ich
und
mein
Körper
Bridgman,
Roger:
1000
Erfindungen
&
Entdeckungen
Köthe,
Rainer:
Tessloffs
superschlaues
Antwortbuch
Wissenschaft
im
Alltag
Beaumont,
Emilie:
Magica.
Ägypten:
Unsere
wunderbare
Welt
Ernährung
und
Kochen
Russelmann,
Anna:
Neues
aus
dem
Bahnhof
Bauch
Schurmann-Mock,
Iris:
Kinderküche
spitzenmäßig
Kreider-Stempfle,
Ruth:
Keks
und
Krümel
Technik
Schweikart,
Eva:
Technik
-
Von
der
Entdeckung
des
Feuers
bis
zur
computer-
gestützten
Fertigung
Gießler,
Max:
Das
Ravensburger
Techniklexikon
von
A
-Z
Macaulay,
David:
Das
dicke
Mammutbuch
der
Technik
Biesty,
Stephen:
Das
Superbuch
der
technischen
Wunderwerke
336
Arbeitswelt
und
Wirtschaft
Hillmann,
Peter:
Mein
erstes
Berufe-Lexikon
von
A
bis
Z
Goder,
Annette:
Wir
machen
Schlagzeilen!
Schultze,
Miriam:
Moneten,
Kohle,
Kies
und
Schotter
Erdkunde
Zahn,
Ulf:
Der
Diercke
Deutschlandatlas
für
Kinder
DeLuca,
Daniela:
Meyers
bunter
Weltatlas
für
Kinder
Arthus-Bertrand,
Yann:
Die
Erde
von
oben,
für
Kinder
erzählt
Köthe,
Rainer:
Tessloffs
superschlaues
Antwortbuch
-
Erde
und
Weltall
Adams,
Simon:
Tessloffs
erstes
Buch
vom
Wetter
Kindersley,
Barnabas:
Kinder
aus
aller
Welt
Mason,
Anthony:
Kinder
rund
um
die
Welt
Rau,
Christina:
Kinder
dieser
Welt
Laffon,
Martine:
Kinder
in
den
Kulturen
der
Welt
Ommer,
Uwe:
Familien
-
Kinder
aus
aller
Welt
erzählen
von
zuhause
Budde,
Pit:
Santa,
Sinter,
Joulupukki,
mit
CD
Lenz,
Angelika:
Die
Reisemaus
in
Spanien
Geschichte
Joly,
Dominique:
Frühe
Kulturen
Connolly,
Peter:
Die
alten
Griechen
Connolly,
Peter:
Die
alten
Römer
Biesty,
Stephen:
Rom
Beaumont,
Emilie:
Magica,
Unsere
wunderbare
Welt,
Mittelalter
Nordqvist,
Sven:
Die
Leute
von
Birka
Rias-Bucher,
Barbara:
Feste
&
Bräuche
Religion
Schwikart,
Georg:
Gott
hat
viele
Namen
Brown,
Alan:
Woran
wir
glauben
Marchon,
Benoit:
Gibt’
s
bei
euch
auch
Ostern
und
Weihnachten?
Kunst
Partsch,
Susanna:
Haus
der
Kunst
D’
Harcourt,
Claire:
Ich
sehe
was,
was
Du
nicht
siehst
Heller,
Eva:
Die
wahre
Geschichte
von
allen
Farben
Wierz,
Jakobine:
Große
Kunst
in
Kinderhand
Watt,
Fiona:
Werkbuch
Farbe
Michalski,
Ute:
Werkbuch
Papier
Björk,
Christina:
Linnea
im
Garten
des
Malers
337
Musik
O’
Brien,
Eileen:
Tessloffs
Welt
der
Musik
Elliot,
Jane:
Musikinstrumente
Simsa,
Marko:
Tina
und
das
Orchester.
mit
CD
Ruhle,
Ulrich:
Ganz
verrückt
nach
Musik
Steffe,
Susanne:
Europa
in
80
Tonen,
auch
als
CD
Ekker,
Ernst
A.:
Johann
Sebastian
Bach,
mit
Audio-CD
Simsa,
Marko:
Mozart
fur
Kinder
/
Vivaldi
fur
Kinder
Bohm,
Karlheinz:
Peter
und
der
Wolf,
CD
Simsa,
Marko:
Der
Karneval
der
Tiere
Loriot:
Peter
und
der
Wolf
/
Karneval
der
Tiere,
CD
Patz,
Anne-Grete:
Kinder,
spielt
doch
draufsen!
Thiesen,
Peter:
Himmel,
Holle
&
Co
Reihe:
Klassik
mit
der
Maus
/
Das
große
Abenteuer
Musik
/
Wir
entdecken
Komponisten
/
Der
Holzwurm
der
Oper
erzählt
Spielen
Altere
Kinder
und
Jugendliche
Allgemein
Bertelsmann
Jugendlexikon
Das
visuelle
Lexikon
Lekture
Abdel-Qadir,
Ghazi:
Die
sprechenden
Steine
Allende,
Isabel:
Die
Stadt
der
wilden
Götter
Almond,
David:
Zeit
des
Mondes
Anderson,
H.-C.:
Die
Schneekonigin
Avi:
Frei
wie
ein
Wolf
Baum,
L.
Frank:
Der
Zauberer
von
Oz
Boie,
Kirsten:
Der
durch
den
Spiegel
kommt
Carrol,
Lewis:
Alice
im
Wunderland
Chidolue,
Dagmar:
Zuckerbrot
und
Maggisuppe
Dahl,
Roald:
Matilda
DeCesco,
Federica:
Anahita,
Im
Land
des
Monsuns
DeCesco,
Federica:
Shana
das
Wolfsmadchen
Defoe,
Daniel:
Robinson
Crusoe
Diaz,
Gloria
C.:
Der
Himmel
glüht
Dickens,
Charles:
Oliver
Twist
/
Ein
Weihnachtsmaéarchen
Durian,
Wolf:
Kai
aus
der
Kiste
+
Horbuch
Ende,
Michael:
Der
satanarchaoliugenialkohdllische
Wunschpunsch
/
Die
unendliche
Geschichte
/
Momo
338
Fährmann,
Willi:
Deutsche
Heldensagen
/
Das
Jahr
der
Wölfe
/
Unter
der
Asche
die
Glut
Farley,
Walter:
Blitz,
der
schwarze
Hengst
Fox,
Paula:
Paul
ohne
Jacob
Frank,
Anne:
Anne
Frank
Tagebuch
Funke,
Cornelia:
Herr
der
Diebe
/
Tintenherz-Trilogie
Fussenegger,
Gertrud:
Goethe
Gaarder,
Jostein:
Sophies
Welt
/
Das
Orangenmädchen
Goodall,
Jane:
Mein
Leben
mit
den
Schimpansen
Green,
Roger
L.:
Robin
Hood,
englisch
Grimm,
Jacob:
Deutsche
Sagen
Hanel,
Wolfram:
Irgendwo
woanders
Hartling,
Peter:
Jakob
hinter
der
blauen
Tur
/
Reise
gegen
den
Wind
/
Romane
fur
Kinder
Hegewisch,
Helga:
Lauf,
Lilly,
lauf!
/
Lilly
und
Engelchen
Held,
Kurt:
Die
rote
Zora
und
ihre
Bande
Ibbotson,
Eva:
Maia
oder
als
Miss
Minton
ihr
Korsett
in
den
Amazonas
warf
Ingalls
Wilder:
Laura
in
der
Prarie
Kastner,
Erich:
Als
ich
ein
kleiner
Junge
war
/
Das
fliegende
Klassenzimmer
/
Emil
und
die
Detektive
/
Pünktchen
und
Anton
Kerr,
Judith:
Als
Hitler
das
rosa
Kaninchen
stahl
Kipling,
Rudyard:
Das
Dschungelbuch
Kordon,
Klaus:
Mit
dem
Rücken
zur
Wand
/
Die
Zeit
ist
kaputt
/
Die
roten
Matrosen
oder
Ein
vergessener
Winter
/
Der
erste
Fruhling
Kruss,
James:
Timm
Thaler
oder
Das
verkaufte
Lachen
Levine,
Karen:
Hanas
Koffer
Levoy,
Myron:
Der
gelbe
Vogel
Lewin,
Waldtraut:
Mauersegler
Lewis,
Carol:
Die
Chroniken
von
Narnia
Bd.
1-7
Lindgren,
Astrid:
Die
Bruder
Lowenherz
/
Ronja
Raubertochter
London,
Jack:
Liebe
zum
Leben
/
Der
Seewolf
Lowry,
Lois:
Wer
zählt
die
Sterne?
Maar,
Paul:
Kartoffelkaferzeiten
/
Lippels
Traum
/
Das
Sams
Marc,
Pierre
und
Vladimir
Novjk:
Amundsen
und
Scott
am
Sudpol
Marc,
Pierre
und
Jan
Sovak:
Mit
Livingstone
durch
Afrika
Markham,
Beryl:
Westwarts
mit
der
Nacht.
Mein
Leben
als
Fliegerin
in
Afrika
Melville,
Hermann:
Moby
Dick
(verschiedene
Übersetzungen
-
még].
Original)
Montgomery,
Lucy
M.:
Anne
of
Green
Gables
Neill,
Alexander
S.:
Die
grüne
Wolke
Noack,
Hans-Georg:
Die
Webers,
eine
deutsche
Familie
1932
-
1945
Nostlinger,
Christine:
Gretchen
Sackmeier
hoch
3
/
Maikéfer,
flieg!
O’
Dell,
Scott:
Insel
der
blauen
Delphine
Orwell,
George:
Farm
der
Tiere
/
1984
Ossowski,
Leonie:
Stern
ohne
Himmel
Paolini,
Christopher:
Eragon-Reihe
339
Paulsen,
Gary:
Allein
in
der
Wildnis
Pausewang,
Gudrun:
Die
Wolke
/
Du
darfst
nicht
schreien
Pearce,
Philippa:
Als
die
Uhr
dreizehn
schlug
Ploeger,
Maarten:
Fahrt
ins
Unbekannte
-
Die
Geschichte
des
Seefahrers
Francisco
d’
Almeida
Pohl,
Peter:
Jan,
mein
Freund
Pressler,
Mirjam:
Malka
Mai
/
Wenn
das
Glück
kommt,
muss
man
ihm
einen
Stuhl
hinstellen
Preußler,
Otfried:
Krabat
Prinz,
Alois:
Das
Paradies
ist
nirgendwo
-
Die
Lebensgeschichte
des
Georg
Foster
Pruetz,
Sigurd:
Falsch
gedacht
Rhue,
Morton:
Die
Welle
Richter,
Hans
P.:
Wir
waren
dabei
/
Damals
war
es
Friedrich
Sachar,
Louis:
Löcher.
Das
Geheimnis
von
Green
Lake
Salinger,
J.D.:
Der
Fänger
im
Roggen
Schins,
Marie-Therese:
Und
wo
sind
die
Indianer?
Schroeder,
Rainer
M.:
verschiedene
historische
Romane
Schulz,
Hermann:
Wenn
dich
ein
Löwe
nach
der
Uhrzeit
fragt
Schwab,
Gustav:
Griechische
Sagen
Skarmeta,
Antonio:
Der
Aufsatz
Spinelli,
Jerry:
Crash
Das
Leben
ist
Football
/
Stargirl
Stevenson,
Robert
L.:
Die
Schatzinsel
Stover,
Hans
D.:
Die
Akte
Varus
/
Daniel
und
Esther,
Allein
in
Rom
/
Quintus
geht
nach
Rom
Tetzner,
Lisa:
Die
schwarzen
Brüder,
auch
als
Hörbuch
Tetzner,
Lisa:
Die
Kinder
aus
Nr.
67,
auch
als
Hörbuch
Tolkin,
J.R.R.:
Der
Herr
der
Ringe,
Bd.
1-3
(z.B.
Ubersetzung
von
Sophie
Caroux)
Tolkin,
J.R.R.:
Der
kleine
Hobbit
Travers,
Pamela
L.:
Mary
Poppins
Treiber,
Jutta:
Felsen
küssen
mit
der
Nase
Twain,
Mark:
Tom
Sawyer
und
Huckleberry
Finn
Verne,
Jules:
Reise
um
die
Erde
in
80
Tagen
Verne,
Jules:
20
000
Meilen
unter
dem
Meer
Vinke,
Hermann:
Das
kurze
Leben
der
Sophie
Scholl
Whelan,
Gloria:
Stich
fur
Stich
Welsh,
Renate:
Besuch
aus
der
Vergangenheit
Wilson,
Jacqueline:
Die
fabelhaften
Barker
Girls
Winterfeld,
Henry:
Caius,
der
Lausbub
aus
dem
alten
Rom
Wolfel,
Ursula:
Mond,
Mond,
Mond
Deutsch
Wahrig,
Gerhard:
Deutsches
Wörterbuch
Mai,
Manfred:
Geschichte
der
deutschen
Literatur
Hetmann,
Frederik:
Dichter
leben
340
Englert,
Sylvia:
Wörterwerkstatt
Gorner,
Lutz:
Balladen,
Gedichte
und
Geschichten
fur
kleine
und
große
Leute
Gorner,
Lutz:
Goethe
fur
Kinder,
Goethes
letzter
Geburtstag
Gorner,
Lutz:
Zauberlehrling
&
Co
Hoffmann
und
Rosch:
Grundlage,
Stile
und
Gestalten
der
deutschen
Literatur
Rico,
Gabrielle:
Garantiert
schreiben
lernen
Goldberg,
Natalie:
Wild
Mind:
Freies
Schreiben
Schneider,
Wolf:
Deutsch
fur
Kenner.
Die
neue
Stilkunde
Reiners,
Ludwig:
Stilfibel.
Der
sichere
Weg
zum
guten
Deutsch
Zinsser,
William:
Nonfiction
schreiben
-
Reisebericht,
Biografie,
Kritik
...
Schumann,
Otto:
Grundlagen
und
Techniken
der
Schreibkunst
Meynecke,
Dirk
R.:
Von
der
Buchidee
zum
Bestseller
Oehlmann,
Christel
Gisela:
Garantiert
erzählen
lernen
Biographien
Das
große
Buch
der
Biografien
von
A-Z
Quadflieg,
Josef:
Sie
bewegten
die
Welt
Sichtermann,
Barbara:
50
Klassiker,
Frauen
Prinz,
Alois:
Und
jedem
Anfang
wohnt
ein
Zauber
inne
Keller,
Helen:
Geschichte
meines
Lebens
Fremdsprachen
allgemein
Kleinschroth,
Robert:
Sprachen
lernen.
Der
Schlüssel
zur
richtigen
Technik
Es
gibt
verschiedene
Methoden,
Fremdsprachen
zu
lernen,
davon
sollen
hier
einige
genannt
werden:
Simulation
globale
-
Eine
(in
Frankreich
entwickelte)
Gruppen-Intensiv-
Methode,
bei
der
Teilnehmer
Rollen
in
einer
von
ihnen
erfundenen
Welt
einnehmen
und
dem
Rollenspiel
folgen.
Assimil-Methode
-
Eine
der
wohl
bekanntesten
Methoden
zum
Fremdspra-
chenlernen
aus
dem
Buch.
www.assimil.de
Rosetta
Stone
-
Monolingualer
Ansatz
/
Sprachlernsoftware
Die
sogenannten
interaktiven
Hörbücher
(d.
h.,
hören
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lesen,
z.
T.
mit
CD-
ROMs),
v.a.
vom
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publishing-Verlag.
Monatliche
Sprachlernzeitschriften
aus
dem
Spotlight
Verlag.
Fremdsprachige
Radio-und
Fernsendungen
Auslandsreisen.
Lieblingsliedtexte
übersetzen
/
Sprachen
über
Lieder
entdecken.
Sprachkurse
an
der
Volkshochschule,
am
Wallstreet
Institute
(Englisch),
dem
Institut
Francais
/
Centre
Culturel
Francais
(Französisch)
Rote
Reihe
des
Reclam-Verlags:
fremdsprachige
Buchreihe
mit
Vokabelhilfen
341
Englisch
Willmann,
Helmut:
Langenscheidts
Taschenwörterbuch
Englisch
PONS
Collins
English
Dictionary
Murphy,
Raymond:
English
Grammar
in
Use,
New
edition
Murphy,
Raymond:
English
Grammar
in
Use,
Suppl.
Exercises
Thomson,
A.
J.:
A
Practical
English
Grammar
Strunk,
White:
The
Elements
of
Style
Warriner,
John
E.:
English
Composition
and
Grammar
Zinsser,
William:
Writing
to
Learn
Englisch
lesen
und
hören
Dahl,
Roald:
Matilda
u.a.
Titel
aus
der
Reihe
Penguin
Readers
Blyton,
Enid:
The
Secret
Seven
und
weitere
Titel
der
Serie
Spot
on
/
Spotlight,
monatliches
Magazin
aus
dem
Spotlight-Verlag
Die
Mutigen
können
sich
an
einige
der
aus
dem
Englischen
übersetzten
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»The
Black
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von
Walter
Farley,
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Prairie«
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Schülerlexikon
-
Mathematik
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Carol:
Spannendes
aus
der
Welt
der
Mathematik
Dahl,
Kristin:
Zahlen,
Spiralen
und
magische
Quadrate
Poskitt,
Kjartan:
Mathe
-
voll
logisch!
/
Mathe,
einfach
maßlos!
Enzensberger,
Hans
M.:
Der
Zahlenteufel
Loyd,
Sam:
Mathematische
Rätsel
und
Spiele
Malle,
Horst:
Mathematik
erleben
Seife,
Charles:
Zwilling
der
Unendlichkeit.
Eine
Biographie
der
Null
Singh,
Simon:
Fermats
letzter
Satz.
Die
abenteuerliche
Geschichte
eines
mathematischen
Rätsels
O’
Shea,
Donal:
Poincares
Vermutung:
Die
Geschichte
eines
mathematischen
Abenteuers
Burns,
Marilyn:
Mathe
macht
mich
krank
Drösser,
Christopher:
Wie
groß
ist
unendlich?
Dahl,
Kristin:
Wollen
wir
Mathe
spielen?
Witzige
Spiele
und
kniffelige
Rätsel
Dahl,
Kristin
und
Nordqvist,
Sven:
Zahlen,
Spiralen
und
magische
Quadrate.
Peterson,
Ivars:
Mathematische
Expeditionen
Colerus,
Egmont:
Vom
Einmaleins
zum
Integral
Heyne,
Andreas:
Leonhard
Euler.
Ein
Mann
mit
dem
man
rechnen
kann
Taschner,
Rudolf:
Musil,
Gödel,
Wittgenstein
und
das
Unendliche
Havil,
Julian:
GAMMA.
Eulers
Konstante,
Primzahlstrände
und
die
Riemansche
Vermutung
342
Du
Sautoy,
Marcus:
Die
Musik
der
Primzahlen.
Auf
den
Spuren
des
größten
Rätsels
der
Mathematik
Ryan,
Mark:
Analysis
für
Dummies
Mathe
macchiato:
Cartoon-Mathematik-Kurs
für
Schüler
und
Studenten
Mathe
macchiato
Analysis:
Cartoon-Mathematikkurs
für
Schüler
und
Studenten
Wittgenstein,
Ludwig:
Bemerkungen
über
die
Grundlagen
der
Mathematik
Naturwissenschaften
allgemein
Die
Dummies-Reihe
von
Wiley-Vch,
z.B.
Biologie,
Chemie
Das
visuelle
Lexikon
der
Naturwissenschaften
Brody,
David
E.:
Die
sieben
größten
Rätsel
der
Wissenschaft
und
wie
man
sie
versteht
Newth,
Eirik:
Die
Jagd
nach
der
Wahrheit
Staguhn,
Gerhard:
Warum
fallen
Katzen
immer
auf
die
Füße
...
und
andere
Ratsel
des
Alltags
Burns,
Marilyn:
Mal
scharf
nachdenken
oder
wie
man
ein
Problem
löst,
das
doppelt
so
grofs
ist
wie
man
selbst
Smullyan,
Raymond:
Satan,
Cantor
und
die
Unendlichkeit
und
200
weitere
verbliffende
Tufteleien
Biologie
Das
visuelle
Lexikon
der
Pflanzen
und
Tiere
Das
visuelle
Lexikon
der
Umwelt
Arnold,
Nick:
Einfach
tierisch,
die
Natur!
Gates,
Phil:
Echt
revolutionar,
die
Biologie!
Paulsen,
Susanne:
Sonnenfresser
Meckes,
Oliver:
Der
Mikrokosmos
Bartos,
Burghard:
Die
Welt
im
Mikroskop
Blech,
Jorg:
Mensch
&
Co.
Reihe
Wissen
mit
Pfiff
/
Fleurus
Verlag
Martin
Auer:
Ich
aber
erforsche
das
Leben
-
Lebensgeschichte
des
J.-H.
Fabre
Jane
Goodall:
Ein
Herz
fur
Schimpansen
Jean-Henri
Fabre:
Wunder
des
Lebendigen
und
Das
offenbare
Geheimnis.
Aus
dem
Leben
des
Insektenforschers
James
D.
Watson:
Die
Doppelhelix.
Ein
persönlicher
Bericht
über
die
Entdeckung
der
DNS-Struktur
Erwin
Schrodinger:
Was
ist
Leben?
Neil
A.
Campbell,
Jane
B.
Reece:
Biologie
(Pearson
Studium)
Candace
B.
Pert:
Moleküle
der
Gefühle:
Körper,
Geist
und
Emotionen
Arnold,
Nick:
WahnsinnsWissen
-
Die
faszinierende
Welt
deines
Körpers
Bryan,
Jenny:
Das
menschliche
Gehirn
und
die
Sinne.
Biesty,
Stephen:
Stephen
Biestys
Fantastische
Reise
durch
den
Körper
Glover,
David:
Young
Oxford
-
Der
Mensch
343
Chemie
Arnold,
Nick:
Ein
Knaller,
die
Chemie
Schwenk,
Ernst
F.:
Sternstunden
der
frühen
Chemie
Chemicus
/
CD-ROM
oder
DVD
Chemicus
Il
/
CD-ROM
oder
DVD
Moore,
John
T.:
Chemie
für
Dummies
Andreas
Korn-Müller:
Das
verrückte
Chemie-Labor.
Experimente
für
Kinder
Isaac
Asimov:
Kleine
Geschichte
der
Chemie
Paul
Strathern:
Mendelejews
Traum
Verlag
Pearson
Studium:
Chemie
(Organische,
anorganische,
allgem.
Chemie)
Physik
Stockley,
Corinne:
Tessloffs
Schülerlexikon
-
Physik
Häußler,
Peter:
Donnerwetter
-
Physik!
Ditzinger,
Thomas:
Spaß
und
Spannung
mit
Physik
Dittmar-ligen,
Hannelore:
Warum
platzen
Seifenblasen?
Physik
für
Neugierige
Walker,
Jearl:
Der
fliegende
Zirkus
der
Physik
Englert,
Sylvia:
Cafe
Andromeda.
Eine
fantastische
Reise
durch
die
moderne
Physik
Staguhn,
Gerhard:
Die
Jagd
nach
dem
kleinsten
Baustein
der
Welt
Bührke,
Thomas:
Sternstunden
der
Physik
Arnold,
Nick:
Hochspannend,
die
Elektrizität
Physikus
/
CD-ROM
oder
DVD
Physikus
-
die
Rückkehr
/
CD-ROM
oder
DVD
Richard
P.
Feynman:
Sie
belieben
wohl
zu
scherzen,
Mr.
Feynman!
Abenteuer
eines
neugierigen
Physikers
/
Es
ist
so
einfach:
Vom
Vergnügen,
Dinge
zu
entdecken
Eduardo
de
Campos
Valadares:
Spaß
mit
Physik
Gisela
Lück:
Neue
leichte
Experimente
für
Eltern
und
Kinder
Niels
Boeing:
Alles
Nano?!
Die
Technik
des
21.
Jahrhunderts
Paul
Davies:
Auf
dem
Weg
zur
Weltformel
Werner
Heisenberg:
Der
Teil
und
das
Ganze
Dr.
David
Deutsch:
Die
Physik
der
Welterkenntnis.
Douglar
C.
Giancoli:
Physik
-
Pearson
Studium
Gebhard
von
Oppen,
Frank
Melchert:
Physik
für
Ingenieure
-
Pearson
Studium
Astronomie
Mitton,
Simon:
Young
Oxford
-
Astronomie
Couper,
Heather:
Der
Weltraum
/
Spannendes
Wissen
über
das
Weltall
Poskitt,
Kjartan:
Die
unendliche
Welt
der
Planeten
Bührke,
Thomas:
Sternstunden
der
Astronomie
Hawking,
Lucy
und
Stephen:
Der
geheime
Schlüssel
zum
Universum
344
Technik
Das
visuelle
Lexikon
der
Technik
Wright,
Michael:
Das
große
Arena
Lexikon
der
Technik
Ardley,
Neil:
Spannendes
Wissen
über
Technik
im
Alltag
Macaulay,
David:
Macaulay’s
großes
Buch
der
Bautechnik
:
Politik
Schulz-Reiss,
Christine:
Nachgefragt:
Politik
Savater,
Fernando:
Sei
kein
Idiot
Politibongo.
Politik
erklärt
für
Kinder
-
Bestellbar
über
www.bundestag.de
Schroder-Kopf,
Doris
und
Brodersen,
Ingke:
Der
Kanzler
wohnt
im
Swimmingpool
oder
Wie
Politik
gemacht
wird
Thoreau,
Henry
David:
Uber
die
Pflicht
zum
Ungehorsam
gegen
den
Staat
Materialien
der
Bundeszentrale
fur
politische
Bildung
Wirtschaft
Piper,
Nikolaus:
Geschichte
der
Wirtschaft
/
Felix
und
das
liebe
Geld)
Lietaer,
Bernard
A.:
Die
Welt
des
Geldes
Zeitschriften
Humanwirtschaft
Bücher
von
und
Uber
Silvio
Gesell
Bucher
über
Regionalwahrungen
Bücher
uber
Tauschringe
(z.
B.
von
Margit
Kennedy)
Erdkunde
Die
Welt
-
Atlas
International
mit
Landerenzyklopadie
Steele,
Philip:
Tessloffs
große
Landerkunde
Die
visuelle
Geschichte
der
Erde
und
des
Lebens
Farndon,
John:
Spannendes
Wissen
über
die
Erde
Taylor,
Barbara:
Zeige
&
erklare
mir
die
Erde
Davis,
Kenneth
C.:
Wieso
fließt
der
Nil
bergauf?
Allaby,
Michael:
Faszination
Wetter
Schultheis,
Rainer:
DonnerWetter
Ganeri,
Anita:
Orkanstark,
das
Wetter
Alfred
Wegener:
Mit
Motorboot
und
Schlitten
durch
Grönland
/
Tagebuch
eines
Abenteurers
/
Entstehung
der
Kontinente
und
Ozeane
GoogleEarth
-
Ansichten
der
Erde
auf
www.google.de
Veronique
Chantraine,
Veronique
Sarano:
Die
Erde.
Entdeckungsreise
mit
Fleurus
und
weitere
Bücher
der
Reihe
Fleurus
Yann-Arthus
Bertrand:
Die
Erde
von
oben.
Ein
Jahrhundert-Projekt
sowie
weitere
Publikationen
aus
dieser
Serie
Zeitschriften
National
Geographics
sowie
GEO
345
Geschichte
Das
große
Arena
Lexikon
der
Weltgeschichte
Die
visuelle
Weltgeschichte
der
alten
Kulturen
Die
visuelle
Weltgeschichte
der
Neuzeit
Gombrich,
Ernst
H.:
Eine
kurze
Weltgeschichte
für
junge
Leser
Grant,
Neil:
Young
Oxford
-
Weltgeschichte
Mai,
Manfred:
Weltgeschichte
/
Deutsche
Geschichte
Zimmermann,
Martin:
Weltgeschichte
in
Geschichten
LeGoff,
Jacques:
Die
Geschichte
Europas
Deick,
Christian:
Deutsche
Geschichte
Barth,
Reinhard:
Nachgefragt:
Deutsche
Geschichte
Vollkommer,
Rainer:
Sternstunden
der
Archäologie
Deary,
Terry:
Beinhart,
die
Steinzeit
/
Unverwüstlich,
die
Ägypter!
/
Sagenhaft,
die
Griechen
/
Die
abenteuerliche
Welt
der
Wikinger
/
Unschlagbar,
die
Ritter
Holtei,
Christa:
Reise
in
das
Alte
Ägypten
/
Reise
in
das
Alte
Griechenland
:
Inkiow,
Dimiter:
Griechische
Sagen
/
Der
Zug
der
Argonauten
Kaempfe,
Peter:
Odysseus
/
Herkules
/
Jason
und
Medea
-
Audio-CD
Schnieper,
Claudia:
Reise
in
das
Alte
Rom
Stover,
Hans
D.:
Report
aus
der
Romerzeit
Macaulay,
David:
Sie
bauten
eine
Kathedrale
Braudel,
Ferdinand:
Sozialgeschichte
des
15.-18.
Jahrhunderts
Bd.
1-3
Griffin,
Susan:
Frau
und
Natur.
Das
Brtillen
in
ihr
Zweig,
Stefan:
Die
Welt
von
Gestern.
Erinnerungen
eines
Européaers
/
Sternstunden
der
Menschheit.
Zwolf
historische
Miniaturen
Haffner,
Sebastian:
Geschichte
eines
Deutschen.
Die
Erinnerungen
1914-1933
Sellen,
Albrecht:
Geschichte
kurz
&
klar
Bd.
1-2
Engelmann,
Berndt:
Wir
Untertanen.
Ein
deutsches
Geschichtsbuch
Durschmied,
Erik:
Als
die
Romer
im
Regen
standen.
Der
Einfluss
des
Wetters
auf
den
Lauf
der
Geschichte
Cowley,
Robert:
Was
ware
gewesen,
wenn?
Wendepunkte
der
Weltgeschichte
Zolling,
Peter:
Deutsche
Geschichte
von
1871
bis
zur
Gegenwart
Biesty,
Stephen:
Jagd
nach
dem
Gold
Kent,
Peter:
Quer
durch
die
Stadt
Hesse,
Helge:
Hier
stehe
ich,
ich
kann
nicht
anders.
Neil
Grant:
Young
Oxford
-
Weltgeschichte
Fernandez
Armesto,
Felipe:
Millenium
-
Die
Weltgeschichte
unseres
Jahrtausends
Black,
Jeremy:
Dumont
-
Atlas
der
Geschichte
Barraclough,
Geoffrey:
Atlas
der
Weltgeschichte
Video-Reihe
Komplett
Media:
Es
war
einmal
der
Mensch
Philosophie
Law,
Stephen:
Philosophie
-
Abenteuer
Denken
Labbe,
Brigitte:
Denk
dir
die
Welt
Soentgen,
Jens:
Selbstdenken!
346
Savater,
Fernando:
7u,
was
du
willst.
Ethik
für
die
Erwachsenen
von
morgen
Schwarz,
Aljoscha
A.
und
Schweppe,
Roland
P.:
Anleitung
zum
Philosophieren.
Selber
denken
leicht
gemacht.
Gleichauf,
Ingeborg:
Denken
aus
Leidenschaft.
Sieben
Philosophinnen
und
ihre
Lebensgeschichte
Pirsig,
Robert
M.:
Zen
und
die
Kunst,
ein
Motorrad
zu
warten.
Religion
Das
visuelle
Lexikon
der
Weltreligionen
Barnes,
Trevor:
Die
großen
Religionen
der
Welt
Staguhn,
Gerhard:
Gott
und
die
Götter
Rosen,
Sybil:
Mensch
sucht
Sinn
Wendl,
Lieselotte:
Mein
Glaube
ist
mir
wichtig
Kunst
Johannsen,
Rolf
H.:
50
Klassiker,
Gemälde
Die
visuelle
Geschichte
der
Kunst
Kretschmer,
Hildegard:
Das
Abenteuer
Kunst
Sturgis,
Alexander:
Peters
Engel
und
die
Geheimsprache
der
Bilder
Reihe
»Abenteuer
Kunst«,
Prestel
Verlag
Edwards,
Betty:
Garantiert
zeichnen
lernen
Musik
Bernstein,
Leonard:
Konzert
für
junge
Leute,
Audio-CD
Gümbel,
Lutz:
Die
Geheimschrift
im
Kloster
und
andere
Titel
aus
der
Reihe
Krimis
in
Dur
und
Moll”
Empfehlenswert
für
alle
Altersstufen
sind
auch
folgende
fächerübergreifende
Buchreihen,
TV-Reihen,
Zeitschriften,
Internet-Seiten
und
Spiele:
Buchreihe
-
Was
ist
was
-
Sehen,
Staunen,
Wissen
/
Verlag
Gerstenberg
-
Megawissen
/
Verlag
Dorling-Kindersley
-
Dummies-Reihe
/Wiley-Vch
TV
-
Schulfernsehen
-
logo!
-
Nachrichten
für
Kinder
-
Wissen
macht
Ah!
-
Löwenzahn
347
Zeitschriften
-
Geolino
-
National
Geographic
World
-
Willi
wills
wissen
Internet-Seiten
www.blinde-kuh.de
(Suchmaschine
für
Kinder)
www.wasistwas.de
www.geo.de/GEOQOIino
www.nationalgeographic.de/kinder/kinder_index.htm
www.sachunterricht-online.de:
Internetportal
fur
den
Sachunterricht
(Unter-
richtsdatenbank
mit
Links
für
den
Sachunterricht
nach
Themen
sortiert,
CD-ROMs
für
den
Sachunterricht,
täglich
aktualisierte
Übersicht
der
nachs-
ten
sieben
Tage
über
ausgewählte
TV-Sendungen,
die
Themen
aus
dem
Umfeld
des
Sachunterrichts
behandeln)
www.ego4you.de
-
Englische
Grammatik
Online-
Seite
mit
Arbeitsblättern
und
Lösungen/Texten/Anregungen
rund
ums
Englischlernen
www.bildungsserver.de:
Zugang
zu
den
länderspezifischen
Lehrplänen
www.mallig.eduvinet.de
Interaktive
Selbstlernkurse,
Unterrichtsmaterialien
Spiele
-
Activity
Kinder
und
Activity
Junior
+
Querdenker
-
Trivial
Pursuit
.
Wer
wird
Millionär?
-
20
Questions
-
Deutschlandreise
-
Weltreise
-
Monopoly
-
Kniffel
-
Scrabble
-
Boggle
+
Letra-Mix
+
Wortfix
sowie
selbst
gestaltete
Spiele
wie
Zahlen-,
Rechen-
oder
Worterbingo,
Wur-
felspiele
aller
Art
und
anderes
348
ANHANG
E
Möglichkeiten
und
Aktivitäten
Eine
solche
Liste
kann
nur
eine
Anregung
geben,
sie
erhebt
keinen
Anspruch
auf
Vollständigkeit.
ASF:
Aktion
Sühnezeichen
Friedensdienste.
Freiwilligendienste/Sommer-Wor-
kcamps
weltweit.
www.asf-ev.de
BUND-
Bund
für
Umwelt-
und
Naturschutz
Deutschland.
Lokale
Gruppen
und
Aktionen.
www.bund.net
Deutsch-Französisches
Jugendwerk.
Möglichkeiten
für
Austausch,
Sprach-
kurse,
Praktika.
www.dfjw.de
EUDEC
-
European
Democratic
Education
Conference.
Treffen
der
Anhänger
der
demokratischen
Bildung
in
Europa,
Öffnung
auch
für
Homeschooling.
www.eudec.org
Europäischer
Freiwilligendienst.
www.go4europe.de
Freiwilliges
soziales
Jahr.
Für
alle
zwischen
16
und
27
Jahren.
www.pro-fsj.de
Freiwilliges
ökologisches
Jahr.
S.0.
www.foej.de
Freiwilliges
kulturelles
Jahr.
S.o.
www.fsjkultur.de
The
Freeconomy
Community
-
Menschen
teilen
ihre
Fähigkeiten
und
Fertigkei-
ten
ohne
dass
Geld
fließt
-
»just
for
the
love
of
it«.
Weltweit
-
lokal
organisiert.
www.justfortheloveofit.org
(Englisch)
GAIA
University.
Vergibt
universitäre
Abschlüsse
im
Bereich
Nachhaltig-
keit/Ökologie.
Vorwiegend
im
Selbststudium,
unterstützt
eigene
Projekte.
Studium
ohne
Abitur
möglich.
www.gaiauniversity.org
(Koordinator
in
Deutschland:
Lebensgarten
Steyerberg:
www.lebensgarten.de)
Greenpeace
-
Die
wohl
bekannteste
Umweltschutzorganisation
der
Welt.
Möglichkeiten
für
Praktika,
Gruppen,
Aktionen.
www.greenpeace.de
349
Kasseler
Gespräche
-
Informationen
beim
Bundesverband
Natürlich
Lernen!
e.V.
www.bvnl.de
Raus
von
zu
Haus
-
Informationsportal
zum
Thema
Auslandsaufenthalt
und
Jugendaustausch
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in
jedem
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www.rausvonzuhaus.de
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Eine
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deren
Ziel
die
Erhaltung
des
Lebensraums
Ozean
ist.
Sie
ist
aus
einer
Gruppe
umweltbewusster
Surfer
entstanden,
es
werden
regelmäßige
Strandaufräumaktionen
veranstaltet.
www.surfrider.eu
The
Travelling
School
of
Life.
Lerndatenbank
und
Kommunikationsplattform
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auf
ihrer
Lebensreise«;
ähnlich
wie
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Deutschsprachig.
www.tsolife.org
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Läden
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Ehrenamtliche
Mitarbeit
möglich.
www.weltlaeden.de
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WWF-Weltweite
Natur-
und
Tierschutzorganisation.
U.a.
Camps,
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www.wwf.de
WWOOF-
Weltweite
Helfer
auf
ökologischen
Farmen.
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Kost
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Logis-
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-
allein,
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zweit,
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Familie.
www.wwoof.de
Englischsprachig:
Centre
for
Interim
Programs-
vermittelt
Jobs,
Praktika
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www.interimprograms.com
‚
Not
Back
to
School
Camp
-
Sommercamp
von
Grace
Llewellyn
(Das
Teenager-Befreiungshandbuch)
in
den
USA.
www.nbtsc.org
HESFES.
Home-educator’
s
Seaside
Festival.
Internationales
Homeschooler-
Treffen
in
England,
immer
im
Sommer.
www.hesfes.co.uk
HEFTOF.
Internationales
Homeschooling-Kolloguium.
Wechselnde
Orte
inner-
halb
Europas.
Informationen
uber
das
Netzwerk
Bildungsfreiheit
www.netzwerk-bildungsfreiheit.de.
IDEC
-
International
Democratic
Education
Conference.
Jahrliches
Treffen
der
Anhanger
der
demokratischen
Bildung.
www.idec.org
350
LT
spam
|
John
Taylor
Gatto
pny
|
Verdummt
noch
mal!
DO
|
€
12,80
FB
John
Taylor
Gatto
wurde
mehrfach
zum
»Lehrer
des
Jahres«
im
EE
|
Staat
New
York
gekrönt
und
mit
Preisen
für
seinen
außer-
7
gewöhnlich
guten
Unterricht
ausgezeichnet
-
doch
er
selbst
zieht
ein
anderes
Fazit.
Die
deutsche
Erstausgabe
des
US-Titels
»Dumbing
Us
Down
-
the
Hidden
Curriculum
of
Compulsory
Schooling«,
der
sich
in
den
USA
hunderttau-
sendfach
verkaufte
und
die
US-Bildungsdiskussion
der
letzten
Jahre
entscheidend
geprägt
hat.
Gatto
war
35
Jahre
lang
mit
Leib
und
Seele
Lehrer
und
zog
anlässlich
mehrfacher
Auszeichnungen
als
»Lehrer
des
Jahres«
in
New
York
eine
überraschende,
geradezu
schockierende
Bilanz
für
seinen
Beruf
und
die
individuellen
und
gesellschaftlichen
Folgen
von
allgemeiner
Schulpflicht.
Das
Buch
ist
schockierend,
aber
auch
befreiend
zu
lesen.
Ein
Muss
für
Lehrer
und
Eltern.
"Unsere
Kinder‘
Unsere
Kinder
brauchen
uns!
Unsere
Kinder}
Die
entscheidende
Bedeutung
der
Kind-Eltern-Bindung
~~
HSER
|
ISBN
978-3-934719-20-0
7
Eltern
und
entwickeln
erst
auf
dem
Boden
dieser
Gebo
rgen-
heit
die
Reife
zu
echter,
selbstbewusster
Eigenstandigkeit.
So
funktionieren
seit
Men-
schengedenken
das
Heranreifen
von
Menschen
und
die
Übermittlung
kultureller
Errungenschaften
von
Generation
zu
Generation.
Seit
ein
paar
Jahrzehnten
werden
unsere
Kinder
jedoch
von
klein
auf
standig
in
Situ-
ationen
gebracht,
wo
ihre
zentralen
Bezugspersonen
nicht
verfügbar
sind
und
sie
sich
nicht
an
Erwachsenen
orientieren
können.
Das
hat
fatale
Folgen.
»Gordon
Neufeld
hat
mit
diesem
Wissen
ein
Umdenken
in
der
Erziehung
weltweit
in
Gang
gesetzt.«
(Zeitschrift
Gesundheit)
TT
oe
|
Grace
Llewellyn
ny
Das
Teenager
Befreiungs
Handbuch
~~
BEFREIUNGS
Glucklich
und
erfolgreich
ohne
Schule
BY
“alm
<
19,80
bad
B:
=
Dein
Leben,
deine
Zeit
und
dein
Gehirn
sollten
keiner
Ta
at
Institution
gehören,
sondern
dir.
Dieses
Handbuch
ist
fiir
alle,
ESTE
Ea
besonders
ein
Buch
fiir
Teenager
und
Leute,
die
viel
mit
Teen-
8
agern
zu
tun
haben.«
Grace
Llewellyn
Dieses
Buch
ist
gefährlich.
Es
widerspricht
allen
üblichen
Weisheiten
über
Schul-
abbrecher
und
die
Wichtigkeit
von
Schulabschliussen.
Es
wirkt
belebend
und
inspirierend.
Lassen
Sie
dieses
Buch
auf
keinen
Fall
in
die
Hände
eines
aufge-
weckten,
frustrierten
Jugendlichen
gelangen,
den
das
Schulsystem
anödet.
Die
Autorin
kann
fur
das
daraus
möglicherweise
entstehende
Glück
und
das
Gefühl
von
Eigenverantwortung
keinerlei
Verantwortung
übernehmen.
Grace
Llewellyn
war
eine
gute
Schülerin
und
wurde
eine
noch
bessere
Lehrerin.
Doch
irgendwann
wurde
ihr
klar,
dass
Schule
nicht
notwendig
die
beste
Antwort
auf
das
Leben
junger
Menschen
ist,
und
sie
wurde
zu
einer
Pionierin
der
freien
Bildung,
wie
sie
in
den
USA
bereits
Millionen
Schulkinder
nutzen
-
und
ihre
Zahl
wächst
rasant.
a
|
Die
Freilerner
|
Osamarheubronner
Unser
Leben
ohne
Schule
CB
FL.
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ESTEE
Dic
Schule
ist
in
vielen
Familien
das
Problemthema
Nr.
1.
~
Die
Freilerner
|
Dagmar
Neubronner,
die
Mutter
der
prominentesten
I
»Schulverweigerer«
Deutschlands
und
Inhaberin
des
Genius
I
Verlages,
schildert
spannend
und
anschaulich,
wie
es
kam,
~~
dass
sie
und
ihr
Mann
trotz
großer
Bedenken
den
beiden
Söhnen
Moritz
und
Thomas
erlaubten,
frei
zu
lernen
-
ohne
Schule
und
mittlerweile
ohne
jeglichen
Pflichtunterricht.
Wie
funktioniert
freies
Lernen,
und
wie
muss
sich
Schule
verändern,
damit
es
auch
dort
funktioniert?
Was
können
Eltern
und
Lehrer
tun?
Mit
ausfuhrlichem
Anhang
zu
pädagogischen
und
juristischen
Fragen.
Die
Autorin,
ursprünglich
Diplombiologin,
hat
selbst
Schule
und
Studium
mit
Aus-
zeichnung
abgeschlossen.
Der
besondere
Lernweg
ihrer
Kinder,
international
als
»Homeschooling«
bezeichnet,
und
ihr
mutiger
Widerstand
gegen
den
spezifisch
deutschen
Schulzwang
machte
die
Familie
uber
Deutschland
hinaus
bekannt.